Montag, 21. Juli 2008
da kenn' ich übrigens auch eine auswanderergeschichte
zu dem thema: http://motzi.myblog.de/motzi/art/272258984/FEHLENDES_VERSTANDNIS

rein allgemein ist man ja der meinung, die geschichten im tv, die sich mit auswanderern und neustarts und so beschäftigen, die seien samt und sonders gestellt und erfunden, denn so dumm könne ja niemand sein.

nun denn, ich will ihnen folgende geschichte nicht vorenthalten: mein ex (dem ich seit zwei wochen sonst was an den hals wünsche, aber das erzähle ich ein anderes mal), hat einen neffen.

anlässlich seines 25 geburtstages lud dieser zur feier (der ex war damals noch nicht ex). zu dem knaben ist zu sagen, dass er (da erstes enkelkind in der familie UND noch dazu männlich) insbesondere von seinen eltern als der ausbund der scheeenheit, intellenz und schportlichkeit gesehen ward. in der folge kam er natürlich auf ein schportgymnasum, da hatte er dann mit der maturah gleich mindestens 30 mögliche berufsausbildungen abgeschlossen (ich erfuhr allerdings nie welche, trotz eingehender befragung). der schport war fussballspielen, mit 20, zur matura, war das eine knie nach drei operationen im a... und übrig blieben die 30 berufe, mindestens. nach längerer suche (wegen schport hatte die bildung gelitten, aber irgendwann macht ja jeder seinen abschluss) und untauglichkeit bei heer und sozialberuf (wegen knie) hackelte der zukunftsträchtige jüngling mit ohne lockigem haar dann bei einer personalvermittlung. seinen eltern zufolge führte er quasi die firma, und so. wegen besonderen erfolges in wien ging er dann nach tirol auf ein paar monate, und baute dort ebenfalls die welt neu auf.

jedenfalls, bei der geburtstagsfeier stund er auf, klopfte an sein glas und verkündete: er werde auswandern. nach australien.

seine drei besten freunde (alle mit ebenso profunden und brauchbaren ausbildungen und lebensläufen wie der jüngling selbst) hätten sich dazu entschlossen, und er sich mit ihnen. seit mehr als einem jahr schon hätten sie sich darauf vorbereitet, erkundigungen eingezogen, blablabla. wohnungen gekündig, freundinnen verlassen, eltern heulend, kurzum, die ganze palette.

sie würden einmal quer durch australien fahren mit einem wohnmobil, dabei selbst kochen und so und sich vom ersparten ernähren, und sich dann jobs suchen und als gemachte leute in ein paar jahren quasi eigentümer des kontinents sein.

nun ja, meinte frau kelef, und wo werdet ihr arbeiten? ich meine, und wie sieht das aus mit so sachen wie sprache, visum, klima, kulturkunde, arbeitserlaubnis etc. ? führerschein - ich meine, die fahren dort ... wurde aber sofort zur ordnung gerufen, weil, meinte der erzeuger des neffen des ex, der j. habe ja immerhin die maturah und mindestens 30 erlernte berufe, die er ausüben könne, und englisch sei doch kein thema, das könne ja jeder und sei auch eine ganz einfache sprache. und auf begabte junge menschen warte man in australien ja schon immer.

frau kelef also schnappte nach luft, und meinte, wenn ihr das irgendwer bei gelegenheit erklären könne, würde sie es vielleicht verstehen. die alleinige tatsache, dass sie 1. auch eine matura, 2. ein halbes sprachstudium, 3. einen job in einem amerikanischen unternehmen, 4. schon arbeit im ausland, 5. ein bisserl mehr berufserfahrung, etc. hinter sich habe befähige sie ja logischerweise keinesfalls, einem gelernten tapezierer (vater des hoffnungsvollen jünglings) und einer hausfrau (mutter des hoffnungsvollen jünglings) derlei fragen zu stellen. und der jüngling himself, nun, der meinte, zudem sei er ja männlich und ich weiblich. o, du liebes ypsilon, dachte frau kelef, goss sich einen dreifachen klaren hinter die binde und begann, zur beruhigung kontrolliert tief ein- und auszuatmen.

die hausfrau und mutter ward dann in ihrem schmerz getröstet, das jüngl käme sicher wieder, sie brauche keine sorge zu haben, frau kelef sei ja quasi eine begnadete hexe dieserbezüglich.

vergnügt kichernd ob der dreistündigen erzählungen und prophezeiungen - zu seinem abschiedsfest hatte j. rund 50 leute geladen, und frau kelef versuchte mit allen ein paar worte zu sprechen, es war zu schön was da zu hören war an unwissen und allem was dazugehört - kehrte frau kelef mit dem ex nach hause zurück.

nun, was soll man sagen. vier hatten den plan gehabt. einer kam nicht einmal zum flughafen, liess das ticket verfallen und stellte sich zwei jahre lang tot. einer kam nach einer woche wieder zurück. j. rief nach drei wochen bei der mammi an, er käme auch wieder: die liebe zu seiner freundlin in tirol sei doch zu gross. nach insgesamt sechs wochen war er wieder in wien. der vierte blieb ein wenig länger, aber nach drei monaten war auch schluss mit lustig.

woran das auswandern nach mehr als einem jahr vorbereitungen gescheitert war, fragen sie? nun, die fahren dort links, sprechen englisch mit australischem dialekt, wollen so sachen wie arbeitserlaubnis, und die kultur ist einfach eine andere als in europa. die essen was anderes als wir, und, es mag uns überraschen, auch konservendosen sind englisch beschriftet und enthalten KEINEN schweinsbraten mir knödeln und kraut. oder gulasch. und wenn wo gulasch draufsteht, ist keines drin, zumindest kein wiener gulasch. auch die problematik mit dem wäschewaschen und dem dosenöffnen und doseinhalt erwärmen gestaltete sich ziemlich schwierig, um nicht zu sagen undurchführbar. von zuviel bier wird man überall besoffen, und die australischen weine entsprechen keineswegs einem brünnerstrassler. dem vernehmen nach sind aber gewisse damen nicht abgeneigt, dummen jungs die kohle aus der tasche zu ziehen (aber das ist ja auf der ganzen welt so, nur hatten die vier die erfahrung eben bis dahin noch nicht gemacht), und wer allzu vertrauensselig ist, und so weiter. und wenn man dann noch nicht einmal versteht, was die leut' reden ...

j. ging dann übrigens nach ein paar monaten im hotel mammi wieder nach tirol, zu seiner grossen liebe. nicht einmal dort hat er die leut' verstanden, also musste er wieder nach wien zurück. er nahm sie mit (versteht halt sie niemand(en)), in der zwischenzeit sind sie auch noch verheiratet. er arbeitet in einer personalvermittlung, und sie statt als verkäuferin in einem büro. vermehrt haben sie sich gott sei dank noch nicht, irgendwo hat die natur ja ihre natürlichen grenzen, danke da oben.

ich lache heute noch über die geschichte. und die auswanderer-berichterstattungsserien mit neuem leben etc. können gar nicht so unglaublich sein, dass ich sie nicht glaube.

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