Sonntag, 27. Mai 2012
der mündige patient
wie wir wissen, ist das ja ein lieblingsthema von frau kelef, nebst einigen anderen medizinischen unerklärlichkeiten - z.b., wie behandelt man patienten anständig.

und sicherlich erinnern sich ein paar der geneigten leser noch an diese geschichte:

http://gastgeberin.blogger.de/stories/342401 - beachten sie besonders das foto dort.

denn es begab sich, nachdem frau kelef den patienten ja schon einmal gesucht hatte: http://gastgeberin.blogger.de/stories/2034738, dass man ihn wiederum nicht am praktischen erreichen konnte. verschiedene telefonische recherchen ergaben, dass ebendieser patient schon wieder (zum fünften mal innerhalb von ein paar wochen, ersparen sie mir die details) hatte operiert werden müssen.

nun muss man sich das so vorstellen, dass der patient aufgrund seiner grunderkrankung - metastasierender lungenkrebs - grundsätzlich im spezialkrankenhaus A behandelt wird. nicht behandelt werden dort allerdings die folgeerkrankungen, sodass also patient mittels rettungswagen von krankenhaus A in krankenhaus B zur bestrahlung gebracht wird. sollte sich dann ein darmverschluss einstellen, wird der patient - sie erraten es - ins krankenhaus C gekarrt, und dort operiert und weiterbehandelt, bis er soweit stabil ist dass er wieder in krankenhaus A zur chemotherapie betreffend die grundkrankheit gekarrt werden kann.

für diverse weitere untersuchungen stehen auch andere krankenhäuser in einem entsprechenden radius zur verfügung.

nun ist es so dass ein schwerkranker mensch, der möglichst ruhig liegen bleiben soll, ein klitzekleinwenig eingeschränkt ist in seiner bewegungsfreiheit. natürlich nimmt man aber an, dass das zubehör, das so ein kranker mensch so hat, wie zahnbürste, nagelschere, und eben auch das telefon, das praktische, dem patienten bei überstellungen in andere krankenhäuser mitgegeben werden.

nicht so in wien-mitteleuropa.

in dankenswerter weise kamen sohn und schwiegertochter zu besuch - die leben in der schweiz und haben schulpflichtige kinder, geht also alles ganz fix, sind ja nur ein paar hundert kilometer, aber ist ein guter sohn und eine liebe schwiegertochter, und eigentlich wäre es ihnen auch nicht unrecht gewesen wenn ihnen wer gesagt hätte wo der vater denn jetzt sei, weil telefonisch haben sie ihn nicht erreichen können aus der schweiz, gott sei dank hatte aber die schwester der patienten schon fast einen herzinfarkt gehabt als sie ihren bruder besuchen wollte und ein fremdbesetztes bett vorfand. nach entsprechend aufgeregtem nachfragen teilte man ihr aber dann doch mit, dass ihr bruder nur verlegt worden sei, eben in das krankenhaus C.

blöd nur, dass die schlüssel zum garten, in dem die beiden eigentlich das wochenende über wohnen wollten, in krankenhaus A unauffindbar sind. das telefon hat, so ward kolportiert, der bettnachbar aus krankenhaus A an sich genommen, vom aufenthaltsort der anderen besitztümer fehlt irgendwie jede spur.

also, sie verstehen: der patient wird ohne mecks oder mucks - wehren kann er sich ja nicht - von einem krankenhaus in das andere verlegt. all sein persönliches hab und gut - die zahnbürste, die diversen habseligkeiten, die schlüssel, geld, das telefon - das bleibt einfach im zimmer zurück. wer dann dort was damit macht bleibt dahingestellt.

vernünftige auskünfte bekommen die angehörigen nicht. der patient selber - der voriges jahr mit dem behandelnden hausarzt noch auf urlaub war - fühlte sich ein wenig alleingelassen von ebendiesem: denn vernünftige auskünfte betreffend seines eigenen gesundheitszustandes bekam er: nicht.

dem sohn wird von irgendwelchen ärzten im krankenhaus ein wischi-waschi erzählt: "das eine kriegen wir schon in den griff, irgendwie, also die geschwollene hand, und der tumor im kopf ist durch die bestrahlung weg. dass die wunde am bauch immer wieder aufgebrochen ist, können wir uns auch nicht richtig erklären. da haben wir dann, also das ist jetzt zu kompliziert, aber jedenfalls war es dann gut, und dann ist was quergelegen, und da haben wir noch einmal aufmachen müssen. aber wenn das in ordnung ist, dann, dann können wir mit der chemotherapie weitermachen." der oberarzt kommt vielleicht irgendwann während der pfingsttage kurz vorbei im krankenhaus - da ist ja nichts los, sind ja feiertage. wer glück hat, kann ihn vielleicht erreichen.

und natürlich kommt das alles nur daher, dass der patient einmal geraucht hat. der hinweis auf die tatsache, dass der patient sein leben lang als schuster gearbeitet hat und schon in jungen jahren darüber klagte dass manche beizen, imprägniermittel etc. doch ziemlich atemraubend seien, und dass er nach dem abschleifen der ledersohlen oft stundenlang habe husten müssen, nein, das sei vernachlässigbar, denn: in der liste, die man zum ankreuzen hat, da steht davon nix. da ist nur zweierlei möglich: raucher oder nicht.

und so fragt sich frau kelef wieder einmal - und wie üblich wird ihr keine antwort, zumindest keine befriedigende, zuteil werden: geht man so mit patienten um? behandelt man so einen kranken? wir schreiben jeden sch... in einen beipackzettel, wegen der produkthaftpflicht und weil ja der patient mündig ist und selber mitdenken und -entscheiden soll, aber kaum kann er sich nur mehr mühsam wehren, da wird ein patient reduziert auf einen fall, eine nummer, ein kreuzerl in der statistik?

da wird dem patienten einfach so, ohne fragen oder wenn oder aber, alles weggenommen, da verschwinden all die kleinigkeiten, die man auch im krankenhaus doch gerne einmal dabei hat, irgendwo im nirwana, braucht man ja nicht mehr, oder wie oder was?

und wenn - wie damals in frau kelefs fall - das persönliche patienteneigentum in einen plastiksack mit zur patientin passenden strichcode-aufklebern gepackt wird und ans fussende des bettes in der intensivstation gestellt wird, ist das dann die wortlos-schonende vorbereitung der angehörigen darauf, dass da noch was schiefgehen kann?

aber in den medien wird darüber gelobhudelt dass da doch alles so wunderbar sei in der medizinischen versorgung, und in den krankenhäusern gar kein verbesserungsbedarf bestünde, nur ein wenig rationalisieren müsse man noch, wegen der kosten.

als nächstes bauen sie uns wohl noch eine palliativstation neben dem krematorium. tierheim neben der müllverbrennungsanlage ist ja schon beschlossen.

... comment

 
Wie sind denn Ihre Erfahrungen mit dem Anrufen eines Ombudsmanns? Bringt das nichts? Oder Buergeranwalt?

... link  

 
das ist so eine sache, denn: wer muss es dann büssen? der patient, der sowieso schon nicht in der besten verfassung ist. möglicherweise solidaritätshalber auch gleich ein paar andere patienten mit.

denn: natürlich war das nur versehentlich, und kommt ja nie und nimmer nicht vor, nicht wahr.

... link  

 
es ist einfach nur zum weinen
und alles nur kein einzelfall
wegwerfgesellschaft at its ...naja.

... link  

 
So was war der Grund, warum meine Mutter immer eigenhändig dem ganzen Krams zusammen raffte und damit "zeitnah" hinterher reiste, wenn mein Vater verlegt wurde, sie hatte ja auch sonst nichts zu tun, die Gute und hätte sich sonst sehr gelangweilt.

Ich kenne übrigens eine Stadt, in der das "Haus der Senioren" gleich neben dem Friedhof...

... link  

 
das ist der grund warum ich seit längerem mutter anbettele, sie möge ein paar verfügungen treffen in denen sie ihre töchter zu paar sachen berechtigt, man kann ja nie wissen...

... link  


... comment
 
wehe dem, der ohne angehörige krank wird. ich könnte heulen.

... link  

 
in dem fall nützen ja noch nicht einmal die angehörigen. die schwester hat ja fast der schlag getroffen wie sie ins krankenhaus gekommen ist und im bett, in dem am vortag der bruder lag, war ein fremder patient, und keiner hat es der mühe wert gefunden sie zu verständigen. die schwester ist bald siebzig und hat kein auto, das heisst, sie braucht über eine stunde ins krankenhaus A, um dann von dort über eine weitere stunde ins krankenhaus B zu fahren. die öffentlichen verkehrsmittel bleiben schön vor den grosszügig angelegten parkarealen stehen, die einzelnen pavillons der beiden krankenhäuser liegen hübsch im grünen, dazwischen eben parks und blumen und so zeugs, die besucher dürfen dann bis zu zwanzigminütige gehwege hinter sich bringen um dann wieder zurückzulatschen, und zehn minuten auf die verkehrsmittel zu warten, um dann weiter in das nächste krankenhaus ...

und der sohn lebt in winterthur, und die tochter in bregenz. von da aus kann man den vater gut am handy anrufen - also, man könnte. ich hab zur feststellung des sachverhaltes eine stunde telefonieren gebraucht - kann man das einer vielleicht nicht so hartnäckigen älteren person, die keine übung in derlei dingen hat, wirklich zumuten? und kann man sicher sein, dass dann die richtige auskunft dabei herauskommt? gibt es einen kurs in "wie finde ich einen patienten in wiener krankenhäusern"?

und die sache mit dem eigentum der patienten, das ist ein eigenes kapitel. aber ich werd' die geschichte schon nicht vergessen, keine sorge.

jedenfalls: man könnte kotzen.

... link  

 
ich habe durchaus schon. und nicht erst einmal. hilft leider nichts.

... link  


... comment