Mittwoch, 13. Juni 2018
elf polizisten müsst ihr sein
kelef, 14:29h
via kaltmamsell gefunden: http://kscheib.de/elf-polizisten-muesst-ihr-sein/
welche erinnerungen das weckt: https://gastgeberin.blogger.de/stories/1596821/ ...
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Sonntag, 24. April 2011
nerven sparen, bahn fahren
kelef, 05:44h
und öffi-fahren auch, natürlich.
am freitag früh greift frau kelef in den schrank und will eine stange zigaretten herausnehmen. war aber keine mehr da.
also wurde schnell der entschluss gefasst mit dem zug nach sopron zu fahren um ebendort für nachschub zu sorgen. ist ja um die ecke: mit der vorteilscard um € 16.90, hin und zurück. der zug verlässt wien-meidling jeweils um 38 min. nach der vollen stunde und kommt 70 minuten später an. um 13 min. nach der vollen stunde fährt der retourzug, der kommt dann ebenfalls 70 min. später in wien an. der weg von zuhause zum bahnhof resp. retour sind nochmals zehn minuten. wer sich auskennt, hat in den 25 minunten in sopron ausreichend zeit, im supermarkt vor dem bahnhof einzukaufen. knapp, aber möglich.
frau kelef musste vorher noch zum arzt um die grundnahrungsmittel, der autobus fahrt alle 6 bis 7 minuten und hat eine fahrzeit von ca. 10 minuten. von der haltestelle zum arzt sind es nochmals 5 minuten, 10 minuten daselbst wenn man nur ein rezept für ein medikament benötigt das man zwar lebenslang nehmen muss, das aber von der krankenkasse jeweils nur für 28 tage bewilligt wird. aber über marginalien soll man sich ja nicht alterieren.
die autobusaussteigehaltestelle ist übrigens zwei minuten vom bahnhof entfernt, also kann man sich entspannt ausrechnen, wann man weg muss damit man wann wieder zuhause ist.
frau kelef startet also gelassen um 12.30 uhr richtung autobus. sie wissen schon, der kommt alle 6 - 7 minuten. ausser, wenn er nicht kommt. also, er kommt schon, aber erst nach 23 minuten. und dann kommt zwar der richtige bus, aber in den darf keiner einsteigen. also wartet man auf den nächsten, der dann nach zwei minunten auch eintrudelt. schön langsam. auf der fahrt richtung onkel doktor darf dann in den ersten bus schon eingestiegen werden, von anderen als den personen die so sehnlich auf ihn gewartet haben. details blieben verborgen. jedenfalls fuhr der eine bus schön langsam voran, der andere schön langsam hinterdrein. fahrzeit in summe 16 minuten.
der zeitplan zur erreichung des benötigten rezeptes konnte eingehalten werden, aber der retourbus, der - sie wissen ja - alle 6 -7 minuten fährt brauchte 15 minuten zum erscheinen.
ankunft beim bahnhof: 1 minute nach abfahrt des zuges.
von den leuten im bus erzähle ich ihnen nichts näheres, denn sie wollen wohl kaum wissen wie die füsse des einen knaben rochen der sich unbedingt die schuhe ausziehen musste. auch das interesse an den 6 (in worten: sechs) weibern mit kinderwägen (zwei davon zwillingswägen) die sich darum stritten dass alle in gleichen autobus wollten - in dem schon ein kinderwagen und ein rollstuhlfahrer den gesamten platz beanspruchten - ist ja sicherlich nur mässig. die alte bissgurrn mit dem rollator, die unbedingt vor dem einzigen behindertentürl stehen wollte (bei einem leibesumfang ähnlich einem walross, daher vermutlich auch der rollator), die betrachten wir einfach als typisch wienerisch. und was frau kelef sagte als eine mittelalterliche öko-tussi ihr das praktische in einer gehäkelten handy-socke ans ohr knallte und das verdammte ding ums verrecken nicht aus der ebenso verdammten socke kriegte, während das ding eine SEHR laute esoterische lautfolge von sich gab, weswegen besagte tussi ihren mit handgemalten marienkäfern verschönten riesen-öko-beutel zwei kindern um den kopf schlug, was bei allen drei geschädigten (frau kelef und den kindern) einen leichten tinnitus auslöste, das kann man hier nicht aufschreiben.
aber ich schweife ab.
frau kelef fragt also bahnkartenkaufend nach dem nächsten zug (mit umsteigen). der fahre um jeweils 46 min. nach der vollen stunde, in wr. neustadt umsteigen: auf bahnsteig 2b, und jetzt aber schnell zum bahnsteig auf dem der zug meidling verlässt. die passagiere waren ja alle pünktlich da, nur der zug, der mit 5 minunten verspätung angesagt wurde, der kam erst nach 9 minunten. aber so blieb genügend zeit sich aus einem der zahlreich aufgestellten automaten zum schleuder-okkasionspreis von € 2.-- eine flasche cola zu organisieren. theoretisch. denn der automat nahm zwar anstandslos die kohle, weigerte sich aber ware herauszurücken. auch die münze behielt er sicherheitshalber für sich. durch die verspätung des zuges blieb jedoch genug zeit die angegebene service-nummer anzurufen, dort war aber niemand ausser dem anrufbeantworter, der um rückruf ersucht wurde, und natürlich hat sich bis jetzt noch niemand gemeldet.
in der zwischenzeit glaubten zwei leute frau kelef nicht, und anstandslos verschlang der automat noch weitere € 2.-- - münzen. der blitz soll ihn treffen.
endlich konnte sich frau kelef dann - durstig, aber immerhin - in den zug begeben, und dieser fuhr auch ab. mehrfach erfolgten auch durchsagen dass der zug, in dem man sich befand, wegen bauarbeiten in wr. neustadt endhaltestelle habe. kratzte frau kelef nicht sonderlich, weil dort hätte sie ja sowieso umsteigen müssen.
der schaffner entwertete die karte, und sicherheitshalber fragte frau kelef noch einmal nach dem zug, in den sie umsteigen sollte. kein problem, bahnsteig 2b, meine er, meinte der schaffner. theoretisch käme übrigens der zug um 23 min. nach der vollen stunde an, und der folgezug verlasse den bahnhof um 35 min. nach der vollen stunde, also zeit genug. also, abgesehen von der verspätung. aber er werde sich noch einmal vergewissern. sprachs und ward nicht mehr gesehen.
tatsächlich holte der zug ein wenig von der verspätung wieder auf und kam fast zur ursprünglich vorgesehenen zeit an.
frau kelef runter vom bahnsteig und in den untergrund, dort sind die anzeigetafeln für die abfahrten der züge. was soll man sagen: kein zug nach sopron innerhalb der nächsten 45 minunten, auch vorher keiner. und auch keiner der um 35 min. nach der vollen stunde den bahnhof zu verlassen geruhte.
frau kelef also rauf die stiegen in die halle, dort in das info- und kartenverkaufsetablissement, und die mit offenen augen schlafenden - da war niemand nicht da ansonsten - herrschaften aufgeweckt.
da zuhg um 35 noch schoppron?
ja!
dea foat ned.
und wieso sagt man mir dann am bahnhof in wien vor 45 minunten abfahrtszeit und bahnsteig, und wieso bestätigt das der schaffner im zug?
waas i ned.
und was mach ich jetzt?
do foat da schieneneasotz.
wo? wann?
draussna steht da bus, do steht schieneneasotz vuan ohm.
frau kelef also raus vor den bahnhof, dort ist der busbahnhof, und da stunden viele autobüsser, grosse und kleine, mit stock und ohne, in allen farben und mit und ohne muster und aufschrift von post und reisebüros, aber, sie erraten es: keiner mit einer aufschrift oder anzeige oder was auch immer die besagt hätte es handle sich um den schienenersatzverkehrsautobus.
frau kelef also wieder rein zur auskunftei, und auf peinliches befragen ward ihr kund und zu wissen getan wenn der bus noch nicht da sei dann hätte er sich vermutlich verspätet und käme erst.
und wann kommt der bus in sopron an?
in schoppron? goa ned.
hähhh???
dea foat noch mattasbuach.
nach wohin bitte?
mattasbuach. duatnan miassns donn umsteinga.
frau kelef blaffte was eher unhöfliches und begab sich vor die tür.
und siehe da, es ward laut und der autobus kam und hatte tatsächlich auf dem schild, auf dem ansonsten die destination angezeigt wird, das schöne wort schienenersatzverkehr prangen.
fahren sie nach mattersburg?
warum?
weil ich nach sopron will.
ah jo.
was?
jo, do kinnans eisteinga.
wann fahren sie denn ab?
boin olle passaschier herinnan san.
und woran erkennen sie, dass alle herinnen sind?
waun kana mea kimmt.
und wann fährt der zug in mattersburg dann ab nach sopron?
boinan i untnan bi.
dermassen erschöpfend (im wahrsten sinne des wortes) beauskunftet begab sich frau kelef also in den bus und wurde gen mattersburg gekarrt, durch frühlingshaft blühende hügel und wiesen und felder. häslein hoppelten, fasane wurden aufgescheucht, rehlein sprangen durch lichte haine.
in mattersburg gibt es tatsächlich einen bahnhof, wenn auch einen kleinen, und die p.t. passagiere des schienenersatzverkehrsautobusses wurden um einen trefflich im weg stehenden maschendrahtzaun herum gescheucht in den zug mit den klaren anweisungen:
rundummadumm geh! auf da ondan seitn eisteing und in den rot-blauen zuhg, ned in den grün-göbnan!
als alle passagiere im zug sassen, und dieser anfuhr, blieb er alsogleich wieder stehen weil jemand einen teil des gepäcks auf dem bahnsteig vergessen hatte. der koffer wurde nachgereicht, und der zug fuhr wieder an.
und so kam frau kelef anstatt um 14.48 uhr erst um 16.15 in sopron an.
statt mit dem retour-zug um 15.13 konnte erst der um 17.13 erreicht werden.
macht aber nix. frau kelef hat ja zeit.
wirklich bemitleidenswert war der deutsche urlauber, der um 04.00 früh in schärding gestartet war und über passau, linz und wien nach sopron in ein wellnesshotel wollte, zum entspannen über die osterfeiertage. der sass nämlich mit frau kelef im gleichen zug und weinte schon beinahe. die öbb (die österreichischen bundesbahnen, sie wissen schon, die mit dem slogan "nerven sparen, bahn fahren) hatten ihn fünfmal in einen anderen zug gesetzt als auf einem netten zettelchen ausgedruckt war, das man ihm mitgegeben hatte beim erwerb der fahrkarte. immerhin kennt der mann jetzt aber einen grossen teil österreichs.
und mit seinen nerven muss der jetzt auch sparen, nehmen wir an. zurück, so habe er sich überlegt, wäre er wohl schneller wenn er von sopron nach budapest führe, von dort nach münchen flöge und dann den zug nach schärding nähme. vermutlich hat er recht.
am freitag früh greift frau kelef in den schrank und will eine stange zigaretten herausnehmen. war aber keine mehr da.
also wurde schnell der entschluss gefasst mit dem zug nach sopron zu fahren um ebendort für nachschub zu sorgen. ist ja um die ecke: mit der vorteilscard um € 16.90, hin und zurück. der zug verlässt wien-meidling jeweils um 38 min. nach der vollen stunde und kommt 70 minuten später an. um 13 min. nach der vollen stunde fährt der retourzug, der kommt dann ebenfalls 70 min. später in wien an. der weg von zuhause zum bahnhof resp. retour sind nochmals zehn minuten. wer sich auskennt, hat in den 25 minunten in sopron ausreichend zeit, im supermarkt vor dem bahnhof einzukaufen. knapp, aber möglich.
frau kelef musste vorher noch zum arzt um die grundnahrungsmittel, der autobus fahrt alle 6 bis 7 minuten und hat eine fahrzeit von ca. 10 minuten. von der haltestelle zum arzt sind es nochmals 5 minuten, 10 minuten daselbst wenn man nur ein rezept für ein medikament benötigt das man zwar lebenslang nehmen muss, das aber von der krankenkasse jeweils nur für 28 tage bewilligt wird. aber über marginalien soll man sich ja nicht alterieren.
die autobusaussteigehaltestelle ist übrigens zwei minuten vom bahnhof entfernt, also kann man sich entspannt ausrechnen, wann man weg muss damit man wann wieder zuhause ist.
frau kelef startet also gelassen um 12.30 uhr richtung autobus. sie wissen schon, der kommt alle 6 - 7 minuten. ausser, wenn er nicht kommt. also, er kommt schon, aber erst nach 23 minuten. und dann kommt zwar der richtige bus, aber in den darf keiner einsteigen. also wartet man auf den nächsten, der dann nach zwei minunten auch eintrudelt. schön langsam. auf der fahrt richtung onkel doktor darf dann in den ersten bus schon eingestiegen werden, von anderen als den personen die so sehnlich auf ihn gewartet haben. details blieben verborgen. jedenfalls fuhr der eine bus schön langsam voran, der andere schön langsam hinterdrein. fahrzeit in summe 16 minuten.
der zeitplan zur erreichung des benötigten rezeptes konnte eingehalten werden, aber der retourbus, der - sie wissen ja - alle 6 -7 minuten fährt brauchte 15 minuten zum erscheinen.
ankunft beim bahnhof: 1 minute nach abfahrt des zuges.
von den leuten im bus erzähle ich ihnen nichts näheres, denn sie wollen wohl kaum wissen wie die füsse des einen knaben rochen der sich unbedingt die schuhe ausziehen musste. auch das interesse an den 6 (in worten: sechs) weibern mit kinderwägen (zwei davon zwillingswägen) die sich darum stritten dass alle in gleichen autobus wollten - in dem schon ein kinderwagen und ein rollstuhlfahrer den gesamten platz beanspruchten - ist ja sicherlich nur mässig. die alte bissgurrn mit dem rollator, die unbedingt vor dem einzigen behindertentürl stehen wollte (bei einem leibesumfang ähnlich einem walross, daher vermutlich auch der rollator), die betrachten wir einfach als typisch wienerisch. und was frau kelef sagte als eine mittelalterliche öko-tussi ihr das praktische in einer gehäkelten handy-socke ans ohr knallte und das verdammte ding ums verrecken nicht aus der ebenso verdammten socke kriegte, während das ding eine SEHR laute esoterische lautfolge von sich gab, weswegen besagte tussi ihren mit handgemalten marienkäfern verschönten riesen-öko-beutel zwei kindern um den kopf schlug, was bei allen drei geschädigten (frau kelef und den kindern) einen leichten tinnitus auslöste, das kann man hier nicht aufschreiben.
aber ich schweife ab.
frau kelef fragt also bahnkartenkaufend nach dem nächsten zug (mit umsteigen). der fahre um jeweils 46 min. nach der vollen stunde, in wr. neustadt umsteigen: auf bahnsteig 2b, und jetzt aber schnell zum bahnsteig auf dem der zug meidling verlässt. die passagiere waren ja alle pünktlich da, nur der zug, der mit 5 minunten verspätung angesagt wurde, der kam erst nach 9 minunten. aber so blieb genügend zeit sich aus einem der zahlreich aufgestellten automaten zum schleuder-okkasionspreis von € 2.-- eine flasche cola zu organisieren. theoretisch. denn der automat nahm zwar anstandslos die kohle, weigerte sich aber ware herauszurücken. auch die münze behielt er sicherheitshalber für sich. durch die verspätung des zuges blieb jedoch genug zeit die angegebene service-nummer anzurufen, dort war aber niemand ausser dem anrufbeantworter, der um rückruf ersucht wurde, und natürlich hat sich bis jetzt noch niemand gemeldet.
in der zwischenzeit glaubten zwei leute frau kelef nicht, und anstandslos verschlang der automat noch weitere € 2.-- - münzen. der blitz soll ihn treffen.
endlich konnte sich frau kelef dann - durstig, aber immerhin - in den zug begeben, und dieser fuhr auch ab. mehrfach erfolgten auch durchsagen dass der zug, in dem man sich befand, wegen bauarbeiten in wr. neustadt endhaltestelle habe. kratzte frau kelef nicht sonderlich, weil dort hätte sie ja sowieso umsteigen müssen.
der schaffner entwertete die karte, und sicherheitshalber fragte frau kelef noch einmal nach dem zug, in den sie umsteigen sollte. kein problem, bahnsteig 2b, meine er, meinte der schaffner. theoretisch käme übrigens der zug um 23 min. nach der vollen stunde an, und der folgezug verlasse den bahnhof um 35 min. nach der vollen stunde, also zeit genug. also, abgesehen von der verspätung. aber er werde sich noch einmal vergewissern. sprachs und ward nicht mehr gesehen.
tatsächlich holte der zug ein wenig von der verspätung wieder auf und kam fast zur ursprünglich vorgesehenen zeit an.
frau kelef runter vom bahnsteig und in den untergrund, dort sind die anzeigetafeln für die abfahrten der züge. was soll man sagen: kein zug nach sopron innerhalb der nächsten 45 minunten, auch vorher keiner. und auch keiner der um 35 min. nach der vollen stunde den bahnhof zu verlassen geruhte.
frau kelef also rauf die stiegen in die halle, dort in das info- und kartenverkaufsetablissement, und die mit offenen augen schlafenden - da war niemand nicht da ansonsten - herrschaften aufgeweckt.
da zuhg um 35 noch schoppron?
ja!
dea foat ned.
und wieso sagt man mir dann am bahnhof in wien vor 45 minunten abfahrtszeit und bahnsteig, und wieso bestätigt das der schaffner im zug?
waas i ned.
und was mach ich jetzt?
do foat da schieneneasotz.
wo? wann?
draussna steht da bus, do steht schieneneasotz vuan ohm.
frau kelef also raus vor den bahnhof, dort ist der busbahnhof, und da stunden viele autobüsser, grosse und kleine, mit stock und ohne, in allen farben und mit und ohne muster und aufschrift von post und reisebüros, aber, sie erraten es: keiner mit einer aufschrift oder anzeige oder was auch immer die besagt hätte es handle sich um den schienenersatzverkehrsautobus.
frau kelef also wieder rein zur auskunftei, und auf peinliches befragen ward ihr kund und zu wissen getan wenn der bus noch nicht da sei dann hätte er sich vermutlich verspätet und käme erst.
und wann kommt der bus in sopron an?
in schoppron? goa ned.
hähhh???
dea foat noch mattasbuach.
nach wohin bitte?
mattasbuach. duatnan miassns donn umsteinga.
frau kelef blaffte was eher unhöfliches und begab sich vor die tür.
und siehe da, es ward laut und der autobus kam und hatte tatsächlich auf dem schild, auf dem ansonsten die destination angezeigt wird, das schöne wort schienenersatzverkehr prangen.
fahren sie nach mattersburg?
warum?
weil ich nach sopron will.
ah jo.
was?
jo, do kinnans eisteinga.
wann fahren sie denn ab?
boin olle passaschier herinnan san.
und woran erkennen sie, dass alle herinnen sind?
waun kana mea kimmt.
und wann fährt der zug in mattersburg dann ab nach sopron?
boinan i untnan bi.
dermassen erschöpfend (im wahrsten sinne des wortes) beauskunftet begab sich frau kelef also in den bus und wurde gen mattersburg gekarrt, durch frühlingshaft blühende hügel und wiesen und felder. häslein hoppelten, fasane wurden aufgescheucht, rehlein sprangen durch lichte haine.
in mattersburg gibt es tatsächlich einen bahnhof, wenn auch einen kleinen, und die p.t. passagiere des schienenersatzverkehrsautobusses wurden um einen trefflich im weg stehenden maschendrahtzaun herum gescheucht in den zug mit den klaren anweisungen:
rundummadumm geh! auf da ondan seitn eisteing und in den rot-blauen zuhg, ned in den grün-göbnan!
als alle passagiere im zug sassen, und dieser anfuhr, blieb er alsogleich wieder stehen weil jemand einen teil des gepäcks auf dem bahnsteig vergessen hatte. der koffer wurde nachgereicht, und der zug fuhr wieder an.
und so kam frau kelef anstatt um 14.48 uhr erst um 16.15 in sopron an.
statt mit dem retour-zug um 15.13 konnte erst der um 17.13 erreicht werden.
macht aber nix. frau kelef hat ja zeit.
wirklich bemitleidenswert war der deutsche urlauber, der um 04.00 früh in schärding gestartet war und über passau, linz und wien nach sopron in ein wellnesshotel wollte, zum entspannen über die osterfeiertage. der sass nämlich mit frau kelef im gleichen zug und weinte schon beinahe. die öbb (die österreichischen bundesbahnen, sie wissen schon, die mit dem slogan "nerven sparen, bahn fahren) hatten ihn fünfmal in einen anderen zug gesetzt als auf einem netten zettelchen ausgedruckt war, das man ihm mitgegeben hatte beim erwerb der fahrkarte. immerhin kennt der mann jetzt aber einen grossen teil österreichs.
und mit seinen nerven muss der jetzt auch sparen, nehmen wir an. zurück, so habe er sich überlegt, wäre er wohl schneller wenn er von sopron nach budapest führe, von dort nach münchen flöge und dann den zug nach schärding nähme. vermutlich hat er recht.
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Dienstag, 20. Juli 2010
dienstreisen II
kelef, 01:48h
hab ich hier ja schon einmal erwähnt: dienstreisen fehlen mir auch nicht.
besonders gerne dachte ich vorige woche daran, als es so wunderbar warm war hier und jedes lebewesen (ausgenommen echsen, schildkröten und artverwandte) sich nur mit maximal der halben üblichen geschwindigkeit bewegten. der schweiss lief in strömen, die menschen winselten, die tiere auch, und die luft stand unbeweglich und heiss über der stadt. das ozon stank zum himmel, jeder japste nach sauerstoff, man war nach einer dusche schneller wieder durchgeschwitzt als man sich abtrocknen konnte, und die pflanzen kriegten eine nach der anderen einen hitzeschock.
und da dachte ich so zurück an anno dunnemals, als die damalige gehaltzahlende fabrick mich im august mit einer dienstreise beglückte. belohnte, so wollte man mir das verkaufen. weil ich so brav gewesen war, kwasi.
wohin es gehen sollte? an die cote d'azur, nach nizza.
toll, sagte ich. wollen sie mich wirklich belohnen, ja? darf ich zuhause bleiben? oder meinethalben nach nordnorwegen, sibirien, oder den nordpol? oder wenigstens in die nähe eines dieser nützlichen länder? bittebittebitte, natürlich.
nix da, meine expertise werde gebraucht, und wenn ich das schon hörte dann wurde mir ganz schauerlich zumute. eigentlich sollte ja rein theoretisch und überhaupt jemand anders dorthin, den hätte ich auch noch ordentlich vorbereiten sollen (hahaha, füllen sie einmal 10 liter in einen 1 liter-topf), aber sicherheitshalber sollte dessen frau zu genau diesem termin das dritte kind werfen (da sollte sie doch eigentlich schon wissen wie das geht, aber nun ja), und jedenfalls: nix da.
nun denn. in wien war es schon ziemlich heiss, das hat man ja öfter im august, so ein mehr oder weniger letztes grosses hitzeflimmern. nun liegt ja nizza ein wenig südlicher, ergo ist es dort auch wärmer. besonders bei einem augüstlichen hitzeausbruch.
taxi, flughafen, flieger und wieder flughafen und taxi, alles klimatisiert, die paar minuten frischer luft liessen sich aushalten.
das hotel war auch klimatisiert, zimmer natürlich einzeln schaltbar, leider aber auch mit einzelnen klimaanlagen ausgestattet. diese klimaanlagen hingen vor dem fenster und machten so ein stetes, tinnitusähnliches surrgeräusch, egal auf welche stufe man sie stellte, der ton wurde lauter oder leiser, behielt aber die tonhöhe bei und war nicht wegzubekommen.
zur begrüssung gab es einen champagnerempfang auf der dachterrasse, um 21.00 uhr, abendkleidung bitte-danke, besonders die herren freuten sich, und mir wird heute noch ganz blümerant wenn ich daran denke.
sind sie schon einmal aus einem klimatisierten gebäude auf das dach desselben hinausgetreten, über den dächern von nizza, vor ihnen das meer, sonnenuntergang im hintergrund, palmen in den gärten, vor ihnen steht eine menge personal herum und wirft ihnen austern und lachs und kaviar zum frasse vor, und schenkt champagner aus einer unzahl von flaschen aus, und
es hat 40° bei absoluter windstille? um 21.00 uhr.
man konnte sehen wie es den leuten den schweiss aus jeder pore katapultierte, die herren warfen die jacketts und krawatten von sich, die damen zogen das dekolletee verzweifelt noch ein wenig tiefer und hoben den rocksaum über die knie oder krempelten die hosen auf, man riss servietten und alle verfügbaren unterlagen an sich um sich luft zuzufächeln, und es nutzte nix, man transpirierte und konnte nicht aufhören damit.
mineralwasser konnte nicht schnell genug herbeigekarrt werden, jeder goss sich kaltes wasser in die nach luft jappsenden münder, die herren gossen es sich heimlich auch über die köpfe und die damen gossen es sich ebenso heimlich in den ausschnitt, die eiswürfel - eigentlich zur kühlung der tabletts mit den delikatessen gedacht - waren die begehrteste beute des abends, die austern vertrockneten uns vor den augen und der lachs kringelte sich zu hässlichen, schillerlockenförmigen spiralen. die fischeier wurden zu einer tintenfarbenen, übelriechenden suppe, und bevor wir allesamt kollabierten oder vom dach sprangen nahmen wir nach einer halben stunde reissaus und begaben uns wieder ins haus.
oh, ja, scirocco! meinte mit stolzgeschwellter brust der empfangschef des hauses.
wir verliessen ebendieses haus nicht mehr bis zur abreise, der tinnitus dauerte bei einigen bis über eine woche nach der rückkehr an, und noch heute denke ich - wie man sieht - angstgeschüttelt daran zurück. austern habe ich sowieso nie besonders gemocht, lachs und kaviar wollte ich dann auch eine weile nicht mehr hören, sehen oder riechen, und zwar ganz unabhängig vom aggregatszustand.
das kind kam in einem klimatisierten kreisssaal zur welt, und der frischgebackene vater fürchtete sich noch eine lange, lange zeit vor mir.
dienstreisen - igitt.
besonders gerne dachte ich vorige woche daran, als es so wunderbar warm war hier und jedes lebewesen (ausgenommen echsen, schildkröten und artverwandte) sich nur mit maximal der halben üblichen geschwindigkeit bewegten. der schweiss lief in strömen, die menschen winselten, die tiere auch, und die luft stand unbeweglich und heiss über der stadt. das ozon stank zum himmel, jeder japste nach sauerstoff, man war nach einer dusche schneller wieder durchgeschwitzt als man sich abtrocknen konnte, und die pflanzen kriegten eine nach der anderen einen hitzeschock.
und da dachte ich so zurück an anno dunnemals, als die damalige gehaltzahlende fabrick mich im august mit einer dienstreise beglückte. belohnte, so wollte man mir das verkaufen. weil ich so brav gewesen war, kwasi.
wohin es gehen sollte? an die cote d'azur, nach nizza.
toll, sagte ich. wollen sie mich wirklich belohnen, ja? darf ich zuhause bleiben? oder meinethalben nach nordnorwegen, sibirien, oder den nordpol? oder wenigstens in die nähe eines dieser nützlichen länder? bittebittebitte, natürlich.
nix da, meine expertise werde gebraucht, und wenn ich das schon hörte dann wurde mir ganz schauerlich zumute. eigentlich sollte ja rein theoretisch und überhaupt jemand anders dorthin, den hätte ich auch noch ordentlich vorbereiten sollen (hahaha, füllen sie einmal 10 liter in einen 1 liter-topf), aber sicherheitshalber sollte dessen frau zu genau diesem termin das dritte kind werfen (da sollte sie doch eigentlich schon wissen wie das geht, aber nun ja), und jedenfalls: nix da.
nun denn. in wien war es schon ziemlich heiss, das hat man ja öfter im august, so ein mehr oder weniger letztes grosses hitzeflimmern. nun liegt ja nizza ein wenig südlicher, ergo ist es dort auch wärmer. besonders bei einem augüstlichen hitzeausbruch.
taxi, flughafen, flieger und wieder flughafen und taxi, alles klimatisiert, die paar minuten frischer luft liessen sich aushalten.
das hotel war auch klimatisiert, zimmer natürlich einzeln schaltbar, leider aber auch mit einzelnen klimaanlagen ausgestattet. diese klimaanlagen hingen vor dem fenster und machten so ein stetes, tinnitusähnliches surrgeräusch, egal auf welche stufe man sie stellte, der ton wurde lauter oder leiser, behielt aber die tonhöhe bei und war nicht wegzubekommen.
zur begrüssung gab es einen champagnerempfang auf der dachterrasse, um 21.00 uhr, abendkleidung bitte-danke, besonders die herren freuten sich, und mir wird heute noch ganz blümerant wenn ich daran denke.
sind sie schon einmal aus einem klimatisierten gebäude auf das dach desselben hinausgetreten, über den dächern von nizza, vor ihnen das meer, sonnenuntergang im hintergrund, palmen in den gärten, vor ihnen steht eine menge personal herum und wirft ihnen austern und lachs und kaviar zum frasse vor, und schenkt champagner aus einer unzahl von flaschen aus, und
es hat 40° bei absoluter windstille? um 21.00 uhr.
man konnte sehen wie es den leuten den schweiss aus jeder pore katapultierte, die herren warfen die jacketts und krawatten von sich, die damen zogen das dekolletee verzweifelt noch ein wenig tiefer und hoben den rocksaum über die knie oder krempelten die hosen auf, man riss servietten und alle verfügbaren unterlagen an sich um sich luft zuzufächeln, und es nutzte nix, man transpirierte und konnte nicht aufhören damit.
mineralwasser konnte nicht schnell genug herbeigekarrt werden, jeder goss sich kaltes wasser in die nach luft jappsenden münder, die herren gossen es sich heimlich auch über die köpfe und die damen gossen es sich ebenso heimlich in den ausschnitt, die eiswürfel - eigentlich zur kühlung der tabletts mit den delikatessen gedacht - waren die begehrteste beute des abends, die austern vertrockneten uns vor den augen und der lachs kringelte sich zu hässlichen, schillerlockenförmigen spiralen. die fischeier wurden zu einer tintenfarbenen, übelriechenden suppe, und bevor wir allesamt kollabierten oder vom dach sprangen nahmen wir nach einer halben stunde reissaus und begaben uns wieder ins haus.
oh, ja, scirocco! meinte mit stolzgeschwellter brust der empfangschef des hauses.
wir verliessen ebendieses haus nicht mehr bis zur abreise, der tinnitus dauerte bei einigen bis über eine woche nach der rückkehr an, und noch heute denke ich - wie man sieht - angstgeschüttelt daran zurück. austern habe ich sowieso nie besonders gemocht, lachs und kaviar wollte ich dann auch eine weile nicht mehr hören, sehen oder riechen, und zwar ganz unabhängig vom aggregatszustand.
das kind kam in einem klimatisierten kreisssaal zur welt, und der frischgebackene vater fürchtete sich noch eine lange, lange zeit vor mir.
dienstreisen - igitt.
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Sonntag, 4. April 2010
sitzstreik in budapest, nachtrag
kelef, 05:45h
wie die presse am 17.03.2010 berichtete, quod licet bovi, non licet jovi:
http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/art4,352507
GUATEMALA CITY. Kurz vor dem Abflug aus Guatemala wurde Landeshauptmann Josef Pühringer Opfer von Rucksackdieben.
Eineinhalb Stunden vor dem Abflug ließ Pühringer auf dem Flughafen von Guatemala City sein Handgepäck wenige Sekunden unbeaufsichtigt. Das nutzte offenbar ein Bande und stahl den Rucksack.
Kurz vor dem Abflug aus Guatemala stand Pühringer, der sich mit einer Delegation der Katholischen Männerbewegung Oberösterreich auf einer strapaziösen Entwicklungshilfereise befand, ohne Geld, Ticket, Handy, Pass und andere Dokumente da.
Nur mit großem Aufwand und mit Hilfe des Botschafters in Mexiko, des Außenministeriums, des Landes und der Sicherheitsdirektion gelang es, ein Notdokument zu übermitteln, das die zeitgerechte Abreise aus Guatemala ermöglichte. Pühringer kehrte am Dienstagabend mit der Delegation nach Linz zurück.
-----------------------------------
und frau kelef denkt sich ihr teil - eineinhalb stunden, aber unsereins war ja nicht mit der delegation einer männerbewegung unterwegs, schon gar nicht mit einer katholischen. wie das gemeint ist, dürfen sie sich aussuchen.
interressant war ja dann damals auch, dass bei beantragung der neuen reisepässe das österreichische passamt sich der darstellung frau kelefs, die pässe seien von der österreichischen botschaft in budapest legitim ausgestellt worden, nicht anschliessen konnte. erstens seien die dort niemals noch nicht so schnell gewesen, und zweitens seien die dort trotz allem nicht so saublöd, in die reisepässe von mutter und tochter dasselbe geburtsdatum reinzuschreiben. tja.
aber das alles liegt sicher nur daran, dass damals andere zeiten herrschten, nicht wahr, und frau kelef hat schon wieder alles falsch verstanden, damals wie heute, weil ihr ja nie jemand irgendwas erklärt.
ein paar jahre später kam übrigens eine ansichtskarte von fonyod aus deutschland, mit "wenn diese karte sie erreicht: danke und entschuldigen sie bitte die schwierigkeiten die wir ihnen sicherlich verursacht haben". wenn das also so war, dann entschuldigt frau kelef, und: gern geschehen, wirklich.
http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/art4,352507
GUATEMALA CITY. Kurz vor dem Abflug aus Guatemala wurde Landeshauptmann Josef Pühringer Opfer von Rucksackdieben.
Eineinhalb Stunden vor dem Abflug ließ Pühringer auf dem Flughafen von Guatemala City sein Handgepäck wenige Sekunden unbeaufsichtigt. Das nutzte offenbar ein Bande und stahl den Rucksack.
Kurz vor dem Abflug aus Guatemala stand Pühringer, der sich mit einer Delegation der Katholischen Männerbewegung Oberösterreich auf einer strapaziösen Entwicklungshilfereise befand, ohne Geld, Ticket, Handy, Pass und andere Dokumente da.
Nur mit großem Aufwand und mit Hilfe des Botschafters in Mexiko, des Außenministeriums, des Landes und der Sicherheitsdirektion gelang es, ein Notdokument zu übermitteln, das die zeitgerechte Abreise aus Guatemala ermöglichte. Pühringer kehrte am Dienstagabend mit der Delegation nach Linz zurück.
-----------------------------------
und frau kelef denkt sich ihr teil - eineinhalb stunden, aber unsereins war ja nicht mit der delegation einer männerbewegung unterwegs, schon gar nicht mit einer katholischen. wie das gemeint ist, dürfen sie sich aussuchen.
interressant war ja dann damals auch, dass bei beantragung der neuen reisepässe das österreichische passamt sich der darstellung frau kelefs, die pässe seien von der österreichischen botschaft in budapest legitim ausgestellt worden, nicht anschliessen konnte. erstens seien die dort niemals noch nicht so schnell gewesen, und zweitens seien die dort trotz allem nicht so saublöd, in die reisepässe von mutter und tochter dasselbe geburtsdatum reinzuschreiben. tja.
aber das alles liegt sicher nur daran, dass damals andere zeiten herrschten, nicht wahr, und frau kelef hat schon wieder alles falsch verstanden, damals wie heute, weil ihr ja nie jemand irgendwas erklärt.
ein paar jahre später kam übrigens eine ansichtskarte von fonyod aus deutschland, mit "wenn diese karte sie erreicht: danke und entschuldigen sie bitte die schwierigkeiten die wir ihnen sicherlich verursacht haben". wenn das also so war, dann entschuldigt frau kelef, und: gern geschehen, wirklich.
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Freitag, 26. März 2010
sitzstreik in budapest, teil 7 und ende
kelef, 04:19h
frau kelef also sitzstreikte, und der rest der mannschaft war schon drauf und dran es ihr gleichzutun, ausgenommen den koloss, denn mit dem wolf, das versteht man ja, da ging das nicht so wie er wollte, besonders das mit dem auf den boden setzen.
das gelärme vor der botschaft lockte dann aber doch einen (seiner meinung nach) soignierten mann heraus, der, sehr mager und im grauen anzug mit dazupassendem haar, herauskam und nach, man fasst es nicht, dem grund für das misliebige benehmen der anwesenden zwei- und vierbeiner fragte.
zum wievielten male betete frau kelef die geschichte jetzt schon herunter? zur untermauerung der richtigkeit der angaben auch gleich die diebstahlsanzeige und die dokumentenmappen dem herrn grau-in-grau unter die nase gehalten, und dann auch noch die geschichte vom jüngling und dem versprechen vorgetragen.
der junge mann habe heute frei. ob es denn eine bestätigung für die angegebenen angaben gäbe? aber auch dann - der herr botschafter komme erst in einer woche, da könne er nichts tun.
warum er dann aus dem haus gekommen sei, wenn er nichts tun könne?
oh, er habe nur wissen wollen was da los sei.
das wisse er jetzt, und nunmehr möge er doch bitte hingehen und ...
wegen so einer kleinigkeit brauche man doch nicht so einen krawall veranstalten, das käme schon einmal vor dass papiere gestohlen würden, ...
das war, wie soll man sagen, irgendwie die falsche einstellung seinerseits, und definitiv die falsche bemerkung.
frau kelef rappelte sich nunmehr doch in die höhe, und drückte ihrerseits auf die hupe.
und was so eine alte volksdemokratische, noch dazu wie in diesem fall russische, hupe war, das tönte laut, atonal, schrill, und sehr, sehr lange, besonders bei entsprechender betätigung. die hunde hielten das für eine willkommene aufforderung ebenfalls lauthals ihre übellaunigkeit kundzutun.
und im übrigen, so sagte frau kelef nochmals voraus, werde sie definitiv hier nicht freiwillig weichen, und weiters habe sie bereits das aussenamt in wien und die presse ebendort verständigt. die warteten nur.
das war zwar eine leere drohung, aber theoretisch wäre es tatsächlich möglich gewesen, und so wurde dem grauen mann auch gleich der name eines herrn im aussenamt in wien genannt, den möge er doch bitte anrufen und ihn zur sicherheit fragen a) ob frau kelef tatsächlich frau kelef sei, b) die tochter tatsächlich die tochter, etc.
das könne der herr s. doch nicht aus wien so einfach telefonisch bestätigen, meinte der herr in grau.
dochdochdoch, das ist ganz einfach, sprach frau kelef, rufen sie ihn an und erzählen sie ihm was ich hier gerade veranstalte, dann weiss er dass ich ich bin.
der mann in grau hiess frau kelef & co vor dem schmiedeeisernen zaun warten und verschwand.
und tatsächlich funktionierte diese eher etwas unübliche art der eineindeutigen identifikation, denn der herr s. kannte frau kelef schon seit weit mehr als zehn jahren, und traute ihr somit ein derartiges betragen gerne zu (in wien darauf angesprochen meinte er übrigens, er hätte ihr unter diesen umständen noch ganz andere sachen zugetraut, das habe er dem herrn in grau auch mitgeteilt).
und so klappte es dann doch irgendwie, man glaubt es kaum. der herr in grau bat in die botschaft.
frau kelef und die ihr paarweise folgende mannschaft (der koloss bildete die nachhut) schritten durch den vorgarten, hocherhobenen hauptes am türvorsteher vorbei, die edel geschwungene treppe hoch, über hellen marmor und feinstes parkett, vorbei an anderen verstörten wartenden, vorbei an bewaffneten aufpassern die die mannschaft fürchten machten, hinein in die heiligen hallen.
frau kelef und die mannschaft nahmen aufstellung vor tischen mit wichtigen männern, beantworteten die fragen nach geburtsdatum, -ort, -grund und noch ein paar anderen dingen die frau kelef sicherheitshalber entfallen sind. weitere herren in weiterem grau studierten die diversen mitgebrachten dokumente, kontrollierten die alten, abgelaufenen und ergo gelochten reisepässe, telefonierten mit wem auch immer, man wiegte die köpfe auf die eine und dann auf die andere seite, man sprach hmhmhm und tststs, und frau kelefs töchterchen sprach ohohoh, es wurde weiter hin- und hergelaufen und telefoniert, und dann geschah das wunder:
es gab drei reisepässe (die allerdings nur eine woche gültig waren, hahaha), bestätigungen für die hunde, den führerschein und das auto, und, auch das war fast unglaublich, all dies auch noch rechtzeitig um quer durch das schöne budapest richtung polizeistation zu fahren, denn was nützt der schönste, neueste reisepass mit dem schönsten, neuesten photo wenn in diesem pass nicht das passende visum ist?
also alle hopp-hopp retour vorbei an den wartenden, wachenden und bewachenden, und hinaus in den hellen sonnenschein, und in den traktor, und richtung polizei.
der wagen hatte durch das gewicht des kolosses eine ziemliche schlagseite, aber egal, immer nach dem stadtplan und zur polizeistation und dort angekommen: noch eine halbe stunde geöffnet.
schnell alle raus aus dem auto, aufstellung genommen, und hinter frau kelef hergetappst. stiege rauf, stiege runter, flur entlang, so ein schönes altes haus mit schmalen, fensterlosen fluren und sparsamer beleuchtung, türen mit klinken nur auf einer seite, jede menge uniformierte, die mädels fürchteten sich, der koloss konnte sich nicht genug darüber beschweren wie ihm sein wolf zu schaffen mache, frau kelef sprach mehrmals "kusch, jetzt, alle", das richtige zimmer wurde gefunden, der mann dort sprach deutsch und wollte auf die vorgeschrittene uhrzeit verweisen, denn: mittagsruhe ist heilig, und es war zehn vor zwölf, frau kelef flehte und winselte ein wenig, die mannschaft machte das automatisch nach, und so liess er sich erweichen und stempelte und stempelte und stempelte und nahm den tiefempfundenen dank entgegen, wies an die grenze sei ausschliesslich bei hegyeshalom zu überqueren, und frau kelef und die mannschaft trabten die endlosen flure wieder zurück ans tageslicht.
aber jetzt, nach hause.
noch einmal jeder ein paar bissen zwischen die kiemen, händewaschen und bäume giessen, alle rein in den traktor, und krängend gen grenze gefahren.
der geruch von angst und panik begann sich langsam zu verflüchtigen, übrig blieb nur das odeur von einem überbesetzten auto, einem angstschwitzenden koloss, hunden die eine menge schlamm auf sich geladen hatten, ein wenig ungewaschener wäsche und etwas, das einer der hunde im auto unter dem sitz versteckt hatte als es schon nicht mehr ganz frisch gewesen war (es stellte sich in wien dann als eine halbe bratwurst von ziemlich interessanter konsistenz heraus). aber je nun.
nach drei stunden betonplattenautobahn war hegyeshalom in sicht, und eine lange, lange warteschlange ebendort. auf allen verfügbaren grenzübertrittsfahrspuren standen jede menge autos, auch die lkw-spuren waren überfüllt, wer zum teufel da im jahre 1986 an einem heiligen montagspätnachmittag aller von hüben nach drüben wollte weiss man nicht, es war unglaublich.
und die grenzer laborierten offensichtlich noch an dem schock vom samstag und den rauschgiftschmugglern, und so wurde jedes auto, aber wirklich jedes, mit einer peniblen gründlich- und genauigkeit durchsucht, alle personen raus, sitzbänke kontrolliert, kofferraum aufmachen, sachen raus, frau kelef fürchtete ernsthaft um die gesundheit aller beteiligten, denn der gedanke an den feuchten, matschigen inhalt des kofferraumes, dann vielleicht nochmal die show mit der kinderunterwäsche, und ob die dann wiederum glauben würden dass man tatsächlich staatlich gesponserte ddr-kinderunterwäsche mit der ddr-einfuhrbestätigung für nähmaschine und fernseher aus ungarn ausführen könnte, alles hatte man ja in der eile nicht ins taxi umladen können, und es hatte ja auch keiner gewusst was kommen würde, man transportiert ja gerne ein wenig schmutzwäsche durch die lange, aber nutzte ja nun nix, da musste die mannschaft durch.
sicherheitshalber war allen mitreisenden die flüssigkeitsaufnahme nach dem letzten entleerungsstop untersagt worden, denn man weiss ja, trinken und nerven gibt druck auf der blase, und zumindest dieses problem sollte tunlichst vermieden werden.
auf dem neben- und rücksitz also tönte es: durst, winsel, hechel, will was trinken, fiep, durst, bitte, ...
kusch, jetzt, alle. funktionierte inzwischen nach entsprechender übung schon beim ersten buchstaben, gelehriges volk.
man wartete.
im schrittempo und mit langen stehpausen näherte sich der traktor mit seinem bemerkenswerten inhalt dem grenzerhaus.
dann war der moment gekommen. frau kelef will, wie aber auch schon alle anderen vor ihr, gehorsamst aussteigen, der herr grenze schaut sie an, schaut in das auto, verzieht ein wenig das gesicht, nimmt die vier reisepässe, geht langsamen schrittes und in den pässen blätternd zum grenzerhaus, öffnet die tür, geht hinein.
frau kelef ward es irgendwie ganz blümerant zumute. durch das fenster konnte man sehen wie der eine herr grenze mit dem anderen herrn grenze sprach, sie telefonierten, sie machten irgendwas auf dem schreibtisch, frau kelef war einer ohnmacht nahe, kalter schweiss auf der stirn, zitternde hände, herzklopfen, leises greinen von rechts und hinten war zu vernehmen.
der herr grenze kam wieder aus dem kleinen haus, schritt auf den traktor zu, reichte die reisepässe durch das geöffnete fenster, sagte "gute fahrt" und öffnete den schlagbaum.
frau kelef startete mit zittriger hand den motor, fuhr sachte an und durchquerte das niemandsland.
die österreicher winkten nur durch.
fünf viertelstunden später wurden die freundin der tochter und deren vater vor deren wohnhaus ausgeladen, gepäck nachgeworfen, verrechnung auf später verschoben, nur bitte, bitte, nach hause. wie man später berichtete wurde die restliche entladung des traktors vom wohnungssitter übernommen, was auch immer noch passierte, es entzieht sich der kenntnis.
in der fabrick, in der frau kelef damals arbeitete, hatte sie sich übrigens vom campingplatz aus noch via anrufbeanworter abwesend gemeldet, dort auch noch angerufen und als wieder im lande, aber geistig für den nächsten tag noch nicht zurechnungsfähig, gemeldet.
dann: dusche, bett, und eine weile nichts mehr hören und sehen.
am nächsten tag stellte sich heraus dass die vertretung der österreicher in ungarn in frau kelefs pass und den pass ihrer tochter das selbe geburtsdatum eingetragen hatte. damit gab es aber erst schwierigkeiten, als frau kelef neue reisepässe beantragte, also eine woche später.
das gelärme vor der botschaft lockte dann aber doch einen (seiner meinung nach) soignierten mann heraus, der, sehr mager und im grauen anzug mit dazupassendem haar, herauskam und nach, man fasst es nicht, dem grund für das misliebige benehmen der anwesenden zwei- und vierbeiner fragte.
zum wievielten male betete frau kelef die geschichte jetzt schon herunter? zur untermauerung der richtigkeit der angaben auch gleich die diebstahlsanzeige und die dokumentenmappen dem herrn grau-in-grau unter die nase gehalten, und dann auch noch die geschichte vom jüngling und dem versprechen vorgetragen.
der junge mann habe heute frei. ob es denn eine bestätigung für die angegebenen angaben gäbe? aber auch dann - der herr botschafter komme erst in einer woche, da könne er nichts tun.
warum er dann aus dem haus gekommen sei, wenn er nichts tun könne?
oh, er habe nur wissen wollen was da los sei.
das wisse er jetzt, und nunmehr möge er doch bitte hingehen und ...
wegen so einer kleinigkeit brauche man doch nicht so einen krawall veranstalten, das käme schon einmal vor dass papiere gestohlen würden, ...
das war, wie soll man sagen, irgendwie die falsche einstellung seinerseits, und definitiv die falsche bemerkung.
frau kelef rappelte sich nunmehr doch in die höhe, und drückte ihrerseits auf die hupe.
und was so eine alte volksdemokratische, noch dazu wie in diesem fall russische, hupe war, das tönte laut, atonal, schrill, und sehr, sehr lange, besonders bei entsprechender betätigung. die hunde hielten das für eine willkommene aufforderung ebenfalls lauthals ihre übellaunigkeit kundzutun.
und im übrigen, so sagte frau kelef nochmals voraus, werde sie definitiv hier nicht freiwillig weichen, und weiters habe sie bereits das aussenamt in wien und die presse ebendort verständigt. die warteten nur.
das war zwar eine leere drohung, aber theoretisch wäre es tatsächlich möglich gewesen, und so wurde dem grauen mann auch gleich der name eines herrn im aussenamt in wien genannt, den möge er doch bitte anrufen und ihn zur sicherheit fragen a) ob frau kelef tatsächlich frau kelef sei, b) die tochter tatsächlich die tochter, etc.
das könne der herr s. doch nicht aus wien so einfach telefonisch bestätigen, meinte der herr in grau.
dochdochdoch, das ist ganz einfach, sprach frau kelef, rufen sie ihn an und erzählen sie ihm was ich hier gerade veranstalte, dann weiss er dass ich ich bin.
der mann in grau hiess frau kelef & co vor dem schmiedeeisernen zaun warten und verschwand.
und tatsächlich funktionierte diese eher etwas unübliche art der eineindeutigen identifikation, denn der herr s. kannte frau kelef schon seit weit mehr als zehn jahren, und traute ihr somit ein derartiges betragen gerne zu (in wien darauf angesprochen meinte er übrigens, er hätte ihr unter diesen umständen noch ganz andere sachen zugetraut, das habe er dem herrn in grau auch mitgeteilt).
und so klappte es dann doch irgendwie, man glaubt es kaum. der herr in grau bat in die botschaft.
frau kelef und die ihr paarweise folgende mannschaft (der koloss bildete die nachhut) schritten durch den vorgarten, hocherhobenen hauptes am türvorsteher vorbei, die edel geschwungene treppe hoch, über hellen marmor und feinstes parkett, vorbei an anderen verstörten wartenden, vorbei an bewaffneten aufpassern die die mannschaft fürchten machten, hinein in die heiligen hallen.
frau kelef und die mannschaft nahmen aufstellung vor tischen mit wichtigen männern, beantworteten die fragen nach geburtsdatum, -ort, -grund und noch ein paar anderen dingen die frau kelef sicherheitshalber entfallen sind. weitere herren in weiterem grau studierten die diversen mitgebrachten dokumente, kontrollierten die alten, abgelaufenen und ergo gelochten reisepässe, telefonierten mit wem auch immer, man wiegte die köpfe auf die eine und dann auf die andere seite, man sprach hmhmhm und tststs, und frau kelefs töchterchen sprach ohohoh, es wurde weiter hin- und hergelaufen und telefoniert, und dann geschah das wunder:
es gab drei reisepässe (die allerdings nur eine woche gültig waren, hahaha), bestätigungen für die hunde, den führerschein und das auto, und, auch das war fast unglaublich, all dies auch noch rechtzeitig um quer durch das schöne budapest richtung polizeistation zu fahren, denn was nützt der schönste, neueste reisepass mit dem schönsten, neuesten photo wenn in diesem pass nicht das passende visum ist?
also alle hopp-hopp retour vorbei an den wartenden, wachenden und bewachenden, und hinaus in den hellen sonnenschein, und in den traktor, und richtung polizei.
der wagen hatte durch das gewicht des kolosses eine ziemliche schlagseite, aber egal, immer nach dem stadtplan und zur polizeistation und dort angekommen: noch eine halbe stunde geöffnet.
schnell alle raus aus dem auto, aufstellung genommen, und hinter frau kelef hergetappst. stiege rauf, stiege runter, flur entlang, so ein schönes altes haus mit schmalen, fensterlosen fluren und sparsamer beleuchtung, türen mit klinken nur auf einer seite, jede menge uniformierte, die mädels fürchteten sich, der koloss konnte sich nicht genug darüber beschweren wie ihm sein wolf zu schaffen mache, frau kelef sprach mehrmals "kusch, jetzt, alle", das richtige zimmer wurde gefunden, der mann dort sprach deutsch und wollte auf die vorgeschrittene uhrzeit verweisen, denn: mittagsruhe ist heilig, und es war zehn vor zwölf, frau kelef flehte und winselte ein wenig, die mannschaft machte das automatisch nach, und so liess er sich erweichen und stempelte und stempelte und stempelte und nahm den tiefempfundenen dank entgegen, wies an die grenze sei ausschliesslich bei hegyeshalom zu überqueren, und frau kelef und die mannschaft trabten die endlosen flure wieder zurück ans tageslicht.
aber jetzt, nach hause.
noch einmal jeder ein paar bissen zwischen die kiemen, händewaschen und bäume giessen, alle rein in den traktor, und krängend gen grenze gefahren.
der geruch von angst und panik begann sich langsam zu verflüchtigen, übrig blieb nur das odeur von einem überbesetzten auto, einem angstschwitzenden koloss, hunden die eine menge schlamm auf sich geladen hatten, ein wenig ungewaschener wäsche und etwas, das einer der hunde im auto unter dem sitz versteckt hatte als es schon nicht mehr ganz frisch gewesen war (es stellte sich in wien dann als eine halbe bratwurst von ziemlich interessanter konsistenz heraus). aber je nun.
nach drei stunden betonplattenautobahn war hegyeshalom in sicht, und eine lange, lange warteschlange ebendort. auf allen verfügbaren grenzübertrittsfahrspuren standen jede menge autos, auch die lkw-spuren waren überfüllt, wer zum teufel da im jahre 1986 an einem heiligen montagspätnachmittag aller von hüben nach drüben wollte weiss man nicht, es war unglaublich.
und die grenzer laborierten offensichtlich noch an dem schock vom samstag und den rauschgiftschmugglern, und so wurde jedes auto, aber wirklich jedes, mit einer peniblen gründlich- und genauigkeit durchsucht, alle personen raus, sitzbänke kontrolliert, kofferraum aufmachen, sachen raus, frau kelef fürchtete ernsthaft um die gesundheit aller beteiligten, denn der gedanke an den feuchten, matschigen inhalt des kofferraumes, dann vielleicht nochmal die show mit der kinderunterwäsche, und ob die dann wiederum glauben würden dass man tatsächlich staatlich gesponserte ddr-kinderunterwäsche mit der ddr-einfuhrbestätigung für nähmaschine und fernseher aus ungarn ausführen könnte, alles hatte man ja in der eile nicht ins taxi umladen können, und es hatte ja auch keiner gewusst was kommen würde, man transportiert ja gerne ein wenig schmutzwäsche durch die lange, aber nutzte ja nun nix, da musste die mannschaft durch.
sicherheitshalber war allen mitreisenden die flüssigkeitsaufnahme nach dem letzten entleerungsstop untersagt worden, denn man weiss ja, trinken und nerven gibt druck auf der blase, und zumindest dieses problem sollte tunlichst vermieden werden.
auf dem neben- und rücksitz also tönte es: durst, winsel, hechel, will was trinken, fiep, durst, bitte, ...
kusch, jetzt, alle. funktionierte inzwischen nach entsprechender übung schon beim ersten buchstaben, gelehriges volk.
man wartete.
im schrittempo und mit langen stehpausen näherte sich der traktor mit seinem bemerkenswerten inhalt dem grenzerhaus.
dann war der moment gekommen. frau kelef will, wie aber auch schon alle anderen vor ihr, gehorsamst aussteigen, der herr grenze schaut sie an, schaut in das auto, verzieht ein wenig das gesicht, nimmt die vier reisepässe, geht langsamen schrittes und in den pässen blätternd zum grenzerhaus, öffnet die tür, geht hinein.
frau kelef ward es irgendwie ganz blümerant zumute. durch das fenster konnte man sehen wie der eine herr grenze mit dem anderen herrn grenze sprach, sie telefonierten, sie machten irgendwas auf dem schreibtisch, frau kelef war einer ohnmacht nahe, kalter schweiss auf der stirn, zitternde hände, herzklopfen, leises greinen von rechts und hinten war zu vernehmen.
der herr grenze kam wieder aus dem kleinen haus, schritt auf den traktor zu, reichte die reisepässe durch das geöffnete fenster, sagte "gute fahrt" und öffnete den schlagbaum.
frau kelef startete mit zittriger hand den motor, fuhr sachte an und durchquerte das niemandsland.
die österreicher winkten nur durch.
fünf viertelstunden später wurden die freundin der tochter und deren vater vor deren wohnhaus ausgeladen, gepäck nachgeworfen, verrechnung auf später verschoben, nur bitte, bitte, nach hause. wie man später berichtete wurde die restliche entladung des traktors vom wohnungssitter übernommen, was auch immer noch passierte, es entzieht sich der kenntnis.
in der fabrick, in der frau kelef damals arbeitete, hatte sie sich übrigens vom campingplatz aus noch via anrufbeanworter abwesend gemeldet, dort auch noch angerufen und als wieder im lande, aber geistig für den nächsten tag noch nicht zurechnungsfähig, gemeldet.
dann: dusche, bett, und eine weile nichts mehr hören und sehen.
am nächsten tag stellte sich heraus dass die vertretung der österreicher in ungarn in frau kelefs pass und den pass ihrer tochter das selbe geburtsdatum eingetragen hatte. damit gab es aber erst schwierigkeiten, als frau kelef neue reisepässe beantragte, also eine woche später.
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Montag, 22. März 2010
sitzstreik in budapest, teil 5
kelef, 17:07h
frau kelef also sass, und streikte, und harrte der dinge die da kommen sollten.
der botschaftsjüngling glaubte das alles nicht und wähnte sich irgendwie in einem alptraum, was auch dem unverkennbaren alkoholgenuss der vornacht geschuldet gewesen sein mag.
die freundin der tochter greinte ein wenig, dazwischen war sie lästig, wurde aber alles ignoriert.
der vater der freundin der tochter hielt referate über geschwitzten wolf bei überdurchschnittlich wohlgenährten personen, und trug damit nicht wirklich positives zur situationsentspannung bei.
die dackel fanden das alles nur lustig, wenn sie sich lautstark mit den anderen hunden unterhalten konnten, was wiederum der entspannung auch eher abträglich war, um das einmal vorsichtig zu formulieren.
die tochter von frau kelef kannte frau kelef aus gründen schon länger als sie auf der welt war, es schwante ihr also böses auf mehreren ebenen, und das einzige was sie noch mehrfach hervorbrachte war ein entsprechend betontes "oh-oh-oh", und zwischendurch ein entschuldigend-fragendes "mama?"
frau kelef aber seufzte tief, mit geschlossenen augen an das schmiedeeiserne gitter im schönbrunner design gelehnt, die sonne schien, die vögel brüllten. die nachbarn brüllten fallweise auch, gottseidank auf ungarisch, das verstand frau kelef nicht, wäre ihr aber auch egal gewesen.
es verging eine stunde.
der botschaftsjüngling glaubte das alles langsam, es wurde ja auch später am vormittag, die spaziergänger sahen die versammlung vor der botschaft, ein oder zwei autos blieben stehen und schauten interessiert, ein oder zwei fotoapparate wurden gezückt obwohl doch auf dem schmiedeeisernen zaun ein grosses schild mit "fotogorafieren verboten" (in mehreren sprachen) prangte.
frau kelef räkelte sich mit geschlossenen augen in der sonne.
ein mildtätiger passant brachte eine plastikflasche voller wasser - für die hunde. immerhin.
frau kelef hätte ja gerne eine menge anderer dinge gehabt, vorzugsweise zuerst einmal kaffee, eine waschgelegenheit, geputzte zähne, und dann zum beispiel reisepässe, autopapiere, ausreisegenehmigungen, oder wenigstens den hals des botschafters zwischen den fingern, aber wasser für die hunde war ja schon einmal ein guter anfang.
kurz vor mittag hatte der jüngling es verstanden. frau kelef würde sich nicht entfernen, der rest der mannschaft hing mit unsichtbaren ketten untrennbar an ihr, er musste was tun.
"wie lange wollen sie denn noch da sitzen bleiben?" weckte er frau kelef rüde aus dem schlaf.
"raten sie einmal." wenn man frau kelef weckt, sollte man sicherheitshalber dafür sorge tragen dass mindestens ein meter sicherheitsluftlinie zwischen ihr und der weckenden person ist. das weiss der jüngling seither auch: frau kelef schlägt zuerst zu, dann macht sie die augen auf und schaut, wen sie getroffen hat.
als der jüngling wieder gerade stehen konnte und sich sein schmerzensgeheul (untermalt von den fröhlichen äusserungen der hunde die das alles für einen riesenspass hielten) gemildert hatte, fragte er mit gepresster stimme noch einmal genau nach.
frau kelef schilderte ihm die situation nochmals in kurzen, wenig freundlichen worten, zum mitschreiben für die besonders dummen, kwasi.
der jüngling bequemte sich infolge der bereits leicht gereizten stimmungslage frau kelefs doch dazu sich in die botschaft zu begeben, antragsformulare zu holen, diese frau kelef auszuhändigen und mit süffisanz festzuhalten das werde ihr aber gar nichts nützen, denn es würden auch noch passfotos benötigt, und zwar richtige, nix automat (den gäbe es ausserdem auch gar nicht), und das dauere allein ja schon ein paar tage. und dann sei der botschafter, wie er gerade gesehen habe, erst am mittwoch oder am donnerstag wieder da, frühestens, wahrscheinlich erst montag in einer woche.
"passfotos?" hyperventilierte frau kelef.
"ja, und zwar vorschriftsmässige."
"und die ausgefüllten anträge, und dann ist gut, und wir kriegen die papiere?"
"das dauerte dann nur ein paar tage."
"sie, ich sag ihnen jetzt gleich im voraus, und zwar ganz genau, ich komme demnächst mit den bildern, und dann aber will ich auf der stelle die papiere, und wenn ich auf der stelle sage dann meine ich das auch."
"und dann müssen sie mit den reisepässen noch zur lokalen polizei, wegen der ausreisevisa. das dauert wieder. und die haben nur vormittags amtsstunden."
frau kelef kroch wortlos hoch, hangelte sich am zaun entlang zum auto, eine hand krampfhaft um die wertvollen anträge gekrallt, die mannschaft wurde ins auto getrieben, motor an, und hinweg und hinfort.
richtung zentrum. da gab es grosse internationale hotels, menschen die deutsch sprachen, es war sonntag mittag, und da würde sich doch um wessen barmherzigkeit auch immer ein fotografengeschäft das offen haben würde finden. möglichkeitsform galore.
je nun. nix. nada. nothing. nincs. nemam.
wenn die laune frau kelefs aus den beschriebenen gründen nicht mehr ganz so lieblich ist wie sie das sein kann, dann sollte man ihr nicht widersprechen. schon gar nicht sollte man ihr erklären, dass es nicht möglich sei im jahre des herrn 1986 an einem sonnigen augustsonntagmittag mitten in budapest einen fotografen zu finden der innerhalb von ein paar stunden passfotos macht. weil, so beschloss frau kelef, den fotografen gibt es sicher, man muss den nur finden.
in der zwischenzeit schluchzten die drei zweibeiner nur mehr haltlos vor sich hin, die hunde winselten und hatten zudem das was sie im restaurant in sopron zu fressen bekommen hatten nicht wirklich gut vertragen.
"durchsage an alle: schnauze. jetzt. muss denken."
und es begab sich, dass denken half (das hat man ja oft), und so wurde ausgeschwärmt und nach schaukästen mit fotos gesucht. sowas hatte frau kelef bei ihren früheren besuchen in budapest schon gesehen, die gab es, fragte sich nur wo.
oh, am hoteleingang, wie überraschend logisch. adresse stand drauf, und das schicksal war gnädig, es waren eigentlich nur ein paar schritte, öffnungszeiten natürlich nicht am sonntag, hätte ja sogar frau kelef gewundert, aber der zweck heiligt die mittel und dass das kein atelier sondern eine privatadresse war - wtf, und also machte sich die mannschaft bestehend aus den bereits beschriebenen personen in ihrem sehr merkwürdigen zustand auf um dorthin zu gelangen.
die sache mit dem morgenfrischen teint wurde ersatzlos gestrichen, ebenso die sache mit ordentlicher kleidung und frisur und dem guten atem, man kann ja nicht alles haben und riechen würde man auf den bildern sowieso nix.
klingeling.
ein betörender duft nach mittagessen, frisch in zubereitung befindlich, kam durch die geschlossene tür.
man hatte ja draussen vor der tür eigentlich keinen appetit, aber riechen tat das, mein lieber scholli, und aber keiner machte auf.
klingelingeling (hatte man schon geübt) und wauwauwau.
hinter der tür hörte man ein empörtes gemurmel, dann öffnete sich die tür einen spalt, mit vorgelegter kette, und eine klitzekleine frau äugte heraus. also eigentlich nase mit goldrandbrille voraus, die frau war dahinter.
frau kelef, mit wörterbuch und anträgen und diebstahlsbestätigung und visitekarte und dokumentenmappen und noch ein paar forint in der hand versuchte ihr begehr vorzutragen.
"das hier ist meine privatwohnung, kommen sie bitte morgen ins geschäft." die frau sprach deutsch - von nun an konnte es nur besser werden.
frau kelef dankte vielmals im voraus für das ihr noch gar nicht entgegengebrachte verständnis, und entschuldigte sich äusserst überzeugt für die unverfrorenheit des unangebrachten klingelns und störens und erscheinens und überhaupt der eigenen existenz an sich, aber man möge doch die kindelein und die hündelein und überhaupt ...
die klitzekleine budapester fotografin ruckelte an ihrer goldrandbrille, schaute zu frau kelef auf, seufzte abgrundtief und herzerweichend, schaute die mannschaft an, seufzte noch abgrundtiefer, ruckelte noch einmal an der brille, und sprach die schicksalsschweren worte:
"oi, oi, oi, was a schlamassel, na da komme se herain, das mache mer schon, schalt ich nur den herd aus, kommt besuch dann, muss eben warten."
was soll man berichten: im ehemaligen kinderzimmer hatte diese beste, liebste, netteste, verständnisvollste, kleinste, grossnasigste und älteste fotografin der frau kelef jemals begegnet ist ein kleines atelier. und sie machte auf der stelle die besten, schönsten, vorschriftsmässigsten passbilder die von frau kelef jemals gemacht worden sind. und weil sie so begeistert von frau kelefs tochter und deren (zu diesem zeitpunkt höchst ungepflegter) haarpracht war, machte sie auch gleich noch ein paar künstlerische portraits von der jungen dame. und während sie in der küche kaffee kochte um frau kelefs lebensgeistern wieder auf die beine zu helfen, da entwickelte sie die bilder auch gleich, schnitt sie zu und drückte sie frau kelef hübsch sortiert in kleinen kartonmäppchen in die hand, und wollte noch nicht einmal geld nehmen: "man muss immer helfen wenn man kann, wir juden wissen das ja schon lange."
die preise waren allerdings im schaukasten angeschrieben gewesen, es wurde also ein wenig multipliziert und das geld der dame in die hand gedrückt, sie sträubte sich, geben sie es meinethalben bedürftigen, sagte frau kelef, und vielen dank auch. gott segne sie, sagten beide, die mädels hatten noch limonade bekommen und der vater der tochterfreundin auch einen kaffee (vertrug er aber nicht so gut, diese koffeinunmenge, der war dann auch noch wie auf speed, wolfsspeedig sozusagen), und man verabschiedete sich gar herzlich, und die fotografin heizte den herd wieder an, und frau kelef sagte zu sich:
"ha. geht doch wenn man will."
ein kurzer stopp in einem kleinen kaffeehaus wurde eingelegt, die anträge ausgefüllt, einmal tief durchatmen, und dann wurde die mannschaft zu paaren und in den traktor getrieben, zurück ging es zur botschaft.
bezeichnenderweise zogen über budapest zu diesem zeitpunkt ein paar wolken auf, und ein leichter wind begann stärker zu werden.
vor der botschaft angekommen wurde der traktor wieder auf den "reserviert für botschafter"-parkplatz geworfen, die türen öffneten sich und die mannschaft stand vor den toren der vertretung der österreicher in ungarn.
klingelingelingelingeling-huphup-pfeif-wauwauwau - diesmal gleich die ganze palette, wenn schon denn schon, und geübt war das ja.
der jüngling, in der zwischenzeit frisch gebadet und gekleidet, sah schon ein wenig menschlicher aus als zu früher morgenstunde, kriegte aber beim anblick der wohlbekannten und noch immer nicht liebgewonnenen gestalten eine leichte blässe im gesicht.
"schönen guten nachmittag" sprach frau kelef, "wir bringen dann hier die ausgefüllten anträge und die passfotos."
de wolken mehrten sich, wurden dunkler, und es donnerte.
"das kann nicht sein!" meinte der jüngling.
"das ist so." meine frau kelef.
ein kleines hin und her später hatte er dann offensichtlich so viel angst vor frau kelef, deren mannschaft und den ideen die sich in frau kelefs kopf zu diesem thema möglicherweise noch bilden könnten, dass er die gesammelten werke entgegennahm und schwor, im moment sei wirklich kein unterschriftsberechtiger vor ort, aber am nächsten vormittag seien die pässe etc. unterschrieben und abholbereit. und zwar rechtzeitig, um noch der ungarischen polizei zu den dortigen amtsstunden einen besuch abstatten und die ausreisevisa erhalten zu können.
und frau kelef sagte zu sich:
"ha. geht doch wenn man will."
die mannschaft in den traktor, und ab die post - wohin eigentlich?
es war in der zwischenzeit so gegen sechzehn uhr. der himmel wurde immer dunkler, der donner immer lauter, geld hatte man nicht sehr viel, und irgendwie, nachdem schlafen in der vergangenen nacht ja eher nicht auf dem programm gestanden hatte waren alle ein wenig übernächtigt, vor allem aber waren nunmehr endgültig alle: hungrig.
in budapest gab es immer schon die tollsten restaurants. und tolles essen. und noch viel tolleres personal, so von der sorte wie frau kelef es sehr schätzt, diese hervorragend ausgebildeten, soignierten, wohlerzogenen, erfahrenen kellner die sind wie sie sein sollen: liebenswürdig, unaufdringlich, und so weiter, aber ein klein wenig schauen die dann doch darauf dass die gäste die ins lokal kommen, nun ja, sagen wir einmal: auch hineinpassen. und: die kellner kriegen ja auch dafür bezahlt dass sie das tun, sollte man nicht vergessen.
und dann versuchen sie, sich den zustand vorzustellen in dem frau kelef und ihre mannschaft war nach den umtrieben der vergangenen stunden und tage, und dann versuchen sie in eines dieser restaurants hineinzukommen.
wenn sie es vermeiden können: versuchen sie es erst gar nicht. so viele reservierungen wie es da plötzlich gibt! an diesem sonntagabend muss die gesamte haute volée ungarns geplant haben essen zu gehen. dabei geht die gesellschaft doch eigentlich am sonntagabend nicht aus. nun ja.
es fand sich dann ein russisches restaurant mit schanigarten, in dem durften sich alle (nach kurzer schilderung für die gründe des äusseren zustandes) hinter der hecke niederlassen, ein paar büsche in kübeln wurden sorgsam so drapiert dass keiner hereinsehen konnte, und dann gaben die kellner ihr bestes: es wurde rekommandiert und erklärt und gebracht und geschleppt und eingegossen und bedauert und so weiter und so fort, ein labsal für seele und gaumen und magen, und dann noch "kompliment vom haus": rotwein von der krim, und kaffee und kuchen, und wodka, und eis für die jungen damen.
hotel, so beschied man uns, würde sich keines finden, man habe telefonisch schon nachgefragt, wegen der hunde, aber man hätte da - das zelt, wir erinnern uns, war ja noch in den tiefen des kofferraumes - einen etwas ausserhalb gelegenen campingplatz aufgetan. da wäre platz, und der betreiber sei erstens russe und zweitens sehr verständnisvoll wegen papieren und so, und drittens habe man ihm schon bescheid gesagt, sei alles sehr ordentlich und neu dort, und frau kelef möge sich doch bitte auf die herren x und y berufen, dann sei das schon in ordnung. ganz ungefragt hatten die das erledigt, wurde hier schon das hohe lied auf hervorragendes personal gesungen, besonders auf die kellner in russischen lokalen in budapest anno dunnemals? chapeau.
frau kelef, voll tiefster dankbarkeit, bedankte sich froh und glücklich, rief den segen der orthodoxen kirche auf die herren herab, schickte die zweibeiner noch mal an die bäume pinkeln und die hunde händewaschen, dann ward die mannschaft zu paaren und in den traktor getrieben.
und auf ging es richtung stadtautobahn zum campingplatz "etwas ausserhalb". es krachte, es donnerte, es begann endlich wieder zu schütten wie aus kübeln.
to be continued.
der botschaftsjüngling glaubte das alles nicht und wähnte sich irgendwie in einem alptraum, was auch dem unverkennbaren alkoholgenuss der vornacht geschuldet gewesen sein mag.
die freundin der tochter greinte ein wenig, dazwischen war sie lästig, wurde aber alles ignoriert.
der vater der freundin der tochter hielt referate über geschwitzten wolf bei überdurchschnittlich wohlgenährten personen, und trug damit nicht wirklich positives zur situationsentspannung bei.
die dackel fanden das alles nur lustig, wenn sie sich lautstark mit den anderen hunden unterhalten konnten, was wiederum der entspannung auch eher abträglich war, um das einmal vorsichtig zu formulieren.
die tochter von frau kelef kannte frau kelef aus gründen schon länger als sie auf der welt war, es schwante ihr also böses auf mehreren ebenen, und das einzige was sie noch mehrfach hervorbrachte war ein entsprechend betontes "oh-oh-oh", und zwischendurch ein entschuldigend-fragendes "mama?"
frau kelef aber seufzte tief, mit geschlossenen augen an das schmiedeeiserne gitter im schönbrunner design gelehnt, die sonne schien, die vögel brüllten. die nachbarn brüllten fallweise auch, gottseidank auf ungarisch, das verstand frau kelef nicht, wäre ihr aber auch egal gewesen.
es verging eine stunde.
der botschaftsjüngling glaubte das alles langsam, es wurde ja auch später am vormittag, die spaziergänger sahen die versammlung vor der botschaft, ein oder zwei autos blieben stehen und schauten interessiert, ein oder zwei fotoapparate wurden gezückt obwohl doch auf dem schmiedeeisernen zaun ein grosses schild mit "fotogorafieren verboten" (in mehreren sprachen) prangte.
frau kelef räkelte sich mit geschlossenen augen in der sonne.
ein mildtätiger passant brachte eine plastikflasche voller wasser - für die hunde. immerhin.
frau kelef hätte ja gerne eine menge anderer dinge gehabt, vorzugsweise zuerst einmal kaffee, eine waschgelegenheit, geputzte zähne, und dann zum beispiel reisepässe, autopapiere, ausreisegenehmigungen, oder wenigstens den hals des botschafters zwischen den fingern, aber wasser für die hunde war ja schon einmal ein guter anfang.
kurz vor mittag hatte der jüngling es verstanden. frau kelef würde sich nicht entfernen, der rest der mannschaft hing mit unsichtbaren ketten untrennbar an ihr, er musste was tun.
"wie lange wollen sie denn noch da sitzen bleiben?" weckte er frau kelef rüde aus dem schlaf.
"raten sie einmal." wenn man frau kelef weckt, sollte man sicherheitshalber dafür sorge tragen dass mindestens ein meter sicherheitsluftlinie zwischen ihr und der weckenden person ist. das weiss der jüngling seither auch: frau kelef schlägt zuerst zu, dann macht sie die augen auf und schaut, wen sie getroffen hat.
als der jüngling wieder gerade stehen konnte und sich sein schmerzensgeheul (untermalt von den fröhlichen äusserungen der hunde die das alles für einen riesenspass hielten) gemildert hatte, fragte er mit gepresster stimme noch einmal genau nach.
frau kelef schilderte ihm die situation nochmals in kurzen, wenig freundlichen worten, zum mitschreiben für die besonders dummen, kwasi.
der jüngling bequemte sich infolge der bereits leicht gereizten stimmungslage frau kelefs doch dazu sich in die botschaft zu begeben, antragsformulare zu holen, diese frau kelef auszuhändigen und mit süffisanz festzuhalten das werde ihr aber gar nichts nützen, denn es würden auch noch passfotos benötigt, und zwar richtige, nix automat (den gäbe es ausserdem auch gar nicht), und das dauere allein ja schon ein paar tage. und dann sei der botschafter, wie er gerade gesehen habe, erst am mittwoch oder am donnerstag wieder da, frühestens, wahrscheinlich erst montag in einer woche.
"passfotos?" hyperventilierte frau kelef.
"ja, und zwar vorschriftsmässige."
"und die ausgefüllten anträge, und dann ist gut, und wir kriegen die papiere?"
"das dauerte dann nur ein paar tage."
"sie, ich sag ihnen jetzt gleich im voraus, und zwar ganz genau, ich komme demnächst mit den bildern, und dann aber will ich auf der stelle die papiere, und wenn ich auf der stelle sage dann meine ich das auch."
"und dann müssen sie mit den reisepässen noch zur lokalen polizei, wegen der ausreisevisa. das dauert wieder. und die haben nur vormittags amtsstunden."
frau kelef kroch wortlos hoch, hangelte sich am zaun entlang zum auto, eine hand krampfhaft um die wertvollen anträge gekrallt, die mannschaft wurde ins auto getrieben, motor an, und hinweg und hinfort.
richtung zentrum. da gab es grosse internationale hotels, menschen die deutsch sprachen, es war sonntag mittag, und da würde sich doch um wessen barmherzigkeit auch immer ein fotografengeschäft das offen haben würde finden. möglichkeitsform galore.
je nun. nix. nada. nothing. nincs. nemam.
wenn die laune frau kelefs aus den beschriebenen gründen nicht mehr ganz so lieblich ist wie sie das sein kann, dann sollte man ihr nicht widersprechen. schon gar nicht sollte man ihr erklären, dass es nicht möglich sei im jahre des herrn 1986 an einem sonnigen augustsonntagmittag mitten in budapest einen fotografen zu finden der innerhalb von ein paar stunden passfotos macht. weil, so beschloss frau kelef, den fotografen gibt es sicher, man muss den nur finden.
in der zwischenzeit schluchzten die drei zweibeiner nur mehr haltlos vor sich hin, die hunde winselten und hatten zudem das was sie im restaurant in sopron zu fressen bekommen hatten nicht wirklich gut vertragen.
"durchsage an alle: schnauze. jetzt. muss denken."
und es begab sich, dass denken half (das hat man ja oft), und so wurde ausgeschwärmt und nach schaukästen mit fotos gesucht. sowas hatte frau kelef bei ihren früheren besuchen in budapest schon gesehen, die gab es, fragte sich nur wo.
oh, am hoteleingang, wie überraschend logisch. adresse stand drauf, und das schicksal war gnädig, es waren eigentlich nur ein paar schritte, öffnungszeiten natürlich nicht am sonntag, hätte ja sogar frau kelef gewundert, aber der zweck heiligt die mittel und dass das kein atelier sondern eine privatadresse war - wtf, und also machte sich die mannschaft bestehend aus den bereits beschriebenen personen in ihrem sehr merkwürdigen zustand auf um dorthin zu gelangen.
die sache mit dem morgenfrischen teint wurde ersatzlos gestrichen, ebenso die sache mit ordentlicher kleidung und frisur und dem guten atem, man kann ja nicht alles haben und riechen würde man auf den bildern sowieso nix.
klingeling.
ein betörender duft nach mittagessen, frisch in zubereitung befindlich, kam durch die geschlossene tür.
man hatte ja draussen vor der tür eigentlich keinen appetit, aber riechen tat das, mein lieber scholli, und aber keiner machte auf.
klingelingeling (hatte man schon geübt) und wauwauwau.
hinter der tür hörte man ein empörtes gemurmel, dann öffnete sich die tür einen spalt, mit vorgelegter kette, und eine klitzekleine frau äugte heraus. also eigentlich nase mit goldrandbrille voraus, die frau war dahinter.
frau kelef, mit wörterbuch und anträgen und diebstahlsbestätigung und visitekarte und dokumentenmappen und noch ein paar forint in der hand versuchte ihr begehr vorzutragen.
"das hier ist meine privatwohnung, kommen sie bitte morgen ins geschäft." die frau sprach deutsch - von nun an konnte es nur besser werden.
frau kelef dankte vielmals im voraus für das ihr noch gar nicht entgegengebrachte verständnis, und entschuldigte sich äusserst überzeugt für die unverfrorenheit des unangebrachten klingelns und störens und erscheinens und überhaupt der eigenen existenz an sich, aber man möge doch die kindelein und die hündelein und überhaupt ...
die klitzekleine budapester fotografin ruckelte an ihrer goldrandbrille, schaute zu frau kelef auf, seufzte abgrundtief und herzerweichend, schaute die mannschaft an, seufzte noch abgrundtiefer, ruckelte noch einmal an der brille, und sprach die schicksalsschweren worte:
"oi, oi, oi, was a schlamassel, na da komme se herain, das mache mer schon, schalt ich nur den herd aus, kommt besuch dann, muss eben warten."
was soll man berichten: im ehemaligen kinderzimmer hatte diese beste, liebste, netteste, verständnisvollste, kleinste, grossnasigste und älteste fotografin der frau kelef jemals begegnet ist ein kleines atelier. und sie machte auf der stelle die besten, schönsten, vorschriftsmässigsten passbilder die von frau kelef jemals gemacht worden sind. und weil sie so begeistert von frau kelefs tochter und deren (zu diesem zeitpunkt höchst ungepflegter) haarpracht war, machte sie auch gleich noch ein paar künstlerische portraits von der jungen dame. und während sie in der küche kaffee kochte um frau kelefs lebensgeistern wieder auf die beine zu helfen, da entwickelte sie die bilder auch gleich, schnitt sie zu und drückte sie frau kelef hübsch sortiert in kleinen kartonmäppchen in die hand, und wollte noch nicht einmal geld nehmen: "man muss immer helfen wenn man kann, wir juden wissen das ja schon lange."
die preise waren allerdings im schaukasten angeschrieben gewesen, es wurde also ein wenig multipliziert und das geld der dame in die hand gedrückt, sie sträubte sich, geben sie es meinethalben bedürftigen, sagte frau kelef, und vielen dank auch. gott segne sie, sagten beide, die mädels hatten noch limonade bekommen und der vater der tochterfreundin auch einen kaffee (vertrug er aber nicht so gut, diese koffeinunmenge, der war dann auch noch wie auf speed, wolfsspeedig sozusagen), und man verabschiedete sich gar herzlich, und die fotografin heizte den herd wieder an, und frau kelef sagte zu sich:
"ha. geht doch wenn man will."
ein kurzer stopp in einem kleinen kaffeehaus wurde eingelegt, die anträge ausgefüllt, einmal tief durchatmen, und dann wurde die mannschaft zu paaren und in den traktor getrieben, zurück ging es zur botschaft.
bezeichnenderweise zogen über budapest zu diesem zeitpunkt ein paar wolken auf, und ein leichter wind begann stärker zu werden.
vor der botschaft angekommen wurde der traktor wieder auf den "reserviert für botschafter"-parkplatz geworfen, die türen öffneten sich und die mannschaft stand vor den toren der vertretung der österreicher in ungarn.
klingelingelingelingeling-huphup-pfeif-wauwauwau - diesmal gleich die ganze palette, wenn schon denn schon, und geübt war das ja.
der jüngling, in der zwischenzeit frisch gebadet und gekleidet, sah schon ein wenig menschlicher aus als zu früher morgenstunde, kriegte aber beim anblick der wohlbekannten und noch immer nicht liebgewonnenen gestalten eine leichte blässe im gesicht.
"schönen guten nachmittag" sprach frau kelef, "wir bringen dann hier die ausgefüllten anträge und die passfotos."
de wolken mehrten sich, wurden dunkler, und es donnerte.
"das kann nicht sein!" meinte der jüngling.
"das ist so." meine frau kelef.
ein kleines hin und her später hatte er dann offensichtlich so viel angst vor frau kelef, deren mannschaft und den ideen die sich in frau kelefs kopf zu diesem thema möglicherweise noch bilden könnten, dass er die gesammelten werke entgegennahm und schwor, im moment sei wirklich kein unterschriftsberechtiger vor ort, aber am nächsten vormittag seien die pässe etc. unterschrieben und abholbereit. und zwar rechtzeitig, um noch der ungarischen polizei zu den dortigen amtsstunden einen besuch abstatten und die ausreisevisa erhalten zu können.
und frau kelef sagte zu sich:
"ha. geht doch wenn man will."
die mannschaft in den traktor, und ab die post - wohin eigentlich?
es war in der zwischenzeit so gegen sechzehn uhr. der himmel wurde immer dunkler, der donner immer lauter, geld hatte man nicht sehr viel, und irgendwie, nachdem schlafen in der vergangenen nacht ja eher nicht auf dem programm gestanden hatte waren alle ein wenig übernächtigt, vor allem aber waren nunmehr endgültig alle: hungrig.
in budapest gab es immer schon die tollsten restaurants. und tolles essen. und noch viel tolleres personal, so von der sorte wie frau kelef es sehr schätzt, diese hervorragend ausgebildeten, soignierten, wohlerzogenen, erfahrenen kellner die sind wie sie sein sollen: liebenswürdig, unaufdringlich, und so weiter, aber ein klein wenig schauen die dann doch darauf dass die gäste die ins lokal kommen, nun ja, sagen wir einmal: auch hineinpassen. und: die kellner kriegen ja auch dafür bezahlt dass sie das tun, sollte man nicht vergessen.
und dann versuchen sie, sich den zustand vorzustellen in dem frau kelef und ihre mannschaft war nach den umtrieben der vergangenen stunden und tage, und dann versuchen sie in eines dieser restaurants hineinzukommen.
wenn sie es vermeiden können: versuchen sie es erst gar nicht. so viele reservierungen wie es da plötzlich gibt! an diesem sonntagabend muss die gesamte haute volée ungarns geplant haben essen zu gehen. dabei geht die gesellschaft doch eigentlich am sonntagabend nicht aus. nun ja.
es fand sich dann ein russisches restaurant mit schanigarten, in dem durften sich alle (nach kurzer schilderung für die gründe des äusseren zustandes) hinter der hecke niederlassen, ein paar büsche in kübeln wurden sorgsam so drapiert dass keiner hereinsehen konnte, und dann gaben die kellner ihr bestes: es wurde rekommandiert und erklärt und gebracht und geschleppt und eingegossen und bedauert und so weiter und so fort, ein labsal für seele und gaumen und magen, und dann noch "kompliment vom haus": rotwein von der krim, und kaffee und kuchen, und wodka, und eis für die jungen damen.
hotel, so beschied man uns, würde sich keines finden, man habe telefonisch schon nachgefragt, wegen der hunde, aber man hätte da - das zelt, wir erinnern uns, war ja noch in den tiefen des kofferraumes - einen etwas ausserhalb gelegenen campingplatz aufgetan. da wäre platz, und der betreiber sei erstens russe und zweitens sehr verständnisvoll wegen papieren und so, und drittens habe man ihm schon bescheid gesagt, sei alles sehr ordentlich und neu dort, und frau kelef möge sich doch bitte auf die herren x und y berufen, dann sei das schon in ordnung. ganz ungefragt hatten die das erledigt, wurde hier schon das hohe lied auf hervorragendes personal gesungen, besonders auf die kellner in russischen lokalen in budapest anno dunnemals? chapeau.
frau kelef, voll tiefster dankbarkeit, bedankte sich froh und glücklich, rief den segen der orthodoxen kirche auf die herren herab, schickte die zweibeiner noch mal an die bäume pinkeln und die hunde händewaschen, dann ward die mannschaft zu paaren und in den traktor getrieben.
und auf ging es richtung stadtautobahn zum campingplatz "etwas ausserhalb". es krachte, es donnerte, es begann endlich wieder zu schütten wie aus kübeln.
to be continued.
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Mittwoch, 17. März 2010
sitzstreik in budapest, teil 4
kelef, 12:28h
man war also wieder auf achse. zweihundert und einige kilometer, etliche wolkenbrüche, pinkelpausen im grünen, sehr viele sehr laute ordnungsrufe seitens frau kelef und quengelige greinattacken der restlichen mannschaft später war man sogar in budapest.
es war früher morgen, es hatte aufgehört zu regnen, am horizont begann es zu dämmern, wie das ende august so gegen halb fünf uhr früh so zu sein pflegt.
so weit, so gut. auf unerklärliche weise hatte auch der stadtplan von budapest neben der karte von ungarn im handschuhfach die reise mitgemacht, und so wäre alles gut gewesen wenn auf dem vermaledeiten stadtplan die österreichische botschaft eingezeichnet gewesen wäre. oder irgendeine menschenseele, womöglich auch noch eine deutschsprachige, sich auf der strasse hätte blicken lassen. es wurden dann fallweise einige personen angehalten, aber irgendwie fürchteten die sich vor dem auto mit der merkwürdigen besatzung und ergriffen die flucht, ohne dass eine nähere kontaktaufnahme möglich gewesen wäre.
und wie das so war mit den volksdemokratischen wach- und sicherheitspersonen: wenn man sie brauchte waren sie wie vom erdboden verschluckt. das schien ja immer system zu haben. aber wehe man brauchte sie gerade nicht unbedingt ...
des einen herrn rendörség konnte man allerdings habhaft werden, und der war auch kommunikationsbereit, allerdings auf ungarisch. das wörterbuch (sie haben ja keine ahnung was frau kelef da alles im auto gebunkert hatte) war hilfreich, und so konnte auf der karte der weg zur österreichischen vertretung angezeichnet werden. natürlich hatte frau kelef die botschaft eher im zentrum vermutet, dort war man auch gut gelandet, aber, sie erraten es, sie war weit, weit ausserhalb. aber sie ward gefunden, in einem idyllischen villenviertel, schönbrunenr stil, traumhafte strasse, ruhig, mit schmiedeeisernem zaun und wachkameras und schattenspendenden bäumen zwischen gehsteig und strasse.
am tor war eine klingel. frau kelef drückte darauf: nix. mehrmaliges läuten: nix.
frau kelef schaute auf die uhr, es war so gegen sechs uhr früh, 24 stunden wachzustand fast, also bevor jetzt ein unglück passiert, dachte sie, da versuch ich noch eine runde zu schlafen, das macht erstens einen rosigen teint und zweitens ist das ja angeblich gesund, das schlafen. wie ging das nochmal: ah ja, bett, hineinlegen, augen zu, ...
der lada hatte liegesitze, aber: haben sie schon einmal versucht, in einem lada den liegesitz herunterzuklappen während hinter ihnen auf der vollbesetzten rückbank zwei elfjährige mädchen und zwei rauhaardackel sich um die beste sitzposition streiten? und haben sie schon einmal versucht, während neben ihnen ein fettkoloss schnauft und schnieft und von seinem erschwitzten wolf erzählt und überhaupt alle jammern und wehklagen, ein auge zuzutun?
wenn sie solches vermeiden können, dann tun sie dies.
ein wenig kühl war es draussen auch, und so meinte ein teil der mannschaft man müsse die fenster geschlossen halten, frau kelef mag es ja an sich schon eher kühl, und kühle kühlt auch hitzige gemüter, sagt man, kurzum, es war recht kurzweilig, kurzfristig stand man auch kurz vor mord und totschlag.
gegen acht war das alles nicht mehr auszuhalten. jeder hatte hunger, jede hatte durst, jeder musste pinkeln und mehr, keiner hatte geputzte zähne, jeder hatte grind unter den fingernägeln, keiner hatte was sauberes an, jeder hatte wieder hunger (besonders der koloss), und jeder wollte nach hause, zumindest telefonieren. und die grösste dramatik: frau kelef hatte keinen kaffee. das alleine schon ist ja ein gefahrenmoment für die umgebung.
frau kelef also, in der zwischenzeit von wenig ansprechendem äusseren (siehe oben) und auch ansonsten gezeichnet von den geschehnissen der letzten 24 stunden, entschloss sich, der vertretung der österreicher in ungarn nunmehr energischer nahezutreten.
klingelingeling. nix.
klingelingelingelingeling. nix.
klingelingelingelingelingelingelinge. nix.
elsa und anton, die rauhaardackel, sch*ssen jeweils einmal fröhlich vor die botschaft. man konnte ihnen dies nachfühlen, und ausserdem waren sie kurz angebunden, also an der leine, und konnten sich entsprechend nicht weit entfernen. die beiden waren übrigens die einzigen mit zuordenbarem ausweisdings, nämlich den hundemarken. aber die galten ja nix, damals in ungarn.
klingelingelingelinge-hallo-lingelinge-huuphuuphuup-wauwau-klingelinge-SIE! HERR BOTSCHAFT! nix.
obiges, wiederholt, crescendierend, und was tat gott? er erweckte einen jüngling mit lockichtem haar, der widerwilig den kopf aus einem fenster im ersten stock streckte, zerzaust und gezeichnet von man will gar nicht wissen was, und er öffnete den mund und sagte:
"was wollen SIE denn???"
nun, wenn er schon so unverblümt grusslos zur sache kam, so dachte frau kelef, dann könnte man ihm doch gleich sachlich näherbringen was das begehr sei, also:
"drei reisepässe, fahrzeugpapiere, führerscheinersatzbestätigung, ausreisepapiere für zwei hunde."
bumm. fenster zu.
klingelinge....
"was WOLLEN sie denn?"
"drei reisepässe, fahrzeugpapiere, führerscheinersatzbestätigung, ausreisepapiere für zwei hunde."
"wieso?"
"sind gestohlen worden."
"da müssen sie eine anzeige machen!"
"hab ich schon."
"da müssen sie morgen kommen, heute ist sonntag, am montag - aber da ist keine sprechstunde, also am dienstag - da können sie einen antrag stellen, nach einer woche bekommen sie dann ..."
"sie, ich muss morgen wieder arbeiten gehen, so rein theoretisch, ich hab kein geld und keine papiere, wie stellen sie sich das vor, die beiden mädchen sind elf jahre alt ..."
"da kann ich nichts dafür."
"wenn sie nicht sofort und auf der stelle und hier und jetzt und umgehend dafür sorge ..."
bumm. fenster zu.
klingelinge-wau-hup-schrei-pfeif-dröhn-schepper...
wussten sie, warum man immer genügend werkzeug im auto haben muss? damit man vor der österreichischen botschaft in budapest im zweifelsfall zusätzlichen lärm erzeugen kann. und zwar lärm, den man drei strassen weiter auch noch hört, so kurz nach acht an einem heiligen sonntagmorgen. das hätten sie jetzt auch nicht gedacht - und die damalige umgebung erst recht nicht.
jedenfalls, es erhoben sich erst um ruhe flehende, dann um ruhe ersuchende, dann vehement ruhe fordernde stimmen aus den umliegenden häusern. mehrsprachig, schien das diplomatenviertel zu sein.
frau kelef schaltete auf akustischen durchzug.
klinge-wau-hup-schepper-dröhn-wein-grein-schrei...wauwauwauwau .
eine pfeife hatte sich auch noch gefunden, wohl für die hunde gedacht, aber daher umso hervorragender dazu geeignet die wachhunde der umliegenden häuser in die sonntagmorgenmusik mit einstimmen zu lassen.
was ein spass.
herr botschaftsjüngling stolperte nach einer viertelstunde aus der tür, und näherte sich dem schmiedeeisernen zaun.
"was wollen sie eigentlich wirklich?"
"sie, ich hab das ernst gemeint, uns sind die papiere gestohlen worden, hier die anzeige von der polizei, hier eine visitekarte, hier die ordner mit unseren dokumenten, den abgelaufenen reisepässen, wir hätten bitte, gerne, ersatzpapiere damit wir nach hause fahren können, danke vielmals im voraus."
"da müssen sie am dienstag wiederkommen, das hab ich ihnen ja schon gesagt."
und in diesem moment platzte frau kelef der kragen, und sie brüllte den jüngling ein wenig an, unflätig, wenn die erinnerung nicht täuscht, und erinnerte sich auch daran dass ein ihr bekannter mitarbeiter des auswärtigen amtes, der mehrfach die botschafter in moskau, budapest, und noch ein paar ländern, vertreten hatte, die abhandlung von derlei geschehnissen (die ja per se nichts wirklich aussergewöhnliches sind) anders dargestellt hatte. der jüngling ward darüber informiert, insistierte jedoch auf einem wiederkommen am dienstag, und dann
trat frau kelef eben in sitzstreik. vor der botschaft in budapest.
frau kelef lehnte sich mit dem rücken an den schmiedeeisernen zaun, die sonne schien ihr ins gesicht, die vögel brüllten, die mannschaft schaute verwundert, der jüngling noch verwunderter, frau kelef aber seufzte tief und zufrieden, zog die schuhe aus, streckte die schmutzigen füsse quer über den gehsteig richtung sonne, und teilte dem jüngling mit ihrer süssesten stimme mit, sie hätte jetzt genug, sei nicht mehr fahrtauglich, ergo könne sie den traktor auch nicht von dem für botschaftsangehörige reservierten parkplatz wegbewegen, ergo müsse sie sich jetzt einmal ausschlafen.
weiters sässe sie hier sehr bequem (ein riesiges badetuch hatte sich noch gefunden), und da der jüngling mit oder ohne lockichtem haar sich als uneinsichtig erwiesen habe, hielte frau kelef jetzt eben sitzstreik bis zur erfüllung ihrer wünsche. denn ohne papiere kriege sie ja auch keine unterkunft, und ohne geld könne sie ja auch keine bezahlen, und überhaupt.
und wenn sich bis in einer kleinen weile das alles nicht zu frau kelefs wohlgefallen gelöst haben würde, dann wäre sie glattweg imstande sich aufzuraffen und weitere massnahmen zu ergreifen, als da seien:
weitere ohren- und nerventötende geräuscherzeugung
in der folge: rendörseg
in der folge: anzeige
in der folge: telefon nach hause
in der folge: verständigung der presse
in der folge: nette leute aus frau kelefs freundeskreis würden kommen
in der folge: nette artikel in der presse, gerne auch tv
in der folge: das mit der unterbringung und all diesen dinge würde wohl schnell funktionieren
in der folge: herr jungling hätte wohl einen klitzekleinen erklärungsbedarf mehr
in der folge: das auswärtige amt hätte erst recht einen erklärungsbedarf
in der folge: das könne der jüngling sich ja gerne selber ausmalen
und im übrigen wünsche frau kelef jetzt nicht mehr angeredet zu werden. sie persönlich hielte jetzt eben ihren sitzstreik, und der rest der mannschaft könne machen was er wolle, sie sei jetzt einfach nicht mehr in der lage ihr französisches hollywoodnervenkostüm weiter zu belasten, aus medizinischen und anderen gründen.
to be continued.
es war früher morgen, es hatte aufgehört zu regnen, am horizont begann es zu dämmern, wie das ende august so gegen halb fünf uhr früh so zu sein pflegt.
so weit, so gut. auf unerklärliche weise hatte auch der stadtplan von budapest neben der karte von ungarn im handschuhfach die reise mitgemacht, und so wäre alles gut gewesen wenn auf dem vermaledeiten stadtplan die österreichische botschaft eingezeichnet gewesen wäre. oder irgendeine menschenseele, womöglich auch noch eine deutschsprachige, sich auf der strasse hätte blicken lassen. es wurden dann fallweise einige personen angehalten, aber irgendwie fürchteten die sich vor dem auto mit der merkwürdigen besatzung und ergriffen die flucht, ohne dass eine nähere kontaktaufnahme möglich gewesen wäre.
und wie das so war mit den volksdemokratischen wach- und sicherheitspersonen: wenn man sie brauchte waren sie wie vom erdboden verschluckt. das schien ja immer system zu haben. aber wehe man brauchte sie gerade nicht unbedingt ...
des einen herrn rendörség konnte man allerdings habhaft werden, und der war auch kommunikationsbereit, allerdings auf ungarisch. das wörterbuch (sie haben ja keine ahnung was frau kelef da alles im auto gebunkert hatte) war hilfreich, und so konnte auf der karte der weg zur österreichischen vertretung angezeichnet werden. natürlich hatte frau kelef die botschaft eher im zentrum vermutet, dort war man auch gut gelandet, aber, sie erraten es, sie war weit, weit ausserhalb. aber sie ward gefunden, in einem idyllischen villenviertel, schönbrunenr stil, traumhafte strasse, ruhig, mit schmiedeeisernem zaun und wachkameras und schattenspendenden bäumen zwischen gehsteig und strasse.
am tor war eine klingel. frau kelef drückte darauf: nix. mehrmaliges läuten: nix.
frau kelef schaute auf die uhr, es war so gegen sechs uhr früh, 24 stunden wachzustand fast, also bevor jetzt ein unglück passiert, dachte sie, da versuch ich noch eine runde zu schlafen, das macht erstens einen rosigen teint und zweitens ist das ja angeblich gesund, das schlafen. wie ging das nochmal: ah ja, bett, hineinlegen, augen zu, ...
der lada hatte liegesitze, aber: haben sie schon einmal versucht, in einem lada den liegesitz herunterzuklappen während hinter ihnen auf der vollbesetzten rückbank zwei elfjährige mädchen und zwei rauhaardackel sich um die beste sitzposition streiten? und haben sie schon einmal versucht, während neben ihnen ein fettkoloss schnauft und schnieft und von seinem erschwitzten wolf erzählt und überhaupt alle jammern und wehklagen, ein auge zuzutun?
wenn sie solches vermeiden können, dann tun sie dies.
ein wenig kühl war es draussen auch, und so meinte ein teil der mannschaft man müsse die fenster geschlossen halten, frau kelef mag es ja an sich schon eher kühl, und kühle kühlt auch hitzige gemüter, sagt man, kurzum, es war recht kurzweilig, kurzfristig stand man auch kurz vor mord und totschlag.
gegen acht war das alles nicht mehr auszuhalten. jeder hatte hunger, jede hatte durst, jeder musste pinkeln und mehr, keiner hatte geputzte zähne, jeder hatte grind unter den fingernägeln, keiner hatte was sauberes an, jeder hatte wieder hunger (besonders der koloss), und jeder wollte nach hause, zumindest telefonieren. und die grösste dramatik: frau kelef hatte keinen kaffee. das alleine schon ist ja ein gefahrenmoment für die umgebung.
frau kelef also, in der zwischenzeit von wenig ansprechendem äusseren (siehe oben) und auch ansonsten gezeichnet von den geschehnissen der letzten 24 stunden, entschloss sich, der vertretung der österreicher in ungarn nunmehr energischer nahezutreten.
klingelingeling. nix.
klingelingelingelingeling. nix.
klingelingelingelingelingelingelinge. nix.
elsa und anton, die rauhaardackel, sch*ssen jeweils einmal fröhlich vor die botschaft. man konnte ihnen dies nachfühlen, und ausserdem waren sie kurz angebunden, also an der leine, und konnten sich entsprechend nicht weit entfernen. die beiden waren übrigens die einzigen mit zuordenbarem ausweisdings, nämlich den hundemarken. aber die galten ja nix, damals in ungarn.
klingelingelingelinge-hallo-lingelinge-huuphuuphuup-wauwau-klingelinge-SIE! HERR BOTSCHAFT! nix.
obiges, wiederholt, crescendierend, und was tat gott? er erweckte einen jüngling mit lockichtem haar, der widerwilig den kopf aus einem fenster im ersten stock streckte, zerzaust und gezeichnet von man will gar nicht wissen was, und er öffnete den mund und sagte:
"was wollen SIE denn???"
nun, wenn er schon so unverblümt grusslos zur sache kam, so dachte frau kelef, dann könnte man ihm doch gleich sachlich näherbringen was das begehr sei, also:
"drei reisepässe, fahrzeugpapiere, führerscheinersatzbestätigung, ausreisepapiere für zwei hunde."
bumm. fenster zu.
klingelinge....
"was WOLLEN sie denn?"
"drei reisepässe, fahrzeugpapiere, führerscheinersatzbestätigung, ausreisepapiere für zwei hunde."
"wieso?"
"sind gestohlen worden."
"da müssen sie eine anzeige machen!"
"hab ich schon."
"da müssen sie morgen kommen, heute ist sonntag, am montag - aber da ist keine sprechstunde, also am dienstag - da können sie einen antrag stellen, nach einer woche bekommen sie dann ..."
"sie, ich muss morgen wieder arbeiten gehen, so rein theoretisch, ich hab kein geld und keine papiere, wie stellen sie sich das vor, die beiden mädchen sind elf jahre alt ..."
"da kann ich nichts dafür."
"wenn sie nicht sofort und auf der stelle und hier und jetzt und umgehend dafür sorge ..."
bumm. fenster zu.
klingelinge-wau-hup-schrei-pfeif-dröhn-schepper...
wussten sie, warum man immer genügend werkzeug im auto haben muss? damit man vor der österreichischen botschaft in budapest im zweifelsfall zusätzlichen lärm erzeugen kann. und zwar lärm, den man drei strassen weiter auch noch hört, so kurz nach acht an einem heiligen sonntagmorgen. das hätten sie jetzt auch nicht gedacht - und die damalige umgebung erst recht nicht.
jedenfalls, es erhoben sich erst um ruhe flehende, dann um ruhe ersuchende, dann vehement ruhe fordernde stimmen aus den umliegenden häusern. mehrsprachig, schien das diplomatenviertel zu sein.
frau kelef schaltete auf akustischen durchzug.
klinge-wau-hup-schepper-dröhn-wein-grein-schrei...wauwauwauwau .
eine pfeife hatte sich auch noch gefunden, wohl für die hunde gedacht, aber daher umso hervorragender dazu geeignet die wachhunde der umliegenden häuser in die sonntagmorgenmusik mit einstimmen zu lassen.
was ein spass.
herr botschaftsjüngling stolperte nach einer viertelstunde aus der tür, und näherte sich dem schmiedeeisernen zaun.
"was wollen sie eigentlich wirklich?"
"sie, ich hab das ernst gemeint, uns sind die papiere gestohlen worden, hier die anzeige von der polizei, hier eine visitekarte, hier die ordner mit unseren dokumenten, den abgelaufenen reisepässen, wir hätten bitte, gerne, ersatzpapiere damit wir nach hause fahren können, danke vielmals im voraus."
"da müssen sie am dienstag wiederkommen, das hab ich ihnen ja schon gesagt."
und in diesem moment platzte frau kelef der kragen, und sie brüllte den jüngling ein wenig an, unflätig, wenn die erinnerung nicht täuscht, und erinnerte sich auch daran dass ein ihr bekannter mitarbeiter des auswärtigen amtes, der mehrfach die botschafter in moskau, budapest, und noch ein paar ländern, vertreten hatte, die abhandlung von derlei geschehnissen (die ja per se nichts wirklich aussergewöhnliches sind) anders dargestellt hatte. der jüngling ward darüber informiert, insistierte jedoch auf einem wiederkommen am dienstag, und dann
trat frau kelef eben in sitzstreik. vor der botschaft in budapest.
frau kelef lehnte sich mit dem rücken an den schmiedeeisernen zaun, die sonne schien ihr ins gesicht, die vögel brüllten, die mannschaft schaute verwundert, der jüngling noch verwunderter, frau kelef aber seufzte tief und zufrieden, zog die schuhe aus, streckte die schmutzigen füsse quer über den gehsteig richtung sonne, und teilte dem jüngling mit ihrer süssesten stimme mit, sie hätte jetzt genug, sei nicht mehr fahrtauglich, ergo könne sie den traktor auch nicht von dem für botschaftsangehörige reservierten parkplatz wegbewegen, ergo müsse sie sich jetzt einmal ausschlafen.
weiters sässe sie hier sehr bequem (ein riesiges badetuch hatte sich noch gefunden), und da der jüngling mit oder ohne lockichtem haar sich als uneinsichtig erwiesen habe, hielte frau kelef jetzt eben sitzstreik bis zur erfüllung ihrer wünsche. denn ohne papiere kriege sie ja auch keine unterkunft, und ohne geld könne sie ja auch keine bezahlen, und überhaupt.
und wenn sich bis in einer kleinen weile das alles nicht zu frau kelefs wohlgefallen gelöst haben würde, dann wäre sie glattweg imstande sich aufzuraffen und weitere massnahmen zu ergreifen, als da seien:
weitere ohren- und nerventötende geräuscherzeugung
in der folge: rendörseg
in der folge: anzeige
in der folge: telefon nach hause
in der folge: verständigung der presse
in der folge: nette leute aus frau kelefs freundeskreis würden kommen
in der folge: nette artikel in der presse, gerne auch tv
in der folge: das mit der unterbringung und all diesen dinge würde wohl schnell funktionieren
in der folge: herr jungling hätte wohl einen klitzekleinen erklärungsbedarf mehr
in der folge: das auswärtige amt hätte erst recht einen erklärungsbedarf
in der folge: das könne der jüngling sich ja gerne selber ausmalen
und im übrigen wünsche frau kelef jetzt nicht mehr angeredet zu werden. sie persönlich hielte jetzt eben ihren sitzstreik, und der rest der mannschaft könne machen was er wolle, sie sei jetzt einfach nicht mehr in der lage ihr französisches hollywoodnervenkostüm weiter zu belasten, aus medizinischen und anderen gründen.
to be continued.
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Samstag, 13. März 2010
sitzstreik in budapest, teil 3
kelef, 15:37h
guter rat war teuer. ein telefon wäre eine hilfe gewesen, daber nun gab es an der grenzstation zwar telefone, aber mit denen durfte man mit sicherheit nicht nach hause telefonieren, soviel war sicher.
also zurück nach sopron, sind ja nur ein paar kilometer. dort die mädel und die hunde sicher im auto versperrt, und ein restaurant gesucht. das fand sich, und es fand sich auch ein netter deutscher mann, der frau kelef aufgrund ihrer weinerlich vorgetragenen schauergeschichte ein paar münzen schenkte, und also konnten kinder und hunde befreit und gefüttert werden, und: da war ein telefon. im restaurant. so ein richtiges, von dem aus man auch ohne voranmeldung ins ausland - vor allem nach hause - telefonieren konnte.
die aufgabenstellung war ganz einfach und logisch:
erstens musste der wohnungssitter ausgeforscht werden, damit dieser umgehend in frau kelefs wohnung eilen und von dort die dokumentenmappen von frau kelef, der tochter und den hunden holen möge. wie sonst hätte bewiesen werden können dass frau kelef ist wer sie ist, dass das tochterkind ihre tochter und die hunde die hunde waren?
zweitens mussten die eltern der tochterfreundin verständigt werden, auf dass die dokumentenmappe derselben ebenfalls ausgefasst werden könnte, weil wie sonst hätte bewiesen werden können dass die freundin die freundin ist?
drittens musste irgendwie irgendwer kohle herbeischaffen, weil: ohne geld keine musik. und frau kelef war ja in der zwischenzeit nicht nur scheck-, sondern auch bargeld- und benzinlos.
viertens mussten dokumentenmappen und geld via irgendwen oder irgendwas an die grenze in sopron gebracht werden. und zwar auf der stelle, mehr oder weniger.
und fünftens musste irgendwie eine vollmacht für frau kelef her- und bereitgestellt werden, damit diese denn dann auch die notwendigen papiere für die tochterfreundin erlangen könnte.
nun, punkt eins war am einfachsten, der wohnungssitter war in seiner wohnung anzutelefonieren, und frau kelef ist ein ordentlicher mensch und hat ihre zettelchen immer entsprechend sortiert und ergo auffindbar, auch wenn sie ausser landes ist.
punkt zwei war schon schwieriger, weil wie erklärt man menschen, die erst einmal im leben im ausland waren - in italien, mit der ganzen familie - wie das in einem volksdemokratischen land so abläuft? frau kelef war da ja nach den ddr-erfahrungen nicht nur geläutert, sondern auch erfahren und weder wirklich zu erschüttern noch zu erstaunen durch abstruse grenzerfahrungen, aber das ist eine andere geschichte. und nutzte damals auch gar nichts.
mehrere nervenzusammenbrüche, wein- und schreikrämpfe und so weiter später war den eltern der freundin der tochter klar, was benötigt wurde. der vater der jungen dame hingegen wollte seine arme kleine tochter nicht alleine lassen, und beschloss, er käme mit nach budapest. jetzt und hier und auf der stelle. nichts brachte ihn davon ab, schon gar nicht das heulen seiner tochter, die verbotenerweise nach dem telefonhörer gegrabscht hatte.
geld wurde von den wiener kontaktpersonen in den verschiedenen umliegenden wirtshäusern, der tankstelle, und bei ein paar bekannten zusammengeschnorrt. der vater der tochterfreundin hatte nur drei schecks zur scheckkarte, und einen seeehr begrenzten überziehungsrahmen für sein konto, seine frau hatte weder konto noch geld noch vollmacht für sein konto, konnte also auch den überziehungsrahmen nicht kurzfristig erhöhen lassen, und war überhaupt so innerlich zerstört dass ihr kein vernünftiges wort entkam.
das mit dem transport gestaltete sich wiederum einfacher, denn in einem der wirtshäuser fand sich ein taxifahrer, der gerade mit seiner frau gestritten hatte, und deshalb den kleinen ausflug gerne machte - so musste er nicht nach hause gehen, und zu erzählen hatte er obendrein was.
die sache mit der vollmacht erübrigte sich durch die in aussicht gestellte anwesenheit des vaters der tochterfreundin.
frau kelef trieb nun wieder alles was beine hatte zu paaren, setzte den traktor in betrieb und tuckerte zur grenze.
es dauerte nicht lange, da kam von der österreichischen seite ein wiener taxi angefahren. in der zwischenzeit war es zehn uhr abends vorbei, frau kelef und co. waren seit ca. 15 stunden auf den beinen, und entsprechend nicht mehr ganz so taufrisch, und mit der belastbarkeit stand es auch übel. in der zwischenzeit war es auch ziemlich schwül geworden, das hob die toleranzgrenze aller beteiligten auch nicht wirklich. vom zustand der nervenkostüme an sich wollen wir einmal gar nicht reden.
das taxi durfte sich nach verschiedenen telefonaten seitens der grenzer, nach einer passkontrolle aller darin befindlichen personen, und selbstverständlich erst nach erteilung eines visums pro kopf und nase nähern.
und dann stieg der vater der tochterfreundin aus. wurde schon erwähnt, dass das auto, traktor genannt, ein lada war? wohl ein grosser, viertüriger, aber eben ein lada. und bis an den rand vollgepackt.
der vater der tochterfreundin war, wie soll man sagen, ein wenig überdimensioniert. dick wäre nicht der richtige ausdruck, er war einfach fett. ziemlich fett. bei 1,75 cm hatte er elegante 150 kg, angstschweissgetränkt durch und durch, und olfaktorisch war das durchaus auch dann erkennbar, wenn man fünf meter gegen den wind entfernt von ihm stand - ein angstschwitzer, und das unter diesen umständen und bei dem wetter. schluchzend umarmten sich vater und tochter und bereiteten sich quasi auf ihr baldiges erschossenwerden vor, schien es. frau kelefs tochter war mehrfach auf ihre doch nicht ganz unmassgebliche beteiligung am herrschenden desaster hingewiesen worden und verhielt sich still und unauffällig, was wiederum den grenzern eher auffällig erschien. aber nun ja.
frau kelefs gehirnwindungen ratterten hörbar. die einzige möglichkeit war jetzt, den grenzern beizubringen dass der traktor ausgeladen und die verderbliche ware in das taxi umgeladen werden musste. und ein wenig wäsche etc. ebenfalls, erstens aus platz-, zweitens aus olfaktorischen, drittens aus verderblichkeits- (wurden die salami, der käse, das obst etc. schon erwähnt???), und letztlich auch aus gewichtsgründen.
ist nicht möglich. meinten die grenzer.
ob nicht vielleicht wenigstens die heulenden hunde ...?
ist nicht möglich, meinten die grenzer.
oder die lebensmittel?
siehe oben.
einige tränenflüsse seitens der mädels und des vaters der tochterfreundin später wurde wieder telefoniert, dann kam ein verständnisvoller grenzer herangeschritten und meinte, na gut, das sei ja nun wirklich, aber er müsse genau kontrollieren was da von dem einen auto in das andere geladen würde, denn es habe ja vorhin den zwischenfall gegeben, die schmuggler würden immer noch gesucht, und man könne ja nie wissen was die leute so über die grenze zu bringen gedächten. also müsse er kontrollieren, und zwar stück für stück. und die hunde müssten mit nach budapest, weil ohne papiere ginge da gar nichts.
dicke, dunkle wolken zogen auf, und es begann ganz leicht zu regnen.
am grenzübergang sopron - es war in der zwischenzeit fast mitternacht, standen:
das wiener taxi
der traktor
der taxifahrer
der wohnungssitter
frau kelef
die tochter
die tochterfreundin
der tochterfreundinvater
zwei rauhaardackel
mehrere grenzsoldaten
in trauter vielsamkeit und sortierten aus einem kofferraum in den anderen. sorgsam und pfleglich, stück für stück.
die lebensmittel wurden einzeln kontrolliert, wem gehört welche stange salami, wem welches glas gurken, und wem welcher käse, welche melone, welche limo, der wein ist aber nicht der von den mädchen?
die grosse wäsche, also badetücher, handtücher, pölster, decken, das war alles im fahrgastraum verstaut, alles leicht eingesandet und partiell nach nassem-hund-nach-schlammbad-mit-totem-fisch duftend, teils sassen die mädels darauf, teils die hunde, ein wenig lag auf der hutablage und ein wenig vor und auf dem beifahrersitz.
alles raus und bis auf drei decken ins taxi damit. lebensmittel, badetücher, decken, flaschen, ein wenig hundezubehör, frisbeescheiben etc. waren also schon einmal zumindest gedanklich in österreich.
dann kofferraum wieder auf, das zelt blieb unten liegen, und herr grenzdirektor holte die reisetaschen heraus. die mit der getragenen wäsche, dem waschzeug, und was man sonst noch so mithat.
und dann - noch heute erzeugt der gedanke eine ganz leise gänsehaut - geschah das unglaubliche. herr grenzdirektor besah sich die etiketten. die der wäsche. die der unterwäsche, und zwar einzeln.
die reisetasche der freundin der tochter war unproblematisch, zwar wurde jedes stück einzeln angeschaut, das arme kind wusste nicht ob es rot oder blass oder bewusstlos werden sollte, unterwäsche, badeanzüge, schuhe, schlapfen, alles zurück in die tasche und gut.
dann kam frau kelefs tasche dran, auch da herrschte grosse begeisterung ob der unterwäsche-, bademoden- und t-shirtshow, was gibt es denn auch schöneres als ein paar unbekannte männer die zu mitternächtlicher stunde bei leichtem nieselregen eine getragene unterhose nach der anderen im laternenlicht eines grenzüberganges auseinanderschütteln und von allen seiten begutachten? alles zurück in die tasche und gut.
und dann griff er nach der tasche von frau kelefs tochter, und frau kelef schwante böses, arg böses, und sie blickte den grenzdirektor an, dieser griff nach der ersten unterhose der tochter, beäugte das etikett, er erblasste, er schaute noch einmal genau, und beäugte eine zweite unterhose, ein leibchen, ein t-shirt, und er richtete sich zu doppelter höhe auf, und meinte, unter diesen umständen könne er jetzt gar nichts tun, man müsste auf höhere dienstränge warten, die wären aber erst montags verfügbar. das sei ja unglaublich, eine katastrophe, ein skandal, ...
was geschehen war? nun, das war gar nicht so einfach, oder eigentlich doch, man musste es nur wissen.
in den volksdemokratischen ländern wurde ja viel vom staat gesponsert, besonders kindersachen. und in der zeit ihrer tätigkeit in der ddr hatte frau kelef der tochter eine menge sachen dort gekauft, unter anderem, sie erraten es, wäsche. und kinderwäsche - sie erraten es ebenfalls - war gesponsert und durfte nur ausgeführt werden wenn das betreffende kind auch in dem betreffenden land gelebt hatte. die tochter von frau kelef hatte ja ein paar monate in der ddr gelebt, und also war alles rechtens und mit dem arbeitsvisum der mutter und dem besuchsvisum der tochter war damals eine verbringung ausser landes anstandslos möglich gewesen.
und die qualität war, das muss auch gesagt werden, wirklich hervorragend, ebenso design und passform, und natürlich hatte frau kelef damals die gelegenheit wahrgenommen und ein klitzekleinwenig auf vorrat gekauft, unterwäsche etc. kann man ja nicht genug haben, und wenn die sachen am anfang ein wenig grösser waren: man konnte sie ja auch zwei jahre später anziehen.
aber wie das mit den volkseigenen betrieben (vebs) so war, produzierte ein betrieb für den halben ostblock, quasi, und was in einem land gesponsert wurde, das wurde meist auch in den anderen ländern gesponsert. und ergo war eine menge der in ungarn verkauften kinderwäsche und -kleidung eben aus einem veb der ddr.
und nun stand da ein ungarischer grenzer, genaugenommen standen da mehrere, und jeder hielt mit zur seite geneigtem kopf eine getragene kinderunterhose in der hand und entzifferte die etiketten. veb, veb, veb, leibchen: veb, bluse: veb, t-shirt: veb, badeanzug: veb.
und sie sprachen hmhmhm und tststs,
frau kelef wurde schlecht.
kinderunterwäsche aus ungarn auszuführen sei bei hoher strafe verboten.
ist nicht aus ungarn, ist aus der ddr.
das kann nicht sein.
kann doch, sehr wohl, frau kelef habe in der ddr gearbeitet, das kind sei ebenfalls dort gewesen, alles rechtens.
das kann nicht sein.
wohl. ist sogar ganz sicher so.
ob frau kelef das beweisen könne? weil ansonsten drohten hohe geldstrafen, möglicherweise schlimmeres.
wegen kinderunterhosen?
ja.
klar könne frau kelef das beweisen, aber eigentlich nicht, denn arbeits- und besuchsvisa waren, sie erraten es, in den reisepässen, und die waren in der handtasche gewesen, und die war ja nun nicht mehr da, was ja auslöser dieses lustvollen disputs sei.
also kinderunterwäsche und -kleidung aus ungarn ausführen, das ginge nun aber gar nicht.
die diskussion zog sich eine weile, dann war das glück frau kelef und konsorten doch noch hold:
der wohnungssitter hatte in der eile einfach alle dokumentenmappen mitgenommen, und so fand sich denn zumindest der arbeitsvertrag für die ddr, und im hundedokumentenpool fanden sich ein paar alte grenzübertrittsgesundheitsbescheinigungszeugnisse der poliklinik für kleintiere in eisenhüttenstadt, für die dame elsa, und auch ein paar dokumente zur genehmigung der einfuhr eines fernsehapparates und einer elektrischen nähmaschine des binnenzollamtes frankfurt/oder, und diese wichtigen dokumente aus den jahren 1983/84 belegten den wahrheitsgehalt der getätigten aussagen und somit auch den rechtmässigen besitz der zur debatte stehenden kinderunterhosen und sonstigen kleidungsstücke, und so wurde frau kelef dann doch nicht inhaftiert, sondern durfte weiter sortieren, und sogar die getragenen kinderunterhosen vom lada in das taxi laden.
es war in der zwischenzeit zwei uhr früh geworden, und es regnete in strömen, alle waren pitschepatschenass, die notwendigsten dinge waren im lada, der rest im taxi, man verabschiedete sich, und während der wohnungssitter mit dem taxler nach wien zurückkehrte, da trieb frau kelef wieder einmal alles zu paaren und in den traktor.
leider konnte der vater der tochterfreundin nicht vorschriftsmässig angeschnallt werden weil in einem russischen auto einfach keine so dicken menschen transportiert werden dürfen und also der sicherheitsgurt zu kurz war, die russen scheinen damals ein mageres volk gewesen zu sein, aber wen wundert es. auch ersatzbrile war keine vorhanden, andererseits auch kein führerschein und keine fahrzeugpapiere, eigentlich hätte man - nach geltendem volksdemokratischem recht - den vater der tochterfreundin mit dem zug nach budapest schicken oder hinter dem auto nachlaufen lassen müssen, und frau kelef - die allerdings die einzige führerscheinbesitzerin - eigentlich ja aber auch nicht - war, hätte also den wagen nicht lenken dürfen, aber sei's drum, dachte sie , und man fuhr erst zu einer tankstelle, tankte voll (selten so auf reserve gefahren wie damals) und dann gen budapest.
sind sie schon einmal, nachdem sie neunzehn oder mehr stunden auf den beinen waren und eines gutteils ihres nervenkostüms verlustig gegangen waren, in einem krängenden lada auf einer zweispurigen volksdemokratischen betonplattenautobahn im strömenden regen ein paar hundert kilometer gefahren, während neben ihnen ein fettkoloss sich im wahrsten sinne des wortes einen wolf schwitzt und ihnen weinerlich/ängstlich ein ohr ablabert, und auf der rückbank zwei schluchzende, sich gegenseitig abwechselnd beschuldigende und tröstende elfjährige sowie zwei schon ziemlich übellaunige rauhaardackel um den nichtvorhandenen platz streiten?
wenn sie können: vermeiden sie dies.
to be continued.
also zurück nach sopron, sind ja nur ein paar kilometer. dort die mädel und die hunde sicher im auto versperrt, und ein restaurant gesucht. das fand sich, und es fand sich auch ein netter deutscher mann, der frau kelef aufgrund ihrer weinerlich vorgetragenen schauergeschichte ein paar münzen schenkte, und also konnten kinder und hunde befreit und gefüttert werden, und: da war ein telefon. im restaurant. so ein richtiges, von dem aus man auch ohne voranmeldung ins ausland - vor allem nach hause - telefonieren konnte.
die aufgabenstellung war ganz einfach und logisch:
erstens musste der wohnungssitter ausgeforscht werden, damit dieser umgehend in frau kelefs wohnung eilen und von dort die dokumentenmappen von frau kelef, der tochter und den hunden holen möge. wie sonst hätte bewiesen werden können dass frau kelef ist wer sie ist, dass das tochterkind ihre tochter und die hunde die hunde waren?
zweitens mussten die eltern der tochterfreundin verständigt werden, auf dass die dokumentenmappe derselben ebenfalls ausgefasst werden könnte, weil wie sonst hätte bewiesen werden können dass die freundin die freundin ist?
drittens musste irgendwie irgendwer kohle herbeischaffen, weil: ohne geld keine musik. und frau kelef war ja in der zwischenzeit nicht nur scheck-, sondern auch bargeld- und benzinlos.
viertens mussten dokumentenmappen und geld via irgendwen oder irgendwas an die grenze in sopron gebracht werden. und zwar auf der stelle, mehr oder weniger.
und fünftens musste irgendwie eine vollmacht für frau kelef her- und bereitgestellt werden, damit diese denn dann auch die notwendigen papiere für die tochterfreundin erlangen könnte.
nun, punkt eins war am einfachsten, der wohnungssitter war in seiner wohnung anzutelefonieren, und frau kelef ist ein ordentlicher mensch und hat ihre zettelchen immer entsprechend sortiert und ergo auffindbar, auch wenn sie ausser landes ist.
punkt zwei war schon schwieriger, weil wie erklärt man menschen, die erst einmal im leben im ausland waren - in italien, mit der ganzen familie - wie das in einem volksdemokratischen land so abläuft? frau kelef war da ja nach den ddr-erfahrungen nicht nur geläutert, sondern auch erfahren und weder wirklich zu erschüttern noch zu erstaunen durch abstruse grenzerfahrungen, aber das ist eine andere geschichte. und nutzte damals auch gar nichts.
mehrere nervenzusammenbrüche, wein- und schreikrämpfe und so weiter später war den eltern der freundin der tochter klar, was benötigt wurde. der vater der jungen dame hingegen wollte seine arme kleine tochter nicht alleine lassen, und beschloss, er käme mit nach budapest. jetzt und hier und auf der stelle. nichts brachte ihn davon ab, schon gar nicht das heulen seiner tochter, die verbotenerweise nach dem telefonhörer gegrabscht hatte.
geld wurde von den wiener kontaktpersonen in den verschiedenen umliegenden wirtshäusern, der tankstelle, und bei ein paar bekannten zusammengeschnorrt. der vater der tochterfreundin hatte nur drei schecks zur scheckkarte, und einen seeehr begrenzten überziehungsrahmen für sein konto, seine frau hatte weder konto noch geld noch vollmacht für sein konto, konnte also auch den überziehungsrahmen nicht kurzfristig erhöhen lassen, und war überhaupt so innerlich zerstört dass ihr kein vernünftiges wort entkam.
das mit dem transport gestaltete sich wiederum einfacher, denn in einem der wirtshäuser fand sich ein taxifahrer, der gerade mit seiner frau gestritten hatte, und deshalb den kleinen ausflug gerne machte - so musste er nicht nach hause gehen, und zu erzählen hatte er obendrein was.
die sache mit der vollmacht erübrigte sich durch die in aussicht gestellte anwesenheit des vaters der tochterfreundin.
frau kelef trieb nun wieder alles was beine hatte zu paaren, setzte den traktor in betrieb und tuckerte zur grenze.
es dauerte nicht lange, da kam von der österreichischen seite ein wiener taxi angefahren. in der zwischenzeit war es zehn uhr abends vorbei, frau kelef und co. waren seit ca. 15 stunden auf den beinen, und entsprechend nicht mehr ganz so taufrisch, und mit der belastbarkeit stand es auch übel. in der zwischenzeit war es auch ziemlich schwül geworden, das hob die toleranzgrenze aller beteiligten auch nicht wirklich. vom zustand der nervenkostüme an sich wollen wir einmal gar nicht reden.
das taxi durfte sich nach verschiedenen telefonaten seitens der grenzer, nach einer passkontrolle aller darin befindlichen personen, und selbstverständlich erst nach erteilung eines visums pro kopf und nase nähern.
und dann stieg der vater der tochterfreundin aus. wurde schon erwähnt, dass das auto, traktor genannt, ein lada war? wohl ein grosser, viertüriger, aber eben ein lada. und bis an den rand vollgepackt.
der vater der tochterfreundin war, wie soll man sagen, ein wenig überdimensioniert. dick wäre nicht der richtige ausdruck, er war einfach fett. ziemlich fett. bei 1,75 cm hatte er elegante 150 kg, angstschweissgetränkt durch und durch, und olfaktorisch war das durchaus auch dann erkennbar, wenn man fünf meter gegen den wind entfernt von ihm stand - ein angstschwitzer, und das unter diesen umständen und bei dem wetter. schluchzend umarmten sich vater und tochter und bereiteten sich quasi auf ihr baldiges erschossenwerden vor, schien es. frau kelefs tochter war mehrfach auf ihre doch nicht ganz unmassgebliche beteiligung am herrschenden desaster hingewiesen worden und verhielt sich still und unauffällig, was wiederum den grenzern eher auffällig erschien. aber nun ja.
frau kelefs gehirnwindungen ratterten hörbar. die einzige möglichkeit war jetzt, den grenzern beizubringen dass der traktor ausgeladen und die verderbliche ware in das taxi umgeladen werden musste. und ein wenig wäsche etc. ebenfalls, erstens aus platz-, zweitens aus olfaktorischen, drittens aus verderblichkeits- (wurden die salami, der käse, das obst etc. schon erwähnt???), und letztlich auch aus gewichtsgründen.
ist nicht möglich. meinten die grenzer.
ob nicht vielleicht wenigstens die heulenden hunde ...?
ist nicht möglich, meinten die grenzer.
oder die lebensmittel?
siehe oben.
einige tränenflüsse seitens der mädels und des vaters der tochterfreundin später wurde wieder telefoniert, dann kam ein verständnisvoller grenzer herangeschritten und meinte, na gut, das sei ja nun wirklich, aber er müsse genau kontrollieren was da von dem einen auto in das andere geladen würde, denn es habe ja vorhin den zwischenfall gegeben, die schmuggler würden immer noch gesucht, und man könne ja nie wissen was die leute so über die grenze zu bringen gedächten. also müsse er kontrollieren, und zwar stück für stück. und die hunde müssten mit nach budapest, weil ohne papiere ginge da gar nichts.
dicke, dunkle wolken zogen auf, und es begann ganz leicht zu regnen.
am grenzübergang sopron - es war in der zwischenzeit fast mitternacht, standen:
das wiener taxi
der traktor
der taxifahrer
der wohnungssitter
frau kelef
die tochter
die tochterfreundin
der tochterfreundinvater
zwei rauhaardackel
mehrere grenzsoldaten
in trauter vielsamkeit und sortierten aus einem kofferraum in den anderen. sorgsam und pfleglich, stück für stück.
die lebensmittel wurden einzeln kontrolliert, wem gehört welche stange salami, wem welches glas gurken, und wem welcher käse, welche melone, welche limo, der wein ist aber nicht der von den mädchen?
die grosse wäsche, also badetücher, handtücher, pölster, decken, das war alles im fahrgastraum verstaut, alles leicht eingesandet und partiell nach nassem-hund-nach-schlammbad-mit-totem-fisch duftend, teils sassen die mädels darauf, teils die hunde, ein wenig lag auf der hutablage und ein wenig vor und auf dem beifahrersitz.
alles raus und bis auf drei decken ins taxi damit. lebensmittel, badetücher, decken, flaschen, ein wenig hundezubehör, frisbeescheiben etc. waren also schon einmal zumindest gedanklich in österreich.
dann kofferraum wieder auf, das zelt blieb unten liegen, und herr grenzdirektor holte die reisetaschen heraus. die mit der getragenen wäsche, dem waschzeug, und was man sonst noch so mithat.
und dann - noch heute erzeugt der gedanke eine ganz leise gänsehaut - geschah das unglaubliche. herr grenzdirektor besah sich die etiketten. die der wäsche. die der unterwäsche, und zwar einzeln.
die reisetasche der freundin der tochter war unproblematisch, zwar wurde jedes stück einzeln angeschaut, das arme kind wusste nicht ob es rot oder blass oder bewusstlos werden sollte, unterwäsche, badeanzüge, schuhe, schlapfen, alles zurück in die tasche und gut.
dann kam frau kelefs tasche dran, auch da herrschte grosse begeisterung ob der unterwäsche-, bademoden- und t-shirtshow, was gibt es denn auch schöneres als ein paar unbekannte männer die zu mitternächtlicher stunde bei leichtem nieselregen eine getragene unterhose nach der anderen im laternenlicht eines grenzüberganges auseinanderschütteln und von allen seiten begutachten? alles zurück in die tasche und gut.
und dann griff er nach der tasche von frau kelefs tochter, und frau kelef schwante böses, arg böses, und sie blickte den grenzdirektor an, dieser griff nach der ersten unterhose der tochter, beäugte das etikett, er erblasste, er schaute noch einmal genau, und beäugte eine zweite unterhose, ein leibchen, ein t-shirt, und er richtete sich zu doppelter höhe auf, und meinte, unter diesen umständen könne er jetzt gar nichts tun, man müsste auf höhere dienstränge warten, die wären aber erst montags verfügbar. das sei ja unglaublich, eine katastrophe, ein skandal, ...
was geschehen war? nun, das war gar nicht so einfach, oder eigentlich doch, man musste es nur wissen.
in den volksdemokratischen ländern wurde ja viel vom staat gesponsert, besonders kindersachen. und in der zeit ihrer tätigkeit in der ddr hatte frau kelef der tochter eine menge sachen dort gekauft, unter anderem, sie erraten es, wäsche. und kinderwäsche - sie erraten es ebenfalls - war gesponsert und durfte nur ausgeführt werden wenn das betreffende kind auch in dem betreffenden land gelebt hatte. die tochter von frau kelef hatte ja ein paar monate in der ddr gelebt, und also war alles rechtens und mit dem arbeitsvisum der mutter und dem besuchsvisum der tochter war damals eine verbringung ausser landes anstandslos möglich gewesen.
und die qualität war, das muss auch gesagt werden, wirklich hervorragend, ebenso design und passform, und natürlich hatte frau kelef damals die gelegenheit wahrgenommen und ein klitzekleinwenig auf vorrat gekauft, unterwäsche etc. kann man ja nicht genug haben, und wenn die sachen am anfang ein wenig grösser waren: man konnte sie ja auch zwei jahre später anziehen.
aber wie das mit den volkseigenen betrieben (vebs) so war, produzierte ein betrieb für den halben ostblock, quasi, und was in einem land gesponsert wurde, das wurde meist auch in den anderen ländern gesponsert. und ergo war eine menge der in ungarn verkauften kinderwäsche und -kleidung eben aus einem veb der ddr.
und nun stand da ein ungarischer grenzer, genaugenommen standen da mehrere, und jeder hielt mit zur seite geneigtem kopf eine getragene kinderunterhose in der hand und entzifferte die etiketten. veb, veb, veb, leibchen: veb, bluse: veb, t-shirt: veb, badeanzug: veb.
und sie sprachen hmhmhm und tststs,
frau kelef wurde schlecht.
kinderunterwäsche aus ungarn auszuführen sei bei hoher strafe verboten.
ist nicht aus ungarn, ist aus der ddr.
das kann nicht sein.
kann doch, sehr wohl, frau kelef habe in der ddr gearbeitet, das kind sei ebenfalls dort gewesen, alles rechtens.
das kann nicht sein.
wohl. ist sogar ganz sicher so.
ob frau kelef das beweisen könne? weil ansonsten drohten hohe geldstrafen, möglicherweise schlimmeres.
wegen kinderunterhosen?
ja.
klar könne frau kelef das beweisen, aber eigentlich nicht, denn arbeits- und besuchsvisa waren, sie erraten es, in den reisepässen, und die waren in der handtasche gewesen, und die war ja nun nicht mehr da, was ja auslöser dieses lustvollen disputs sei.
also kinderunterwäsche und -kleidung aus ungarn ausführen, das ginge nun aber gar nicht.
die diskussion zog sich eine weile, dann war das glück frau kelef und konsorten doch noch hold:
der wohnungssitter hatte in der eile einfach alle dokumentenmappen mitgenommen, und so fand sich denn zumindest der arbeitsvertrag für die ddr, und im hundedokumentenpool fanden sich ein paar alte grenzübertrittsgesundheitsbescheinigungszeugnisse der poliklinik für kleintiere in eisenhüttenstadt, für die dame elsa, und auch ein paar dokumente zur genehmigung der einfuhr eines fernsehapparates und einer elektrischen nähmaschine des binnenzollamtes frankfurt/oder, und diese wichtigen dokumente aus den jahren 1983/84 belegten den wahrheitsgehalt der getätigten aussagen und somit auch den rechtmässigen besitz der zur debatte stehenden kinderunterhosen und sonstigen kleidungsstücke, und so wurde frau kelef dann doch nicht inhaftiert, sondern durfte weiter sortieren, und sogar die getragenen kinderunterhosen vom lada in das taxi laden.
es war in der zwischenzeit zwei uhr früh geworden, und es regnete in strömen, alle waren pitschepatschenass, die notwendigsten dinge waren im lada, der rest im taxi, man verabschiedete sich, und während der wohnungssitter mit dem taxler nach wien zurückkehrte, da trieb frau kelef wieder einmal alles zu paaren und in den traktor.
leider konnte der vater der tochterfreundin nicht vorschriftsmässig angeschnallt werden weil in einem russischen auto einfach keine so dicken menschen transportiert werden dürfen und also der sicherheitsgurt zu kurz war, die russen scheinen damals ein mageres volk gewesen zu sein, aber wen wundert es. auch ersatzbrile war keine vorhanden, andererseits auch kein führerschein und keine fahrzeugpapiere, eigentlich hätte man - nach geltendem volksdemokratischem recht - den vater der tochterfreundin mit dem zug nach budapest schicken oder hinter dem auto nachlaufen lassen müssen, und frau kelef - die allerdings die einzige führerscheinbesitzerin - eigentlich ja aber auch nicht - war, hätte also den wagen nicht lenken dürfen, aber sei's drum, dachte sie , und man fuhr erst zu einer tankstelle, tankte voll (selten so auf reserve gefahren wie damals) und dann gen budapest.
sind sie schon einmal, nachdem sie neunzehn oder mehr stunden auf den beinen waren und eines gutteils ihres nervenkostüms verlustig gegangen waren, in einem krängenden lada auf einer zweispurigen volksdemokratischen betonplattenautobahn im strömenden regen ein paar hundert kilometer gefahren, während neben ihnen ein fettkoloss sich im wahrsten sinne des wortes einen wolf schwitzt und ihnen weinerlich/ängstlich ein ohr ablabert, und auf der rückbank zwei schluchzende, sich gegenseitig abwechselnd beschuldigende und tröstende elfjährige sowie zwei schon ziemlich übellaunige rauhaardackel um den nichtvorhandenen platz streiten?
wenn sie können: vermeiden sie dies.
to be continued.
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Donnerstag, 11. März 2010
sitzstreik in budapest, teil 2
kelef, 14:30h
irgendwie fand sich die polizeistation, und wie das so ist in einem land mit einer völlig fremden sprache, frau kelef und die mädels konnten nicht ungarisch, die polizei konnte nicht deutsch. sagten sie zumindest. englisch konnten sie auch nicht, was schon glaubhafter war. einer fand sich dann doch, der zumindest verstand dass einen dolmetscher zu rate zu ziehen nicht unangebracht wäre.
nur - es war samstag mittag, und die mittagsruhe ist heilig, und so weiter. es fand sich dann aber eine sehr nette dolmetscherin, die trotzalledem erschien und übersetzte, hin und her und her und hin. das einzige ausweispapier, das frau kelef vorlegen konnte, war eine visitekarte, die als ausweispapier wohl nirgends auf der welt durchgegangen wäre - wiewohl es ihre eigene war, aber das war ja nachvollziehbar, hätte ja jeder kommen.
ein grosser spass ist es übrigens, mit zwei greinenden, hungrigen, durstigen und ängstlichen elfjährigen und zwei nach nassem-hund-nach-schlammbad-mit-totem-fisch duftenden, ebenfalls durstigen und hungrigen und ergo greinenden strubbeligen dackeln auf einer polizeistation rede und antwort stehen zu müssen. und zwar ein paar stunden lang.
die polizisten waren wirklich nett, brachten allen was zu trinken, frau kelef kriegte sogar ein paar zigaretten, und dann wurde eine riesenakte angelegt, und ein riesenpapier mit stempeln und bestätigungen und übersetzungen wurde ausgefertigt über diebstahl und verlust von papieren und dokumenten und so weiter und so fort, der verlust von frau kelefs nervenkostüm und haarfarbe (jajaja, frau marion) schienen allerdings nicht anführenswert.
und was nun? also eigentlich müsse frau kelef mit den beiden mädels und den beiden hunden jetzt nach budapest fahren, zur österreichischen botschaft gehen und dort neue papiere beantragen. reisepass insbesondere, und gesundheitszeugnisse für die hunde. mit diesen neu ausgestellten papieren könne frau kelef dann in budapest zur fremdenpolizei gehen und ihre ausreise beantragen. allerdings sei das nur für frau kelef und deren tochter möglich, für das fremde kind liege ja keine vollmacht mehr vor, weil die sei ja in der handtasche gewesen und die sei ja nun einmal weg.
der kalte schweiss floss in strömen. und wie lange so was denn dauern könne?
oh, erfahrungsgemäss brauche erst die botschaft mindestens drei tage, dann die fremdenpolizei allerhöchstens eine woche. mache also alles in allem zehn tage, maximal, obwohl, es sei ja urlaubszeit.
frau kelef biss ein paar stücke aus den schreibtischplatten, schluchzte leise auf, und wurde fast bewusstlos.
die mädels greinten nicht mehr sondern schluchzten, anton pinkelte heimlich an ein sesselbein, und elsa hatte ein problem mit dem erschnorrten frühstück vom campingplatz. nachdem frau kelef gerne den boden der polizeistation geputzt hatte - man gönnt sich ja sonst nix - die mädels halbwegs beruhigt und mit geschnorrten papiertaschentüchern ausgestattet hatte (sie ahnen, wo frau kelefs papiertaschentuchvorrat war?), da kam dann aber einem mitleidigen polizeioberinspektor eine idee, die er umgehend übersetzen liess.
frau kelef solle doch versuchen, schnell nach heiligenkreuz zu kommen, und dort über die grenze fahren. das sei erstens nicht so weit wie sopron - zumindest nicht auf der ungarischen seite - und zweitens sei das ein kleiner grenzübergang an dem die abfertigung meist viel schneller und unkomplizierter erfolge als in sopron. mit den von ihm ausgestellten papieren könnte das funktionieren, und er selbst sei bis 20.00 uhr im dienst, man könne ihn auch telefonisch kontaktieren.
im geiste küsste frau kelef demütig seine füsse, das kleingeld im portemonnaie reichte für benzin und noch eine wurstsemmel pro kopf und nase, die mädels wollten sich noch ein wenig die beine vertreten und luft schnappen, die hunde ebenfalls, und los gings.
der grenzübergang heiligenkreuz war damals ein ziemlich ländlich-sittlicher welcher, im gegensatz zu sopron, wollte man allerdings nach wien war auf der österreichischen seite ein ziemlicher umweg zu fahren, aber was sollte diese überlegung.
brumm, brumm machte der lada, auch traktor genannt, und schipperte mit seiner grindigen fuhre gen heiligenkreuz.
das dauerte auch nicht allzu lange, denn frau kelef wollte nach hause, subito, und die mädels auch, und überhaupt.
schon von weitem konnte man sehen dass das grenzüberquerende aufkommen am schlagbaum der österreichisch-ungarischen grenze ein relativ geringes war, und frau kelef besann sich auf das, was in solchen fällen noch immer am besten geholfen hat: beten. auch die mädels wurden aufgefordert zu welchem gott auch immer zu flehen, und mit welchen worten auch immer, nur bitte bitte bitte.
man näherte sich der grenze.
der balken war geöffnet, nur ein paar autos vor uns, die grenzer waren freundlich und scherzten, und alle waren froh und voller hoffnung.
zwei autos vor dem traktor.
ein auto vor dem traktor.
kein auto vor dem traktor.
ein telefonläuten, grenzbalken runter, pistolen zurechtgerückt, mehrere militärstreifen kamen aus dem nirgendwo, ein panzer erschien im hintergrund auf der bildfläche, und dann noch ein zweiter.
unbeeindruckt - frau kelef war ja schon zigmal über diesen grenzübergang gefahren - reichte sie das ersatzpapier aus dem autofenster, und der grenzsoldat nahm und studierte es, und rief einen zweiten herbei, der es nahm und studierte, frau kelef musste den motor abstellen, aussteigen und an das grenzhüttchen treten, ein grenzer rief drei weitere herbei, und das papier ward herumgereicht und studiert, und die köpfe warden zusammengesteckt und geschüttelt und es wurde hmhmhm gesprochen und tststs, und es wurde telefoniert und frau kelef durfte nicht mehr in die nähe des traktors gehen, und auch nicht mit den mädels sprechen, die pistolen warden herumgerückt, irgendwo knallte es, immerhin sprachen die herren alle sehr gut deutsch und waren auch sehr freundliche, und die mädels weinten gar bitterlich und die hunde heulten gar erschröckerlich, und jedenfalls nach einer weile ward erklärt, da sei in sopron vor einigen minuten was passiert, und der grenzübergang heiligenkreuz sei geschlossen. jetzt und hier und auf der stelle. die autos hinter frau kelef würden schon zurückdirigiert.
frau kelef schaute die brüder an mit fremdem graus, und fürchtet' sich und konnte nicht nach haus, und weinte leise in sich hinein, aber das nutzte alles nix, ab nach sopron hiess es. sie solle ihr glück dort versuchen, es könne ja sein, obwohl, aber es wäre wohl den versuch wert, sonst nach budapest, aber das wollte ja keiner. besonders frau kelef nicht.
das benzin sollte noch reichen, also auf ins vergnügen und zurück auf die schnellstrasse, oder was auch immer das war.
holterdipolter durch ein paar kleine orte, immer noch schöne gegend, langsam merkte man dass es abend wurde, und irgendwann war auch sopron erreicht. durch die stadt durch, die benzinanzeige meldete sich vorsichtig, aber dann war es ja nicht mehr weit und so und bis zum grenzübergang ...
hurra, angekommen.
offensichtlich waren auch noch andere grenzübergänge kurzfristig geschlossen, oder alle waren auf der flucht, oder weiss der kuckuck, die schlange war elendslang vor dem schlagbaum.
also eingereiht und gewartet, ein auto nach dem anderen, bis auch der traktor mit seinem innerlich wie äusserlich nicht mehr sonderlich repräsentativen inhalt an der reihe war.
hmhmhm und tststs machte der grenzer, und schüttelte den kopf und rückte an der pistole und dem volksdemokratischen schlagstöckchen, das diese herren immer so nützlich bei sich führten, und die mädels greinten und die hunde bellten, und es kam ein soldat nach dem anderen, und ein grenzwächter nach dem anderen, und es kam auch die rendörség (zu deutsch polizie, aber das hätte ja jeder verstanden), und es ward kund und zu wissen getan, dass man eben vorhin ein paar rauschgiftschmuggler habe verhaften müssen, die offensichtlich nicht alleine unterwegs gewesen seien, und also wäre jetzt strenge kontrolle angesagt.
was nun zu tun sei?
oh, fahren sie nach budapest, zur österreichischen botschaft, und dann weiter wie schon in fonyod vernommen.
mit ohne geld, ohne papiere, da kann man ja nicht einmal auf einem campingplatz platz finden, und vor allem: mit ohne geld und ohne benzin, wie kommt man da nach budapest?
da könne er, versicherte der herr grenzdirektor, zu seinem leidwesen auch nicht helfen. das war nun keine hilfe, und so war nachdenken angesagt. und zwar schnell.
nun gehört ja frau kelef, dem himmel sei dank, zur spezies mensch die sich immer nachher schreckt. eine panik wurde also im keim erstickt, die mädels sicherheitshalber so angebrüllt dass sie ihrerseits zur salzsäule erstarrten, den hunden standen die rauen haare zu berge dass sie ihrer rasse alle ehre machten, und es ging zurück in das schöne sopron.
to be continued.
nur - es war samstag mittag, und die mittagsruhe ist heilig, und so weiter. es fand sich dann aber eine sehr nette dolmetscherin, die trotzalledem erschien und übersetzte, hin und her und her und hin. das einzige ausweispapier, das frau kelef vorlegen konnte, war eine visitekarte, die als ausweispapier wohl nirgends auf der welt durchgegangen wäre - wiewohl es ihre eigene war, aber das war ja nachvollziehbar, hätte ja jeder kommen.
ein grosser spass ist es übrigens, mit zwei greinenden, hungrigen, durstigen und ängstlichen elfjährigen und zwei nach nassem-hund-nach-schlammbad-mit-totem-fisch duftenden, ebenfalls durstigen und hungrigen und ergo greinenden strubbeligen dackeln auf einer polizeistation rede und antwort stehen zu müssen. und zwar ein paar stunden lang.
die polizisten waren wirklich nett, brachten allen was zu trinken, frau kelef kriegte sogar ein paar zigaretten, und dann wurde eine riesenakte angelegt, und ein riesenpapier mit stempeln und bestätigungen und übersetzungen wurde ausgefertigt über diebstahl und verlust von papieren und dokumenten und so weiter und so fort, der verlust von frau kelefs nervenkostüm und haarfarbe (jajaja, frau marion) schienen allerdings nicht anführenswert.
und was nun? also eigentlich müsse frau kelef mit den beiden mädels und den beiden hunden jetzt nach budapest fahren, zur österreichischen botschaft gehen und dort neue papiere beantragen. reisepass insbesondere, und gesundheitszeugnisse für die hunde. mit diesen neu ausgestellten papieren könne frau kelef dann in budapest zur fremdenpolizei gehen und ihre ausreise beantragen. allerdings sei das nur für frau kelef und deren tochter möglich, für das fremde kind liege ja keine vollmacht mehr vor, weil die sei ja in der handtasche gewesen und die sei ja nun einmal weg.
der kalte schweiss floss in strömen. und wie lange so was denn dauern könne?
oh, erfahrungsgemäss brauche erst die botschaft mindestens drei tage, dann die fremdenpolizei allerhöchstens eine woche. mache also alles in allem zehn tage, maximal, obwohl, es sei ja urlaubszeit.
frau kelef biss ein paar stücke aus den schreibtischplatten, schluchzte leise auf, und wurde fast bewusstlos.
die mädels greinten nicht mehr sondern schluchzten, anton pinkelte heimlich an ein sesselbein, und elsa hatte ein problem mit dem erschnorrten frühstück vom campingplatz. nachdem frau kelef gerne den boden der polizeistation geputzt hatte - man gönnt sich ja sonst nix - die mädels halbwegs beruhigt und mit geschnorrten papiertaschentüchern ausgestattet hatte (sie ahnen, wo frau kelefs papiertaschentuchvorrat war?), da kam dann aber einem mitleidigen polizeioberinspektor eine idee, die er umgehend übersetzen liess.
frau kelef solle doch versuchen, schnell nach heiligenkreuz zu kommen, und dort über die grenze fahren. das sei erstens nicht so weit wie sopron - zumindest nicht auf der ungarischen seite - und zweitens sei das ein kleiner grenzübergang an dem die abfertigung meist viel schneller und unkomplizierter erfolge als in sopron. mit den von ihm ausgestellten papieren könnte das funktionieren, und er selbst sei bis 20.00 uhr im dienst, man könne ihn auch telefonisch kontaktieren.
im geiste küsste frau kelef demütig seine füsse, das kleingeld im portemonnaie reichte für benzin und noch eine wurstsemmel pro kopf und nase, die mädels wollten sich noch ein wenig die beine vertreten und luft schnappen, die hunde ebenfalls, und los gings.
der grenzübergang heiligenkreuz war damals ein ziemlich ländlich-sittlicher welcher, im gegensatz zu sopron, wollte man allerdings nach wien war auf der österreichischen seite ein ziemlicher umweg zu fahren, aber was sollte diese überlegung.
brumm, brumm machte der lada, auch traktor genannt, und schipperte mit seiner grindigen fuhre gen heiligenkreuz.
das dauerte auch nicht allzu lange, denn frau kelef wollte nach hause, subito, und die mädels auch, und überhaupt.
schon von weitem konnte man sehen dass das grenzüberquerende aufkommen am schlagbaum der österreichisch-ungarischen grenze ein relativ geringes war, und frau kelef besann sich auf das, was in solchen fällen noch immer am besten geholfen hat: beten. auch die mädels wurden aufgefordert zu welchem gott auch immer zu flehen, und mit welchen worten auch immer, nur bitte bitte bitte.
man näherte sich der grenze.
der balken war geöffnet, nur ein paar autos vor uns, die grenzer waren freundlich und scherzten, und alle waren froh und voller hoffnung.
zwei autos vor dem traktor.
ein auto vor dem traktor.
kein auto vor dem traktor.
ein telefonläuten, grenzbalken runter, pistolen zurechtgerückt, mehrere militärstreifen kamen aus dem nirgendwo, ein panzer erschien im hintergrund auf der bildfläche, und dann noch ein zweiter.
unbeeindruckt - frau kelef war ja schon zigmal über diesen grenzübergang gefahren - reichte sie das ersatzpapier aus dem autofenster, und der grenzsoldat nahm und studierte es, und rief einen zweiten herbei, der es nahm und studierte, frau kelef musste den motor abstellen, aussteigen und an das grenzhüttchen treten, ein grenzer rief drei weitere herbei, und das papier ward herumgereicht und studiert, und die köpfe warden zusammengesteckt und geschüttelt und es wurde hmhmhm gesprochen und tststs, und es wurde telefoniert und frau kelef durfte nicht mehr in die nähe des traktors gehen, und auch nicht mit den mädels sprechen, die pistolen warden herumgerückt, irgendwo knallte es, immerhin sprachen die herren alle sehr gut deutsch und waren auch sehr freundliche, und die mädels weinten gar bitterlich und die hunde heulten gar erschröckerlich, und jedenfalls nach einer weile ward erklärt, da sei in sopron vor einigen minuten was passiert, und der grenzübergang heiligenkreuz sei geschlossen. jetzt und hier und auf der stelle. die autos hinter frau kelef würden schon zurückdirigiert.
frau kelef schaute die brüder an mit fremdem graus, und fürchtet' sich und konnte nicht nach haus, und weinte leise in sich hinein, aber das nutzte alles nix, ab nach sopron hiess es. sie solle ihr glück dort versuchen, es könne ja sein, obwohl, aber es wäre wohl den versuch wert, sonst nach budapest, aber das wollte ja keiner. besonders frau kelef nicht.
das benzin sollte noch reichen, also auf ins vergnügen und zurück auf die schnellstrasse, oder was auch immer das war.
holterdipolter durch ein paar kleine orte, immer noch schöne gegend, langsam merkte man dass es abend wurde, und irgendwann war auch sopron erreicht. durch die stadt durch, die benzinanzeige meldete sich vorsichtig, aber dann war es ja nicht mehr weit und so und bis zum grenzübergang ...
hurra, angekommen.
offensichtlich waren auch noch andere grenzübergänge kurzfristig geschlossen, oder alle waren auf der flucht, oder weiss der kuckuck, die schlange war elendslang vor dem schlagbaum.
also eingereiht und gewartet, ein auto nach dem anderen, bis auch der traktor mit seinem innerlich wie äusserlich nicht mehr sonderlich repräsentativen inhalt an der reihe war.
hmhmhm und tststs machte der grenzer, und schüttelte den kopf und rückte an der pistole und dem volksdemokratischen schlagstöckchen, das diese herren immer so nützlich bei sich führten, und die mädels greinten und die hunde bellten, und es kam ein soldat nach dem anderen, und ein grenzwächter nach dem anderen, und es kam auch die rendörség (zu deutsch polizie, aber das hätte ja jeder verstanden), und es ward kund und zu wissen getan, dass man eben vorhin ein paar rauschgiftschmuggler habe verhaften müssen, die offensichtlich nicht alleine unterwegs gewesen seien, und also wäre jetzt strenge kontrolle angesagt.
was nun zu tun sei?
oh, fahren sie nach budapest, zur österreichischen botschaft, und dann weiter wie schon in fonyod vernommen.
mit ohne geld, ohne papiere, da kann man ja nicht einmal auf einem campingplatz platz finden, und vor allem: mit ohne geld und ohne benzin, wie kommt man da nach budapest?
da könne er, versicherte der herr grenzdirektor, zu seinem leidwesen auch nicht helfen. das war nun keine hilfe, und so war nachdenken angesagt. und zwar schnell.
nun gehört ja frau kelef, dem himmel sei dank, zur spezies mensch die sich immer nachher schreckt. eine panik wurde also im keim erstickt, die mädels sicherheitshalber so angebrüllt dass sie ihrerseits zur salzsäule erstarrten, den hunden standen die rauen haare zu berge dass sie ihrer rasse alle ehre machten, und es ging zurück in das schöne sopron.
to be continued.
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sitzstreik in budapest, teil 1
kelef, 13:03h
es ist schon mehr als zwanzig jahre her, genaugenommen war es 1986, und es war heiss, und sommer, und urlaubszeit.
und also beschloss frau kelef, es sei an der zeit auch wieder auf urlaub zu fahren, mit der tochter, und damit dem kinde nicht allzu langweilig werde einerseits, und damit frau kelef ein wenig freiraum habe andererseits, da wurde die beste freundin gefragt ob sie denn mitfahren wolle. hurra, meinte diese, und nach langwierigen und heiklen besprechungen mit den ausserordentlich besorgten eltern der jungen dame war alles geregelt.
die mädels waren elf jahre alt, meine tochter ein schlüsselkind aufgrund standhafter weigerung einen hort zu besuchen. da kam es einerseits sehr gelegen, dass die beiden rauhaardackel, mutter elsa (frau kelefs hund) und sohn anton (tochterhund), grundsätzlich sehr freundliche tiere, auch im kelef'schen haushalt lebten, und das kind also nicht allein zuhaus war. die freundin wiederum hätte gerne eine hund gehabt (durfte aber nicht), also gingen die beiden gerne nachmittags zusammen spazieren, und oft genug ward frau kelefs tochter bei der freundin verköstigt und verlustiert, mitsamt den hunden. es war also nur gut und billig, dass frau kelef die im übrigen sehr nette tochterfreundin auch mal versorgte.
auf ging es also, nach siofok an den schönen plattensee in das ebenso schöne ungarn. in den alten lada (das war ein auto, btw.) wurden also ein grosses zelt, die beiden elfjährigen, die beiden hunde, und alles notwendige zubehör gepackt, und auf ging es. ordentlicher mensch, der frau kelef ja immer war, waren sämtliche impfpässe aller fünf lebewesen, sämtliche versicherungsurkunden und was man sonst noch so brauchte in einem fremden land säuberlich mit von der partie.
es war ein toller urlaub, konnte man nicht meckern. da wir auf einem eigentlich den volksdemokratischen völkern vorbehaltenen campingplatz landeten, war es auch für die kinder unproblematisch: ddr-nachbarn, die hatten meist ein wenig angst vor west-kontakt, aus gründen wie man weiss, aber die kinder waren jung genug, die durften kontakt haben, und es waren viele andere kinder da, und die ernährung gestaltete sich einfach: hamburger, grillhühnchen, waffeln, und was die büdchen so hergaben an kulinarischem firlefanz, und das täglich! frisches, reifes obst der saison, am morgen noch am baum, zu mittag im magen, hervorragende eiscreme und, nicht zu vergessen: die ungarn machten limonaden aus allem und jedem, eine besser als die andere.
für frau kelef gab es zudem feine weine, den herrlichen ungarischen kaffee (miniportion im glas, und so stark dass der löffel drinnen stecken bleibt).
die hunde konnte man getrost auslassen, die kannten sich aus und fanden immer zurück zum tipi. elsa konnte die luftrichtung bestimmen und nahm immer den kürzesten weg zurück, anton hingegen war männlich und suchte die spur, kam ergo immer ein wenig später und im zickzack. manchmal schnorrten die köter so viel zusammen bei den zeltnachbarn, dass ihnen aber gar nicht gut war. haben sie schon einmal in einer heissen sommernacht in einem zelt geschlafen, neben ihnen zwei elfjährige die jeweils platz für drei brauchen, und dann noch mit zwei elendiglich furzenden und rülpsenden hunden, die alpträume haben? wenn sie die chance haben: vermeiden sie das.
nun, es waren zwei wunderbare wochen. sonne, sandstrand, schwimmen, spazierengehen, ein wenig die gegend anschauen, ein wenig geld ausgeben.
aber auch der schönste urlaub neigt sich dem ende zu, es war samstag vormittag, und es musste eingepackt werden, das tipi abgeschlagen und noch ein paar mitbringsel verstaut, der lada bog sich quasi nach aussen. und wie es so ist nach einem solchen urlaub, wir stopften einfach alles in den kofferraum was drinnen platz hatte. wenig sortiert, dafür umsomehr müffelnd, weil der geruch von sonnenölgetränkten handtüchern, verschwitzter wäsche, ein wenig wurst und käse, ein paar kilo frischem obst, und nicht zu vergessen das odeur "nasser hund nach schlammbad mit totem fisch", das alles zusammen, aber nun gut, waren ja nur ein paar stunden, und aber zu hause dann ist ja die waschmaschine.
ein wenig gepäck war auch im fahrgastraum - das olfaktorisch vertretbare - und dann waren da eben noch drei personen und die hunde. los gings.
den plattensee entlang konnte man damals in der urlaubszeit nur quasi im schritt fahren, und so genossen alle noch ein wenig die aussicht, ist ja sehr schön dort, und dann lichtete sich der verkehr, wir waren im schönen fonyod, und alsogleich sprach die freundin der tochter, sie müsse mal händewaschen und so, und ausserdem hätte sie noch ein wenig geld übrig und den eltern gerne um diese restsumme ein kleines geschenk gekauft.
gutes kind, sprach frau kelef, sonst noch jemand was zu erledigen? klar, die hunde immer, frau kelefs tochter jedoch meinte, sie würde im auto warten wollen, weil müde.
frau kelef also die hunde raus aus dem auto, einmal um ein paar bäume, hunde rein in das auto, tochterfreundin derweilen händewaschen und so, und dann wollten wir doch gleich in das kaufhaus, das da stand.
tochter, sprach frau kelef, da sind millionen leute, und ich habe reisepässe, impfpässe, autopapiere, schecks, scheckkarte, einiges bargeld, etc., schon für die grenze hergerichtet, in der handtasche. mag ich jetzt nicht unbedingt damit in das kaufhaus. kann ich das im auto lassen? ich nehm dann nur die geldbörse mit den kleineren banknoten mit, ich brauch ja eigentlich nicht wirklich was, aber ddr-geschult: man weiss ja nie.
logo, sprach das kind.
aber cave, sagte die mutter, schliesse die türen und fenster des autos von innen, und nimm die handtasche zu dir nach hinten, weil, man weiss ja nie.
logo, sprach das kind.
versprochen? frug frau kelef sicherheitshalber.
MAMA!
na denne.
nach zwanzig minuten kehrten tochterfreundin und frau kelef wieder zurück zum auto, tochterfreundin hatte einen sehr schönen handbemalten keramikbratentopf käuflich erworben und war stolz wie bolle, tochter hatte es sich ein wenig bequem gemacht auf dem rücksitz, und wegen der frischen luft hatte sie ein wenig die vorderen fenster geöffnet.
frau kelef und tochterfreundin stiegen ein, frau kelef fragt nach ihrer tasche, weil da waren auch die zigaretten drinnen, und die tochter sagte, die tasche liegt neben dir.
da, sprach frau kelef, ist keine tasche.
doch, hab ich dort hin gelegt.
?????
ja, wie ich das fenster aufgemacht habe, aber nur einen spalt.
das fenster, o tochter, ist ziemlich weit offen auf der beifahrerseite.
äh.
und?
ich weiss nicht.
?????
ich war so müde, und da hab ich mich zurückgelegt, und da war die luft so heiss, und da hab ich das fenster aufgemacht, aber nur ganz wenig, und dann bin ich eingeschlafen, und auf einmal waren die hunde ganz verrückt und sind auf die hutablage und haben gebellt und ein paar jugendliche haben das auto so geschaukelt und ich hab mich umgedreht und geschimpft und dann bist du schon gekommen.
frau kelef hatte tatsächlich ein paar jugendliche in einem affentempo davondüsen sehen, aber das nutzte nun auch nichts. offensichtlich hatten ein paar von denen kind und hunde abgelenkt, und andere hatten dann die scheibe ein wenig weiter hinuntergedrückt und die handtasche aus dem auto geklaut.
toll.
frau kelef erstarrte sicherheitshalber zur salzsäule, ihre eloquenz versiegte schlagartig, man möchte fast sagen sie ward stumm, kleine kalte schweissperlen bildeten sich auf ihrer stirn, sie begann unkontrolliert zu zittern und zu hyperventilieren.
in der - im übrigen schweineteuren - handtasche waren: die drei reisepässe mit visa, die impfpässe der hunde, die impfpässe der kinder, die vollmacht für frau kelef wegen der tochterfreundin, die gesundheitszeugnisse der hunde (conditio sine qua non für grenzübertritt), die versicherungspapiere, die autopapiere, eine goldene mont blanc-füllfeder, die ersatzbrille (conditio sine qua non für autofahren), acht schecks, die scheckkarte, und noch ein wenig schnickschnack.
in einer volksdemokratie. in einem land dessen sprache man nicht spricht. mit einem fremden kind. in einem auto in dem es roch wie, nun ja, oben beschrieben. at high noon, man könnte auch sagen am hellichten mittag, genaugenommen fünf nach zwölf, und in volksdemokratien war die genaue einhaltung der mittagsruhe und geschäftszeiten ja heiliger als woanders eine herde kühe. nicht zu vergessen die hunde, die langsam meinten das sei ziemlich langweilig alles, ob man jetzt nicht weiterfahren oder was unternehmen könnte. ausserdem hätten sie durst, die kinder auch, dann randalierten die hunde bei allen weiteren jugendlichen (die wussten ja warum), tochter und tochterfreundin begannen leise zu schluchzen, es hatte 35°c im schatten, es gab keine öffentlichen telefonzellen von denen man hätte nach hause telefonieren können, und die post, von der aus man hätte nach hause telefonieren können, die hatte seit zwölf uhr mittagspause. bis 16.00 uhr, weil volksdemokratie und siehe oben.
ganz toll.
to be continued.
und also beschloss frau kelef, es sei an der zeit auch wieder auf urlaub zu fahren, mit der tochter, und damit dem kinde nicht allzu langweilig werde einerseits, und damit frau kelef ein wenig freiraum habe andererseits, da wurde die beste freundin gefragt ob sie denn mitfahren wolle. hurra, meinte diese, und nach langwierigen und heiklen besprechungen mit den ausserordentlich besorgten eltern der jungen dame war alles geregelt.
die mädels waren elf jahre alt, meine tochter ein schlüsselkind aufgrund standhafter weigerung einen hort zu besuchen. da kam es einerseits sehr gelegen, dass die beiden rauhaardackel, mutter elsa (frau kelefs hund) und sohn anton (tochterhund), grundsätzlich sehr freundliche tiere, auch im kelef'schen haushalt lebten, und das kind also nicht allein zuhaus war. die freundin wiederum hätte gerne eine hund gehabt (durfte aber nicht), also gingen die beiden gerne nachmittags zusammen spazieren, und oft genug ward frau kelefs tochter bei der freundin verköstigt und verlustiert, mitsamt den hunden. es war also nur gut und billig, dass frau kelef die im übrigen sehr nette tochterfreundin auch mal versorgte.
auf ging es also, nach siofok an den schönen plattensee in das ebenso schöne ungarn. in den alten lada (das war ein auto, btw.) wurden also ein grosses zelt, die beiden elfjährigen, die beiden hunde, und alles notwendige zubehör gepackt, und auf ging es. ordentlicher mensch, der frau kelef ja immer war, waren sämtliche impfpässe aller fünf lebewesen, sämtliche versicherungsurkunden und was man sonst noch so brauchte in einem fremden land säuberlich mit von der partie.
es war ein toller urlaub, konnte man nicht meckern. da wir auf einem eigentlich den volksdemokratischen völkern vorbehaltenen campingplatz landeten, war es auch für die kinder unproblematisch: ddr-nachbarn, die hatten meist ein wenig angst vor west-kontakt, aus gründen wie man weiss, aber die kinder waren jung genug, die durften kontakt haben, und es waren viele andere kinder da, und die ernährung gestaltete sich einfach: hamburger, grillhühnchen, waffeln, und was die büdchen so hergaben an kulinarischem firlefanz, und das täglich! frisches, reifes obst der saison, am morgen noch am baum, zu mittag im magen, hervorragende eiscreme und, nicht zu vergessen: die ungarn machten limonaden aus allem und jedem, eine besser als die andere.
für frau kelef gab es zudem feine weine, den herrlichen ungarischen kaffee (miniportion im glas, und so stark dass der löffel drinnen stecken bleibt).
die hunde konnte man getrost auslassen, die kannten sich aus und fanden immer zurück zum tipi. elsa konnte die luftrichtung bestimmen und nahm immer den kürzesten weg zurück, anton hingegen war männlich und suchte die spur, kam ergo immer ein wenig später und im zickzack. manchmal schnorrten die köter so viel zusammen bei den zeltnachbarn, dass ihnen aber gar nicht gut war. haben sie schon einmal in einer heissen sommernacht in einem zelt geschlafen, neben ihnen zwei elfjährige die jeweils platz für drei brauchen, und dann noch mit zwei elendiglich furzenden und rülpsenden hunden, die alpträume haben? wenn sie die chance haben: vermeiden sie das.
nun, es waren zwei wunderbare wochen. sonne, sandstrand, schwimmen, spazierengehen, ein wenig die gegend anschauen, ein wenig geld ausgeben.
aber auch der schönste urlaub neigt sich dem ende zu, es war samstag vormittag, und es musste eingepackt werden, das tipi abgeschlagen und noch ein paar mitbringsel verstaut, der lada bog sich quasi nach aussen. und wie es so ist nach einem solchen urlaub, wir stopften einfach alles in den kofferraum was drinnen platz hatte. wenig sortiert, dafür umsomehr müffelnd, weil der geruch von sonnenölgetränkten handtüchern, verschwitzter wäsche, ein wenig wurst und käse, ein paar kilo frischem obst, und nicht zu vergessen das odeur "nasser hund nach schlammbad mit totem fisch", das alles zusammen, aber nun gut, waren ja nur ein paar stunden, und aber zu hause dann ist ja die waschmaschine.
ein wenig gepäck war auch im fahrgastraum - das olfaktorisch vertretbare - und dann waren da eben noch drei personen und die hunde. los gings.
den plattensee entlang konnte man damals in der urlaubszeit nur quasi im schritt fahren, und so genossen alle noch ein wenig die aussicht, ist ja sehr schön dort, und dann lichtete sich der verkehr, wir waren im schönen fonyod, und alsogleich sprach die freundin der tochter, sie müsse mal händewaschen und so, und ausserdem hätte sie noch ein wenig geld übrig und den eltern gerne um diese restsumme ein kleines geschenk gekauft.
gutes kind, sprach frau kelef, sonst noch jemand was zu erledigen? klar, die hunde immer, frau kelefs tochter jedoch meinte, sie würde im auto warten wollen, weil müde.
frau kelef also die hunde raus aus dem auto, einmal um ein paar bäume, hunde rein in das auto, tochterfreundin derweilen händewaschen und so, und dann wollten wir doch gleich in das kaufhaus, das da stand.
tochter, sprach frau kelef, da sind millionen leute, und ich habe reisepässe, impfpässe, autopapiere, schecks, scheckkarte, einiges bargeld, etc., schon für die grenze hergerichtet, in der handtasche. mag ich jetzt nicht unbedingt damit in das kaufhaus. kann ich das im auto lassen? ich nehm dann nur die geldbörse mit den kleineren banknoten mit, ich brauch ja eigentlich nicht wirklich was, aber ddr-geschult: man weiss ja nie.
logo, sprach das kind.
aber cave, sagte die mutter, schliesse die türen und fenster des autos von innen, und nimm die handtasche zu dir nach hinten, weil, man weiss ja nie.
logo, sprach das kind.
versprochen? frug frau kelef sicherheitshalber.
MAMA!
na denne.
nach zwanzig minuten kehrten tochterfreundin und frau kelef wieder zurück zum auto, tochterfreundin hatte einen sehr schönen handbemalten keramikbratentopf käuflich erworben und war stolz wie bolle, tochter hatte es sich ein wenig bequem gemacht auf dem rücksitz, und wegen der frischen luft hatte sie ein wenig die vorderen fenster geöffnet.
frau kelef und tochterfreundin stiegen ein, frau kelef fragt nach ihrer tasche, weil da waren auch die zigaretten drinnen, und die tochter sagte, die tasche liegt neben dir.
da, sprach frau kelef, ist keine tasche.
doch, hab ich dort hin gelegt.
?????
ja, wie ich das fenster aufgemacht habe, aber nur einen spalt.
das fenster, o tochter, ist ziemlich weit offen auf der beifahrerseite.
äh.
und?
ich weiss nicht.
?????
ich war so müde, und da hab ich mich zurückgelegt, und da war die luft so heiss, und da hab ich das fenster aufgemacht, aber nur ganz wenig, und dann bin ich eingeschlafen, und auf einmal waren die hunde ganz verrückt und sind auf die hutablage und haben gebellt und ein paar jugendliche haben das auto so geschaukelt und ich hab mich umgedreht und geschimpft und dann bist du schon gekommen.
frau kelef hatte tatsächlich ein paar jugendliche in einem affentempo davondüsen sehen, aber das nutzte nun auch nichts. offensichtlich hatten ein paar von denen kind und hunde abgelenkt, und andere hatten dann die scheibe ein wenig weiter hinuntergedrückt und die handtasche aus dem auto geklaut.
toll.
frau kelef erstarrte sicherheitshalber zur salzsäule, ihre eloquenz versiegte schlagartig, man möchte fast sagen sie ward stumm, kleine kalte schweissperlen bildeten sich auf ihrer stirn, sie begann unkontrolliert zu zittern und zu hyperventilieren.
in der - im übrigen schweineteuren - handtasche waren: die drei reisepässe mit visa, die impfpässe der hunde, die impfpässe der kinder, die vollmacht für frau kelef wegen der tochterfreundin, die gesundheitszeugnisse der hunde (conditio sine qua non für grenzübertritt), die versicherungspapiere, die autopapiere, eine goldene mont blanc-füllfeder, die ersatzbrille (conditio sine qua non für autofahren), acht schecks, die scheckkarte, und noch ein wenig schnickschnack.
in einer volksdemokratie. in einem land dessen sprache man nicht spricht. mit einem fremden kind. in einem auto in dem es roch wie, nun ja, oben beschrieben. at high noon, man könnte auch sagen am hellichten mittag, genaugenommen fünf nach zwölf, und in volksdemokratien war die genaue einhaltung der mittagsruhe und geschäftszeiten ja heiliger als woanders eine herde kühe. nicht zu vergessen die hunde, die langsam meinten das sei ziemlich langweilig alles, ob man jetzt nicht weiterfahren oder was unternehmen könnte. ausserdem hätten sie durst, die kinder auch, dann randalierten die hunde bei allen weiteren jugendlichen (die wussten ja warum), tochter und tochterfreundin begannen leise zu schluchzen, es hatte 35°c im schatten, es gab keine öffentlichen telefonzellen von denen man hätte nach hause telefonieren können, und die post, von der aus man hätte nach hause telefonieren können, die hatte seit zwölf uhr mittagspause. bis 16.00 uhr, weil volksdemokratie und siehe oben.
ganz toll.
to be continued.
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