Montag, 6. März 2006
Tugend als Heilung für "psychopathische" Firmen

Wenn Unternehmen Menschen wären, müsste man viele von ihnen als "Psychopathen" bezeichnen - so verantwortungslos und asozial sind viele ihrer Taten. Eine finnische Wirtschaftswissenschaftlerin hat nun eine Psychopathie-Checkliste für Firmen erstellt und auch eine mögliche "Therapie" vorgeschlagen.

Wie Tarja Ketola von der Turku School of Economics in einem Beitrag der Fachzeitschrift "Corporate Social Responsibility and Environmental Management" schreibt, sei mit Gesetzen nichts auszurichten - einzig der Versuch, die persönliche Moral von Managern und ihren Mitarbeitern auf jene der Firma zu übertragen, sei fruchtbar.

Die Studie "From CR-psychopaths to responsible corporations: waking up the inner Sleeping Beauty of companies" ist online in "Corporate Social Responsibility and Environmental Management" (10.1002/csr.113; 27.2.06) erschienen.

Abstract der Studie

Buch und Film als Inspiration für Artikel

Vor zwei Jahren machte das Buch "The Corporation" und eine gleichnamige Dokumentation auf das Phänomen aufmerksam. Joel Bakan, Autor und Jurist an der University of British Columbia, ging der Frage nach, wie Unternehmen zu beurteilen seien, wenn man sie an den sozialen Maßstäben von Menschen misst.

Mit Hilfe diagnostischer Kriterien, die üblicherweise zur Einschätzung psychischer Krankheiten bei Menschen angewendet werden, stellte er bei einer Reihe von - ausschließlich auf Profit ausgerichteten - Firmen psychopathische Züge fest.

Tarja Ketola hat sich von einer ähnlichen Dokumentation nun inspirieren lassen und eine Art Checkliste für Unternehmen erstellt.

Checkliste: Arbeiten Sie in einer psychopathischen Firma?
Im Folgenden wird eine Reihe persönlicher Eigenschaften von Psychopathen aufgelistet, nach dem Doppelpunkt Beispiele für ebensolche Verhaltensweisen von Unternehmen:

- Desinteresse am Gefühl von anderen: plötzliche Beendigung von Arbeitsverträgen, rauer Umgang mit Angestellten, Kunden und Partnern
- Unfähigkeit zur Aufrechterhaltung menschlicher Beziehungen: Verlagerung der Produktion von Land zu Land, um die Kosten zu minimieren; permanenter Wechsel der Mitarbeiter und Partner
- Missachtung der Sicherheit von anderen: Produktionsmethoden, die Gesundheit der Mitarbeiter und die Umwelt gefährden
- Lügen zu eigenem Vorteil: Leugnung der Produktion gefährlicher Produkte; Täuschung von Angestellten und Kunden
- Unfähigkeit zu Schuldgefühlen: bei Fehlverhalten wird Schuld geleugnet, andere beschuldigt und die eigenen Taten gerechtfertigt
- Unfähigkeit, Gesetze und soziale Normen zu befolgen: Brechen von Arbeits-, Umwelt- und Menschenrechten

Modell für Corporate Responsibility



Mit der Diagnose alleine gibt sich die finnische Wirtschaftswissenschaftlerin aber nicht zufrieden, sie macht auch Therapievorschläge. Dazu hat sie zum einen ein Modell zur unterschiedlichen Gewichtung von Corporate Responsibility (CR) entwickelt.

Mit CR sind Managementansätze gemeint, die nicht nur ökonomische Verantwortung zum integralen Bestandteil einer Unternehmensstrategie machen, sondern auch soziale und ökologische.

Acht Typen: Vom "Selbstmörder" bis zum Ideal

In ihrem Modell unterscheidet Ketola acht verschiedene CR-Typen: Auf der einen Seite steht das "Selbstmörder-Unternehmen", das weder auf wirtschaftliche noch auf soziale noch auf ökologische Verantwortung Wert legt. Beispiele dafür seien Firmen, die in sehr kurzer Zeit meist nach schwerem Betrug durch die Geschäftsführung bankrott gehen.

Auf der anderen Seite steht das "ideale Unternehmen", das danach trachtet, alle drei Verantwortlichkeiten zu optimieren. Von diesen gebe es in der Realität eher wenige, klagt Ketola. Am ehesten fallen Unternehmen wie die Kosmetikkette "The Body Shop" oder die auf ethischen Grundsätzen agierende "Co-Operative Bank" in diese Kategorie.

Dazwischen gibt es weitere sechs CR-Typen, die die Verantwortlichkeit in sozialer, ökologischer und ökonomischer Hinsicht unterschiedlich gewichten.

"Schlafende Schönheit durch Tugendprinz wecken"

Am öftesten komme heutzutage der "plutokratische Typ" vor, der die wirtschaftliche Sichtweise klar über die beiden anderen stellt - eine "Ethik der Marktwirtschaft", die einzelne Unternehmen nur schwer vermeiden können.

Dennoch hält Ketola genau dies für möglich - und gesetzliche oder andere, den Markt steuernden Maßnahmen nicht für den Königsweg der Resozialisierung psychopathischer Firmen.

Man müsse vielmehr ihre "schlafende Schönheit durch den Kuss des Tugendprinzen wecken", wie es Ketola poetisch nennt.

Klassische Tugenden nach Aristoteles

Sie geht von einem kultur- und religionsübergreifenden Naturgesetz aus, das allen Individuen den gleichen Sinn für Moral gibt. Warum, so die naiv anmutende Frage, sollen diese Prinzipien ausgerechnet im Unternehmen nicht gelten?

Es bedürfe einer auf Aristoteles zurück gehenden Ethik, die die Unternehmen wieder auf den Pfad der Tugenden führen könnte. Nach dem griechischen Philosophen ist Tugend immer der Mittelweg zwischen zwei Extremen - die Tapferkeit etwa die Tugend zwischen Tollkühnheit und Feigheit.

Ketola zählt klassische Tugenden auf, von denen sie überzeugt ist, dass sich auch Unternehmen danach richten können: Gerechtigkeit, Großzügigkeit, Freundlichkeit, Mäßigung, Loyalität und Verlässlichkeit. "Jedermann kann stolz sein auf eine Firma, die nach diesen Prinzipien lebt."

Nikomachische Ethik von Aristoteles (Wikipedia)

Ethik gegen "schizophrene" Situation

Für die Mitarbeiter von psychopathischen Unternehmen ergibt sich eine "schizophrene" Situation: In ihrem persönlichen Leben richten sie sich nach bestimmten moralischen Werten, in der Firma werden diese mit Füßen getreten - "das wird schnell zur starken Belastung für Manager und Mitarbeiter", meint Ketola.

Die Lösung könne einzig darin bestehen, dass auch das Unternehmen ethische Prinzipien befolgt. Und dies sei möglich, gibt sich Ketola sicher.

Für die konkrete Umsetzung scheinen ihre Vorschläge in Zeiten von Globalisierung und Shareholder Values aber eher schwachbrüstig: "Diskussionen mit dem Management und anderen Schlüsselpersonen über ihre persönlichen und professionellen Werte, sodass sie und ihre Mitarbeiter in der Lage sind, beruflich und privat die gleichen Werte anwenden zu können."

Lukas Wieselberg, science.ORF.at, 6.3.06

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Sonntag, 5. März 2006
Deutsche Geflügelzüchter für Abschuss von Katzen
schreibt der http://orf.at/ unter "gesundheit" gerade. und weiter:

Zum Schutz vor der Vogelgrippe hat der niedersächsische Geflügelwirtschaftsverband den Abschuss streunender Katzen gefordert. "Wildernde Katzen müssen abgeschossen werden", sagte der Verbandsvorsitzende Wilhelm Hoffrogge heute in NDR Info.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei es nicht zu verantworten, dass sich Katzen in freier Wildbahn bewegten und so die Vogelgrippe weiter verschleppen könnten. Hoffrogge forderte deswegen auch eine "Stallpflicht" für Katzen. Hunde sollten außerdem an die Leine genommen werden.



irgendwie scheinen die vergessen zu haben, dass das so einfach nicht sein wird.

die katzen auf dem land sind zwar kulturfolger, aber sie sind auf den bauernhöfen nicht etwa wegen ihrer schönheit, ihrer anmut oder ihres netten schnurrens erwünscht, sondern ausschliesslich wegen ihrer jagdinstinkte und -fähigkeiten.

eine katze braucht pro tag zum überleben 10 bis 15 mäuse.

mäuse können schon im alter von sechs wochen wieder für nachkommen sorgen. pro wurf sind das so bis an die zehn stück, und multiplizieren können wir ja alle.

mäuse, ratten, maulwürfe et al. sind - sollten wir das vergessen haben - übrigens aus folgenden gründen sehr unbeliebt auf bauernhöfen:
sie verunreinigen das futter, so dass die tiere es nicht mehr fressen wollen.
sie verunreinigen die menschlichen nahrungsmittel
sie pissen und kacken überall hin
sie nagen alles mögliche an - kabel, verrohrungen, tragende balken
sie fressen die wurzeln von pflanzen ab, auch im gemüsebeet
sie haben jede menge ungeziefer an und in sich - flöhe, zecken, bandwürmer, andere würmer, etc.
sie übertragen alle möglichen krankheiten
sie sind teilweise durchaus aggressiv, besonders, wenn es um ihre nachfahren geht
sie unterminieren alles, was von gebrochenen beinen bis zu umgestürzten traktoren etc. führen kann

jetzt stellen wir uns einmal vor: ein bauernhof mit tieren. dazu gehört auch futter. was brauchen kühe, schweine, ziegen, schafe, pferde, und vor allem die existenzgrundlage der geflügelbauern: getreide, schrot, heu, etc. weiters braucht man jede menge stroh als streu. wird der stall ausgemistet, sind im allgemeinen immer noch genügend für mäuse verwertbare "abfälle". deshalb sind ja die katzen so gerne auf dem heuboden, weil es da erstens warm und kuschelig, und zweitens sehr nahrungsreich ist.

auch ausserhalb des stalles und des heubodens finden sich genügend beutetiere für die katzen: feldmäuse, maulwürfe, spitzmäuse, und auch wenn letztere nicht gefressen werden, werden sie doch erlegt oder nach möglichkeit so lange belauert und gejagt, bis sie freiwillig das revier räumen. ein ausgewachsener kater kann auch problemlos wanderratten erlegen.

wo dymka und dat julchen herkommen, sind immer ein paar katzen bei der arbeit. natürlich bekommen sie auch katzefutter, beosnders im winter, aber dafür bringen sie auch immer wieder tote mäuse etc. als gastgeschenke.

weder kann man nun aber katzen, die seit ein paar jahren ein riesiges gebiet bejagen, plötzlich ins haus sperren, noch ist in irgendeinem haus auf dem land die möglichkeit gegeben, die katzen ständig drinnen zu halten. wer hat schon jedes fenster vergittert, und alle türen entsprechend gesichert?

ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die bauern plötzlich mit den katzen an der leine spazieren gehen.

katzen, die seit jahren weit weg von haus und hof ihr geschäft verrichten, werden die sache mit dem katzeklo auch nicht so schnell akzeptieren.

ausserdem sind die katzen ihre mäusemahlzeiten gewohnt, und eine plötzliche umstellung auf reines dosen- und trockenfutter würde mit sicherheit schwerwiegende verdauungsprobleme nach sich ziehen.


als noch keine rede von der vogelgrippe war und es sie trotzdem gegeben hat, sind mit sicherheit auch jede menge vögel daran gestorben, und vermutlich haben sich auch einige der freilaufenden katzen damit angesteckt und haben das nicht überlebt.

nur: wenn in wald oder wiese ein toter vogel liegt, dann ist der ganz schnell egalisiert - darum findet man nämlich so wenige von denen.

und eine ordetnliche katze stirbt nicht in haus und hof, sondern sie weiss wann es zeit ist zu gehen, macht noch eine ehrenrunde und verschwindet dann auf nimmerwiedersehen dorthin, wo sie niemand mehr findet. tote katzen findet man auf dem land fast nur, wenn sie überfahren oder sonstwie verletzt wurden.

welcher bauer oder jäger, der dann doch eine "verdächtige" tote katze gefunden hat, ist denn, um gottes barmherzigkeit willen, jemals auf die idee gekommen, den schon nach 24 stunden (in der warmen jahreszeit natürlich früher) aufgeplatzten, stinkenden, halb aufgefressenen kadaver einer katze in ein sackerl zu schaufeln, und das zeug dann womöglich drei stunden durch den wald zu tragen, um dann 20 oder 30 km mit der stinkbombe zur gendarmerie zu fahren und denen das sackerl zu geben damit die es dann weiterbefördern und untersuchen lassen???

und deshalb hat man nie etwas davon gehört, dass katzen an der vogelgrippe gestorben sind. oder hunde. oder marder. oder füchse.

hätte die wissenschaft nicht die möglichkeit, einzelne viren so akkurat zu bestimmen, und wäre die wissenschaft nicht dauernd am suchen und entdecken und forschen und entwickeln, hätten wir, denke ich, einiges kopfweh weniger.


ich bin gespannt, wie das weitergeht:

erst schiessen wir die katzen von den heuböden
dann legen wir gift aus gegen die mäuse
dann sprengen wir die spitzmäuse und die maulwürfe in die luft
das mit den ratten wird dann schon schwieriger
das fleisch der tiere kann man nicht mehr essen, weil es mit gift kontaminiert ist, da muss man das vieh keulen
jedes tote nagetier muss untersucht werden, ob es nun an gift oder an der vogelgrippe oder sonstwas gestorben ist - wenn dann so viele unterwegs sind, man weiss ja nie ...
dann gemma tauben vergiften in den park
dann sperren wir sicherheitshalber die kinder ein, weil im freien alles voller gift ist

to be continued

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Samstag, 4. März 2006
nitschewo
heisst ja bekanntlich "macht nix".

und wieder einmal erreichte frau kelef eine gar liebliche geschichte aus russland, diesmal eben unter dem titel "nitschweo", untertitel:

Turin vollgekotzt...

der inhalt:

Der Empfang im russichen olympischen Dorf Bosco Village am 23 Februar endete für mindestens fünfzehn Teilnehmer, darunter Mannschaftsleiter, Kulturschaffende und Ehrengäste, mit einer Magenvergiftung, verursacht durch den minderwertigen Vodka der Marke Russkij Standart.

Dies brachte laut (Internetzeitung) Lenta.ru die Agentur "Der ganze Sport" im Stab der russischen Delegation in Erfahrung , wo am Sonntag bei der routinemässigen Versammlung die Ereignisse der letzten Tage der Turiner Spiele an der Tagesordnung waren.

Wie die Agentur berichtet, "mussten die medizinischen Betreuer der russischen Delegation zur Magenspülung greifen, um einigen von den Gästen wieder auf die Beine helfen zu können. Ernsthaft gefährdet war jedoch niemand ".

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österreichisch
ist auch eine sprache. und wer sich nicht zurechtfindet, dem kann ja vielleicht dies hier helfen:

österreichisch

viel spass.

warum allerdings das suchsystem den fetzenschädel nicht findet, das wort hingegen zweimal unter f aufscheint, erschliesst sich mir nicht wirklich. jedenfalls eine nette sammlung, die da zusammengetragen wurde.

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