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Donnerstag, 22. Juli 2010
bekanntschaft aus ungarn I
kelef, 16:13h
sie erinnern sich doch noch an den sitzstreik in budapest? natürlich fuhr frau kelef ein jahr später, 1987, wieder auf urlaub. nach ungarn. nach siofok. und was soll ich ihnen sagen: wir kamen mit allen papieren wieder zurück. was allerdings der tatsache geschuldet sein mag dass die zusammensetzung der reisegesellschaft diesmal eine andere war.
frau kelef, der alte lada, die tochter, die rauhaardackel elsa (frau kelefs hund) und anton (tochter-hund), und eine andere freundin der tochter mitsamt dem schäfermischling tini. frau kelef quartierte die kinder mit den zugehörigen hunden im grossen zelt ein, schlug für sich selbst das kleine zelt auf und atmete einmal tief durch.
wäre ein toller urlaub gewesen, wenn sich da nicht ein paar klitzekleine unbekömmlichkeiten dazugemengt hätten.
1.) es regnete. täglich. zwischendurch war es wohl einmal sonnig, aber im wesentlichen regnete es. sie wollen wissen wie ein campingplatz unmittelbar an einem see bei dauerregen aussieht, und wie dessen bodenbeschaffenheit ... wollen sie nicht. glauben sie mir.
2.) die freundin begann gerade zu pubertieren. auf der anderen seite der schlammsuhle, die man bei trockenem wetter wohl weg genannt hätte, standen ein paar zelte mit mehr oder weniger jungen deutschen. motorradfahrern. sehr tätowierten. die freundin der tochter legte die ohren an, blähte die nüstern und kramte heimlich nach lippenstift. frau kelef kettete passenden hund an das jeweilige kind, damit einmal nix sein konnte, und machte enge nasenlöcher. waren aber sehr nette leute, kamen sich vorstellen und meinten, ich solle mir keine sorgen machen, sie seien nur "aus der zeit damals übriggeblieben" und hätten selber kinder zuhause und auch die ehefrauen mit, sie würden schon aufpassen auf die gören. taten sie auch hervorragend.
3.) die dackel hielten campingplätze sowieso für das nahrungsreichste gebiet der welt, und führten tini in das unternehmen "bauchvollschlagen ohne gesehen zu werden" auf das vortrefflichste ein. kaum abgeleint, waren die tölen verschwunden.
anton kam auf seiner spur im zickzack irgendwann wieder, elsa pflegte die windrichtung zu peilen und die diretissima zu nehmen. tini verlief sich anfangs und verhedderte sich in zeltschüren. auf die war sie nach drei tagen so zornig (was standen da auch die tipis im weg herum), dass sie den restlichen urlaub damit verbrachte, wann immer sie konnte die eine entscheidende schnur von zelten, vorzelten, hauszelten etc. durchzubeissen. man konnte sie dann sehr leicht wiederfinden: immer dem lauten geschrei nach unter einem zusammengekrachten zelt.
4.) natürlich war alles nass und matschig, zelte, wäsche, kinder, hunde, alles miefte zeitweilig ein wenig und musste wieder und wieder gewaschen werden, und kaum war alles wieder trocken: regen. aber man ist ja hart im nehmen.
5.) musste der freundin der tochter ein eitriger zahn gezogen werden. hier und jetzt und auf der stelle, die mutter war nämlich auch auf urlaub, aber ganz woanders, und konnte noch nicht einmal gefragt werden, und warten war sowieso nicht - das röntgenbild war aber so gar nicht toll.
6.) ging es aus verschiedenen gründen frau kelef gesundheitlich/psychisch auch nicht so sonderlich gut, aber das ist eine andere geschichte.
gar trefflich war es also, dass auf dem campingplatz ein umgebauter autobus herumstand der zur imbissbude umfunktioniert worden war. da gab es jede menge sandwiches, hamburger etc., alles in ziemlich ungarischer ausführung, und sehr gut. ausserdem gab es kaffee, limonaden, eis, und BIER und WEIN und SCHNAPS. letzteres war - sie verstehen - unter den gegebenen umständen besonders wichtig.
frau kelef also liess das jeweilige kind leinentechnisch mit dem zugehörigen hund verbunden frühmorgens frei, und vereinbarte fixe meldezeiten. dann nahm frau kelef die dame elsa und ging ein wenig spazieren, matschtreten und so, und dann begann es meist zu regnen und frau kelef musste sich zu ihrem grössten bedauern beim imbissbus in sicherheit bringen.
und dort, bei irgendeinem der wenigen bierchen, kam frau kelef öfters so ins tratschen, wie das halt zu geschehen pflegt. viele der camper waren aus der schönen ddr, und ergo eher vorsichtig wegen westkontakt und stasi im hintergrund, und überhaupt aus gewohnheit und sicherheitshalber.
zwei junge männer aber pfiffen sich da wieder weniger darum, und man unterhielt sich so über das wetter und ungarn im allgemeinen und siofok im konkreten, und dann meinte der eine, sie kämen "aber aus dem osten". frau kelef hatte das an der sprache schon erkannt, das "aber" war nicht wirklich einzuordnen, sie meinte also "ja, und?" und das wars dann eigentlich.
irgendwie kam dann die rede darauf dass das zelt der beiden eher wasserdurchlässig war, und da frau kelef ja ein eigenes, wenn auch nur für zwei-personen, tipi hatte, das zudem auch noch relativ dicht war, wassertechnisch, da bot sie einen platz im trockenen an.
der wurde von k., dem "nicht-aber" auch dankbar angenommen, und so tratschte man in der finsternus der nacht noch ein wenig herum, und es stellte sich heraus, dass k. das schöne eisenhüttenstadt kannte, und überhaupt, und nebstbei war ihm der arbeiter- und bauernstaat jetzt nicht sooo ans herz gewachsen dass er ihn nicht gerne verlassen hätte.
der dackel elsa geruhte zwischen den beiden zu ruhen, das gute tier, und frau kelef dachte ein wenig nach.
nun ja.
man tratschte auch am nächsten tag noch ein wenig, und k. meinte dann schon deutlicher er würde, kwasi, seine seele verkaufen für irgendwie raus dort. konnte man ja verstehen. eigentlich hatte er bloss hummeln im hintern und wollte ein wenig herumreisen und sich die welt anschauen können und nicht vorgeschrieben kriegen was er denken durfte oder nicht.
"ich will bloss rüber. dann such ich mir irgendeine arbeit, egal was, und dann eine wohnung, der rest geht schon irgendwie. arbeiten kann ich, das muss ich sowieso hier und dort. ich will bloss rüber."
sie erkennen die reihenfolge? erst arbeit, dann wohnung, dann den rest. wenn man, wie frau kelef, eine menge leute kennt die aus verschiedenen gründen verschiedene länder verlassen haben, dann hört man den unterschied, besonders wenn das so vehement wiederholt wurde wie damals.
jedenfalls, k. und sein freund fuhren nach ein paar tagen weiter nach budapest., k. und frau kelef tauschten adressen und versprachen in kontakt zu bleiben.
frau kelef, der alte lada, die tochter, die rauhaardackel elsa (frau kelefs hund) und anton (tochter-hund), und eine andere freundin der tochter mitsamt dem schäfermischling tini. frau kelef quartierte die kinder mit den zugehörigen hunden im grossen zelt ein, schlug für sich selbst das kleine zelt auf und atmete einmal tief durch.
wäre ein toller urlaub gewesen, wenn sich da nicht ein paar klitzekleine unbekömmlichkeiten dazugemengt hätten.
1.) es regnete. täglich. zwischendurch war es wohl einmal sonnig, aber im wesentlichen regnete es. sie wollen wissen wie ein campingplatz unmittelbar an einem see bei dauerregen aussieht, und wie dessen bodenbeschaffenheit ... wollen sie nicht. glauben sie mir.
2.) die freundin begann gerade zu pubertieren. auf der anderen seite der schlammsuhle, die man bei trockenem wetter wohl weg genannt hätte, standen ein paar zelte mit mehr oder weniger jungen deutschen. motorradfahrern. sehr tätowierten. die freundin der tochter legte die ohren an, blähte die nüstern und kramte heimlich nach lippenstift. frau kelef kettete passenden hund an das jeweilige kind, damit einmal nix sein konnte, und machte enge nasenlöcher. waren aber sehr nette leute, kamen sich vorstellen und meinten, ich solle mir keine sorgen machen, sie seien nur "aus der zeit damals übriggeblieben" und hätten selber kinder zuhause und auch die ehefrauen mit, sie würden schon aufpassen auf die gören. taten sie auch hervorragend.
3.) die dackel hielten campingplätze sowieso für das nahrungsreichste gebiet der welt, und führten tini in das unternehmen "bauchvollschlagen ohne gesehen zu werden" auf das vortrefflichste ein. kaum abgeleint, waren die tölen verschwunden.
anton kam auf seiner spur im zickzack irgendwann wieder, elsa pflegte die windrichtung zu peilen und die diretissima zu nehmen. tini verlief sich anfangs und verhedderte sich in zeltschüren. auf die war sie nach drei tagen so zornig (was standen da auch die tipis im weg herum), dass sie den restlichen urlaub damit verbrachte, wann immer sie konnte die eine entscheidende schnur von zelten, vorzelten, hauszelten etc. durchzubeissen. man konnte sie dann sehr leicht wiederfinden: immer dem lauten geschrei nach unter einem zusammengekrachten zelt.
4.) natürlich war alles nass und matschig, zelte, wäsche, kinder, hunde, alles miefte zeitweilig ein wenig und musste wieder und wieder gewaschen werden, und kaum war alles wieder trocken: regen. aber man ist ja hart im nehmen.
5.) musste der freundin der tochter ein eitriger zahn gezogen werden. hier und jetzt und auf der stelle, die mutter war nämlich auch auf urlaub, aber ganz woanders, und konnte noch nicht einmal gefragt werden, und warten war sowieso nicht - das röntgenbild war aber so gar nicht toll.
6.) ging es aus verschiedenen gründen frau kelef gesundheitlich/psychisch auch nicht so sonderlich gut, aber das ist eine andere geschichte.
gar trefflich war es also, dass auf dem campingplatz ein umgebauter autobus herumstand der zur imbissbude umfunktioniert worden war. da gab es jede menge sandwiches, hamburger etc., alles in ziemlich ungarischer ausführung, und sehr gut. ausserdem gab es kaffee, limonaden, eis, und BIER und WEIN und SCHNAPS. letzteres war - sie verstehen - unter den gegebenen umständen besonders wichtig.
frau kelef also liess das jeweilige kind leinentechnisch mit dem zugehörigen hund verbunden frühmorgens frei, und vereinbarte fixe meldezeiten. dann nahm frau kelef die dame elsa und ging ein wenig spazieren, matschtreten und so, und dann begann es meist zu regnen und frau kelef musste sich zu ihrem grössten bedauern beim imbissbus in sicherheit bringen.
und dort, bei irgendeinem der wenigen bierchen, kam frau kelef öfters so ins tratschen, wie das halt zu geschehen pflegt. viele der camper waren aus der schönen ddr, und ergo eher vorsichtig wegen westkontakt und stasi im hintergrund, und überhaupt aus gewohnheit und sicherheitshalber.
zwei junge männer aber pfiffen sich da wieder weniger darum, und man unterhielt sich so über das wetter und ungarn im allgemeinen und siofok im konkreten, und dann meinte der eine, sie kämen "aber aus dem osten". frau kelef hatte das an der sprache schon erkannt, das "aber" war nicht wirklich einzuordnen, sie meinte also "ja, und?" und das wars dann eigentlich.
irgendwie kam dann die rede darauf dass das zelt der beiden eher wasserdurchlässig war, und da frau kelef ja ein eigenes, wenn auch nur für zwei-personen, tipi hatte, das zudem auch noch relativ dicht war, wassertechnisch, da bot sie einen platz im trockenen an.
der wurde von k., dem "nicht-aber" auch dankbar angenommen, und so tratschte man in der finsternus der nacht noch ein wenig herum, und es stellte sich heraus, dass k. das schöne eisenhüttenstadt kannte, und überhaupt, und nebstbei war ihm der arbeiter- und bauernstaat jetzt nicht sooo ans herz gewachsen dass er ihn nicht gerne verlassen hätte.
der dackel elsa geruhte zwischen den beiden zu ruhen, das gute tier, und frau kelef dachte ein wenig nach.
nun ja.
man tratschte auch am nächsten tag noch ein wenig, und k. meinte dann schon deutlicher er würde, kwasi, seine seele verkaufen für irgendwie raus dort. konnte man ja verstehen. eigentlich hatte er bloss hummeln im hintern und wollte ein wenig herumreisen und sich die welt anschauen können und nicht vorgeschrieben kriegen was er denken durfte oder nicht.
"ich will bloss rüber. dann such ich mir irgendeine arbeit, egal was, und dann eine wohnung, der rest geht schon irgendwie. arbeiten kann ich, das muss ich sowieso hier und dort. ich will bloss rüber."
sie erkennen die reihenfolge? erst arbeit, dann wohnung, dann den rest. wenn man, wie frau kelef, eine menge leute kennt die aus verschiedenen gründen verschiedene länder verlassen haben, dann hört man den unterschied, besonders wenn das so vehement wiederholt wurde wie damals.
jedenfalls, k. und sein freund fuhren nach ein paar tagen weiter nach budapest., k. und frau kelef tauschten adressen und versprachen in kontakt zu bleiben.
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