Samstag, 28. August 2010
leichte arbeit
anno 1983, eisenhüttenstadt, campverwaltung.

im camp wohnten bis zu 2.900 personen, aus an die 20 nationen - vorausgesetzt, man zählte die diversen minderheiten nicht auch noch mit. natürlich fiel da auch eine menge wäsche an, und also gab es auch eine riesengrosse wäscherei mit riesengrossen waschmaschinen und ebensolchen trocknern. und riesengrosse regale mit bergen von bettwäsche, decken, polstern, handtüchern.

zuständig für diese grundausstattung war nämlich der arbeitgeber, der entsprechend auch für die reinigung zu sorgen hatte. privatwäsche konnte in die wäscherei nach ei-hü gebracht werden, resp. wurde von dort abgeholt und wieder sauber, gebügelt oder geputzt zurückgebracht, da gab es nichts zu meckern.

die annahme von jeans verweigerte die wäscherei allerdings hartnäckig, mit der nachvollziehbaren begründung: ei-hü liege so nahe an der grenze, der oderbruch sei auch militärisches sperrgebiet, ergo gebe es russisches militär in mengen, ergo: no jeans. weil, mitgenommen hätten die die schmutzigen ja schon, und auch gewaschen, aber in der wäscherei war solchen kleidungsstücken keine lange verweildauer gegönnt, jedenfalls waren jeans aus ungeklärten gründen konstant von einer dematerialisierung betroffen, besonders natürlich markenjeans.

oberaufseherin über die camp-eigene wäscherei war übrigens e., ihr mann, ein steirer, hatte ihr trotz ihrer ursprünglichen ddr-zugehörigkeit bei unserem österreichischen arbeitgeber diesen job besorgen können, sie hatte eine gültige arbeitserlaubnis. e. war eine sehr kleine, eher nicht zu dünne, unglaublich quirlige, fröhliche und warmherzige frau. sie und ihr mann hatten sich, wie man sagt, gesucht und gefunden, die passten einfach zusammen dass es eine freude war.

jedenfalls, auf der jagd nach frischer bettwäsche kam frau kelef in die wäscherei, und suchte nach e. - die sollte dort sein. nun ist frau kelef eher gross, und e. war eben klein, also wurde zuerst einmal nachgesehen, auch in gebückter haltung: keine e., hinter den lauten maschinen: keine e., ebensowenig auch in den nebenräumen. frau kelef also rief mit lauter stimme, und die antwort kam: von oben.

da die wäsche so viel war, und die regale so hoch, und e. so klein, da hüpfte letztere quasi wie ein eichhörnchen mit den nüssschen von regal zu regal, immer mit der zu lagernden wäsche in grossen bündeln auf dem rücken oder unter den armen. zwischendurch flink über die seitenteile oder manchmal doch die leiter wieder auf den boden, nachschub gefasst, in halber höhe zwischengelagert, mit einem atemberaubenden tempo.

"e.!!!" schrie frau kelef, "bist du wahnsinnig? hol' dir doch um himmels willen einen grossen, starken mann der dir hilft! das ist doch viel zu schwer für dich, ist doch nicht mitanzusehn wie du dich schindest!"

"ach, mensch, frau kelef, das ist doch nichts, das ist doch leichte arbeit! ist doch nur wäsche!" meinte e. völlig verwundert.

frau kelef schaute die wäschemengen an, die berge von schmutzwäsche, weitaus höher als e. selber, dachte an das gewicht nasser wäsche die ja aus den riesenmaschinen irgendwie in die riesentrockner gehievt werden mussten, und schauderte.

"wenn das leichte arbeit ist, kannst du mir dann bitte sagen was schwere arbeit ist?"

"ach mensch, frau kelef, ich komm' doch vom gleisbau, war ja strafversetzt wegen westkontakt. das hier IST leichte arbeit, glaub' mir."


als e. nämlich ihren späteren mann kennengelernt hatte, und der kontakt zu diesem über das vom staat konzidierte mass hinauszugehen drohte, da musste erst e. tochter in ein internat, und e. dann eben zum gleisbau. schienen verlegen für die bahn. aber weil ihr trupp zur gänze aus frauen bestand, da mussten die nur sechs stunden am tag arbeiten. letztlich musste ja auch für die offizielle vollbeschäftigung sorge getragen werden.

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