Mittwoch, 28. Juli 2010
bekanntschaft aus ungarn II
da schon gerügt wurde, nochmal zurück im text und denken sie sich diese zeilen vor der abreise von k. und seinem freund nach budapest: frau kelefs tochter hatte zusätzlich zum eitrigen zahn der freundin eine feine mittelohrentzündung, und frau kelef hatte antibiotika, es ging also alles - wenn auch unter schmerzen - irgendwie halbwegs gut.

und ja, die wäsche wurde im auto aufgehängt. es regnete nämlich, und anders wären frau kelef und die jungen damen nie irgendwann in trockene klamotten gelangt, geschweige denn hätten sie trockene leintücher oder decken gehabt. natürlich wäre es auch möglich gewesen, die drei nassen hunde über nacht im auto einzusperren und die kleidung im kofferraum zu lagern, aber das risiko erschien dann doch zu hoch, weiss man was den tölen einfällt, und die sache mit den nassen badeklamotten und handtüchern hätte das auch nicht gelöst. ordentliche kleidung wird zwar sowieso überbewertet, trockene und saubere leintücher und decken auf einem campingurlaub erst recht. aber trotzdem - haben sie schon einmal wäsche im auto zum trocknen aufgehängt? wollen sie auch nicht.

besondere erwähnung muss zudem die tatsache finden, dass frau kelef ja bekennender kaffeejunkie ist. und mit ohne kaffee intus frühmorgens nicht auf notstrom, sondern quasi bewusstlos, jedenflalls aber unter garantie unansprechbar ist.

in selbstloser, liebevoll-fürsorglicher aufmerksamkeit kochte also die liebreizende tochter frühmorgens - so gegen zehn uhr - auf dem kleinen campingkocher türkischen kaffee, und man kann mit fug und recht behaupten: das kann sie hervorragend, campingtrauma her oder hin, erste qualität.

wenig klingt so lieblich in frau kelefs ohren wie ein "kaffee ist fertig", und wenn sie dann noch gleichzeitig ein volles häferl (in deutschland: eine grosse tasse) voll davon unter die nase gehalten bekommt, dann ist der tag gerettet.

aber auch wenn frau kelef und k. - mit rücksicht auf die allgemeine sittlichkeit, die jungen damen, eventuelle beobachter, und überhaupt - sich sehr leise und unauffällig verhalten hatten, so sei hier weiters schriftlich festgehalten, dass das liebreizende töchterlein am morgen nach der ersten asylnacht "kaffee ist fertig" sprach, und ohne weitere bemerkung ZWEI volle häferln kredenzte, dieses ausserordentlich liebreiche, selbstlose, aufopfernde, grosszügige und freundliche kind.

dass sie dann mit einer sehr eigenartigen betonung leise "mama" und laut "guten morgen" sagte, ist eine andere geschichte.

frau kelef hatte den asylanten natürlich über seine vorstellungen hinsichtlich der zukunft genauer befragt, und er hatte erzählt dass er verwandtschaft "drüben" habe, denen gehe es auch gut und so wäre er sehr zuversichtlich bezüglich erster westlicher hilfestellungen, und eben: arbeit, wohnung, der rest findet sich. er habe sich das so im allgemeinen ziemlich ganz genau überlegt, das werde schon. auch die elterliche erziehung war entsprechend gewesen, und letztlich habe er sich schon mit 16 vorgestellt mit den worten: "ich bin k., und ich hau sowieso ab." na denne. und ausserdem: er wolle nach mallorca. einfach sehen. hörte man ja so viel von. schien irgend so ein kindheitstrauma zu sein, was weiss man. hat ja jeder seinen eigenen sepperl im hirn.

jedenfalls, die beiden fuhren dann wirklich nach budapest, aber da waren wir ja schon in kapitel eins.

am benachbarten zeltplatz hatte sich derweilen einer der tätowierten einen ziemlich tiefen cut am oberschenkel zugezogen, und die freundin der tochter erinnerte sich an die medizinischen kenntnisse von frau kelef, und so kam es dazu, dass letztere in einem der kurzen sonnenmomente nicht vielleicht am strand war, sondern einen ziemlich haarigen männerschenkel von vertrocknetem blut befreite, rasierte, und die klaffende, aber nicht allzu tiefe wunde sorgsam mit pflasterspray zusammenklebte. man hat ja sonst nix zu tun im urlaub. die herrschaften waren sehr dankbar, und man soff eine runde und gut.

als das wetter wieder besser wurde, war auch der urlaub von frau kelef zu ende, und so wurden die tipis abgeschlagen, das nasse zeug in den kofferraum gepfeffert (wissen sie, welches odeur drei nasse hunde in tipis, kleidung und wäsche hinterlassen? wollen sie auch nicht.), und es ging zurück nach wien.

spät abends kam man an, die freundin der tochter wurde mitsamt dem nassen zeug und zugehörigem hund zuhause abgeliefert, frau kelef bestückte die wohnung mit nassen zelten, nassen kleidungsstücken, nasser wäsche, wahlweise frisch gewaschen oder matschig und nach nassem hund riechend, goss sich ein bierchen in die figur und begab sich in einen todesähnlichen schlaf.

frühmorgens läutete das telefon, eine frau kelef völlig unbekannte stimme wünschte irgendwas, frau kelef wünschte auch was, vor allem den anrufer zum teufel, jedoch es stellte sich heraus, dass die freundin der tochter gefallen an den tätowierten altrockern gefunden und diese eingeladen hatte. nach wien. zum frühstück. und weil ihre mutter ihr den kopf abgerissen hätte - das waren immerhin acht personen - da hatte sie denen einfach frau kelefs telefonnummer gegeben. und - um den kopf auf den schultern zu behalten - dieses kleine geheimnis auch frau kelef gegenüber für sich behalten.

frau kelef also auf allen vieren aus dem bett gekrochen, kaffee gekocht, semmeln besorgt, das nasse zeug irgendwie zur seite geschaufelt, unmengen der aus ungarn mitgebrachten lebensmittel aufgetischt (sie wollen auch nicht wissen, wieviel acht hungrige menschen essen können), bier besorgt (was die trinken konnten wollen sie auch nicht wissen) und zu gott gebetet, dass der spuk bald vorbei sein möge.

die tochter in der zwischenzeit hatte die freundin angerufen, und diese kam - den kopf vorsichtig zwischen die schultern gezogen um ihn daselbst behalten zu können - frisch geschminkt und aufgeputzt und leutselig gelaunt herbeigehüpft um sich ein wenig in konversation zu üben. braucht man ja manchmal. tini - die zeltschnurspezialistin - frass in der zwischenzeit in paar möbel und sonstige einrichtungsgegenstände an, aber das ging an frau kelef irgendwie vorbei, sie hatte aus ungarn barack mitgebracht, und den braucht man ja manchmal auch.

irgendwie waren die herrschaften dann müde, drapierten sich über die möbel und ruhten mal eine runde, während frau kelef einen tiefen schluck aus der pulle nahm und immer inniger werdende stossgebete zum himmel schickte. am nächsten tag sollte sie ja wieder arbeiten gehen, hurra hurra hurra. gegen nachmittag waren die herrschaften wieder bei bewusstsein und wählten die kühle des abends und der nacht für ihre heimreise, gott segne sie. frau kelef sorgte noch dafür, dass ihre telefonnummer gegen die der freundin der tochter getauscht wurde, für weitere kontakte, und beschäftigte sich weiter mit dem chaos im haushalt.

der zustand, in dem frau kelef am montagmorgen nach drei wochen urlaub wieder im büro aufschlug, war nicht der einer erholten mutter, um das einmal vorsichtig zu umschreiben.

aber das alles nur am rande, denn eigentlich sollte hier ja ganz was anderes erzählt werden. dazu brauchen wir aber dann das nächste kapitel.

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