Sonntag, 5. September 2010
wolle und stricken
eine geschichte für die strickerinnen, wollfetischistinnen und solche, die es gerne noch werden wollen.

die frau, die mich geboren hat - hier bereits bekannt als "die böse frau" - konnte stricken. und zwar ziemlich gut, man könnte auch sagen ausgezeichnet. und zum stricken braucht man wolle. so weit, so gut.

wolle kann man - wie viele andere dinge auch - natürlich bei sonderangeboten, geschäftsauflösungen, von bekannten die sich mal im stricken versuchen wollten und dann scheiterten, und bei vielen anderen gelegenheiten sehr kostengünstig erwerben. wenn man grössere mengen kauft kriegt man auch einen rabatt.

nun war es so, dass die böse frau im krieg aus der not eine tugend gemacht hatte und während der nachtdienste auf dem postamt und später in der bank eben strickte. und zwar für die kriegsüblichen tauschgeschäfte: ein pullover aus einer aufgetrennten weste gegen ein totes huhn, oder eine weste aus zwei aufgetrennten pullovern gegen einen sack erdäpfel. an und für sich war das ja eine lobenswerte einstellung, verstehen sie mich nicht falsch hier. und sie konnte es wirklich gut, zum unterschied von ihrer mutter, die dafür nähte, ebenfalls aus alten dingen immer wieder neues. so brachten sich die beiden relativ gut durch die schlechten zeiten, und behielten ergo dieses vorgehen bei. aus einem grossen alten kleid konnte immer noch ein kleines neues kleid für mich entstehen, und wenn stoff und farbe und muster keineswegs zu einem kind passten, dann passte jedenfalls die stereotype aussage: im krieg wären wir froh gewesen wenn ...

dieser spruch zog sich überhaupt durch meine kindheit wie ein roter faden, und war universell anwendbar auf schuhe, strümpfe, wäsche, essen, und fragen sie mich nicht was sonst noch alles.

kleid zu klein? kein problem, konnte man in der mitte auseinanderschneiden, und dann als rock und gilet tragen. da nabelfrei damals nicht so modern war, wurde an das gilet unten eben ein "stiezerl" angestrickt und an den rock ein aus den abgeschnittenen ärmeln hergestellter bund genäht, und gut. das war so anfang der sechziger-jahre, den rest kann man sich vorstellen. und ich hab ein foto zum beweis, und das war noch ein sonntags-ensemble.

jedenfalls, wolle wurde immer gebraucht, und also auch immer gekauft. in mengen. auch eine strickmaschine wurde gekauft, und teilweise wurde dann auf der maschine gestrickt, teilweise mit der hand, die maschinenteile wurden bestickt oder mit handgestrickten vorderteilen versehen, und die böse frau erarbeitete sich so ein körberlgeld von nicht unbeträchtlicher höhe, natürlich steuerfrei und immerhin, sie wollte ja unbedingt ein haus bauen.

jeder schrank, den man öffnete - na gut, nicht ich, kinder durften keine schränke öffnen - aber kaum öffnete jemand anders einen schrank, ein kastl, oder irgendein behältnis: wolle. in der riesigen handtasche der bösen frau: wolle. unter den betten: wolle. wolle in plastiksäcken, in kartons, in papiersäcken, fallweise begegnete man auch einem freilaufenden knäuel. schurwolle, baumwolle, kunstfaser, mischgewebe aller arten, angora, mohair, jedenfalls: wolle. natürlich vergesellschaftet mit den entsprechendne mengen von stricknadeln, aus kunststoff, aus metall, lange und kurze, rundnadeln, nadelspiele.

besonders angetan hatten es der bösen frau die angefangenen sachen: sie kaufte ein kilo wolle, riss das plastiksackerl irgendwie auf (nur ganz bestimmt nicht an der dafür vorgesehenen stelle), popelte einen knäuel heraus und begann irgendein muster zu stricken. dann verräumte sie das angefangene stück in der einen ecke der wohnung, die restliche wolle in einer anderen ecke, und fortan fanden die bedauernswerten 10 knäuel nie wieder zueinander.

weil sie so viel stricken musste, damit sie fertige strickereien verkaufen konnte, damit sie geld hatte, damit ein haus gebaut werden konnte, da hatte sie keine zeit für anderes, und so führte ihre mutter den haushalt, und die böse frau strickte. die böse frau musste in all ihrer freizeit so viel stricken dass sie keine zeit hatte für mich was zu stricken, und so kam es dass ich an meinem zwölften geburtstag einen kleinen sack wolle geschenkt und ein paar stricknadeln geliehen bekam, und fortan meine pullover selber stricken durfte. jetzt nicht, dass die böse frau mir geholfen hätte am anfang, die hatte keine zeit für sowas, die musste stricken. aber aus lauter zorn habe ich es dann doch gelernt, und zwar ebenfalls ziemlich gut.

socken stricken hat mir aber mein vater beigebracht, seine mutter war ja handarbeitslehrerin gewesen, der konnte das zumindest theoretisch immer noch, nur die feinmotorik spielte nicht mehr mit, aber das prinzip beherrschte er. und er wollte doch so gerne handgestrickte socken, und die böse frau musste so viel stricken, die hatte keine zeit für socken. aber ich kann das jetzt im akkord, mit sehr langen bündchen und dünnen nadeln: max. 4 stunden das stück, auch wenn ich zwischendurch noch mit frau hunt runtergeh, telefoniere und beim stricken fernsehe.

mein vater war ziemlich oft ziemlich sauer ob der wollmengen, aber die böse frau begann dann einfach zu flennen und versteckte die wolle in ihren schränken in der bank. auch bei mir im büro war später ein ganzer schrank voll mit ungefähr vier festmetern wolle (und ja, ich weiss wieviel das ist, es war ja auch ein grosser alter notenschrank voll).

das haus nahm gestalt an, und war dann auch bewohnbar, und die böse frau lagerte auch dort wolle in allen ecken und an allen enden. so war also die wohnung in wien ein geheimes wolllager, mein altes büro in der künschtleragentur ebenfalls, und weiss der kuckuck wo sie noch überall nestchen gebaut hatte.

irgendwann starb mein vater, und mein bruder, der burli und haupterbe, wurde zum hausherrn und keifte ob der wolle herum. damals sprachen wir noch miteinander, aber als ich sprach: "burli, die böse frau hat nicht alle latten am zaun, die hat mehr wolle als ein mittelprächtiges wollgeschäft!", da fragte der burli die böse frau ob das der wahrheit entspräche, und natürlich sagte die böse frau nein, das sei gar nicht wahr, und jetzt raten sie einmal wer dann wieder einmal der schlechte mensch in der familie war.

wenn ich einen pullover wollte, dann kaufte ich die wolle im geschäft, denn die böse frau brauchte alle die sie hatte selber, nur manchmal bekam meine tochter was für einen pullover, den musste aber dann ich stricken damit das kind was zum anziehen hatte, wie die böse frau meinte. besonders gerne beglückte sie uns übrigens mit solchen geschenken wenn wir zum beispiel gerade übersiedelt waren und aus den kartons lebten, oder wenn wir gerade irgendwas in der wohnung umbauten, oder ich besonders viele überstunden machte. und dann rief sie dreimal täglich an und fragte nach dem zu strickenden teil. und das fräulein tochter hatte auch immer ziemlich genaue vorstellungen von dem was sie wollte, besonders lang und besonders weit und besonders dicke zöpfe, und das eine muster von hier und das andere von da, zweihundertfünzig und mehr maschen für ein vorder- oder rückenteil, was ein spass. immerhin aber war sie stets sehr zufrieden mit meiner arbeit.

aber es geht ja der krug zum brunnen bis er bricht, und so kam es dass die böse frau herzkrank wurde und nicht mehr konnte wie sie wollte, und also musste sie die wohnung in wien aufgeben. ausräumen konnte sie diese nicht mehr selber, das wichtigste stellte sie zusammen zum übersiedeln, und den rest erledigte der burli.

und auf einmal rief mich der burli an und meinte, wenn ich wolle bräuchte, da scheine einiges in der wohnung zu sein. was denn auch den tatsachen entsprach.

das "kabinett" hatte über zwanzig quadratmeter, und da hinein hatten der burli und seine frau die wolle getan, die sie in den verbliebenen schränken gefunden hatten. in dem kabinett war nichts ausser wolle - und zwar weit über einen meter hoch, von einer wand zur anderen. grosse säcke, kleine säcke, einfarbige und bunte, plastik, stoff und papier, alles prall gefüllt, und darüber hüpften einige der solo-knäuel und hatten ihren spass damit uns meuchlings zu attackieren auf der suche nach ihrer verwandtschaft, den restlichen neun knäueln der partie. angefangene strickereien, auf nadeln und auch nicht, babywesten, herrenpullover, mützen. schachteln mit feinster angorawolle, kartons mit mohairwolle, kartons mit alpakkawolle, spulen mit effektgarnen aller arten, kartons mit teppichwolle. auch stramin und vorlagen zum teppichknüpfen fanden sich, natürlich bunt gemischt und also nicht zuordenbar, grob gerechnet wären allein die - natürlich meist angefangenen - teppiche ausreichend gewesen um eine fläche von fünfzig quadratmetern zu bedecken.

da wurde auch dem burli anders, aber wie das so ist als y-chromosomenträger und haupterbe, da kann man ja ums verrecken nicht zugeben dass da nicht nur was nicht stimmen kann, sondern schon seit jahren einiges im argen hat sein müssen. aber er erlaubte mir immerhin ein paar handarbeitsfetischistinnen herbei zu zitieren, damit die sich bedienen konnten.

was soll ich sagen: hätte die böse frau alleine die strickwolle verstricken wollen, und hätte sie jede woche einen grossen pullover gestrickt, dann hätte sie an die dreihundert jahre alt werden müssen um das alles zu verstricken. man könnte auch sagen, kulant gerechnet lag allein in diesem kabinett der gegenwert von runden öS 250.000.-- in sonderangebotswolle, vorausgesetzt man berechnete ein kilo erstklassiger qualität mit öS 50.--, bei einem normalverkaufspreis von öS 200.--, grob geschätzt, weil genau nachrechnen konnte man das nicht. für ein anständiges auto mit allen rafinessen hätte es aber mit links gereicht.

es fand sich auch ein angefangenes babywestchen für mich, das lag schon weit über dreissig jahre herum, und so weiter und so fort.

nun war die wolle ja teilweise jahrzehntelang fest zusammengedrückt in schränken oder kartons verpackt gewesen, und als diese nun geöffnet wurden, da atmeten die knäuel auf, und schnappten nach luft, und dehnten und streckten sich, und begannen sich zu regen und zu bewegen und ihr altes volumen wieder anzunehmen, und so platzten die alten plastikfolien und liessen eine unzahl an lustigen bunten bällchen frei. und es schien, als vermehrten sich die kleinen teufelchen auch noch mit rasender geschwindigkeit, und die berge wurden höher und höher und wankten und schwankten bedrohlich.

ich kaufte mehrere rollen der 600 liter fassenden schwarzen müllsäcke, und hiess die strickbegeisterten damen einfassen. wäre fast fatal ausgegangen zu beginn, weil meine freundin e., eher von kurzer statur, nachdem wir ein stück fussboden freigeräumt hatten kurzfristig unter einem wollberg verschwunden war und nur durch brachiales eingreifen seitens des burli wieder ans tageslicht befördert werden konnte. sie verliess den ort des geschehens leicht geschockt und mit einem auto voller wolle: kofferraum und fahrgastraum liessen nur mehr platz für sie selbst.

die frau des burli wollte auch wolle, für sich und ihre mutter und ihre schwester, gott sei dank hatten sie einen vw-bus, da ging schon was rein.

rosa- und lilafarbene wolle bekam die eine kollegin in der damaligen fabrick, 1.800 liter, und den stramin und die teppichwolle holte die schwägerin einer anderen kollegin, die kamen mit zwei kombis, und: beide autos vollgeladen.

ein paar säcke - wenn ich mich recht erinnere, drei oder vier pkw-ladungen voll - lud ich irgendwie ebenfalls in der fabrick ab, zur freien entnahme.

auch ich bediente mich, vorsichtig, gebrannte kinder scheuen ja das feuer wie man weiss.

der entrümpler sah nur die reste und meinte, so eine menge wolle habe er in dreissig jahren entrümpeln noch nie in einer privatwohnung gesehen, und führte die restlichen zwölf 600 liter-säcke zu einer behindertenwerkstatt, deren betreiber die angekündigte menge nicht ernst genommen hatten und ergo ein kleines unterbringungsproblem anmeldeten. aber der entrümpler blieb hartnäckig, lud aus und flüchtete eilends.

die wolle, die in meinem alten büro gelagert war ersuchte man mich abzuholen, ich weigerte mich aber und ersuchte das zeug den reinigungsdamen zu überantworten, meinethalben auch anzuzünden, in die donau zu kippen, durch wien zu rollen, oder sonstwas damit anzufangen.

die wolle, die im haus gelagert war, blieb dem burli zunächst teilweise verborgen weil die böse frau alles gut versteckt und unter fremdtiteln in schränken verstaut hatte, gerne auch unter einer schicht tarnender föhrenbockerln, was nicht so klug war, weil sie die kartons mit unten wolle und oben bockerln in den zukünftigen partykeller getan hatte, die geschlossenen bockerln zum trocknen, und als die bockerln dann trocken waren und aufsprangen und ihre samen ausspuckten, da hüpften sie herum in dem doch ziemlich grossen raum und hatten sich teilweise an wollfäden geklammert die ihrerseits aus wollknäueln herausschauten, und den rest stellen sie sich bitte selber vor.

diesen vorrat konnte man nur mehr auf der deponie entsorgen, was auch geschah: sie haben ja hoffentlich keine ahnung davon wie föhrenharz klebt, aber vielleicht können sie sich ja noch an die pechhäferln erinnern mit denen früher das harz gesammelt wurde. wenn man da anstreifte, dann aber: hossa.

die böse frau war in der zwischenzeit in eine wohnung unten im ort gezogen, die sie sich gekauft hatte weil der burli erst in einem gemieteten haus gewohnt hatte weil die böse frau keineswegs mit ihrer schwiegertochter, weil: die beste frau für den burli war ja sowieso sie selbst. als die böse frau starb, fanden sich natürlich auch in der wohnung noch mehrere kartons mit wolle, und ein paar angefangene teppiche, landete alles auf der deponie.

vor etlichen jahren dann musste das dach des hauses repariert werden, und ganz hinten im eck fand der burli, sie erraten es: einen aber auch schon wirklich riesengrossen karton mit: wolle. und mit riesengross meine ich: zwei mal zwei meter bodenfläche, und eineinhalb meter hoch. man konnte gerade noch hineingreifen um die oberste schicht abzutragen.

fragen sie mich bitte nie, warum ich wollreste aus prinzip manisch bis auf den letzten faden verarbeite. irgendwie scheine ich da einen klitzekleinen knacks behalten zu haben.

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4 Stunden für eine Socke!!! Meine Hochachtung!!! Habe Sie vielleicht Nadeln mit Raketenantrieb??? So 10 - 12 Stunden für ein Paar werd ich schon brauchen. Bin aber auch nicht mehr so schnell wie früher.... Bin zwar auch Wollaholikerin, aber meine Vorräte beschränken sich auf geschätzte 4 - 5 Kilochen. Naja vielleicht auch 6.....

Wollige Grüße an Frau Kelef und Frau Hunt

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wollige grüsse zurück.

und: ich hab keine nadeln mit raketenantrieb, ich hab' übung.

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genauso bin ich auch.
ein woll-messie.
aber jetzt kann ich ja auf stoffmärkte gehen und stoffe online bestellen.
und aus großen kleidern kleine nähen, und aus rausgewachsenen 2 langen hosen 1 passende lange und 1 passende kurze kann ich auch.

(ich krieg angst vor mir)

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liebste frau marion, an die böse frau werden sie nie heranreichen.

prinzipiell ist ja gegen weiterverwenden nichts einzuwenden, auch nichts gegen ändern, und auch nichts gegen sonderangebote.

aber diese unvorstellbaren mengen, die hatten schon was. und jedesmal, wenn ich die böse frau fragte ob sie mir vielleicht ein wenig wolle abgeben könne - natürlich hätte ich sie ja auch bezahlt, da ging es eben auch um den preis und um die zeit - da verneinte sie bösartig und meinte, das wenige das sie habe brauche sie selber. ganz dringend.

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Das Horten von irgendwelchem Zeugs ist nicht untypisch für die Generation der Kriegskinder. Das kenne ich auch von anderen der Jahrgänge von 1930 bis 1945. Davon aber partout nichts abgeben zu wollen, nicht einmal dem eigenen Kind, war wohl der Persönlichkeit der bösen frau geschuldet.

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horten ist ja schön und gut, und nix abgeben wollen auch. das hätte mich jetzt nicht so aufgeregt.

aber die mengen, die sich damals auftaten, waren atemberaubend. alleine in der wohnung ein 25 m² grosses zimmer einen meter hoch - von wand zu wand: nix als säcke mit wolle. es war unbeschreiblich. und, grob geschätzt, kam aus den anderen verstecken - so sie jemals alle geortet wurden - noch einmal die gleiche menge dazu.

dass sie das gleiche auch mit tellern, gläsern, kochgeschirr, stickgarnen, etc. machte, ebenso mit bettzeug, handtüchern, badetüchern, bracuht nicht erwähnt zu werden. bei diesen dingen nahm es allerdings nie die woll-ausmasse an. das war schon ziemlich krank.

ebenso krank war die gehirnwäsche, die sie dem burli verpasst hatte: wenn ich einmal der wollmengen, die sie bei mir im büro in einem leeren riesenschrank gelagert hatte, erwähnung tat, raten sie einmal, wer das arschloch war: icke. denn die böse frau sagte ja, dass das nur "ein bisserl" was war, das sie gerade nicht hatte tragen können. dass der burli seinen hintern einmal gelüpft und nachgeschaut hätte, das stand nicht zur debatte, weil "wenn die mama das sagt". deshalb hat er auch das haus geerbt, und den grund, und alles was dazugehörte. weil er ein braver burli war.

und dann hatte er die wollmengen eben auch auf dem genick. und konnte es nicht und nicht fassen. so wie die sache mit dem geschirr. aber das war einfach, alles alte und nicht wirklich vollslätndige, und das, was man "heute nicht mehr hat" kam auf die deponie: das meissner porzellan, einige böhmische überfanggläser, verschiedene miniaturen, alles weit über 100 jahre alt, aber der burli und seine frau hatten ja gerade neue gläser und geschirr gekauft, im blau-gelben möbelhaus. und mich hat keiner gefragt, ich konnte nix retten.

wenn der burli wenigstens die zerbrechlichen teile in die restwolle gewickelt und dann sorgsam irgendwohin gebracht hätte, aber das waren ja lauter alte sachen. ach ja.

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Klar ist das irgendwie krank, solche Mengen zu horten. Bei ihr war es Wolle, bei anderen Kriegskindern sind es andere Dinge. Und es kann einem schlecht werden, wenn man bedenkt, welche Werte darin stecken, Geld, dass man auch sinnvoller hätte einsetzen können.

Die Traumen der Kriegskinder wirken in den Familien übrigens fort, die nächste Generation bekam auf die ein oder andere Weise meist auch etwas ab. Anders als Sie vermochte der Burli der Gehirnwäsche anscheinend nichts entgegenzusetzen.

Dass er und seine Frau den Wert von Meissner Porzellan, böhmischen Glas und den Miniaturen nicht erkannten, macht die beiden zu kompletten Banausen - die obendrein noch zu doof waren, wenigstens Sie zu fragen, ob Sie es haben möchten, wenn sie es selbst schon nicht wollten. Sehr, sehr ärgerlich. Zumal Ihnen doch ein Pflichtteil vom Erbe zugestanden hätte.

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ich hab die wollmengen ja einmal umgerechnet - das wäre ein tadelloser, besserer mittelklasse-wagen mit allem pipapo gewesen (alleine in der wohnung waren das vor bald zwanzig jahre weit über öS 100.000.-- die die böse frau BEZAHLT hatte: und sie kaufte nur abverkaufsware etc.). alles in allem schätze ich also, haben wir dann den gegenwert von einer viertelmillion schilling alleine an wolle hergeschenkt und entsorgt.

und natürlich haben wir ordentlich was abbekommen, auf die eine oder andere weise. nur: ich weiss es schon sehr lange und tu was dagegen, der gehirngewaschene ist stolz auf sich.

und dass die beiden den wert nicht erkannten, ist eines, ich hab es denen aber mehrmals gesagt. natürlich konnten sie aber nicht zugeben dass ich mich vielleicht auskennen täte - ich war ja nur ich. dass sie es mir nicht vergönnt haben: jo mein, ich hätt' sowieso keinen platz für diese unmengen gehabt. die paar möbelstücke, ohne die ich quasi nicht leben konnte (in meinen schreibtisch hab' ich mich schon als kindergartenkind verliebt), die habe ich gerettet, und ein paar wenige bücher. man muss ja auch an die erben denken, die dann was damit anfangen müssen.

es ging gar nie nicht um "ich will das haben", sondern lediglich um "das sind alles einzelstücke, die es daher nur einmal gibt. man sollte sie daher mit wertschätzung und respekt behandeln, und zusehen dass sie einen guten platz bekommen damit sie weiterbestehen." meinetwegen hätten die das zeug doch VERklopfen können, aber doch nicht ZERklopfen.

dass man dinge, die man ohne mit der wimper zu zucken dem dorotheum auf den tisch stellen und versteigern lassen kann, oder mit denen man - wie im fall der gläser - einem museum eine freude machen kann, lieber auf der deponie zertöppert bevor man ... ach, es ist zum kotzen. diese respektlosigkeit vor dingen, die dann einfach unwiderbringlich weg vom erdboden sind, nachdem sie über mehrere generationen in der familie weitervererbt wurden, zwei weltkriege überdauert haben, wertgeschätzt wurden, betüddelt wurden und gepflegt, und eben durchaus in summe einen ganz ordentlichen wert repräsentierten obendrein. aber je nun, was soll man tun ausser leise weinen.

aber der burli und seine frau haben sich sehr hüppsch eingerichtet bei blau-gelb et al., kann man nicht meckern. und so stil- und geschmackssicher.

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Angesichts Burlis Ignoranz und Dummheit hätte ich in der Situation wahrscheinlich einen gehörigen Wutanfall bekommen. Normalerweise reagieren solche dummen Personen zumindest beim Gedanken an das Geld, das diese alten Dinge Wert sind, vernünftiger. Falls die beiden Nachkommen haben, ärgern die sich wahrscheinlich grün und blau, wenn die mitbekommen, was die beiden Banauseneltern alles auf den Müll geworfen haben. Mal abgesehen davon, dass Ihre Tochter womöglich später einmal auch ganz gern das ein oder andere alte Stück aus dem Familienbesitz gehabt hätte.

Was das Horten angeht: Fragen Sie mich lieber nicht, wie viele Flaschen Wein meine jüngere Schwester Rosarium, ihr Mann Kaktus und ich vor einiger Zeit bei unserem Vater weggegossen haben. Da waren Auslesen aus dem Jahr 1963 darunter. Sind vergessen worden, weil keiner mehr einen Überblick hatte. Wir hätten viel mehr Feste feiern sollen. Nicht, dass da nun nichts mehr im Weinkeller läge. Schließlich waren es beim letzten Umzug vor 15 Jahren mehr als zehntausend Flaschen gewesen. Davon sind immer noch mehr als genug übrig. Nur die, die ganz offensichtlich nix mehr waren, sind jetzt im Orkus verschwunden. Mein Vater war sogar ganz froh drum, dass wir da mal aufgeräumt haben. Er hortet übrigens auch Bücher und CDs.

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für einen wutanfall war ich damals zu kraftlos ob der sauerei.

der burli konnte nicht auf das geld reagieren, weil: da hätte er mir zuhören und mir glauben müssen. und weil die böse frau ja immer schon gesagt hatte dass ich gierig und böse und gemein und neidig sei, und was sie alles mit mir hätte mitmachen müssen, da wusste der burli also ganz genau dass er mir nicht zuhören brauchte.

der burli hat ja auch die familienfotos, urkundne und alles was dazu gehört. die böse frau hat das alles in kuverts, kartons, wollsäckchen etc. gesammelt, leider steht nirgends drauf wer, was und wann. da der burli sich aber - als wir noch miteinander sprachen - standhaft weigerte mir die fotos auch nur zu zeigen, da schmeisst er jetzt alle, die er nicht zuordnen kann, weg. weil: man weiss ja nicht wer oder was das ist.

meine tochter versteht schon lange, die nichte und die neffen beginnen langsam zu verstehen, aber was weg ist ist weg. ich hätte ja auch scans genommen, und irgendeinen externen die arbeit machen lassen (und das auch bezahlt): aber die böse frau hatte ja immer schon gesagt ich wolle alles "haben" (siehe auch: http://gastgeberin.blogger.de/stories/1321424), und da kann der burli natürlich nicht dagegen handeln.

dabei liegt die böse frau seit jahren unter der erde. der vater meiner tochter fragte mich neulich, ob ich wenigstens am grab gewesen sei und draufgespuckt hätte, meinte ich, schade um die spucke. mein langjährigster freund stand daneben und meinte, das verstehe er. von anderer seite erfolgte zustimmung. nichte und neffe standen auch daneben und kriegten kugelrunde augen, als da verschiedene personen, die sie teilsweise gar nicht wirklich kannten, sich so freundlich über ihre grosseltern äussern hörten. so erledigen sich manche dinge von selbst, da muss man gar nichts selber tun.

wein konnte keiner überlagern, den hat der burli gesoffen.

aber bei irgendeinem assoziationsspiel (was fällt dir ein zu ...) kriegte meine tochter das wort "marmelade". was fiel ihr dazu ein? nun:"schimmlig, kann man trotzdem essen.".

schade um all diese dinge, um den wein und die marmelade, schade vor allem wenn die jäger und sammler nicht einsehen wie viele kreuzfahrten, luxusurlaube oder was weiss ich sie um dieses rausgeworfene geld hätten haben können. die böse frau sass immer herum und jammerte, sie habe kein geld. was sich dann auf dem konto fand war eine andere geschichte. aber sie konnte sich nicht einmal eine putzfrau oder ein taxi leisten, geschweige denn einen urlaub. schlimm, sowas.

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Man mag kaum glauben, dass der Burli mit Ihnen verwandt ist. Ja, zum Glück erledigen sich manche Dinge von selbst ohne eigenes Zutun.

Es jammern nicht alle, die horten. Mein Vater ist nicht kleinlich, er hätte uns jederzeit so viel Wein, wie wir wollten, geschenkt. Er selbst trank nicht mehr davon, als gesund ist.

Ich finde das alles eher bedrückend, weil ich den Eindruck habe, dass es ihn in gewisser Weise auch belastet. Im Grunde ist das nur Ausdruck seines Traumas.

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das hat man ja oft in familien, dass die einzelnen teile davon so unterschiedlich sind wie nur möglich. grundsätzlich sollte das ja kein problem sein, wenn jeder die stärken und schwächen des anderen kennt und entsprechend damit umgeht: dann können alle profitieren. ist halt manchmal anders.

natürlich gibt es auch sammler, die freigiebig und grosszügig mit der beute umgehen, das sind dann aber eher die jäger, die am erbeuten freude haben, und die nur horten weil sie dann nicht wissen wohin damit.

die sammler sind die, die sich nicht trennen können. schlimm, wenn beide seelen in einer brust wohnen.

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Oh,
ueber 35 Jahre her, dass ich einmal stricken lernte. Damals noch ein Novum. Nun gut.

Aber wissen Sie jetzt, woher die Mainzer Fastnachter ihren Spruch haben? "Wolle mer se roilosse?"

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"enoi middem" hat aber nichts mit Fastnacht zu tun.
(Steh auf, wenn du ein Mainzer bist...)
Vor 35 Jahren hat sogar Joschka Fischer das Stricken gelernt- und später war er, das wissen wir ja.

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ich hab auch stricken gelernt, hab ich. vor höchstens 30 jahren, wenn nicht gar 29. und jeden winter plane ich, mir einen pullover zu stricken, und immer ist es eiskalt, eh ich auch nur zum wolle einkaufen komme.

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Ich habe einen kleinen Sack mit anderer Leuts Wollresten, und manchmal setze ich mich in die öffentlichen Verkehrsmittel und stricke an einem Schal, der aus vielen verschiedenen Farben und Materialien gestreift ist, und tarne mich so sehr erfolgreich als übriggebliebener Öko-Schluffen im Endstadium.-

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ich bin ja sowieso der meinung, dass männer durchaus stricken können sollten. und frauen bohrmaschinen bedienen. und so weiter.

hebt die selbständigkeit und unabhängigkeit ganz ungemein.

wobei natürlich jeweils rücksicht darauf zu nehmen ist wie die begabungen verteilt wurden. aber grundsätzlich: was man kann und weiss ist das einzige, was einem keiner wegnehmen kann.

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Jessas!
Ich musste sofort an das Märchen vom magischen Breitopf denken.
http://www.textlog.de/40141.html
So stelle ich mir das Öffnen der Kästen und Truhen vor. Dass Sie überhaupt noch stricken mögen, grenzt an ein Wunder.

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Da merk ich wieder mal, dass ich aus uralten Zeiten stamme: Stricken, häckeln, nähen, stopfen und was der "weiblichen" Fertigkeiten mehr sind, hab ich in der Schule gelernt. Die Mädels haben dafür ebenfalls Werkunterricht gehabt.
Das waren noch Zeiten......:-)

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@kaltmamsell: ziemlich genau so wie die sache mit dem breitopf, da haben sie recht. leider war aber der unterschied der dass es keinerlei positive nebenwirkungen gab, und auch niemanden der rechtzeitig "wolle aus" gesagt hätte. schauderhaft. stricken beruhigt mich irgendwie, die alten grossen modelle kann ich nicht mehr, aber socken und so sachen funktionieren noch sehr gut, die sachen die ich stricke dürfen nur nicht zu schwer sein. der orthopäde hat mir ja aufgetragen die fingerbeweglichkeit zu trainieren, damit die beweglichkeit der gelenke nicht allzu schnell völlig weg ist, und hatte im angebot: trainingsbällchen, stricken, klavierspielen, tippen. blieben also stricken und tippen (daher: socken galore und lange blogeinträge und -kommentare). man muss sich arrangieren.

@sarkas: "weibliche" und "männliche" fertigkeiten, wenn ich das schon höre oder lese. aber vielleicht bin ich da auch erblich schwer vorbelastet.

mein vater liess bei mir "kann ich nicht" erst gelten, wenn ich es vor zeugen mehrfach probiert hatte, das galt für das füttern einer betonmischmaschine (und ja, der von mir gemischte beton hat gehalten) genauso wie für das bedienen einer zugsäge oder bilder sticken oder was auch immer.

im gegenzug war meine mutter immer stolz darauf, keinen nagel in die wand schlagen zu können zum bilder aufhängen. ihr argument: das hab ich nie notwendig gehabt, ich hab ja einen anständigen mann gehabt (sie heiratete mit fast dreissig, bis dahin gab es vermutlich keine bilder an der wand).

heute ist es ja wieder so, dass die kinder in der schule auch handarbeiten und werkunterricht haben. kommt aber natürlich auf die lehrkräfte an, was daraus gemacht wird. und eben auch auf die persönliche veranlagung. nadelstickerei ist mit sicherheit nix für grobmotoriker, da kann man machen was man will.

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I'm loving it! :)

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hope so -
war ja quasi ein auftragsblogging. damit ich die geschichte nicht immer wieder erzählen muss.

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wow - das hätte selbst mich aus den (selbstgestrickten) socken gehauen. dabei war ich der annahme, nur meinereiner hätte unmengen an wolle gehortet. für schlechte zeiten und so. weiß man ja nie. morgen werd ich gleich einen zahn zulegen beim stricken damit ich nicht eines jahres an die böse frau heran reiche....
lg

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