Samstag, 23. März 2013
darf man fragen?
man darf fragen, das ist ja gar keine frage, fragen sind letztlich dazu da um gestellt zu werden. da braucht frau kelef jetzt einmal gar nicht fragen.

trotzdem aber fragt sich frau kelef, warum so viele leute ein problem mit dem fragen haben. also eigentlich haben die ja kein problem mit dem fragen, das können sie alle, aber das echo aushalten, das ist eine andere geschichte. dabei werden ja grundsätzlich fragen gestellt, um antworten zu erhalten, es sei denn es handelt sich um die jiddische version des fragestellens, weil da ja dann auch gerne eine frage mit einer gegenfrage beantwortet wird, nicht nur gerne sondern oft zwangsläufig, denn warum, so fragt man sich, soll man eine frage nicht mit einer gegenfrage beantworten? aber ganz grundsätzlich fragt man doch, weil man eine antwort haben will, oder hat frau kelef da was falsch verstanden, möglicherweise nicht richtig nachgefragt?

das ist die eine seite. die andere seite ist die, dass man insbesondere fragen nach dingen, die einen nicht unbedingt was angehen, nicht zu stellen hat. weil: es geht einen nix an. die befragte person ist dann nämlich in der bredouille: soll die gefragte frage mit einer gegenfrage beantwortet, überhört, richtig oder falsch beantwortet werden, oder soll der fragende vom befragten auf die unziemlichkeit der frage und der fragestellung hingewiesen werden? was ist hier die grössere unhöflichkeit, und was, bitte, ist zu tun wenn der frager die frage dem ursprünglich schon befragten erneut stellt? fragen über fragen, aber irgendwie kommt man schon zurande.

so weit konnten sie den überlegungen sicherlich folgen. frau kelef meinte, auch sie könne dies alles auseinanderhalten und richtig zuordnen, allerdings nur, bis frau pixy in ihr leben trat.

denn immer noch wird gefragt:

was der hund hat, warum er das hat, wieso und woher, ob frau kelef einen tierarzt bemüht hätte resp. beabsichtige dies zu tun, und was der tierarzt gesagt habe. ebenso wird gefragt ob frau kelef nicht sähe dass der hund humpele/hinke/hatsche/dreibeinig unterwegs sei/sich was eingetreten hat/sich die pfote verletzt hat/auf was draufgestiegen sei. frau kelef hat sich lange zeit redlich bemüht alle diese fragen ordentlich und wie es sich gehört zu beantworten, aber, verstehen sie, langsam fragt sie sich schon wie lange das noch so gehen soll. man verliert ja die geduld, und ab einem gewissen alter hat man auch nicht mehr so viel zeit zur verfügung um alle diese fragenden personen zufriedenzustellen. und letztlich, was sollen diese fragen, fragt man sich. bzw., was fangen die leute dann mit der antwort an, egal wie letztere ausfällt? dann wissen die dass das tier, das da fröhlich am anderen ende der leine herumhüpft, einen steifen ellbogen hat und beim tierarzt war und dem tier nix weh tut. super. schlafen die dann besser? frau kelef kennt diese leute nicht, will sie nicht kennenlernen und würde ihre existenz gar nicht zur kenntnis nehmen müssen und schon gar nicht wollen, wenn diese kreaturen nicht sinnlos in der gegend und im weg herumstünden und fragen stellten, nach dingen und umständen und zuständen die sie nix angehen. und noch einmal: wird eine solche frage wahrheitsgemäss beantwortet, was dann? manche fragen ja auch noch nach, was und wie und wann genau, frau kelef erklärte auch dies schon mehrfach in medizinischem deutsch, in einfachem deutsch, in blockbuchstaben für die besonders dummen, und mehrfach auch auf englisch: man hat hier in der nähe einen riesenbahnhof gebaut, und auch die touristen fragen gerne - nicht nach dem weg, oder sonstigen touristischen belangen, nein: "do you know your dog is limping?". haben diese ausgeburten der hölle, die nach einer langen bahnfahrt mit rollkoffer, regenschirm, handtasche, photoapparat, telephon, einkaufssackerl, haube, hut und mantel und noch ein paar wichtigen dingen bepackt durch die fussgängerzone latschen keine anderen sorgen?

ein interessantes und noch zu hinterfragendes phänomen ist die tatsache, dass so gut wie alle leute, die über den steifen ellbogen von pixy so ihre überlegungen anstellen, ihre verbalen absonderungen von ungelenken bewegungen des linken handgelenkes begleiten lassen. auf befragen verschiedener tier- und menschenärzte kann hier eine virale oder bakterielle infektion ausgeschlossen werden, es handelt sich mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit um ein sonderform des mangels an menschenähnlichkeit.

gerne werden fragen auch an kinder gestellt, die zur genauen betrachtung der kleinen klavlav dann auch gleich in die entsprechende richtung gedreht werden: "siehst du, schantalle/zementa/dschusstien/noa, der wau-wau hat ein au-au, siehst du, da, am fussi!" frau kelef, wenn sie keine zeit hat, ignoriert das. manchmal geht das aber natürlich nicht, besonders dann, wenn die mamma oder der pappa des lieblichen kindeleins das kindelein mitsamt der kalesch, in der das kindelein transportiert wird, so in den weg stellen dass kein vorbeikommen möglich ist. dann ist ignorieren schwierig. frau kelef also schaut böse, hängt das linke oberlid noch ein wenig tiefer, dreht sich ungelenk herum und spricht zu der kleinen klavlav: "schau, wau-wau, das kind da hat kein au-au, schau nur, da!". und dann schauen die leut' bös und sind beleidigt. was frau kelef sich erdreiste, so könne man doch nicht, man habe doch nur dem kind gezeigt ... . frau kelef macht dann gerne darauf aufmerksam, dass 1. der pamperletsch mit knapp über einem jahr das sowieso nicht versteht, 2. man mit kindern vernünftig sprechen soll, 3. der wau-wau eine hündin ist, 4. man kindern doch bitte nicht beibringen soll, mit dem finger auf kranke/behinderte/verletzte zu zeigen, und ausserdem, das kind schiele ganz entsetzlich, ob die eltern schon beim augenarzt ... - meist ist das gespräch damit beendet.

eine besondere spezies sind übrigens die leute, die einfach so vor sich hin murmeln: "der arme hund, kann nicht laufen, niemand geht mit ihm zum arzt, die leute heute, hund haben wollen aber nicht zum tierarzt gehen, sicher ist der auch nicht geimpft (die tollwut-impfplakette trägt frau pixy übrigens gut sichtbar am geschirr), und zu fressen kriegt der sicher auch nichts gescheites (in der letzten woche: hauskaninchen, rindfleisch, hühnerfilet, karpfen, alles bio, alles salzfrei extra für die hund, dazu gemüse und ein wenig reis/nudeln/couscous mit kernöl). ja. das arme viecherl. ich geb ihm eine leberkäs-semmel, oder ein stückerl schokolade, so was kennt der bestimmt nicht." und solches lautstark vor sich hinbrebbelnd latschen sie einem auch um fünf häuserecken herum nach. und fragen dann: darf ich sie fragen was der hund hat?

noch viel spezieller - man möchte fast sagen, sie erscheinen ein wenig verdächtig - sind aber die frager, die DEN HUND fragen: "ja du armes hunderl, was hast denn da am fusserl/pfoterl/haxerl/beindi, du armes wauzi, oh je oh je, na sag mir, gell, das tut dir weh, da hast dir was eintreten, dass dein frauerl da nicht mit dir zum tierarzt geht, die soll sich schämen, was hast denn g'macht, hat die nicht geschaut wo du hingetreten bist, na also, zeig her, was hast denn, ..." andererseits, mit denen kann frau kelef in der zwischenzeit schon umgehen: sie rügt dann einfach frau pixy, weil, es ist doch sehr unhöflich wenn man so lieb gefragt wird und dem fragenden dann statt einer antwort nur einen fragenden blick zuteil werden lässt, nicht wahr. aus unerfindlichen gründen fühlen sich die leute dann zwar meist ein bisserl verarscht, aber damit kann frau kelef fraglos leben.

die sache mit dem handzettel-drucken-und-verteilen wurde ja schon ventiliert, aber ebenso wie schilder am hund mit "ja, ich hinke" auf der einen seite und "und sie sind blöd" auf der anderen seite verworfen. wo komme mer dann da hin, kostet ja auch noch geld. und wo steht geschrieben dass die leut' lesen können, fragt man sich zudem.

neuerdings also probiert frau kelef die jiddische version aus, in extenso. und beantwortet die fragen allesamt mit gegenfragen. dies hat, bevor sie fragen sollten, schon zu wüsten beschimpfungen durch die erstfrager geführt. der unterhaltungswert ist allerdings - wenn auch sehr einseitig, falls keine geneigten zuhörer herumstehen - enorm.

man muss sich das so vorstellen:
was hat denn das hunderl?
warum?
na, weil das humpelt.
ja.
was hat er denn?
wieso?
na, weil der hinkt ja.
sie.
wer?
sie, das ist eine hündin.
a so. was hat er denn?
inwiefern?
na, weil er hatscht!
wieso?
was?
wieso fragen sie mich das?
weil ich das wissen will.
macht nix.
was?
dass sie das wissen wollen.
warum?
wieso warum? es macht mir eben nix.
dass der hund hinkt?
nein, dass sie das wissen wollen.
was?
warum der hund hinkt.
ja!
was?
na, warum hinkt der hund?
die.
wer?
hündin.
ja. also: warum?
warum was, und wieso?
der hund hinkt.
wieso?
was?
wieso wollen sie das wissen?
weil ich sie gefragt hab!
umgekehrt.
häh?
sie haben mich gefragt, weil sie es wissen wollen.
ja, also?
ja, also?
warum humpelt der hund?
wieso fragen sie mich das?
spätestens zu diesem zeitpunkt beginnen ohne jede frage die beschimpfungen seitens der erstfrager. frau kelef nimmt dann einen betont liebenswürdigen gesichtsausdruck an, und hinkt nun ihrerseits rechts, während frau pixy fröhlich links vorne weiterhumpelnd herumhüpft und sich freut, dass sie noch immer nicht jedes deutsche wort versteht.

lesen sie wieder wenn frau kelef ausländisch spricht. sie übt schon.

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