Dienstag, 23. April 2013
die schneeberger
hat man sukzessive ermordet und ausgerottet, die armen kleinen, und sie widerstehen jedem österreichischen versuch der wiederbelebung, jetzt, nachdem man draufgekommen ist dass die doch eine existenzberechtigung hatten. nicht, was sie schon wieder denken oder meinen denken zu müssen. die schneeberger kirschen meine ich. die gibt es seit jahrzehnten nicht mehr.

die schneeberger kirschen waren eine eigene sorte, sehr spät, klein, fast schwarz, kurzstielig, wurmfrei, sehr süss und unglaublich nach kirschen duftend und schmeckend. können sie mir jede andere kirsche in gold gefasst präsentieren, genaugenommen mag ich keine kirschen mehr seit es keine schneeberger mehr gibt.

das problem mit den schneebergern war, dass es nur wenige bäume gab, und ergo auch wenige kirschen, und da das klima am schneeberg unten ja auch ein eigenes ist und die kirschen sich einer ansiedelung unter anderen klimatischen bedingungen standhaft widersetzten, resp.: man konnte pfropfen und züchten und tun was man wollte, es war wie bei den walderdbeeren im garten: nach ein paar jahren waren es keine mehr. petergstamm im garten wird zur schlüsselblume, die pflänzchen, ob gross oder klein, haben da ja immer ihre eigenen vorstellungen von dem was ihnen konveniert. es gibt eine menge leute die versucht haben, die schneeberger kirschen im garten zu halten, aber nix da, das wollten die nicht. kein veredeln, kein verpflanzen, kein gar nix.

jedenfalls, im zuge der nivellierungen und der gurkenkrümmungs- und tomatenrundungsunderrötungsvorschriften der lieben, geschätzten und most competenten eu wurden die schneeberger kirschen ausgerottet. irgendwie war das alles zu viel arbeit für die bauern, die bäume wuchsen ja nur am hang, dann trampelten ein paar wanderer durch und brachen die zweige ab, und so weiter, und wer kannte sich schon genau aus mit den paragraphen und vorschriften und sortenreinheiten und weiss der kuckuck? waren ja nur ein paar bauern, und dann waren da die gesetze und die strafandrohungen, und wenn man so einen schatz nicht ununterbrochen hegt und pflegt, perdauz, weg isser. so auch die schneeberger.

meine oma machte aus den schneeberger kirschen übrigens immer kirschenfleisch, ohne zucker (den brauchte bei denen keiner), im eigenen saft langsam geschmorte dünnflüssige marmelade, die dann als besonderer aufputz zu mehlspeisen (palatschinken, kaiserschmarrn) oder - löffelweise - zur belohnung kredenzt wurde. herrlich. es war nicht einfach, überhaupt ein paar kilo der begehrten ware zu bekommen, aber wenn, dann, ach, der duft, der geschmack, mir blutet das herz heute noch.

fiel mir gerade ein bei der neuesten undee (= gegenteil von idee) der eu, nur mehr registrierten und zugelassenen und genehmigten und mit amtlichen siegeln auf der linken wurzel rechts oben versehenen gewächsen das wachsen, blühen und gedeihen zu erlauben. und dass der nachbar der nachbarin eine dahlienzwiebel schenkt oder einen ableger vom schnittlauch, das wird dann mit geldbussen belegt, irgendwoher muss ja die kohle für zypern et al. kommen. gnade jedem petersil, der widerrechtlich aufgeht, und tod dem krokus, der in der wiese sitzt und nicht um eine genehmigung für das vermehren seiner zwiebeln vorstellig geworden ist. paradeiser gibt es dann nur mehr in einheitsform/farbe/grösse, und sie heissen dann auch nicht mehr paradeiser sondern tomaten und schmecken nach gar nichts. die gurken werden in hinkunft nur mehr in vorgefertigten formen wachsen dürfen und dafür das dreifache kosten.

interessant stelle ich mir ja auch die pflanzizisten vor die, als biene verkleidet, mit leisem summen genau kontrollieren ob eine vorschriftsmässig gestreifte biene (denn andere dürfen dann wohl auch keinen nektar für den honig mehr sammeln) nicht versehentlich eine nicht reinerbige pflanze anfliegt und so, gott soll abhüten, dann vielleicht die kräuselpetersilie mit der glatten petersilie kreuzt. ich meine, wenn man sich vorstellt was alleine wikipedia anbietet an informationen zur kräuselungsstärke der blätter der gekräuselten petersilie: http://de.wikipedia.org/wiki/Petersilie! was könnte das für folgen haben für die menschheit wenn da was durcheinander kommt! das muss um jeden preis verhindert werden, ich verstehe das vollkommen.

und wehe, jemand pfropft im eigenen garten rosen oder obstbäume - dem droht wohl zumindest gefängnis, oder wenn nicht, dann doch eine elektronische fussfessel, und die vorstrafe hindert den menschen dann daran jemals wieder den job wechseln zu können, weil: mitgeteilt wird im führungszeugnis ja nur, dass der mensch vorbestraft ist, nicht, warum, und wenn man einem potenziellen neuen arbeitgeber mitteilt dass man wegen veredelns des linken kirschbaumstammes mit einem ästchen des rechten kirschbaumes vorbestraft ist, ich meine: wer glaubt das in wirklichkeit?

aber ich finde es toll, dass die eu so auf uns schaut. ganz ehrlich. ich frage mich sogar ab und an, wie es ohne all diese klugen und vernünftigen regeln überhaupt dazu hat kommen können dass die menschheit nicht ausgestorben ist und ackerbau und viehzucht sich entwickeln konnten.


jedenfalls, die schneeberger kirschen gibt es hier schon einmal nicht mehr. verschiedentlich werden zwar kirschen unter diesem namen angeboten, aber die braucht man nur anzusehen um zu wissen: das sind keine. nie und nimmer. zu früh, zu gross, zu hell, zu rund. und riechen tun sie auch nicht so wie sie sollen. gekostet hab ich sie, frau pixy haben sie auch nicht geschmeckt.

und so heulte ich vor jahr und tag der lieben juli, der guten frau die die alten hunde auf ihrem grund und boden in ungarn hegt und pflegt, sie erinnern sich, mein leid, und juli, als pharmazeutin und naturverbundene hobbygärtnerin, die hat da ja auch eine meinung dazu. und so - ich wagte mein glück nicht zu fassen - schrieb sie mir nach einiger zeit eine elektropost, denn sie hatte die kirschen gefunden, und ich staunte nicht schlecht: in ungarn, im schönen komitat Borsod-Abaúj-Zemplén, also hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Szomolya. keine 2.000 einwohner, und viele leben von: kirschen, einer besonderen sorte, so kleine, schwarze, mit kurzen stielen, wurmfrei, aromatisch und süss, und eingekocht werden die ohne zucker. wer hätte das gedacht.

es gibt dort sogar jährlich ein kirschenfestival, und eine menge produkte aus eben diesen kirschen, die dort seit jahr und tag wachsen.

die homepage der stadt finden sie hier: www.szomolya.net, und wenn sie unter den links links "föoldal - hirek" anklickt, dann findet man eine menge fotos.

und hier sind noch ein paar links:

http://www.youtube.com/watch?v=61Pwzx9NMX4

https://www.youtube.com/watch?v=FrJ39j7CRhs

http://www.utazzitthon.hu/szomolyai-cseresznyefesztival-2013-szomolya.html

https://www.google.at/search?q=szomolya+cseresznyefesztiv%C3%A1l+2012&client=firefox-a&sa=N&rls=org.mozilla:de:official&channel=fflb&tbm=isch&tbo=u&source=univ&ei=SpV1UcSTGsmg4gTk5oGgBw&ved=0CHQQsAQ4Cg&biw=1148&bih=934

sagen sie nix mehr, nicht wahr? juli hat mir ein paar produkte von dort geschickt, getrocknete schwarze kirschen, da lässt man alles und jedes getrocknete obst dagegen stehen. hach. und kirschenfleisch, echtes und richtiges kirschenfleisch!

interessant wäre zu erfahren, ob die sorte vom schneeberg nach ungarn, oder umgekehrt von ungarn nach niederösterreich gekommen ist. den hoyos' gehört ja immer noch eine menge land in der gegend, und die esterházys sind quasi auch omnipräsent, irgendwie wird es irgendwann schon so gewesen sein dass jemand diese köstlichen kirschen von hinnen nach dannen portiert hat, zum segen der menschheit, denn wenigstens EINEN ort gibt es ja doch noch auf dem diese köstlichkeit wächst. im übrigen weigern sich die kirschen, so wird berichtet, auch in ungarn hartnäckig woanders zu gedeihen. psycherln halt, wie alle echten aristokraten - vermutlich also doch ungarn.

EDIT: http://arboretum.blogger.de/ war so nett und hat auf die petition von global 2000 hingewiesen in den comments, und den link dazuklebt, hier also noch einmal ganz vorne: "Bei Global 2000 gibt es übrigens auch eine Online-Petition gegen dieses EU-Vorhaben (und dort gibt es noch einige Infos zur neuen EU-Saatgutverordnung)." dankeschön!

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