Dienstag, 10. Juli 2018
diese arbeitszeitideen
der neuen regierung sind, mit verlaub, auch so ideen von leuten, die nicht wissen von was sie reden. und die es trotzdem tun.

ich möcht' schon gern einmal einen der y-chromosomenträger sehen, wenn er so 12 stunden am tag auf dem bau hackeln muss, weil eben die baustelle fertig werden muss. mit betonung auf muss. weil: wer nicht hackelt, der sucht sich halt dann zwangsweise eine andere hackn, wo es dann auch nicht anders zugeht. bei 30°c im schatten hoch oben auf dem gerüst, wahlweise auch mit einer scheibtruhe voller beton herumjappelnd, gerne auch beim asphaltieren oder ähnlichen tätigkeiten.

auch eine kindergärtnerin ist nach einem acht-stunden-tag ziemlich erschöpft, kann ich mir vorstellen. und ein wenig ohrenlädiert. und im kreuz hat sie es wohl auch, weil insbesondere die kleinen kindelein - die immerhin auch so von 15 kg aufwärts wiegen - hin- und hergetragen werden wollen/sollen/müssen. von den achthundertdrölfzig malen, die sich so eine kindergärtnerin bückt, fangen wir erst gar nicht an.

oder ein koch, weil: das essen muss fertig werden, die gäst' haben hunger. und zwar am laufenden band. was ginge also mit einem schaukochen seitens der herrschaften? wir beginnen mit dem anwerfen der herde, dann husch-husch aus der heissen küche in den kühlraum, dort die erdäpfel- und gemüsekisten à 25 kg hin- und herwuppen (ein voller bananenkarton hat tatsächlich so viel), und dann im kühlen ausräumen, zurück in die heisse küche, ein paar kilo zwiebel schneiden, und zwischendurch tränenden auges in den tiefkühlraum zwegenem dem frischen steak. da hat man dann innerhalb von 2 minuten einen temperatursturz von so 60°C bis 70°C. natürlich kann man eine jacke anziehen und sich auch ansonsten wappnen, aber: das kostet zeit, und die hat man nicht.

auch ein 12-stunden-tag am schreibtisch ist interessant. ganz egal was man da auch tut, nach einer weile spürt man die beine nicht mehr, das aufstehen ist anstrengend, und die ersten schritte sind eher wackelig. natürlich kann man zwischendurch ein bisserl gymnastik machen, gerne in den jetzt wieder so angesagten grossraumbüros mit wenig platz zwischen den plätzen: "geh, kollege, ducken's ihnen doch einmal unter den schreibtisch, ich muss ein bisserl arme kreisen und rückengymnastik machen. und, kollegin, rücken's doch bitte mit dem sessel auf die seite, sonst kann ich mich nicht stretchen!". da ist man sicher ganz schnell beliebt. nach einer gewissen zeit lässt übrigens die konzentration nach, man wird deutlich langsamer, und sollte dann nur mehr tätigkeiten verrichten bei denen wenig schaden entstehen kann.

frau kelef hat das zum teil probiert, das mit dem 12- und 14-stunden-tag, und sie kann dazu berichten: ja, kann man. ein paar tage oder wochen lang. sogar monate. dann ist man aber bitte geistig hinüber. und es ist einem ziemlich wurscht ob draussen sommer oder winter, morgen oder abend ist, das kind hungert oder dürstet oder der hund runter muss. und damals war frau kelef noch keine 40 jahre alt, hatte einen wirklich interessanten job der abwechslungsreich war und interessant und spass machte und erfolgsgekrönt war und es gab auch anerkennung und kohle satt, und dann irgendwann einmal: kündigte frau kelef damals, von heute auf morgen. weil: siehe oben. und man kann ihr nun nicht nachsagen, sie sei nicht belastbar oder multi-tasking-fähig oder sonstwas, nur: jeder hat grenzen.

bei der nachträglichen genauen zählung stellte sich heraus, dass frau kelef mehrere jahre lang als alleinerziehende mutter eines weiblichen teenagers so ganz nebstbei pro jahr 650 überstunden leistete, mehrere jahre in folge. jo eh wurden die bezahlt.

das ende vom lied war damals ein burn-out vom feinsten, ein hausarzt der ehrlich besorgt war, und mehr als ein jahr sabbatical. die ersten paar monate übrigens hat frau kelef: verschlafen. da war vermutlich ein klitzekleiner nachholbedarf.

natürlich ist es was anderes wenn politiker, manager und ähnliche leute 12-stunden-tage haben, allen ernstes. die sitzen nämlich nicht 12 stunden auf ein- und demselben sessel hinter ein- und demselben schreibtisch, die arbeiten auf keiner baustelle, in keiner küche und in keinem kindergarten. die gehen von einem besprechungszimmer in das andere, können zwischendurch ein schwätzchen halten, fahren vielleicht in eine andere firma oder gar eine andere stadt, gerne auch mit chauffeur, zu hause putzt die putzfrau, die kinderfrau kümmert sich um die kinder, und so weiter. und die kohle reicht allemal um sich am ende eines arbeitstages in ein nettes restaurant zu setzen und sich bedienen zu lassen. während die niedrigen chargen dann noch irgendwas zu essen herrichten, die wäsche versorgen, den boden kehren, mit den kindern fünf worte wechseln, möglicherweise zwischendurch (hahaha) auch noch einkaufen müssen. nicht zu vergessen die tägliche hygiene. von der zeit, die man da zwischendurch auch noch sinnbefreit in öffis und beim warten auf ebendiese verbringt, da reden wir gar nicht erst.

meine fresse. man möchte denen ...

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Sehr gut beschrieben. Insbesondere die Bemerkungen zum Bürojob, der ja gerne als Pipifax betrachtet wird, sind sehr treffend. Habe mich kürzlich erfolgreich der "freiwilligen Samstagsarbeit" verweigert, da ich ohnehin seit inzwischen drei Jahren zwei Jobs zum Preis von einem mache und keine Besserung in Sicht ist.

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wenn man 12 stunden arbeitet, dann muss man zu diesen stunden doch auch noch 2 stunden körperpflege, frühstücken, abendessen dazurechnen (geht sich aber auch nur aus, wenn man flink ist, weil beides doch auch noch hergerichtet werden muss). dazu kommen die gesetzlich vorgeschriebenen pausen, die natürlich - wie denn sonst - zur arbeitszeit dazugerechnet werden müssen. da haben wir dann also noch einmal mindestens eine stunde. dazu kommt die wegzeit, die nicht selten auch jeweils eine stunde hin- und eine zurück bedeutet, wobei unsere lustige regierung ja so ideen hat, dass durchaus auch zwei stunden pro strecke zumutbar sind.

und jetzt rechnen wir einmal:
12 stunden arbeit
2 stunden wegzeit
1 stunde pause
2 stunden waschen, zähneputzen, essen, etc. bleiben - wenn man kein wort mit der familie wechselt (aus dem klo rausbrüllen gilt nicht!), die blumen vertrocknen und den kanari verhungern lässt, doch glatt sieben stunden schlaf. wenn man sich denn niederlegen und sofort einschlafen kann.

ich würd' ja die herren wirklich gerne einmal in die oben beschriebenen szenarien einführen. mal sehen, wie die nach einem einzigen solchen tag aus der wäsche schauen. und weil das alles pipifax ist, machen wir das drei tage hintereinander. und dann reden wir weiter.

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