Mittwoch, 4. November 2009
von der kunst, einen yogi zu kaufen
es ist ja schon ziemlich lange her, aber ich kann mich noch immer sehr gut daran erinnern.

meine tochter war so um die acht jahre alt, und hatte - es tut mir noch immer in die seele hinein weh - viel zu viel kontakt mit der frau, die mich geboren hatte. daran konnte man zu diesem zeitpunkt nichts mehr ändern, irgendwie wäre es ja auch nicht wirklich möglich gewesen dem kind zu erklären es hätte ausser der mutter überhaupt gar keine verwandten, nicht onkel noch tante oder so, aber wie man es macht macht man es falsch, manchmal.

die frau, die mich geboren hat - nennen wir sie der kürze halber ab nun: die böse frau - war eine in sich ziemlich gestörte person, und von einiger boshaftigkeit, man könnte auch sagen bösartigkeit. natürlich hatte sie noch ein paar andere schrauben locker, aber alles auf einmal kann man nicht aufschreiben.

jedenfalls war sie tunlichst bemüht, meine tochter gegen mich aufzubringen. jedes mittel war ihr dazu recht, von lügen, bestechungen, beschimpfungen, unterstellungen bis zu unterschlagungen.

ich meinerseits, viel zu lange fehler bei mir selbst suchend einerseits (wenn man als kind schon eingeredet bekommt dass man wertlos und dumm ist funktioniert das ja recht gut), andererseits aber auch an das gute im menschen glaubend und nicht begreifen wollend dass eine grossmutter dem enkelkind die mutter so schlechtmachen kann, und überhaupt und alldieweil, jedenfalls, ich wollte dem kind den kontakt nicht verbieten.

immer wieder warf mir die böse frau vor, ich ginge zu wenig auf die wünsche meiner tochter ein, nie bekäme die was sie sich wünschte, auch wenn es sich nur um kleinigkeiten wie eine schokolade hier oder eine kleine plastikfigur dort handle.

natürlich kreierte die böse frau auch eine geheimsprache, damit nur das enkelkind und sie selbst verstünden wovon die rede wäre. mein unverständnis wurde dann immer mit: du beschäftigst dich eben zu wenig mit deinem kind! oder ähnlichen freundlichkeiten geahndet.

nun, ich hatte mir einerseits beizeiten einen ziemlichen schutzpanzer zugelegt, und andererseits tut es ja ziemlich weh wenn man mindestens dreimal täglich den kopf gegen die tischplatte knallt und lenkt damit gut ab.

unter anderem lernte ich also die geheimsprache. uwe wurde bald als unterwäsche, folgerichtig uho als unterhose, uhe als unterhemd identifiziert. schoki war einfach als schokolade, nusu weniger einfach als nudelsuppe zu erkennen. dass die pallas von der oma keineswegs der griechischen mythologie, sondern als palatschinken der wiener küche zuzuordnen waren, und schnitzerl eine koseform für schnitzel war und keineswegs den unterschied zu grossen schnitzeln signalisierte, grüsa grüner salat war und so weiter und so fort, das beherrschte ich nach einer weile quasi im schlaf.

und es begab sich, dass weihnachten nahte, und ich in einem telefonat die böse frau, um ihren schimpftiradenfluss zu unterbrechen, fragte ob sie vielleicht irgendeinen besonderen wunsch des kindes zu erfüllen gedenke, weil es ja wenig sinn mache irgendwas doppelt zu schenken.

die böse frau dachte nach, holte tief atem und meinte dann böse: du kümmerst dich ja sowieso nie um das was sie will, dabei tät sie sich so freuen wenn du ihr einen gelben yogi kaufen tätest!!!

einen gelben yogi? frug ich, leicht verwundert.

ich sag ja, du kümmerst dich nicht um das was dein kind will, blablabla ...

nun, ein gelber yogi, also ich meine, nun ja, aber wenn es denn ein gelber yogi sein sollte, nun denn, soll sein. eigentlich dachte ich, das sei irgendsoeine spielfigur deren auftauchen in irgendwelchen schaufenstern oder werbungen oder was weiss ich wiederum an mir vorbeigegangen war. also aufgemacht.

was soll ich hier berichten. wochenlang latschte ich durch die gegend und befragte gott und die welt nach yogis, insbesondere gelben, gerne aber auch roten oder grünen, auch goldene oder weisse, und nein, keiner wusste was. spielzeuggeschäfte, konditoreien, buchhandlungen, spielegeschäfte, alles gab es dort, ausser yogis. noch nicht einmal in den damals recht häufigen indischen läden gab es auch nur einen einzigen yogi, nächtens wachte ich auf und machte mir die bittersten vorwürfe, so freuen würde sich das kind, und nicht einmal diesen einen, einzigen kleinen wunsch konnte ich ihr erfüllen. herr, lass einen gelben yogi vom himmel fallen, gottgläubig war ich ja immer, nur eben keiner kirche steuerpflichtig, und gebete halfen ja manchmal, aber was soll ich sagen: kein yogi.

das kind, gut präpariert von der bösen frau, antwortete auf eine vorsichtige frage nach yogis mit einem freundlichen: die oma hat schon gesagt dass du dumm bist, nicht einmal das weisst du.

danke, böse frau, dachte ich, und schloss sie in mein abendgebet ein: herr, lass mich einen yogi finden, und lass die böse frau unter einen autobus geraten.

nichts passierte. kein autobus, kein yogi.

irgendwann - weihnachten näherte sich immer mehr - fasste ich mir ein herz und kontaktierte die böse frau fernhallophonisch.

hämisch warf sie mir verschiedenes ins ohr, von unverständnis für meine tochter, zu wenig wissen was diese sich wirklich wünsche, in welcher welt ich eigentlich lebte, und dass ich immer nur an mich selber denken würde.

was, in aller welt, hat es mit dem yogi für eine bewandtnis, böse frau? frug ich zum wiederholten male, nunmehr schon leicht schluchzend, die stirn in bewährter manier gegen die schreibtischplatte schlagend, von konvulsivischen zuckungen geplagt.

du bist so deppert! sagte die böse frau schliesslich voller genugtuung. das ist doch unsere geheimsprachenabkürzung für vanillejoghurt, den in der gelben packung.

danke vielmals. ich liebe abkürzungen immer noch.

p.s.: das kind hat mich übrigens niemals, wenn ich nach irgendwelchen essenswünschen fragte, um ein vanillejoghurt gebeten. niemals nicht.

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wenn es nicht so schlimm wär, wärs zum lachen.

noch 6 Wochen bis Weihnachten und ich hab weder Geschenke noch 1 Idee. Von der lieben Frau hier gibt es so wundersame Geschenke wie riesige Friseurköpfe, bellende Alienhündchen mit leuchtenden Augen die im Kreis herum hüpfen oder musizierende rote Minis (aus Wien war der !) die die Türen öffnen, mit den Scheinwerfern leuchten und der Mutter den letzten Nerv rauben.
Im Ferienhaus in Holland lag eine Bausteinekiste mit der Aufschrift " ohne Tatütata". Wie schön war das.

Manchmal habe ich das Gefühl, Großmütter wollen an den Enkeln nachholen, was sie an den Kindern versäumt haben. Schrecklich ist das. Die Enkel werden zum späten Kindersatz und genausowenig als eigenständiger Mensch wahrgenommen, wie damals die Kinder. Außerdem macht man angeblich als Mutter sowieso alles falsch. Ich sag schon gar nix mehr weil ich es leid bin.

Meine Tochter hat sich diesmal vom Nikolaus eine Ritterburg gewunschen. Aber die passt nicht in den Strumpf. Das kann ja heiter werden. Yogi tät passen.

(ich wünsch mir jetzt einen, so als kleiner Mann im Ohr, einen Yogi in gelb-Orangener Kutte, der mir immer wieder "Ommmmm" ins Ohr flüstert. Das wäre wunderfein)

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Ich nehme mal an, das sie jetzt keinen Kontakt mehr zur bösen Frau haben?

Gut, dass ich so eine Erfahrung nicht machen musste. Im Gegensatz zum Gatten, der hatte einen scheiß Vater und eine unfähige Mutter.

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Pallas haben wir auch gesagt, das ist wohl usus in Wien? ; )

Jedenfalls - welches Kind wünscht sich ein Joghurt zum Weihnachten - Schreck laß nach : )

Weia - ich.. hab zwar heute auch paar alte Mamazwerggeschichten im Zorn ausgegraben, bin da seh dankbar, daß ich nur diesen einen hab (so wie er halt ist - momentan seeeehr lieb, ist aber im krankenstand, also vllt von daher *gg*) und den pösen Stiefdrachen, der nun wohl eh von uns geschieden ist.


@marion
Meine Güte, gut, daß Sie das sagen. Ich weiß zwar, daß Weihanchten kommt - aus andren Gründen. Aber über Geschenke (die hab ich normalerweise schon Anfang Nov. ) hab ich noch keine 2 Sekunden nachgedacht. Zu voll der Kopf mit andrem. So - muß notiert werden..

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@marion: die böse frau wollte nichts gut oder besser machen, die wollte einfach recht haben: da sie mich so lange als mehr oder weniger abschaum bezeichnet hatte, musste sie sich doch die bestätigung holen dadurch, dass sie die wunderbare grossmutter spielte einerseits und dem kind einimpfte dass ich als mutter der letzte dreck sei.

@frauaehrenwort: die böse frau ist seit langem sicher unter der erde. zum grab ginge ich höchstens um nachzusehen, ob sie auch nicht wiederauferstanden ist.

@sid: ich kenn nur palatschinken. das kind hat sich ja auch kein vanillejoghurt zu weihnachten gewünscht, nicht einmal überhaupt zu irgendeinem anlass. das war nur eine für die böse frau typische aktion.

@alle: wie frau marion schon sagte, eigentlich ist die geschichte an sich ja zum lachen, und das kann ich heute auch. nur der hintergrund bzw. die entstehungsgeschichte sind übel. aber stellen sie sich einmal vor, wie man in einer weltstadt nach einem gelben yogi als weihnachtsgeschenk fahndet und immer wieder scheitert - schon die gesichter des jeweiligen verkaufspersonals waren zum niederbrechen.

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ein sehr bitteres Lachen und ich kann mir kaum vorstellen, wie man solche Verletzungen erdulden kann, geschweige denn, ob, und wenn ja mit welchen Narben, die dann heilen können.

und, ja. das klingt leider logisch. ich möchte mir nur nicht eingestehen, dass es so sein könnte, denn Mütter müssen doch ihre Kinder lieben und zwar alle über alle Maßen und gleich? Da pack ich wahrscheinlich immer meine eigene GEschichte mit dazu, bei der ich mir ganz viel vormache, damit ich überhaupt es aushalten kann, unter 1 Dach zu wohnen.

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ach, frau marion, die zeit heilt viele wunden, manche besser, manche schlechter.

irgendwann hab ich begriffen dass am allerärmsten eigentlich die böse frau war, weil sie einfach nie begriffen hat dass bei ihr irgendwas nicht stimmte. dadurch hatte sie auch nie eine chance irgendwas besser oder anders zu machen.

arm war das kind, weil es auf sehr bittere weise - so wie auch ich - für dinge büssen musste die mit uns aber auch nicht das geringste zu tun hatten.

dafür haben wir den vorteil, dass uns viele menschliche verhaltensmuster zwar immer noch erstaunen, aber wir halten schlichtweg alles, im guten wie im schlechten, für möglich - das unterscheidet uns manchmal schon sehr von anderen. man muss die dinge nehmen wie sie kommen, und versuchen das beste daraus zu machen.

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Sprachlos macht das alles zu lesen. Und traurig. Ein wenig erinnert es mich an die Aktionen meiner Großmutter väterlicherseits, da lief ähnliches unter dem vielbeschworenen Motto „Ich mein's doch nur gut! Alleine die Wirkung hatte mit „es gut meinen“ wenig zu tun.

Meine Mutter hatte einen ähnlichen Kampf zu kämpfen in den sie immer wieder geraten musste, weil sie uns Kindern wiederum nicht die Oma nehmen wollte. Heute ziehe ich natürlich den Hut vor ihr dafür, als Kind war da nichts, was wir hätten wirklich verstehen können und sicherlich haben auch wir (bruder und ich) da viel verletzt in so einigem Nachgesagten, dessen Wirkung wir selbst nicht verstehen konnten.

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