Montag, 1. Jänner 2007
fernseh- und andere starköche oder: der hofer war's
jetzt nicht, dass ich die immer bewundere, die fernseh- und so köche. ich ja schon gar nicht, möchte ich sagen. ganz im gegenteil.

aber auf der anderen seite, ich schau ja auf eine ganz ansehnliche reihe von berufs- und arbeitsjahren zurück, und, wie einige wissen, hab' ich ja auch zehn jahre lang in einer kunst und künstler vermittelnden agentur gearbeitet.

ich meine, ich bin ja auch nicht mehr zwanzig oder dreissig, oder so. ergo hab ich auch schon ein paar sachen erlebt. und da muss ich also nun auch - da ich in meinem vorvorigen eintrag ja ein wenig auf die fernsehköche "losgegangen" bin, einem fernsehkoch auch einmal tribut zollen, nämlich dem hofer. dem hans hofer.

der hans hofer nämlich, der war - die gross- oder urgrosseltern einiger österreichischer leser werden sich bei nachdrücklicher befragung daran erinnern - einmal fernsehküchenchef. vor vierzig oder so jahren. in österreich. nebenbei war er auch noch küchenchef einer sehr grossen österreischischen versicherung, aber das nur nebstbei.

und wie es nun bei so mehr oder weniger kleinen agenturen war, machte jeder alles, und alle machten jedes. ich war sehr jung, meine mutter konnte nicht kochen, und das repertoire meiner den haushalt führenden grossmutter kam über das kriegs-standardrepertoire nicht hinaus. kein gemüse ohne einbrenn (mehlschwitze). ergo konnte ich auch nicht kochen.

das war damals die zeit der hausfrauennachmittage, auch unter der patronanz von zeitungen, und "unser" koch war der hans hofer. hausfrauennachmittage gingen so: man suche ein paar sponsoren, die produkte vorstellen oder bewerben wollen. dann brauchte man noch einen koch zur präsentation, einen conferencier und ein paar programmeinlangen, schon waren zwei stunden werbetrunken ausgefüllt. die sponsoren zahlten ein paar schilling, spendeten ein paar preise, der conferencier conferierte (und machte einen quiz zu den preisen), der zauberer zauberte, der sänger sängte (einem manchmal die gehörknöchelchen auseinander), und der koch, welche überraschung, der kochte. in echt. auf der bühne. ohne mit der wimper zu zucken, vor zweitausend leuten die ihm auf die finger schauten und das ergebnis dann auch noch kosteten.

vom hofer, von dem hab' ich gelernt zu kochen ohne angst zu haben vor zutaten, - schauern und anderen schauern (z.b. durch das bühnendach tropfendes wasser). vom hofer, von dem hab' ich gelernt dass man auch kochen kann mit dem was gerade da ist, oder mit dem, womit man kochen muss (mach' ma halt a zwischengericht). vom hofer hab' ich gelernt zu lächeln, wenn das blut vom finger rann ("meine assistentin zeigt ihnen jetzt, wie man richtig zwiebel schneidet - ja, sehen sie - und jetzt schauen sie wie der conferencier XXX präsentiert"). vom hofer hab ich gelernt, dass man küchenmaschinen einsetzen muss, oder auch nicht ("die firma m. zahlt heut nicht, müss ma des halt mit der hand machen").

vom hofer hab' ich auch gelernt so zu kochen, dass es mir spass macht wenn mir wer zuschaut. und so gemüse zu putzen und zu schneiden, dass es keinen dabei beutelt. auf kleinstem raum, immer mit zuschauern auf allen seiten. nie mit den fingern in's essen zu greifen - weil, auf der bühne und live, ... vom hofer hab ich gelernt, dabei zu lächeln, zu präsentieren, schön herzurichten "in aller schnelle".

vom hans hofer hab' ich gelernt sauber zu arbeiten in der küche, mit minimalem patz auszukommen wenn es sein muss, und mit einem messer und einem kleinen brettl. messer kann (muss manchmal) man vor ort schleifen, und ein "anständiges" brettl ist klein, aus hartholz, hat einen griff und eine abgeschrägte seite, damit man es auch als schaufel/spatel/scherer/schaber/nockerlbrett verwenden kann. da es solche brettln hier nicht mehr gibt, hab ich mir meine, übrigens, aus der ddr mitgenommen. vor bald 25 jahren. echte qualitätsarbeit, veb knast vermutlich, unerreicht, der hofer hätt' sei freud' daran.

der hans hofer war ein grosser, sehr gut aussehender mann mit ausgesucht gutem benehmen, ein frauenfreund und -held, und wegen ein bisserl einem tremor hatte er fernsehverbot bekommen und musste auch bei live-auftritten eine assistentin haben. meine tochter war ja meist mit, im kinderwagen erst, dann freilaufend, und der hans hofer war immer bemüht, auch das kind zu unterhalten hinter der bühne, mit ein bisserl einem extra mitgebrachten kuchen, extra mit obst, für die kleine.

nie werde ich den hausfrauennachmittag in krems vergessen, als wir einen kuchen auf dem blech aus dem ofen holten und er mir half und zitterte und das blech an meinem unterarm kleben blieb und die haut zischte und ich lächelte (eine stunde später noch immer, das lächeln war eingefroren). da meinte er: jetzt haben' sie die feuertauf' bestanden, jetzt können sie das auch alleine.

nie werde ich den hausfrauennachmittag in hollabrunn vergessen, da wir tiefgekühlte germknödel in einem neuen kochgeschirr vorstellten, und das gelieferte geschirr war zu klein, und der knödel zu gross, und dann lugte während der zauberer-show (weisse tauben) der knödel immer wieder vorwitzig unter dem klappernden deckel hervor, die tauben fürchteten sich und flogen wirre kreise, und meinte tochter lachte sich im kinderwagen darob kringelig und der hofer meinte: das kind hat einen gesunden humor.

ich werd' ihm ganz bestimmt noch viel weniger vergessen, wie elegant er die tatsache umschiffte, dass er wusste, wie nix ich damals hatte. und jedem sponsor erklärte, dass für die assistenz seitens meiner lieben person extra zu löhnen sei. und dass mir die vorführgeräte des jahres jeweils kostenlos zu überantworten seien. die moulinette funktioniert immer noch, übrigens. das elektrische messer auch. und der 12l-schnellkochtopf und die töpfe sowieso. hat er befunden, die brauch' ich, wegen dem kind. weil, in den edelstahlgeschirren, die damals aufkamen, konnte man gemüse ganz schnell dünsten, heisses geschirr, kaltes gemüse rein, salzen, zehn minuten, ein hauch butter, frische kräuter, keine einbrenn, ach ja.

und die nahrungsmittelhersteller, für die er werbung machte bei den veranstaltungen, die verdonnerte er ebenfalls zu naturalien-sponsoring. teigwaren, konserven, gewürze, kaffee, ...

und natürlich löhnte er mich auch noch, und sehr anständig dazu. SEHR anständig.

aber das nur am rande, der vollständigkeit halber. weil er eben ein feiner mensch war, der schon wusste, ich hätt' zu viel nicht genommen, mir musste man das immer unterjubeln, als conditio sine qua non, quasi.

er wohnt nicht weit von mir. jetzt ist er bald neunzig, immer noch ein soigniert wirkender herr. korrekt gekleidet, obwohl, die anzüge passen nimmer so. und der tremor ist schlimmer geworden, no na. seine frau ist seit jahren bettlägerig. er küsst mir immer noch die hand und entschuldigt sich - so er sich denn daran erinnert - für die sache mit dem backblech in krems. die narbe sieht man immer noch. und dann plaudern wir ein bisserl über die alten zeiten, und wie das damals war, und dass die fernsehköche heute es doch leicht haben, recht hat er, ....

er hat sich unendlich gefreut, als meine tochter ihn ansprach auf dem markt beim einkaufen, hat zuerst gar nicht damit umgehen können, mir dann jedesmal wenn ich ihn getroffen hab' erzählt wie ihn das gefreut hat, und sich an die alten zeiten erinnert, und wie das damals war.

bei solchem wetter wie jetzt treff ich ihn seltener, er kann nicht mehr so gut gehen, und im dunkeln sieht er nix. und ich geh' arbeiten, am anderen ende der stadt. jetzt ertapp' ich mich manchmal dabei, dass ich schau ob bei ihm licht brennt, dann bin ich beruhigt.

also, ich wollt' mich ja nur ausschreiben, aus gründen, gegen die mehlschwitze, und für die fernsehköche. zumindest einen kenn' ich nämlich, seit über einer generation, der kann kochen, ohne mehlschwitze, lispelt nicht, hat keinen ziegenbart, fasst nicht ohne triftigen grund mit den händen in nahrungsmittel, und so weiter und so fort. und wenn er aus der küche ging, konnte man das, was in den töpfen war, auch essen. und ein sir ist er ausserdem (geblieben), der hans hofer, in seiner art.

für herr paulsen, damit alles seine richtigkeit hat.

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So fängt das neue Jahr gut an. Vielen Dank für Ihre Erinnerungen! Das hätte ich gerne mal gesehen.

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gerne gesehen hätten sie das? ich weiss nicht, ich weiss nicht. aber ein spass war es immer, da kann man nix dagegen sagen, und die nerven gestärkt hat so eine veranstaltung allemal.

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ach daher können Sie so gut kochen.
Man trifft nur wenige Menschen im Leben, die so eine Spur hinterlassen, und wichtig sind. Man möchte jedem wünschen, zur rechten Zeit so einen Menschen zu kennen. Und ein ganz besonderes Lebensgeschenk wäre es, wenn man selbst für andere so eine Spur legen könnte.

Ein gutes neues Jahr wünsche ich Ihnen, erhalten Sie ihre Gesundheit, der Rest kommt dann sicher von selbst. Alles Gute.

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das haben sie wieder einmal sehr schön gesagt, das mit der lebensspur. und es freut mich, wenn sich alle freuen über meine alten geschichten, ich hab' ja viele, aber die meisten kann ich noch nicht aufschreiben, muss man oft erst warten bis die erben tot sind, hat ja jeder rechtsschutzversicherung heute.

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naja, vielleicht sind manche Geschichten auch entpersonalisiert möglich.

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