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Montag, 13. September 2010
westkontakt
kelef, 15:33h
war in der ddr ja eine ziemlich diffizile sache, die einerseits mit allen möglichen mitteln verhindert wurde, aber andererseits natürlich auch gefördert, so der arbeiter- und bauernstaat denn der meinung war man könne dinge in erfahrung bringen die ... nun ja.
jedenfalls, wenn man so ein wenig herumliest im internet am heiligen montagvormittag, da kommt man dann bei lanu auf diesen beitrag: http://lanu.blogger.de/stories/1694771, und dann fühlt man sich ein wenig erinnert, und folgt dem link. und dann findet man dieses bild: http://www.flickr.com/photos/ehstiques/2643838124/ und man erinnert sich, und man findet auch das blog zum bild, mit einer geschichte zum bild: http://eisen.huettenstadt.de/archives/1139-Ein-Fakt,-ein-Ort-Zwei-Dinge,-die-wir-vergessen-haben..html, und man erinnert sich, denn natürlich kennt frau kelef zu diesem bild auch eine eigene geschichte.
anno dunnemals also, als es die ddr noch gab und diese bushaltestelle noch angefahren wurde von linienbussen (einmal die stunde, wenn die erinnerung nicht trügt), da war auf der anderen strassenseite ein grosser parkplatz, dahinter das camp der vöest alpine (natürlich mit einem eigenen portierhäuschen, war ja exterritoriales gebiet), und dahinter war eko (eisenhüttenkombinat ost), das riesenstahlwerk.
nun war es aber so, dass die ddr zwar den betrieb des camps der vöest überlassen hatte, aber ein teil des küchenfussvolkes und die reinigungskräfte stellte der staat. alles hochkompetente und strafversetzte oder belohnungsversetzte fachkräfte (die gründe für die versetzungen brauche ich jetzt hier nicht zu erläutern, nehme ich einmal an.). organisiert wurden diese leute vom hotel metropol aus, in dem - aber das sind sicherlich nur böse gerüchte - auch verschiedene stasi-organisationen sassen.
besonders das küchenpersonal hatte nichts zu lachen, denn die hatten ja - wie das in küchen so zu sein pflegt - manchmal auch früh- und abenddienste. und damit sich ja kein kontakt entwickeln konnte zwischen ost und west, und besonders nicht zwischen leuten die miteinander arbeiten mussten, da durften die meisten der metropol-leute natürlich nicht in eisenhüttenstadt wohnen, sondern wurden aus berlin herbeigekarrt, tagtäglich, und wieder zurückgekarrt, ebenfalls tagtäglich. in einem uralten barkas, der aus allen rostlöchern absonderliches absonderte, merkwürdige geräusche von sich gab, oftmals streikte und auch ansonsten wenig vertrauen einflösste. aber er kam vom hotel metropol, und somit war er natürlich das mass aller dinge.
wenn zuviel personal nötig wurde, und der barkas die fahrten nicht schaffte, dann durften ausgewählte personen des staatsvertrauens im bettenhaus in eisenhüttenstadt übernachten, manchmal sogar mehrere tage hintereinander, und ab und zu wurde denen das sogar vorher verraten, dass sie das durften. da sagen sie jetzt nix mehr, was?
die meisten von denen waren übrigens sehr nett, fleissig, gut ausgebildet, arbeitswillig und hilfsbereit, aber immer war es ein seiltanz: sie hatten den auftrag uns zu sabotieren einerseits (da gab es dann sozialistische erich-karma-punkte dafür), andererseits wollten die aber einfach ihre arbeit machen, vielleicht ein wenig lernen (in der küche gab es ein paar hervorragende köche), und auch das management eines so grossen küchenbetriebes war ja nicht ohne. es gab zudem eine eigene fleischerei (es wurden z.b. zehn ganze schweine bestellt, und drei rindviecher, und noch wurst und speck und würstel und selchgift, das alles reichte dann auch eine woche lang), es gab einen mehlspeiskoch, das war auch für nicht-koch-interessierte interessant, so grundsätzlich einmal.
speziell matze a. war ein toller mitarbeiter. gelernter koch, hochqualifiziert, fleissig, gescheit, verheiratet, zwei kinder, ergo auch gar nicht erpressbar: ein falsches wort, und schon sah er die familie wieder vier wochen lang nicht. der musste wie die anderen wollten, das nutzte dem nix, aber er war willig. wir einigten uns. seine leute kriegten ein paar kaputte geräte zum sabotieren, die guten geräte blieben unangetastet so dass man arbeiten konnte. an die dreitausend leute, die hunger haben und nix zu essen kriegen weil die nächste einkaufsmöglichkeit fünf kilometer entfernt ist und die mittagspause nur eine stunde und - sie wollen das nicht wissen. niemand von uns wollte das so genau wissen.
matze hätte man eigentlich fast heiligsprechen sollen. er schaffte den seiltanz souverän und elegant und ohne jemanden in die pfanne zu hauen oder irgendwem auf die zehen zu steigen, irgendwie hielt er auch seine leute auf dem richtigen kurs ohne den falschen zu verraten wie der hase lief, und ohne sich zu outen.
und nun, es war auch einmal dezember, es war kalt, und was so im oderbruch an wind zwischen den kaputten bäumen im unterholzbefreiten und russenmiitärbesiedelten pseudo-wald herumpfiff und schneewehen und sonstigen dreck mit sich brachte, das war so ein eigenes kapitel. einmal war der wind so stark, dass eine wohnbaracke, die im damaligen moment falsch zur windrichtung stand, mit stahlseilen an der eigenständigen entfernung vom gelände gehindert werden musste. gott sei dank hing das ding zudem noch an den langen fernwärmerohren, sonst: man weiss es nicht.
jedenfalls, es war winter, es stürmte und schneewehte und war gar schaurig kalt. der barkas verflog sich auf der autobahn zwischen berlin und frankfurt/oder, und kam nicht. und kam nicht. und kam nicht. irgendwann kam dann ein anruf, der barkas sei aufgrund eines gebrechens von der fahrbahn abgekommen und es müsse auf ein transportvehikel gewartet werden, der fahrer sitze in irgendeinem ort und könne auch nicht weiter. die metropol-leute (also matze und seine mannen) sollten doch mit dem linienbus, der doch gleich vor dem camp eine haltestelle habe, nach ei-hü fahren und dort im bettenhaus übernachten, es sei telefonisch schon alles arrangiert.
und nun sehen sie sich das foto bitte noch einmal genau an. so sah das damals auch schon aus. nur mit ohne grün und dafür mit schneewehen und minusgraden und windstärke 100 und darüber.
wohlerzogen wie die metropol-leute waren, latschten sie also von der küche durch das camp (mit züchtig niedergeschlagenen augen, sie hätten ja was westliches sehen können, und eigentlich war ihnen der durchgang ja verboten) am portier vorbei und über den riesigen parkplatz zur bushaltestelle. leiderleider war es den organisatoren im fernen berlin entgangen dass der linienbus - sie erraten es - seinen betrieb um 20.00 uhr eingestellt hatte. die küche hatte um 22.00 uhr geschlossen.
telefon gab es beim portier, matze kam also zurück und fragte mal nach, ob man telefonieren könne, und ja, natürlich konnte man, nur die order aus berlin war: das sei ein linienbus, der werde schon kommen. später.
wir könnten doch die paar leute mit unseren pkws in die stadt bringen, meinten wir, aber metropol meinte: neeneenee. kein westkontakt, steht im vertrag. wenn der bus nicht käme, müssten die leute eben zu fuss gehen.
ja nee, is klar. acht kilometer in summe in der finsternis der nacht bei schneesturm und minusgraden. ob wir die begräbnisse gleich bestellen sollten oder noch damit warten, wegen sonderwünschen der angehörigen?
fand metropol nicht lustig. matze und seine mannen konnten auch nur mehr verzerrt grinsen, wegen der eiskristalle an den brauen.
metropol lenkte ein: der linienbus, habe man erfahren, sei eingestellt im moment aus wettergründen. man werde aber einen bus schicken, die leute sollten sich in der zwischenzeit im wartehäuschen unterstellen, damit sie sich nicht verkühlten. beim portier im warmen warten sei selbstverständlich undenkbar, weil wegen: im vertrag stehe doch: kein westkontakt.
und da hat frau kelef die einheitsmodelle des ostblocks schätzen gelernt, ich sag ihnen. um das überleben der "metropoler" zu sichern wurde tee mit geschmack (könnte man auch rum, hochprozentig, nennen) gekocht, in thermosflaschen gefüllt, und in einer tasche, die der die matze besass aufs haar glich, zusammen mit einigen bechern beim portier unter der taschenablage abgestellt. matze tauschte dann bei seinen halbstündigen nachfragen die taschen, und es darf davon ausgegangen werden dass die mannschaft, als so gegen ein uhr früh der bus aus berlin kam, ein klitzekleinwenig beeinträchtigt war, was allerdings natürlich ausschliesslich den wetterverhältnissen geschuldet war.
immerhin war aber der westkontakt auf dem niedrigst möglichen niveau gehalten worden, theoretisch. und bis auf ein paar ordentliche erkältungen (ob wir wohl mehr geschmack ...???) gingen auch alle unbeschädigt aus dem abenteuer heraus.
und dass jemand die bushaltestelle fotografisch festgehalten hat, das freut. sehr.
jedenfalls, wenn man so ein wenig herumliest im internet am heiligen montagvormittag, da kommt man dann bei lanu auf diesen beitrag: http://lanu.blogger.de/stories/1694771, und dann fühlt man sich ein wenig erinnert, und folgt dem link. und dann findet man dieses bild: http://www.flickr.com/photos/ehstiques/2643838124/ und man erinnert sich, und man findet auch das blog zum bild, mit einer geschichte zum bild: http://eisen.huettenstadt.de/archives/1139-Ein-Fakt,-ein-Ort-Zwei-Dinge,-die-wir-vergessen-haben..html, und man erinnert sich, denn natürlich kennt frau kelef zu diesem bild auch eine eigene geschichte.
anno dunnemals also, als es die ddr noch gab und diese bushaltestelle noch angefahren wurde von linienbussen (einmal die stunde, wenn die erinnerung nicht trügt), da war auf der anderen strassenseite ein grosser parkplatz, dahinter das camp der vöest alpine (natürlich mit einem eigenen portierhäuschen, war ja exterritoriales gebiet), und dahinter war eko (eisenhüttenkombinat ost), das riesenstahlwerk.
nun war es aber so, dass die ddr zwar den betrieb des camps der vöest überlassen hatte, aber ein teil des küchenfussvolkes und die reinigungskräfte stellte der staat. alles hochkompetente und strafversetzte oder belohnungsversetzte fachkräfte (die gründe für die versetzungen brauche ich jetzt hier nicht zu erläutern, nehme ich einmal an.). organisiert wurden diese leute vom hotel metropol aus, in dem - aber das sind sicherlich nur böse gerüchte - auch verschiedene stasi-organisationen sassen.
besonders das küchenpersonal hatte nichts zu lachen, denn die hatten ja - wie das in küchen so zu sein pflegt - manchmal auch früh- und abenddienste. und damit sich ja kein kontakt entwickeln konnte zwischen ost und west, und besonders nicht zwischen leuten die miteinander arbeiten mussten, da durften die meisten der metropol-leute natürlich nicht in eisenhüttenstadt wohnen, sondern wurden aus berlin herbeigekarrt, tagtäglich, und wieder zurückgekarrt, ebenfalls tagtäglich. in einem uralten barkas, der aus allen rostlöchern absonderliches absonderte, merkwürdige geräusche von sich gab, oftmals streikte und auch ansonsten wenig vertrauen einflösste. aber er kam vom hotel metropol, und somit war er natürlich das mass aller dinge.
wenn zuviel personal nötig wurde, und der barkas die fahrten nicht schaffte, dann durften ausgewählte personen des staatsvertrauens im bettenhaus in eisenhüttenstadt übernachten, manchmal sogar mehrere tage hintereinander, und ab und zu wurde denen das sogar vorher verraten, dass sie das durften. da sagen sie jetzt nix mehr, was?
die meisten von denen waren übrigens sehr nett, fleissig, gut ausgebildet, arbeitswillig und hilfsbereit, aber immer war es ein seiltanz: sie hatten den auftrag uns zu sabotieren einerseits (da gab es dann sozialistische erich-karma-punkte dafür), andererseits wollten die aber einfach ihre arbeit machen, vielleicht ein wenig lernen (in der küche gab es ein paar hervorragende köche), und auch das management eines so grossen küchenbetriebes war ja nicht ohne. es gab zudem eine eigene fleischerei (es wurden z.b. zehn ganze schweine bestellt, und drei rindviecher, und noch wurst und speck und würstel und selchgift, das alles reichte dann auch eine woche lang), es gab einen mehlspeiskoch, das war auch für nicht-koch-interessierte interessant, so grundsätzlich einmal.
speziell matze a. war ein toller mitarbeiter. gelernter koch, hochqualifiziert, fleissig, gescheit, verheiratet, zwei kinder, ergo auch gar nicht erpressbar: ein falsches wort, und schon sah er die familie wieder vier wochen lang nicht. der musste wie die anderen wollten, das nutzte dem nix, aber er war willig. wir einigten uns. seine leute kriegten ein paar kaputte geräte zum sabotieren, die guten geräte blieben unangetastet so dass man arbeiten konnte. an die dreitausend leute, die hunger haben und nix zu essen kriegen weil die nächste einkaufsmöglichkeit fünf kilometer entfernt ist und die mittagspause nur eine stunde und - sie wollen das nicht wissen. niemand von uns wollte das so genau wissen.
matze hätte man eigentlich fast heiligsprechen sollen. er schaffte den seiltanz souverän und elegant und ohne jemanden in die pfanne zu hauen oder irgendwem auf die zehen zu steigen, irgendwie hielt er auch seine leute auf dem richtigen kurs ohne den falschen zu verraten wie der hase lief, und ohne sich zu outen.
und nun, es war auch einmal dezember, es war kalt, und was so im oderbruch an wind zwischen den kaputten bäumen im unterholzbefreiten und russenmiitärbesiedelten pseudo-wald herumpfiff und schneewehen und sonstigen dreck mit sich brachte, das war so ein eigenes kapitel. einmal war der wind so stark, dass eine wohnbaracke, die im damaligen moment falsch zur windrichtung stand, mit stahlseilen an der eigenständigen entfernung vom gelände gehindert werden musste. gott sei dank hing das ding zudem noch an den langen fernwärmerohren, sonst: man weiss es nicht.
jedenfalls, es war winter, es stürmte und schneewehte und war gar schaurig kalt. der barkas verflog sich auf der autobahn zwischen berlin und frankfurt/oder, und kam nicht. und kam nicht. und kam nicht. irgendwann kam dann ein anruf, der barkas sei aufgrund eines gebrechens von der fahrbahn abgekommen und es müsse auf ein transportvehikel gewartet werden, der fahrer sitze in irgendeinem ort und könne auch nicht weiter. die metropol-leute (also matze und seine mannen) sollten doch mit dem linienbus, der doch gleich vor dem camp eine haltestelle habe, nach ei-hü fahren und dort im bettenhaus übernachten, es sei telefonisch schon alles arrangiert.
und nun sehen sie sich das foto bitte noch einmal genau an. so sah das damals auch schon aus. nur mit ohne grün und dafür mit schneewehen und minusgraden und windstärke 100 und darüber.
wohlerzogen wie die metropol-leute waren, latschten sie also von der küche durch das camp (mit züchtig niedergeschlagenen augen, sie hätten ja was westliches sehen können, und eigentlich war ihnen der durchgang ja verboten) am portier vorbei und über den riesigen parkplatz zur bushaltestelle. leiderleider war es den organisatoren im fernen berlin entgangen dass der linienbus - sie erraten es - seinen betrieb um 20.00 uhr eingestellt hatte. die küche hatte um 22.00 uhr geschlossen.
telefon gab es beim portier, matze kam also zurück und fragte mal nach, ob man telefonieren könne, und ja, natürlich konnte man, nur die order aus berlin war: das sei ein linienbus, der werde schon kommen. später.
wir könnten doch die paar leute mit unseren pkws in die stadt bringen, meinten wir, aber metropol meinte: neeneenee. kein westkontakt, steht im vertrag. wenn der bus nicht käme, müssten die leute eben zu fuss gehen.
ja nee, is klar. acht kilometer in summe in der finsternis der nacht bei schneesturm und minusgraden. ob wir die begräbnisse gleich bestellen sollten oder noch damit warten, wegen sonderwünschen der angehörigen?
fand metropol nicht lustig. matze und seine mannen konnten auch nur mehr verzerrt grinsen, wegen der eiskristalle an den brauen.
metropol lenkte ein: der linienbus, habe man erfahren, sei eingestellt im moment aus wettergründen. man werde aber einen bus schicken, die leute sollten sich in der zwischenzeit im wartehäuschen unterstellen, damit sie sich nicht verkühlten. beim portier im warmen warten sei selbstverständlich undenkbar, weil wegen: im vertrag stehe doch: kein westkontakt.
und da hat frau kelef die einheitsmodelle des ostblocks schätzen gelernt, ich sag ihnen. um das überleben der "metropoler" zu sichern wurde tee mit geschmack (könnte man auch rum, hochprozentig, nennen) gekocht, in thermosflaschen gefüllt, und in einer tasche, die der die matze besass aufs haar glich, zusammen mit einigen bechern beim portier unter der taschenablage abgestellt. matze tauschte dann bei seinen halbstündigen nachfragen die taschen, und es darf davon ausgegangen werden dass die mannschaft, als so gegen ein uhr früh der bus aus berlin kam, ein klitzekleinwenig beeinträchtigt war, was allerdings natürlich ausschliesslich den wetterverhältnissen geschuldet war.
immerhin war aber der westkontakt auf dem niedrigst möglichen niveau gehalten worden, theoretisch. und bis auf ein paar ordentliche erkältungen (ob wir wohl mehr geschmack ...???) gingen auch alle unbeschädigt aus dem abenteuer heraus.
und dass jemand die bushaltestelle fotografisch festgehalten hat, das freut. sehr.
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