Dienstag, 15. November 2005
medikamente sind notwendig I
auch der verbissenste pharmagegner muss das ab und an zugeben.

aber aussagen wie:
"Kinder und ältere Menschen: Sie reagieren bei vielen Medikamenten empfindlicher als ein Erwachsener. Kaum ein Präparat wird in diesen Altergruppen vorher klinisch erprobt!"

na pfui. aber hat sich schon einmal jemand nach dem hintergrund gefragt? oder vielleicht - gott bewahre, natürlich - sogar jemanden, der sich da ein bisserl besser auskennt?

in fast allen ländern der welt gibt es so etwas wie einen ehrencodex für klinische studien. da wird dann genau vorgeschrieben, was an wem wann und wie oft und warum ausprobiert werden darf. da gibt es dann auch eine ethikkommission, in der experten sitzen die derartige untersuchungen genehmigen oder ablehnen, je nach vorhandensein entsprechender informativer daten.

ich bin definitiv gegen tierversuche die beweisen, dass auch die 78ste lippenstiftfarbe der firma x gut verträglich ist, oder das 93ste parfum, oder die 56ste kunstfaser, gar keine frage.

trotzdem ziehe ich es vor, dass medikamente in den vorgeschriebenen reihenfolgen erprobt werden: zuerst im reagenzglas, dann an tieren, dann an gesunden, und dann an kranken, die beiden letzteren gruppen sind im voraus zu informieren und um kompetentes einverständnis zu ersuchen.

explodiert etwas schon im reagenzglas, ist es zu verwerfen.
kriegen die ratten die krätze, ist das mittel zu verwerfen.
usw.

ABER:

eine besonders sensible gruppe stellen immer kinder, chronisch kranke und ältere menschen dar, es mag ja viele überraschen, aber so ist es. deswegen ist es auch verboten, neue medikamente an diesen patientengruppen auszuprobieren.

natürlich ist jeder bemüht, diesen patientengruppen alle möglichen resp. notwendigen medikamente ebenfalls zur verfügung zu stellen. aber erstens ist das patientenpotential gegenüber dem durchschnitt sehr niedrig, und zweitens kann man aussagekräftige ergebnisse nur dann erhalten, wenn man gleiche patienten vergleichen kann.

bei kindern steht man hier vor mehreren problemen: es sind nicht nur alter und geschlecht, sondern auch entwicklungsstand, körpergewicht, soziales umfeld (wegen der akzeptanz einer behandlung, aufklärung etc.) zu berücksichtigen. ebenfalls eine rolle spielt die ethnische zugehörigkeit - manche erkrankungen sind bei einigen populationsgruppen um ein vielfaches höher als bei anderen, manche kommen wiederum gar nicht vor.

bei älteren patienten sind wiederum vorerkrankungen, lebensumstände (schwerarbeiter, geburten, toxische einflüsse), eben das gesamte leben mit einzuberechnen.

hier muss jeweils der behandelnde arzt ziemlich frei, ohne trick, netz oder doppelten boden, entscheiden, was er welchem patienten warum und in welchem ausmass zumuten kann und darf. und dann sollte er seine beobachtungen an den hersteller oder die gesundheitsbehörde weiterleiten, damit dann irgendwann einmal vorsichtige untersuchungen gemacht werden können und das wissen allen zugute kommt.

es erscheint mir daher doch einigermassen vermessen, wenn gemeinplätze wie z.b. "wurde bei kindern und älteren patienten nicht untersucht" ins publikum geworfen werden, zusammen mit der feststellung, dass diese patientengruppen benachteiligt würden.

es gäbe natürlich die möglichkeit, ein entsprechendes kontingent - so ca. fünfhundert für den anfang - an gesunden freiwilligen z.b. vierjährigen für entsprechende untersuchungen heranzuziehen. oder vielleicht fünfhundert freiwillige topgesunde über 65jährige. klingelt's???

niemand aber drischt die verd.... patienten auf den kopf, solange, bis sie begriffen haben, dass

sie sich EINEN hausarzt des vertrauens suchen sollen, und bei dem dann bleiben
sie diesem IMMER ALLES ÜBER ALLE vorerkrankungen, eingenommene medikamente, allergien, familiär gehäufte erkrankungen, etc., erzählen MÜSSEN
sie auch FACHÄRZTEN IMMER ALLES ÜBER ALLE ... siehe oben
sie alles, was sie sich nicht merken können, AUFSCHREIBEN und den zettel dann DEM ARZT geben müssen
nebenwirkungen und wechselwirkungen z.b. auch mit grapefruitsaft, lakritze, johanniskraut erzielt werden können
ein "pulver", das der nachbarin geholfen hat, ihnen nicht helfen muss
es einen grund hat, warum es verschiedene medikamentenformen gibt
hausmittel nicht immer gut sind, schon gar nicht, wenn man sie zusätzlich zu irgendetwas anwendet
...

die liste wäre noch viel länger.

wäre dieses bewusstsein etwas (besser) im hirn der patienten verankert, wären die "gesundheitskosten" weitaus niedriger, die krankheitsdauer könnte gesenkt werden, und die heilungschancen wären höher.

aber da müsste man die patienten dann ordentlich aufklären, und nicht nur so tun als ob und dann sagen "sind ja alle über sieben jahre alt und mündig".

aber das könnte ja in arbeit ausarten, pfui deibel. und wo bliebe denn die sensationspresse dann?

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So einfach ist das auch wieder nicht...
man sollte die Medikamente schon an Risikogruppen ausprobieren, bevor man sie massenhaft auf ebendiese loslässt. Sonst wäre (oder eher ist) die Katastrophe gigantisch.

Leider bringen Tierversuche hier überhaupt nichts. Haben Sie sich schon mal durchgelesen, wo es überhaupt Ähnlichkeiten zwischen Mensch und Tier gibt?

Füttern sie ihre Katzen mal mit Schokolade. Das bringt die Tiere um. Schokolade ist ein Gift für Katzen. Nicht aber für den Menschen. Das ist jetzt zwar ein sehr grobes Beispiel, aber bei anderen Wirkstoffen ist das nicht anders. Recherchieren Sie mal, wie vergleichbar solche Studien wirklich sind.

Es reicht auch nicht ein Medikament an einem gesunden normalen Menschen zu testen. Der steckt die Nebenwirkungen wahrscheinlich besser weg. In dem Wort "Risikogruppe" kommt ja nicht umsonst das Wort "Risiko" vor.

Und was das Feedback vom Arzt angeht. Da habe ich schon mehrmals gelesen, dass Nebenwirkungen nicht richtig erkannt und gemeldet werden. Meistens denkt der Arzt, dass sich die Krankheit verschlimmert hat und schreibt noch mehr auf. An eine Nebenwirkung denken die meisten doch schon gar nicht mehr.

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man sollte die Medikamente schon an Risikogruppen ausprobieren?
klar.

kennen sie die geschichte: fragt herr x herrn y: sag einmal, wie hast du es denn geschafft so ohne alles geld innerhalb von so kurzer zeit das grösste puff der stadt zu haben? sagt herr y: weisst du, klein muss man anfangen. mit der frau, der tochter, der schwiegermutter, im eigenen wohnzimmer, ...

niemand lässt massenweise medikamente auf risikopatienten los.

und glauben sie mir, ich weiss gut genug wo tierversuche was bringen und wo nicht. immer mit mass und ziel, gelle.

und medikamente werden nicht nur an gesunden getestet, sondern auch an kranken, aber eben erst dann wenn feststeht dass nach menschlichem ermessen zumindest bei diesen keine negativen auswirkungen zu erwarten sind.

die risikogruppen sind normalerweise immer die letzten, die ein neues medikament bekommen, und das hat gute gründe. risikogruppen sind eben kinder, jugendliche, ältere oder chronisch kranke patienten, die sensibler reagieren, in welche richtung auch immer. bei nierenerkrankungen kann z.b. die ausscheidung verzögert sein, das bedingt dann eine niedrigere dosis oder ein grösseres intervall zwischen den verabreichungen. dazu muss man aber erst wissen, wie ein medikament ausgeschieden wird aus dem körperl des betroffenen. das versucht man zuerst an den entsprechenden tieren. substanzspezifisch ist je nach gruppe ja vorhersehbar, über welche organe die elimination stattfindet. konnte man dann feststellen, dass das wie erwartet funktioniert, versucht man es gar vorsichtig mit einer kleinen gruppe gesunder freiwilliger. und dann mit einer grösseren. usw. usf.

nach markteinführung (auch "post-marketing") gibt es dann noch die surveillance. da werden dann die ganz grossen datenmengen zusammengesammelt und ausgewertet, und die sicherheit eines arzneimittels erneut evaluiert. und ausserdem werden gross angelegte anwendungsbeobachtungen - oft auch länder- oder sogar kontinentübergreifend - gemacht. UND ERST DANN kriegen die risikogruppen normalerweise etwas vom kuchen ab, bis dahin liegt es im ermessen des arztes.

hätten sie es gerne umgekehrt? ich nicht.

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