Dienstag, 30. November 2010
was uns nicht umbringt
macht uns nur härter.

ich sass also immer noch oben ohne herum, mit dem netten tüchlein um die schultern, das auch beim besten willen nicht alles zu verdeckende verdecken konnte, aber pulli und jacke konnte ich ja dazu verwenden schamhaft meine blösse zu verhüllen.

der liege war ich verwiesen worden, die wurde für den nächsten besoffenen benötigt, der wollte nämlich ein wenig seinen rausch ausschlafen. versteht man ja irgendwie auch.

ein schmerzmittel versprach man mir für später.

wider erwarten wurde ich dann doch zum röntgen aufgerufen, drehen sie sich hierhin und dahin, danke vielmals, die tür ist dort, nehmen sie platz.

ging dann irgendwie, wenn auch höchst schmerzhaft, weil die entscheidung nicht einfach zu fällen war: halt ich das tüchel oder den pulli oder die jacke oder den arm, letzterer schmerzte immer mehr, also auf einen sessel gekrabbelt und ruhig geatmet.

ein schmerzmittel versprach man mir für später.

einige zeit später wurde ich doch tatsächlich wieder aufgerufen, herr oberarzt lasse bitten, der wollte eigentlich gar nicht mit mir reden, musste er aber, weil die über meinen kopf hinweg diktierten worte "bauerverband für vier wochen, morgen kontrolle, kontrollröntgen in einer woche" schienen mir doch weder patientenfreundlch noch an mich gerichtet, und irgendwie, ich meine, man weiss doch gerne was man hat.

ah so, ja. sie müssen ja eh schmerzen gewohnt sein.

häh?

na, die arthrosen da im schultergelenk, besonders hier!

kenn ich schon seit bald zwanzig jahren. und sonst?

arm gebrochen.

bild sehen!

hä?

ja, will ich. wo genau gebrochen, und was genau.

hier, schauen sie. sie kriegen noch ein schmerzmittel für zum schlafen.

brauch ich nicht, hab ich zuhause. kann ich jetzt was haben?

nein, das hamma nicht. der nächste, bitte.

auf wiedersehen, herr doktor.

die schwester wies mir dann die richtung richtung gipszimmer, durch drei türen durch mit dem tüchel um die schultern zwischen den besoffenen hindurch, wollte ich dann doch so nicht und wickelte mich in die ärmellose jacke, bh und pulli irgendwie mitschleifend.

im gipszimmer: war niemand. davor auch nicht. ein grosser, leerer warteraum. sitzt man ja gerne herum. ziemlich heiss war es auch, fenster: öffnen verboten. luft: zum schneiden dick und muffig. asthmaspray: zuhause, wo sonst.

also warten.

den krankenpfleger, der gerade vorbeikam, höflich um auskunft ersucht, wie denn das mit dem gipszimmer sei, weil, ich wartete ja schon eine halbe stunde und da sei es doch ganz dunkel drinnen und überhaupt keiner da, nun, meinte er, da werde eben keiner da sein.

ob man vielleicht jemanden finden könne, weil mir werde gerade gleich ganz übel und schwummrig, weil asthma und keine luft, oh, er könne mir eine liege bringen da könnte ich mich drauflegen.

das, herr krankenpfleger, ist das schlimmste was sie einem patienten anraten können der ihnen gerade gesagt hat dass er asthma hat und keine luft kriegt.

ah ja?

ja. vielleicht gäbe es in der apotheke einen spray oder sowas, wäre ja auch hilfreich.

sowas hamma net.

und wenn wer einen asthmaanfall hat und zu ersticken droht?

dann müss ma uns halt was einfallen lassen.

super. das büro vom ärztlichen direktor ist ja immer noch dort wo es war, richtig?

wieso?

raten sie einmal ...

oh. ich schau mal nach wo der kollege ist.

nach drei minuten kam der gipszimmerzuständig doch dann tatsächlich aus dem pausenzimmer, kaute noch an seinem späten imbiss, und wies mich an ihm zu folgen.

er wickelte mich kunstvoll und behende in einen gilchrist-verband (warum auch immer der im ukh als bauerveband bezeichnet wird) und wies mich an, diesen vier wochen lang so zu belassen. so ein verband besteht aus reiner kunstfaser, wenig schmeichelweich, dafür an den rändern aber kratzend, und ist mit schaumstoff gepolstert. ich hätte sehr grosses glück, der arzt der mich behandelt habe sei ein ausgesprochener schulterspezialist. und: den verband ja so oben lassen wie er sei.

und waschen?

no, mit dem waschlappen.

äh - und der verband?

der muss ja nur vier wochen ...

ich kriegte dann übrigens doch zwei extra mit.

ein neckisches oranges sackerl mit bh, pulli und den beiden verbänden in der rechten hand, die gleichzeitig den linken arm stützte, raufte ich mich durch ein paar türen durch und sank dann auf dem parkplatz beim portier auf eine wartebank.

eine zigarette später raffte ich mich auf, den portier um einen anruf zu ersuchen, der konnte mir aber kein telefon geben sondern nur für mich wählen, er reichte mir den hörer, ich teilte der tante mit wo sie mich finden könne und ersuchte um baldige abholung meines kadavers.

es dauerte nicht lange und die tante kam mich einzusammeln, die kleine wauwau neben ihr, erstere eher von käsiger gesichtsfarbe, letztere mit fröhlich wippenden ohrspitzen, entzückt ob des nächtlichen ausflugs, noch dazu mit auto. und frauchen war auch wieder da, welche freude!

die paar meter zum auto der tante zogen sich endlos, jeder schritt war schmerzhafter als der vorige, und die kleine wauwau war entzückt ob der vielen fremden und interessanten gerüche. irgendwie ins auto gefallen, und inständig gebetet dass sich keine strassenunebenheiten auf dem weg richtung heimat bemerkbar machen würden.

das gebet, wie denn auch anders, wurde nicht erhört. aber das gefühl, dass einem die schädeldecke davonfliegt ist ja auch interessant.

zu hause dann kein parkplatz, im beisel am eck bescheid gegeben dass ich noch am leben und der arm wie schon ursprünglich angegeben gebrochen war, und dann nach hause und bitte nur mehr niederlegen, und warum überhaupt haben die mir im krankenhaus kein schmerzmittel gegeben, diese leute dort, diese ver...

bett? niederlegen? fehlanzeige. das wollte ich ja frisch überziehen wenn ich vom einkaufen nach hause käme. frau tante, bitte, und dann hätten auch noch die tiere hunger und die einkäufe sollte jemand ... die tante verdrehte wohl ein wenig die augen (es war samstag abend, 22.30, das hatte sie sich mit sicherheit anders vorgestellt), aber sie bezog das bett, atzte die tiere, füllte die wasserschüssel, räumte die einkäufe aus und in die entsprechenden schränke, und verliess mich dann so gegen mitternacht.

obwohl, das mit dem bett überziehen hätte sie sich eigentlich sparen können, denn ich traute mich nicht hinein. und das sollte auch zwei wochen lang so bleiben: ich schlief auf dem elektrischen altweiber-fernsehfauteuil (mit aufstehhilfe) im wohnzimmer, denn der einzige versuch mich ins bett zu legen endete damit, dass ich erstens nicht liegen konnte weil ich die polster nicht richtig arrangieren konnte mit einer hand, und zweitens: ich brauchte über zwei stunden um wieder aus dem bett zu kommen. die flüche, die ich dabei ausstiess, kannte ich bis dahin selber noch nicht.

fortsetzung folgt.

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Montag, 29. November 2010
gott soll abhüten
vor allem, was noch ein glück ist. sagte ja schon die tante jolesch, resp. liess torberg die tante jolesch zitieren.

und was tut gott? so ist es auch. schon versucht, kein vergleich.

am 30.10.2010 um 18.05 im supermarkt hier um die ecke, zum beispiel, als da dort, wo sie rein eigentlich nichts zu suchen haben zwei euro-paletten eng nebeneinander und aneinandergekuschelt standen. und zwar genau dort vor der ersten kasse richtung ausgang, wo die kunden von den restlichen sechs kassen auch vorbei müssen. kann man sich vorstellen wie auf einem rangierbahnhof.

und wenn dann die eine palette richtung ausgang noch so an die zwanzig zentimeter weiter vorsteht als die hintere, die man gerade passiert, und von allen seiten eilige mitkunden herumkurven, und der einkaufswagen mit der gerade bezahlten ware wie üblich ein wenig unwuchtig rennt, und einem dann noch von hinten jemand mit einem wagen an die hacken knallt während jemand anders einen gleichzeitig mit einem einkaufswagerl seitlich rammt, dann verhakt man sich gerne mit dem linken fuss in der vorstehenden palette und den rest können sie sich vorstellen, probieren sie es aber bitte nicht aus.

und obwohl ich es vermeiden konnte mit dem gesicht auf die kante des sich schlingernd bewegenden einkaufswagen zu knallen und mir so das ffleisch von den knochen zu schälen, so brachte ich doch durch das drängeln von hinten meinen linken fuss nicht mehr rechtzeitig unter der palette heraus und perdautz und krach und auweh. immerhin aber mit dem rücken die palette auch nicht getroffen, sonst noch mehr auweh.

insofern: noch ein glück.

sicherheitshalber gleich auf den rücken, nach luft geschnappt, gelenkskontrolle und holla: da war vorher keine bewegliche stelle im linken oberarm.

also liegengeblieben und ein wenig kontrolliert geatmet. irgendwann kam dann doch wer vom personal und kurvte nicht rund um mich herum wie die kunden sondern fragte ob man mir helfen könne, ja bitte einmal die rettung rufen.

wie meinen sie?

anrufen, jetzt, die rettung, der arm ist gebrochen, möglicherweise hat das gelenk auch was abgekriegt. bitte, danke.

sind sie sicher?

ja, sehr.

verschwindet ab durch die mitte.

kunde kommt vorbei, schaut interessiert, rennt an mir vorbei, wieder zurück: warten sie, ich helfe ihnen auf! (grabscht nach meinem linkem arm). macht der nie wieder, sowas, glauben sie mir.

eine dame vom personal brachte - sich vielmals entschuldigend - einen frisch ausgepackten dicken weichen wischmopp, was anderes als kopfunterlage hätte sie in der schnelle und mit dem schreck nicht gefunden, aber bitte, wenn ich da schon so liegen wolle ...

ja, wollte ich. wenn einer nicht weiss wie man hingreift beim helfen, dann danke vielmals, und wenn man sich unter solchen umständen aufsetzt wird einem ja auch leicht schwummrig und schlecht, und das will ja auch keiner. also lieber modell käfer-auf-dem-rücken.

rettung kam dann auch bald, setzten mich auf, und packten den arm in eine hübsche schlinge.

ein jüngling mit lockichtem haar, supermarktlehrling, wurde zum wirt des vertrauens geschickt um einen gast von dort zu holen damit der die einkäufe - immerhin über € 50.-- - holen und bis auf weiteres in verwahrung nehmen möge. der liebe siegi kam mit verstärkung, bleich im gesicht, nahm die einkaufstüten, ich solle mich melden wenn ich was wüsste. weiss ich schon: arm ab, kurz unter dem schultergelenk, sollbruchstelle sowieso.

bist du sicher? ja.

festgestellt, dass ich lediglich schlüssel, bankomatkarte und fünf zigaretten sowie ein taschentuch bei mir trug.

mit der rettung um 18.38 im unfallkrankenhaus angekommen, ist ja alles sehr nahe hier.

dort auf einen zivi getroffen, der irgendwoher ein handy brachte, mit dem ich eigentlich - wie ihm bereits erklärt - die auskunft um die telefonnummer der liebreichen tante kitsch ersuchen wollte. leider konnte man mit dem handy nur innerhalb des krankenhauses telefonieren.

wieso ich denn nach draussen anrufen wolle?

weil ich da herinnen niemanden kenn mit dem ich reden will.

warum?

bringen sie mir doch bitte einfach ein telefon mit dem man innerhalb wiens telefonieren kann.

hamma nicht.

einige diskussionen und - schmerzbedingt - ungeduldige äusserungen später konnte dann doch ein handy gefunden werden mit dem man telefonieren kann.

leider hat die liebe tante aber das handy, dessen telefonnummer man von der auskunft bekommt, nie mit, und zu hause war sie auch nicht, und also musste der notdienst der tanten-gehaltszahlungs-institution ausgeforscht werden und dort die entsprechende abteilung, und dort musste - mit leichter ungeduld, weil schmerzen immer stärker, schmerzstiller: fehlanzeige - von einer unbekannten jungen mitarbeiterin die jagd nach der telefonnummer des tanteschen diensthandys eingefordert werden, während frau oberschwester das diensttelefon wieder zurückhaben wollte und die jägerin meinte, ich sollte in einer halben stunde oder stunde wieder anrufen, vielleicht auch in fünf minuten, sie mache das ja alles freiwillig.

als ob ich die arme aus jux und tollerei hätte quälen wollen, aber sitzen sie einmal mit oben absolut ohne unter einem zu kleinen tuch zwischen ein paar besoffenen halloween-vorfeiernden mit blutigen köpfen und mäulern, während ihnen der arm fast abfällt weil man ihnen die schlinge auch noch weggenommen hat, klammern sie sich dabei gerne an die reste ihrer unterwäsche und die vom körper gezogene oberbekleidung, während zwei kinder mit einem rollstuhl, in dem der besoffene vater sitzt und seine ausgeschlagenen zähne bewundert, rallye spielen, halten sie das telefon dabei mit der falschen, weil rechten hand, und seien sie dann auch noch geduldig.

die telefonnummer ward gefunden und auswendig gelernt, weil es gab nix zum schreiben und überhaupt, und wer hob ab bei der tante: richtig, die mailbox.

also draufgelabert und vergessen zu erwähnen, welches ukh, die tante rief aber zurück und erforschte die adresse. die oberschwester gab mir auch das telefon, und so konnte die arme tante auch gleich mit dem abholen der einkäufe aus dem beisel am eck beauftragt werden, denn dort sass der liebe siegi ja immer noch und passte auf wie ein schiesshund.

die kleine wauwau, im übrigen, war das erste mal länger als eine halbe stunde allein in der wohnung, aber immerhin war sie zu diesem zeitpunkt ja schon zwei wochen in wien. auch dazu sollte, bitteschön, der frau tante kitsch was einfallen, weil: man weiss ja nie.

frau tante kitsch befand sich zu diesem zeitpunkt am anderen ende von wien, und hatte die mütterlichen wohnungsschlüssel natürlich nicht dabei. würde also dauern, aber da noch nicht einmal ein röntgenbild angefertigt worden war, nach über einer stunde, war das mit dem dauern ja relativ.

fortsetzung folgt.

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Montag, 8. November 2010
grüße von der versehrtenfront
frau kelef lässt ausrichten, es ist alles so wie es sein muss (definiere: muss). ihr und der kleinen wauwau geht es gut (nicht zuletzt dank der aufopfernden pflege der besten tochter von allen), der blaue fleck über den gesamten oberarm bildet sich langsam zurück, die schmerzen sind erträglich (siehe definition v. muss) und die katzen sind quasi wieder versöhnt.

(hier eine virtuelle gedenkminute an herrn cabman und frau ingeborch einschieben. jesses. meine nerven.)

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