Mittwoch, 6. Juni 2012
das pensionsalter hat er nicht erreicht,
der freund von frau pixy, der mit dem garten, in dem sie voriges jahr so fröhlich ihre ersten hakenschlag- und laufversuche nach der operation gemacht hat.

sie wissen schon: der mit dem bio-obst und den besonders guten him- und brombeeren, und den marillen: http://gastgeberin.blogger.de/stories/1850487, also der, der auch die besten paradeiser der welt gezüchtet hat, sagt frau pixy.

gar nicht so viele jahre älter als ich, von beruf schuster, das geschäft seines vaters, in dem er nach dem viel zu frühen tod seiner mutter praktisch aufgewachsen ist hat er später übernommen und im souterrain des hauses, in dem er auch wohnte (so wie vor ihm seine eltern), da hat er bis vor drei jahren auch gearbeitet.

das geschäft war hier am eck, von den wohnungsfenstern aus haben wir uns winken können. solange ich ins gymnasium ging bin ich jeden tag zweimal an dem geschäft vorbeigegangen, und meine grossmutter hat die schuhe dorthin gebracht zum richten. vom sehen hab ich ihn immer gekannt, und die letzten jahre oft mit ihm im wirtshaus getratscht, weil dieses eine wirtshaus genau am anderen eck ist, gegenüber von seinem geschäft, da ist er manchmal auf ein bier gegangen, können auch zwei oder drei gewesen sein.

in die pension ist er früher, weil er seine um über zwanzig jahre ältere lebensgefährtin bis zum letzten moment gepflegt hat. zum schluss hatte sie keine vierzig kilo mehr, blieb alle arbeit an ihm hängen.

wenn ihn jemand fragte, wieso er sich das antäte, es gäbe doch pflegeheime und so sachen, da schaute er immer ganz verwundert: "wie ich jung und blöd war, da war sie da für mich. jetzt bin ich da für sie." und dann hat er sie in den garten geführt, damit sie den sehen kann, und sie in eine decke eingewickelt beim sitzen, weil sie doch jetzt so dünn war, damit ihr nicht kalt ist. und dann hat er sie vorsichtig wieder nach hause gebracht, und ihr den einen stock hinaufgeholfen, war ja schon sehr mühsam für sie.

wie sie tot war hat er alles aufgelöst, und endlich genug zeit für seinen garten gehabt, in dem er viel vorhatte. jeden tag ist er die zwanzig minuten hin-und zurückgegangen, manchmal zweimal. und regelmässig zu ihrem grab gegangen ist er, ein bisserl mit ihr reden. aber sag's niemandem, hat er gesagt, die anderen verstehen das nicht.

ein neues auto hat er sich auch gekauft. und die wohnung renoviert, da waren so viele sachen die er gemeinsam mit "seiner", also seiner lebensgefährtin, eingerichtet hatte, erinnerungsstücke sind schon gut, hätte lange was gemacht gehört, aber sie hatte keine veränderungen mehr wollen. aber dann: ein neuer fussboden, ordentlich ausmalen, ein paar kleinigkeiten hier und da, und einen grossen fernseher.

ein paar freunde haben ihm zugeredet, es gäbe so viele witwen in der umgebung, nein, hat er gesagt, "meine" ist noch nicht so lange unter der erd', das interessiert mich nicht.

fortfahren hatte er die letzten jahre mit "seiner" auch nicht mehr können, also er schon, sie konnte nicht, ist er halt dageblieben.

das erste jahr nach ihrem tod war schwierig, hat er gesagt, aber dann: muss ja weitergehen.

sparsam war er immer, hat sich genau ausgerechnet wenn er wie mit dem geld umgeht wie lange das dann bei welchem lebensstil reicht, bis er 75 ist geht sich das aus, meinte er.

verheiratet war er kurz und vor sehr langer zeit, nicht mit "seiner" natürlich, das war eine komplizierte geschichte, und nach der scheidung ist die frau mit den kindern nach vorarlberg gezogen, da hat er lange zeit mit den kindern keinen kontakt gehabt, aber der sohn hat dann nicht locker lassen, und so ist ein gutes verhältnis entstanden. da war er sehr glücklich darüber, und sehr stolz darauf dass die kinder es zu was gebracht haben. die geschiedene hat das gut gemacht, und er hatte dann nach jahrzehnten auch ein gutes verhältnis zu ihr, sie besuchten sich gegenseitig und gaben sich quartier.

der sohn lebt in der schweiz, die tochter in vorarlberg, aber ein paar mal im jahr haben sie sich getroffen, die kinder sind nach wien gekommen, er ist sie - ganz stolz mit seinem neuen kleinen auto, mit navi und allem pipapo - besuchen gefahren.

voriges jahr hat er eine kreuzfahrt gemacht, der schuster, mit einem freund zusammen, in den norden. da ist er das erste mal geflogen, nach hamburg zum schiff, aber ein paar tage früher, weil er sich hamburg noch anschauen wollte, ausstellung gebucht schon von zu hause aus.

die kinder war er besuchen im vorjahr, was für eine freude mit dem neuen kleinen auto, wenn man da aufs gas steigt, weil: das macht spass!

mit ein paar anderen freunden war er ein paar wochen in rumänien, mit zelt/motel/hotel-übernachtungen und so. das war toll, hat er gesagt, und photos gezeigt und erzählt wie die menschen dort überall leben, und wie die städte und dörfer ausschauen, und wie anders dort alles ist. und mit der schwester und deren familie war er auf einer kroatischen insel, dort war es wiederum ganz anders, aber auch sehr schön, und so viel zu sehen gab es überall.

in sopron war er mit mir einkaufen, die kleine stadt hat ihm sehr gut gefallen, er konnte lange die häuser von aussen und von innen anschauen, das uralte pflaster in den höfen, die alten herrenhäuser, der uralte, schön restaurierte und revitalisierte stadtkern, und eine flasche barack hat er auch mitgenommen, die salami haben wir uns geteilt. im frühling fahren wir wieder, hat er gesagt.

im dezember hat er ein bisserl gehustet, das wetter, und kopf- und rückenschmerzen hat er manchmal gehabt, die bewegung im garten hat gefehlt, meinte er. hat ihm der doktor ein paar injektionen gegeben, dann war es wieder gut.

bei unserem tierschutz-weihnachtskonzert hat er uns geholfen die schweren sachen hin- und herzutragen, und er war ganz begeistert dass ein opernabend so schön sein kann. und die sechsjährige musiker-tochter, die auf der violine spielte - dem ganzen bezirk hat er es erzählt, so begeistert war er.

rund um weihnachten hat er angefangen sich zu überlegen wo er heuer mit wem aller hinfahren möchte. kreuzfahrt in den süden? auf die kroatische insel? gibt so vieles das er noch sehen will, hat er erzählt, jetzt, wo er zeit hat.

wie immer war er mit seinen kindern und deren anhang im jänner in ihrem stammort schifahren. beim spazierengehen hat er dann einmal nicht mehr weiterkönnen, und das eine bein war ganz geschwollen. drei tage hintereinander schifahren, und er war schneller als der bub, manchmal, wia da teifi bin i no gfohrn, hat er erzählt, und hat sich nicht gewundert dass der haxn gestreikt hat.

der arzt schickte ihn ins krankenhaus: thrombose, na ja, man ist ja nicht mehr zwanzig, wird schon wieder.

ende jänner zurück in wien: thrombose im anderen bein, embolien in den lungenspitzen.

untersuchungen. krankenhaus, lungenbiopsie: bösartig. metastasen im rücken, daher die kreuzschmerzen. muss man wohl eine chemo machen, wird schon wieder.

ende märz endlich (?) ein krankenhausbett. noch ein paar untersuchungen ausständig, dann aber die behandlung.

nach ein paar tagen: darmverschluss. operation. wunde nicht verheilt. die kinder kamen ohne wenn und aber herbeigeeilt, die haben selber kinder um die man sich kümmern muss, und alle gehen arbeiten, und die entfernungen sind ja auch nicht so ganz ohne, aber ist ja der vater. gut ging es ihm nicht, dem schuster.

wie es wieder halbwegs ging: kopftumor bestrahlt. wieder operation, weil bauchwunde nicht verheilt.

und so weiter.

am samstag vormittag ist er gestorben, der schuster. viereinhalb monate nach entdecken der thrombose, nach zehn wochen krankenhausaufenthalt.

ich hoff', es ist ihm nicht schwergefallen loszulassen. er wird vielen fehlen.

edit: voriges jahr im oktober:



gigantisch war das, hat er erzählt, und alles fotografiert und sich zur bestätigung auch fotografieren lassen:



der sohn hat mir die bilder geschickt und mir die veröffentlichung hier erlaubt.

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Donnerstag, 31. Mai 2012
ac-kalenderhund april 2012
ist endlich online, und sie schämt sich für mich:



dabei kann sie gar nix dafür. war aber nur teilweise meine schuld dass die geschichte so lange gebraucht hat bis sie fertig war. und dann hat es noch ein wenig gedauert bis sie im newsarchiv gelandet ist, wo man sie jetzt aber auch findet: unter ac-austria (link links), und dann newsletter und dort archiv und dort kalenderhund april. besonders schön sind die fotos natürlich im fratzenbuch anzusehen: http://www.facebook.com/pages/AC-Austria/282946855081610?sk=wall - die sehr liebenswerte frau poppy, eine freundin von frau pixy.

für die wiener: am 24. juni ab 13.00 uhr findet das ein ac-austria sommerfest 2012 statt, im prater beim heustadlwasser, adresse: Hundeausbildungsplatz des ÖGV, Lusthausstraße 1, 1020 Wien, auch bei schlechtwetter, also wenn sie frau pixy persönlich kennenlernen wollen: kommen sie zuhauf, wir haben auch eine schöne spendenbox aufgestellt, und es gibt eine menge unterhaltung, wissenswertes etc. etc. etc..

wem der weg zu weit ist: wir haben auch ein konto, die nummer finden sie - ebenso wie details zum sommerfest - auf der homepage, ich mein ja nur. bei dieser gelegenheit übrigens: herzlichen dank an alle, die sich der gar nützlichen erfindung der geldüberweisung zu gunsten unserer schützlinge schon bedient haben, und an alle, die verlinkt haben, und so weiter und so fort. sie sind alle ganz, ganz lieb, soll ich ausrichten.

bei den newslettern finden sich übrigens auch die berichte über die unterstützung verschiedener tierheime in ungarn und rumänien und anderswo, und ein paar nette impressionen vom "care day" in ungarn: entflohung, entmilbung, medizinische kontrolle, für einige besonders bedauernswerte geschöpfe nicht nur bürsten und kämmen (einigen unserer schützlinge ist das immer noch nicht ganz geheuer), sondern auch noch (diese erniedrigung): hundefrisör und sommerhaarschnitt, krallenpflege etc., die begeisterung mancher betroffener hielt sich in grenzen, aber als ausgleich für das stillhalten gab es hundebelohnungskekse und ein wenig bewegung, und dann war die welt wieder in ordnung.

demnächst auch auf der homepage: die geschichte von den kastrationen in rumänien. und natürlich der mai-hund: anfang juni, und dann der juni-hund: ende juni, und dann sind wir - hoffentlich - wieder ajour.

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Sonntag, 27. Mai 2012
der mündige patient
wie wir wissen, ist das ja ein lieblingsthema von frau kelef, nebst einigen anderen medizinischen unerklärlichkeiten - z.b., wie behandelt man patienten anständig.

und sicherlich erinnern sich ein paar der geneigten leser noch an diese geschichte:

http://gastgeberin.blogger.de/stories/342401 - beachten sie besonders das foto dort.

denn es begab sich, nachdem frau kelef den patienten ja schon einmal gesucht hatte: http://gastgeberin.blogger.de/stories/2034738, dass man ihn wiederum nicht am praktischen erreichen konnte. verschiedene telefonische recherchen ergaben, dass ebendieser patient schon wieder (zum fünften mal innerhalb von ein paar wochen, ersparen sie mir die details) hatte operiert werden müssen.

nun muss man sich das so vorstellen, dass der patient aufgrund seiner grunderkrankung - metastasierender lungenkrebs - grundsätzlich im spezialkrankenhaus A behandelt wird. nicht behandelt werden dort allerdings die folgeerkrankungen, sodass also patient mittels rettungswagen von krankenhaus A in krankenhaus B zur bestrahlung gebracht wird. sollte sich dann ein darmverschluss einstellen, wird der patient - sie erraten es - ins krankenhaus C gekarrt, und dort operiert und weiterbehandelt, bis er soweit stabil ist dass er wieder in krankenhaus A zur chemotherapie betreffend die grundkrankheit gekarrt werden kann.

für diverse weitere untersuchungen stehen auch andere krankenhäuser in einem entsprechenden radius zur verfügung.

nun ist es so dass ein schwerkranker mensch, der möglichst ruhig liegen bleiben soll, ein klitzekleinwenig eingeschränkt ist in seiner bewegungsfreiheit. natürlich nimmt man aber an, dass das zubehör, das so ein kranker mensch so hat, wie zahnbürste, nagelschere, und eben auch das telefon, das praktische, dem patienten bei überstellungen in andere krankenhäuser mitgegeben werden.

nicht so in wien-mitteleuropa.

in dankenswerter weise kamen sohn und schwiegertochter zu besuch - die leben in der schweiz und haben schulpflichtige kinder, geht also alles ganz fix, sind ja nur ein paar hundert kilometer, aber ist ein guter sohn und eine liebe schwiegertochter, und eigentlich wäre es ihnen auch nicht unrecht gewesen wenn ihnen wer gesagt hätte wo der vater denn jetzt sei, weil telefonisch haben sie ihn nicht erreichen können aus der schweiz, gott sei dank hatte aber die schwester der patienten schon fast einen herzinfarkt gehabt als sie ihren bruder besuchen wollte und ein fremdbesetztes bett vorfand. nach entsprechend aufgeregtem nachfragen teilte man ihr aber dann doch mit, dass ihr bruder nur verlegt worden sei, eben in das krankenhaus C.

blöd nur, dass die schlüssel zum garten, in dem die beiden eigentlich das wochenende über wohnen wollten, in krankenhaus A unauffindbar sind. das telefon hat, so ward kolportiert, der bettnachbar aus krankenhaus A an sich genommen, vom aufenthaltsort der anderen besitztümer fehlt irgendwie jede spur.

also, sie verstehen: der patient wird ohne mecks oder mucks - wehren kann er sich ja nicht - von einem krankenhaus in das andere verlegt. all sein persönliches hab und gut - die zahnbürste, die diversen habseligkeiten, die schlüssel, geld, das telefon - das bleibt einfach im zimmer zurück. wer dann dort was damit macht bleibt dahingestellt.

vernünftige auskünfte bekommen die angehörigen nicht. der patient selber - der voriges jahr mit dem behandelnden hausarzt noch auf urlaub war - fühlte sich ein wenig alleingelassen von ebendiesem: denn vernünftige auskünfte betreffend seines eigenen gesundheitszustandes bekam er: nicht.

dem sohn wird von irgendwelchen ärzten im krankenhaus ein wischi-waschi erzählt: "das eine kriegen wir schon in den griff, irgendwie, also die geschwollene hand, und der tumor im kopf ist durch die bestrahlung weg. dass die wunde am bauch immer wieder aufgebrochen ist, können wir uns auch nicht richtig erklären. da haben wir dann, also das ist jetzt zu kompliziert, aber jedenfalls war es dann gut, und dann ist was quergelegen, und da haben wir noch einmal aufmachen müssen. aber wenn das in ordnung ist, dann, dann können wir mit der chemotherapie weitermachen." der oberarzt kommt vielleicht irgendwann während der pfingsttage kurz vorbei im krankenhaus - da ist ja nichts los, sind ja feiertage. wer glück hat, kann ihn vielleicht erreichen.

und natürlich kommt das alles nur daher, dass der patient einmal geraucht hat. der hinweis auf die tatsache, dass der patient sein leben lang als schuster gearbeitet hat und schon in jungen jahren darüber klagte dass manche beizen, imprägniermittel etc. doch ziemlich atemraubend seien, und dass er nach dem abschleifen der ledersohlen oft stundenlang habe husten müssen, nein, das sei vernachlässigbar, denn: in der liste, die man zum ankreuzen hat, da steht davon nix. da ist nur zweierlei möglich: raucher oder nicht.

und so fragt sich frau kelef wieder einmal - und wie üblich wird ihr keine antwort, zumindest keine befriedigende, zuteil werden: geht man so mit patienten um? behandelt man so einen kranken? wir schreiben jeden sch... in einen beipackzettel, wegen der produkthaftpflicht und weil ja der patient mündig ist und selber mitdenken und -entscheiden soll, aber kaum kann er sich nur mehr mühsam wehren, da wird ein patient reduziert auf einen fall, eine nummer, ein kreuzerl in der statistik?

da wird dem patienten einfach so, ohne fragen oder wenn oder aber, alles weggenommen, da verschwinden all die kleinigkeiten, die man auch im krankenhaus doch gerne einmal dabei hat, irgendwo im nirwana, braucht man ja nicht mehr, oder wie oder was?

und wenn - wie damals in frau kelefs fall - das persönliche patienteneigentum in einen plastiksack mit zur patientin passenden strichcode-aufklebern gepackt wird und ans fussende des bettes in der intensivstation gestellt wird, ist das dann die wortlos-schonende vorbereitung der angehörigen darauf, dass da noch was schiefgehen kann?

aber in den medien wird darüber gelobhudelt dass da doch alles so wunderbar sei in der medizinischen versorgung, und in den krankenhäusern gar kein verbesserungsbedarf bestünde, nur ein wenig rationalisieren müsse man noch, wegen der kosten.

als nächstes bauen sie uns wohl noch eine palliativstation neben dem krematorium. tierheim neben der müllverbrennungsanlage ist ja schon beschlossen.

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