Donnerstag, 10. Mai 2007
frau marion hat mich darauf gebracht,
aus anderen gründen.

vorige woche ist der e.b. (kennt hier sowieso keiner) gestorben.

47 jahre, einiges jünger als ich also. kopftumor, hat man voriges jahr entdeckt. operiert, herausgeschnitten, zugenäht.

acht monate hat er gebraucht, von der diagnose bis zum sterben.

und auch bei ihm, in den letzten wochen: er sah besser aus, hatte sein altes gewicht wieder - zwischendurch abgenommen nach der operation, dann zugenommen nach cortison - aber die ohren wuchsen.

die ohren wuchsen unverhältnismäßig, die knorpel ebenso wie die ohrläppchen, grotesk fast als ich ihn das letze mal sah vor ein paar wochen und er meinte, siehst du, ich werde wieder ganz gesund, und meine kinder aufwachsen sehen. und auf dem maturaball meiner tochter tanzen. mich bringt nichts um, schau, die narbe ist ganz schön, die haare wachsen schon wieder darüber, ja, sagte ich, wenn das so ist wünsch' ich dir alles gute, find ich toll, gut schaust du aus. und dachte dabei, mein gott, e., deine ohren, nein, das sollte nicht sein, noch nicht, deine tochter ist 12, der sohn 10.

am 15.05. ist sein begräbnis.

eine(r) der vielen, die starben, jünger als ich bin.

ich brauch ein neues telefonbuch, hab' ich festgestellt, besser ist das für mich. das ausradieren der adressen und telefonnummern der verstorbenen nimmt langsam viel zeit in anspruch, und hat so was von "aus den augen, aus dem sinn". so soll das aber nicht sein, und so ist das auch nicht. ich will mich erinnern an menschen die ich so lange kannte.

merkwürdige stimmung hier und heute.

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ja, meine Güte, hätt ich besser den Mund...

Können Sie dann trotzdem am 16.?
Wir reißen uns dann einfach gegenseitig raus. Liegt vielleicht auch am Wetter, hier ist jedenfalls bis gestern so merkwürdiges Regenwetter gewesen.

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ach, das ist nur zeitlich zusammengetroffen, kein grund zur besorgnis. in diesem einen speziellen fall ging es eben sehr schnell, eigentlich muss man ja sagen gottseidank, ich bin mir ganz sicher dass der e.b. keinen wert darauf gelegt hätte als jahrelanger pflegefall zu vegetieren, auch wegen der kinder. er hatte sich vor ein paar jahren scheiden lassen, ein neues leben mit einer neuen frau angefangen, und war guter dinge bezüglich beruflicher und privater zukunft.

ich bin eben einfach in einem alter, in dem die leut' aus dem bekannten- und freundeskreis langsam weniger werden, so nach und nach. man gewöhnt sich daran, offensichtlich. heute in der strassenbahn sassen hinter mir ein paar alte leute und unterhielten sich. grundtenor war: und wer ist jetzt wieder gestorben? ganz leidenschaftslos.

viele meiner vorfahren wurden weit über 80, teilweise über 90, ich mach mir persönlich nicht wirklich sorgen um mich, das würde ja auch nichts ändern. nur manchmal komm' ich eben in's nachdenken, kann ja nicht schaden.

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Sie sind viel zu jung um in einem Alter zu sein, in dem sich die anderen verabschieden.

Für meinen Opa, der immerhin 98 wurde war das wohl das schlimmste, alleine übrig zu bleiben. Seine Kumpels, es waren 6(!) Schulfreunde alle namens Philipp, eine verschworene Gesellschaft. 3 davon wurden älter als 90, und als seine letzten beide Freunde Pflegefälle wurden, nahm ihn das sehr mit. Am schlimmsten war dann der Tod seines jüngsten Bruders, der immerhin auch 86 wurde, aber immerhin.
Man muss sich das vorstellen, ein Alter zu erreichen, in dem sich dann die sozialen Kontakte auf die Generation der Kinder und noch Jüngeren erstrecken, gezwungenermaßen, und alle Menschen der eigenen Generation sind weg. Keiner mit dem man die gleiche Sprache spricht, die das selbe durchgemacht haben. Man muss sich fühlen wie ein Dinosaurier.

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