Montag, 12. Oktober 2009
conditio sine qua non
kelef, 04:11h
scheint diese einstellung zu sein, wenn man bei einer gewissen partei ist: http://orf.at/091011-43545/index.html . die lösung aller rätsel, mindestsicherungen, arbeitslosigkeiten und lehrstellensuche ist also: langschläfer, steht früher auf! morgenstund hat gold im mund, schwarzes, vermutlich. dann kann man sich auch von der mindestpension einen karibikurlaub leisten, nehme ich an, wenn man denn nur früh genug aufsteht.
wieso ich dieser meinung bin? nun, es ist schon eine weile her, und ich hab die geschichte zwar umgehend aufgeschrieben aber dann aus verschiedenen gründen nicht veröffentlicht, was ich allerdings tun sollte, da kam eine ähnliche diskussion auf.
genaugenommen war es so, dass ich mich ein wenig darüber alterierte dass es meinem bruder, dem burli (mammas liebling, pappas stolz) aus verschiedenen gründen nicht nachvollziehbar war dass manche menschen - so auch ich - probleme haben mit dem käuflichen erwerb verschiedener dinge.
klar, supermärkte haben immer länger offen, in den diversen einkaufszentren kann man praktisch wohnen: im baumarkt gibt es snacks, getränke, bettzeug und verschiedene möbel, im möbelgeschäft gibt es kleidung, nahrung und elektrobedarf, tepiche udn elektrogeräte kauft man im kaffeegeschäft, und so weiter und so fort.
aber wehe, man ist alleine, hat womöglich ein kind zu versorgen und einen ganztagsjob, und braucht, sagen wir einmal, einen lichtschalter oder eine lusterklemme. die kriegt man im möbelhaus, im baumarkt und auch in manchen supermärkten, was an sich ja ganz toll ist.
weniger toll finde ich es allerdings seit jahren, dass diese tollen geschäfte leider alle an orten sind, die entweder nur mit einem motorisierten untersatz oder einer stundenlangen öffi-fahrt erreichbar sind.
was auch nicht so schlimm wäre, hätte man denn die zeit, die man dazu benötigt, oder aber das auto. hat man beides nicht, dann ist aber holland in not.
die sache mit der lusterklemme hat mich ein halbes jahr geärgert, seinerzeit, weil die in summe zweistündige reise für eine lächerliche lusterklemme, und dann noch eine runde stunde im baumarkt wegen suchens nach klemme, anstellen an der kasse, warten bis der papierstreifen gewechselt ist, und dann zur andern kassa, weil die eine an der ich anstand irgendwie nicht funktionierte, trotz neuen papiers, das hatte ich alles schon gehabt und dann hatte mir ein handwerker (von der hausverwaltung, wen wundert's) die klemmen einfach geklaut als sie neugekauft in der küche lagen, und natürlich wusste keiner von nix.
eine wiederholung der veranstaltung war also nicht wirklich reizvoll, liess sich dann aber doch nicht vermeiden. dass ich dann noch in einen wolkenbruch geriet, klatschnass nach hause kam und feststellen musste, dass es erstens hereingeregnet hatte weil wer nicht da ist auch das fenster nicht zumachen kann, und zweitens frau hunt auf den teppich gekotzt hatte, das erwähne ich ja nur am rande.
die sache mit dem elektriker, der doch drei gassen weiter sein geschäft hatte, und die der burli mir so warm ans herz legte, hatte einen klitzekleinen haken, einen von den besonders beliebten: der hatte zwar eine riesenauswahl, aber leider waren die lohnnebenkosten so gestiegen dass er sein geschäft nur mehr mo - do von 09.00 bis 17.00, und fr von 09.00 bis 12.00 uhr geöffnet hielt.
woraus sich leicht schliessen lässt, dass ein normaler arbeitender mensch dort nicht einkaufen konnte ohne entweder einen halben urlaubstag zu verbrauchen oder sich illegal krankschreiben zu lassen.
und ich bin mir ganz sicher, dass diese probleme nicht nur ich alleine habe, sondern auch sehr viele andere menschen. alle die dinge, die man nicht regelmässig braucht oder die irgendwelche handwerklichen fertigkeiten erfordern, die kann man nur unter aufbietung allergrösster organisatorischer (ich schreib' mal nur gummidichtung) und oft auch logistischer (denken sie mal an z.b. eine neonröhre) denkakrobatik erlangen.
denn natürlich hat der arbeitende mensch ab und an auch noch andere termine, und wenn man sich das alles einteilen muss zwischen lebensmitteln besorgen, arztterminen, elternsprechtagen, kind vom hort abholen, etc., dann kommt man ganz schön schnell in die bredouille. und, wie gesagt, ich red' ja nicht von mir, sondern von den meisten "normalen" menschen.
der burli natürlich, der zeit seines lebens erst von der grossmutti, dann von der mammi und dann von seiner frau (die erst nicht, und dann nur stundenweise arbeiten ging, wegen der kinder) von derlei unbillen ferngehalten wurde, der hatte dazu natürlich eine ganz einfache lösung: ich solle doch gefälligst früher aufstehen, dann sei das gar kein problem.
jedenfalls, er konnte mir geistig nicht folgen, und als er wiederholte ich solle doch gefälligst früher aufstehen, da sagte ich trottel zu ihm. das hat ihn so gekränkt, dass er mich aus dem haus, das der herr alleinerbe von den eltern bekommen hat (ich hätt' mir ja einen mann suchen können der mir eines baut oder so) hinausgeworfen hat, und seither reden wir nix mehr miteinander. die geschichte der diskussion, die wir vorher hatten, die kriegen wir demnächst.
in summe muss ich aber sagen, er hatte schon recht, weil trottel war unangebracht. ar...loch wäre treffender gewesen.
und sie dürfen jetzt gerne raten, von welcher partei sein parteibüchel unterschrieben ist, das er brauchte, damit ihm die mammi einen job besorgen konnte.
wieso ich dieser meinung bin? nun, es ist schon eine weile her, und ich hab die geschichte zwar umgehend aufgeschrieben aber dann aus verschiedenen gründen nicht veröffentlicht, was ich allerdings tun sollte, da kam eine ähnliche diskussion auf.
genaugenommen war es so, dass ich mich ein wenig darüber alterierte dass es meinem bruder, dem burli (mammas liebling, pappas stolz) aus verschiedenen gründen nicht nachvollziehbar war dass manche menschen - so auch ich - probleme haben mit dem käuflichen erwerb verschiedener dinge.
klar, supermärkte haben immer länger offen, in den diversen einkaufszentren kann man praktisch wohnen: im baumarkt gibt es snacks, getränke, bettzeug und verschiedene möbel, im möbelgeschäft gibt es kleidung, nahrung und elektrobedarf, tepiche udn elektrogeräte kauft man im kaffeegeschäft, und so weiter und so fort.
aber wehe, man ist alleine, hat womöglich ein kind zu versorgen und einen ganztagsjob, und braucht, sagen wir einmal, einen lichtschalter oder eine lusterklemme. die kriegt man im möbelhaus, im baumarkt und auch in manchen supermärkten, was an sich ja ganz toll ist.
weniger toll finde ich es allerdings seit jahren, dass diese tollen geschäfte leider alle an orten sind, die entweder nur mit einem motorisierten untersatz oder einer stundenlangen öffi-fahrt erreichbar sind.
was auch nicht so schlimm wäre, hätte man denn die zeit, die man dazu benötigt, oder aber das auto. hat man beides nicht, dann ist aber holland in not.
die sache mit der lusterklemme hat mich ein halbes jahr geärgert, seinerzeit, weil die in summe zweistündige reise für eine lächerliche lusterklemme, und dann noch eine runde stunde im baumarkt wegen suchens nach klemme, anstellen an der kasse, warten bis der papierstreifen gewechselt ist, und dann zur andern kassa, weil die eine an der ich anstand irgendwie nicht funktionierte, trotz neuen papiers, das hatte ich alles schon gehabt und dann hatte mir ein handwerker (von der hausverwaltung, wen wundert's) die klemmen einfach geklaut als sie neugekauft in der küche lagen, und natürlich wusste keiner von nix.
eine wiederholung der veranstaltung war also nicht wirklich reizvoll, liess sich dann aber doch nicht vermeiden. dass ich dann noch in einen wolkenbruch geriet, klatschnass nach hause kam und feststellen musste, dass es erstens hereingeregnet hatte weil wer nicht da ist auch das fenster nicht zumachen kann, und zweitens frau hunt auf den teppich gekotzt hatte, das erwähne ich ja nur am rande.
die sache mit dem elektriker, der doch drei gassen weiter sein geschäft hatte, und die der burli mir so warm ans herz legte, hatte einen klitzekleinen haken, einen von den besonders beliebten: der hatte zwar eine riesenauswahl, aber leider waren die lohnnebenkosten so gestiegen dass er sein geschäft nur mehr mo - do von 09.00 bis 17.00, und fr von 09.00 bis 12.00 uhr geöffnet hielt.
woraus sich leicht schliessen lässt, dass ein normaler arbeitender mensch dort nicht einkaufen konnte ohne entweder einen halben urlaubstag zu verbrauchen oder sich illegal krankschreiben zu lassen.
und ich bin mir ganz sicher, dass diese probleme nicht nur ich alleine habe, sondern auch sehr viele andere menschen. alle die dinge, die man nicht regelmässig braucht oder die irgendwelche handwerklichen fertigkeiten erfordern, die kann man nur unter aufbietung allergrösster organisatorischer (ich schreib' mal nur gummidichtung) und oft auch logistischer (denken sie mal an z.b. eine neonröhre) denkakrobatik erlangen.
denn natürlich hat der arbeitende mensch ab und an auch noch andere termine, und wenn man sich das alles einteilen muss zwischen lebensmitteln besorgen, arztterminen, elternsprechtagen, kind vom hort abholen, etc., dann kommt man ganz schön schnell in die bredouille. und, wie gesagt, ich red' ja nicht von mir, sondern von den meisten "normalen" menschen.
der burli natürlich, der zeit seines lebens erst von der grossmutti, dann von der mammi und dann von seiner frau (die erst nicht, und dann nur stundenweise arbeiten ging, wegen der kinder) von derlei unbillen ferngehalten wurde, der hatte dazu natürlich eine ganz einfache lösung: ich solle doch gefälligst früher aufstehen, dann sei das gar kein problem.
jedenfalls, er konnte mir geistig nicht folgen, und als er wiederholte ich solle doch gefälligst früher aufstehen, da sagte ich trottel zu ihm. das hat ihn so gekränkt, dass er mich aus dem haus, das der herr alleinerbe von den eltern bekommen hat (ich hätt' mir ja einen mann suchen können der mir eines baut oder so) hinausgeworfen hat, und seither reden wir nix mehr miteinander. die geschichte der diskussion, die wir vorher hatten, die kriegen wir demnächst.
in summe muss ich aber sagen, er hatte schon recht, weil trottel war unangebracht. ar...loch wäre treffender gewesen.
und sie dürfen jetzt gerne raten, von welcher partei sein parteibüchel unterschrieben ist, das er brauchte, damit ihm die mammi einen job besorgen konnte.
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Sonntag, 25. Jänner 2009
HABEN WILL!
kelef, 19:03h
frau kelef war gestern eingeladen, bei einer kombinierten wohnungseinweihungs- und geburtstagsfeier, sehr fein gewesen, kann man nicht meckern. essen gut, tirnken gut, leute gut, unterhaltung gut, wohnung: was soll ich sagen.
wenn sich so eine anständige hausverwaltung anstrengt, dann schaffen die das direktemang eine alte wohnung so zu renovieren, dass alles, aber auch schon alles zusammenpasst, gut aussieht, ordentlich gemacht ist, man weder von zusammenstellungen noch farben noch formen den augenkrebs kriegt, und sogar die fliesen in bad und wc sind - wiewohl in schlichtem weiss gehalten - offensichtlich von einem menschen mit verstand ausgewählt worden, und unterstützen optisch die gegebenheiten im positivsten sinne. auch die küche ist schlicht, ergreifend und leidenschaftslos funktionell konzipiert, mit genügend platz für eigene ideen und ausbauarbeiten. anständigerweise wurde auch KEIN laminat verlegt, sondern ein sehr schöner parkettboden, fischgrät. und das ganze in einem jugendstilhauskomplex, im stiegenhaus noch teilweise die alten bunten verglasungen, marmor in der eingangshalle, frau kelef war ganz hin und weg.
und nein, frau kelef will nicht dort wohnen, frau kelef wohnt schon.
die geneigte leserschaft wird sich also fragen, was soll dann der titel?
nun, irgendwann sassen dann alle in der küche herum, und tratschten so, und freunde der gastgeber - die gerade ein haus bauen - erzählten von bekannten, die bei allem was sie sehen in ein "das will ich auch haben" ausbrechen.
und das erinnerte frau kelef nun wiederum an ihre mutter, die diese krankheit auch hatte. "gefällt mir" war gleichbedeutend mit "will ich haben". was sie nicht haben wollte, gefiel ihr nicht, ganz einfach.
es dauerte ziemlich lange, bis frau kelef diesen mechanismus erkannte, war gar nicht einfach, denn frau kelef hinwiederum ist ja ganz das gegenteil diesbezüglich. es gefällt einem ja bald einmal etwas, schmuck, kleider, häuser, kinder, katzen, hunde, pferde, autos, bilder und weiss der kuckuck was noch. aber haben wollen?
frau kelef geht gerne in einen tiergarten, zum beispiel, und schaut sich die tiere an, was ja einer der gründe ist warum man in einen tiergarten geht, an sich. besonders gefallen frau kelef zum beispiel die giraffen, auch die nashörner haben ihren charme, und die haifische und raubvögel, und frau kelef hat ja auch einen halben tiergarten zuhause, quasi, aber eine giraffe ihm wohnzimmer? ein hai in der badewanne oder ein steinadler in der vorzimmervoliere?
frau kelefs mutter schoss übrigens den vogel ab diesbezüglich, als sie einmal fragte warum frau kelef eigentlich zwischen den vorlesungen statt in der mensa im votivpark sässe. wahrheitsgemäss beantwortete frau kelef diese frage mit "ich sitz so gerne dort und schau mir die Votivkirche an, die gefällt mir einfach so sehr." bösartig schnaubte frau kelefs mutter daraufhin: "so ein blödsinn, die kannst du doch sowieso nicht haben." ja ne, die wollte frau kelef ja auch gar nicht, deswegen sass sie ja nicht dort, einfach anschauen, und gut. rennt ja nicht davon, so eine kirche, und nützt sich auch nicht ab durch das angeschaut werden. kostet nix, das schauen, und man könnte so eine kirche ja auch kaum bis gar nicht im eigenen wohnzimmer aufstellen, und wenn dann nur in klein, und was um alles in der welt machte man dann damit?
frau kelefs mutter hatte ja zudem immer so anwandlungen, sachen herzuzeigen, und zu sagen: "schau, was ich mir gekauft habe!" - "fein, schön ist der" sagte frau kelef zum achten haarfön "aber was machst du denn damit? du hast dir doch im leben noch nie die haare gefönt!" - "haben!" sagte frau kelefs mutter und war beleidigt, "und du brauchst gar nicht glauben, dass ich dir den schenke!" - "fein" sagte frau kelef "gott sei dank, ch will ihn sowieso nicht, und die sieben anderen auch nicht, ich hab zwei und die verwende ich schon so gut wie nie, was machte ich denn mit noch einem?" - "du hast doch gesagt, dass du ihn schön findest!" - "na ja, ich finde die votivkirche ja auch schon und will sie nicht haben!" - "ja, aber du sagst das nur weil du sie nicht haben kannst." und dann drehte sich die gesprächsschleife bis frau kelef die augen verdrehte und ersuchte, man möge doch nicht solche wortverdrehereien hier anfangen, gefallen und haben wollen seien doch zwei völlig verschiedene dinge, dann begann frau kelefs mutter zu weinen (tat sie immer wenn sie in einer sackgasse war), und alle waren böse, besonders war frau kelef ein böser mensch, weil sie die votivkirche nicht haben wollte, oder so.
es floss viel seelisches blut in der familie ob dieser differenzierten einstellungen, das können sie glauben.
nun stellte sich eben gestern diese frage wieder, und es konnte zum keinem ergebnis gekommen werden. was bringt menschen dazu "gefallen" und "haben wollen" als synonyme zu sehen? teilweise sicherlich neid, minderwertigkeitskomplexe, missgunst, und sonst noch ein paar verwandte störungen, aber irgendwie sollte man doch irgendwann zu dem punkt gelangen, an dem man den unterschied erkennt?
vor allem die kleinen dinge, die einem gefallen und die man dann sogar haben kann wenn man sie haben will, die sind doch nicht immer von der art die man brauchen kann? was nützen die schönsten stöckelschuhe wenn man darin nicht gehen kann? was nützt der schönste pelzmantel, wenn man am äquator lebt und dort nie wegkommt? und auch die frisuren, die an naomi campbell bei einer modeschau so toll aussehen, nutzen frau nix wenn sie in der bank hinter dem schalter sitzt und ausserdem noch glatte blonde haare hat, zum beispiel. und ein kleid, das an heide klum toll aussieht, sieht an frau kelef einfach scheisse aus, das liegt nun weder am kleid noch an frau kelef, sondern daran, dass die beiden einfach nicht zusammenpassen, warum also sollte frau kelef so ein kleid haben wollen?
aber frau kelef muss ja nicht alles verstehen, nicht wahr. liegt wahrscheinlich daran, dass ihr noch immer niemand die votivkirche geschenkt hat, nehmen wir einmal an.
wenn sich so eine anständige hausverwaltung anstrengt, dann schaffen die das direktemang eine alte wohnung so zu renovieren, dass alles, aber auch schon alles zusammenpasst, gut aussieht, ordentlich gemacht ist, man weder von zusammenstellungen noch farben noch formen den augenkrebs kriegt, und sogar die fliesen in bad und wc sind - wiewohl in schlichtem weiss gehalten - offensichtlich von einem menschen mit verstand ausgewählt worden, und unterstützen optisch die gegebenheiten im positivsten sinne. auch die küche ist schlicht, ergreifend und leidenschaftslos funktionell konzipiert, mit genügend platz für eigene ideen und ausbauarbeiten. anständigerweise wurde auch KEIN laminat verlegt, sondern ein sehr schöner parkettboden, fischgrät. und das ganze in einem jugendstilhauskomplex, im stiegenhaus noch teilweise die alten bunten verglasungen, marmor in der eingangshalle, frau kelef war ganz hin und weg.
und nein, frau kelef will nicht dort wohnen, frau kelef wohnt schon.
die geneigte leserschaft wird sich also fragen, was soll dann der titel?
nun, irgendwann sassen dann alle in der küche herum, und tratschten so, und freunde der gastgeber - die gerade ein haus bauen - erzählten von bekannten, die bei allem was sie sehen in ein "das will ich auch haben" ausbrechen.
und das erinnerte frau kelef nun wiederum an ihre mutter, die diese krankheit auch hatte. "gefällt mir" war gleichbedeutend mit "will ich haben". was sie nicht haben wollte, gefiel ihr nicht, ganz einfach.
es dauerte ziemlich lange, bis frau kelef diesen mechanismus erkannte, war gar nicht einfach, denn frau kelef hinwiederum ist ja ganz das gegenteil diesbezüglich. es gefällt einem ja bald einmal etwas, schmuck, kleider, häuser, kinder, katzen, hunde, pferde, autos, bilder und weiss der kuckuck was noch. aber haben wollen?
frau kelef geht gerne in einen tiergarten, zum beispiel, und schaut sich die tiere an, was ja einer der gründe ist warum man in einen tiergarten geht, an sich. besonders gefallen frau kelef zum beispiel die giraffen, auch die nashörner haben ihren charme, und die haifische und raubvögel, und frau kelef hat ja auch einen halben tiergarten zuhause, quasi, aber eine giraffe ihm wohnzimmer? ein hai in der badewanne oder ein steinadler in der vorzimmervoliere?
frau kelefs mutter schoss übrigens den vogel ab diesbezüglich, als sie einmal fragte warum frau kelef eigentlich zwischen den vorlesungen statt in der mensa im votivpark sässe. wahrheitsgemäss beantwortete frau kelef diese frage mit "ich sitz so gerne dort und schau mir die Votivkirche an, die gefällt mir einfach so sehr." bösartig schnaubte frau kelefs mutter daraufhin: "so ein blödsinn, die kannst du doch sowieso nicht haben." ja ne, die wollte frau kelef ja auch gar nicht, deswegen sass sie ja nicht dort, einfach anschauen, und gut. rennt ja nicht davon, so eine kirche, und nützt sich auch nicht ab durch das angeschaut werden. kostet nix, das schauen, und man könnte so eine kirche ja auch kaum bis gar nicht im eigenen wohnzimmer aufstellen, und wenn dann nur in klein, und was um alles in der welt machte man dann damit?
frau kelefs mutter hatte ja zudem immer so anwandlungen, sachen herzuzeigen, und zu sagen: "schau, was ich mir gekauft habe!" - "fein, schön ist der" sagte frau kelef zum achten haarfön "aber was machst du denn damit? du hast dir doch im leben noch nie die haare gefönt!" - "haben!" sagte frau kelefs mutter und war beleidigt, "und du brauchst gar nicht glauben, dass ich dir den schenke!" - "fein" sagte frau kelef "gott sei dank, ch will ihn sowieso nicht, und die sieben anderen auch nicht, ich hab zwei und die verwende ich schon so gut wie nie, was machte ich denn mit noch einem?" - "du hast doch gesagt, dass du ihn schön findest!" - "na ja, ich finde die votivkirche ja auch schon und will sie nicht haben!" - "ja, aber du sagst das nur weil du sie nicht haben kannst." und dann drehte sich die gesprächsschleife bis frau kelef die augen verdrehte und ersuchte, man möge doch nicht solche wortverdrehereien hier anfangen, gefallen und haben wollen seien doch zwei völlig verschiedene dinge, dann begann frau kelefs mutter zu weinen (tat sie immer wenn sie in einer sackgasse war), und alle waren böse, besonders war frau kelef ein böser mensch, weil sie die votivkirche nicht haben wollte, oder so.
es floss viel seelisches blut in der familie ob dieser differenzierten einstellungen, das können sie glauben.
nun stellte sich eben gestern diese frage wieder, und es konnte zum keinem ergebnis gekommen werden. was bringt menschen dazu "gefallen" und "haben wollen" als synonyme zu sehen? teilweise sicherlich neid, minderwertigkeitskomplexe, missgunst, und sonst noch ein paar verwandte störungen, aber irgendwie sollte man doch irgendwann zu dem punkt gelangen, an dem man den unterschied erkennt?
vor allem die kleinen dinge, die einem gefallen und die man dann sogar haben kann wenn man sie haben will, die sind doch nicht immer von der art die man brauchen kann? was nützen die schönsten stöckelschuhe wenn man darin nicht gehen kann? was nützt der schönste pelzmantel, wenn man am äquator lebt und dort nie wegkommt? und auch die frisuren, die an naomi campbell bei einer modeschau so toll aussehen, nutzen frau nix wenn sie in der bank hinter dem schalter sitzt und ausserdem noch glatte blonde haare hat, zum beispiel. und ein kleid, das an heide klum toll aussieht, sieht an frau kelef einfach scheisse aus, das liegt nun weder am kleid noch an frau kelef, sondern daran, dass die beiden einfach nicht zusammenpassen, warum also sollte frau kelef so ein kleid haben wollen?
aber frau kelef muss ja nicht alles verstehen, nicht wahr. liegt wahrscheinlich daran, dass ihr noch immer niemand die votivkirche geschenkt hat, nehmen wir einmal an.
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Montag, 22. Dezember 2008
apropos weihnachten
kelef, 03:51h
das war ja bei uns zu hause, als ich noch ein kind war, nicht so wirklich etwas auf das ich mich freute - ausser darauf, dass wir am 25.12. immer nach rohr fuhren, zu den grosseltern.
ansonsten waren der advent und der heilige abend im prinzip etwas, das mir gestoheln bleiben konnte, grundsätzlich. ich meine, natürlich gab es einen adventkranz, und einen christbaum, und geschenke. aber die jammerei der frau, die mich geboren hatte, und die jammerei ihrer mutter, die in der gleichen wohnung wohnte, die konnte auch ein kind nerven, glauben sie mir.
das war schon schlimm, als ich das einzige kind war: sitz ruhig, beweg dich nicht, du bist im weg, geh weg, nein das darfst du nicht, was willst du jetzt schon wieder, gegessen wird wenn es an der zeit ist, zu trinken gibt es nichts (auch kein glas leitungswasser), das "gute essen" ist für den vater, kinder essen was übrig bleibt (also nachdem die grossen und stärkeren erwachsenen sich bedient haben), sei nicht schon wieder so lästig, und so weiter und so fort. insbesondere zu zeiten, in denen "man" so viel tun musste wie vor weihnachten, da war das, sagen wir einmal, ziemlich ausgeprägt.
besonders arg wurde es nachdem mein bruder zur welt gekommen war, der ja gott sei dank ein bub war, da war ich fünf jahre alt und bekam de facto das gefühl vermittelt, es sei eine schande ein mädchen zu sein, und überhaupt wäre es besser, ich löste mich in luft auf.
als mein bruder dann seinerseits fünf war, da bekam er ungefähr gleichzeitig scharlach und röteln und masern und eine mittelohrentzündung, und war überhaupt mehr tot als lebendig, erst recht nach einem rückfall anlässlich dessen er eine erhöhte dosis penicillin erhielt, anlässlich derer er einen anaphylaktischen schock bekam, man konnte ihn gerade noch wieder zurückholen.
nun hatte ich im prinzip ja nichts gegen ihn, hätten die frau, die mich geboren hatte und deren mutter den knaben nicht von anfang an auf händen getragen und in den himmel gelobt. das alte trumm, also ich, sollte gefälligst dem burli alles geben, tun lassen, spielen lassen, schreien lassen, usw., und wenn er mich unter dem tisch gegen das schienbein trat, kriegte ich den terror weil "der burli wird schon einen grund gehabt haben, der ist so lieb, der macht das bestimmt nicht nur so." die spanische inquisiton war quasi ein lercherlschas gegen die zwei weiber wenn sie mir was am zeug flicken wollten. andererseits, wenn man damit aufwächst, dann findet man das eine zeitlang ja ganz selbstverständlich, was war ich auch ein mädchen geworden, ich meine, das hätte ich doch schon vorher wissen können.
seelisch noch in den resten des katholischen kindergartens und der katholischen volksschule verhaftet (was hab' ich gebetet, dass ich vielleicht ein bub werden könnt, dann hätten die mich vielleicht doch gern), betete ich anlässlich der ja nun wirklich schweren, und wie ich wohl wusste lebensbedrohenden, krankheit meines kleinen bruders zum lieben gott, sehr inniglich, er möchte doch, wenn einer von uns sterben müssen sollte, bitteschön mich nehmen, da täten sich die erwachsenen nicht so kränken, wenn ich nicht mehr da wär, und ich wär ja auch nur ein mädchen, da sei nicht so schade darum.
irgendwas hat der liebe gott daran aber nicht verstanden, denn ich blieb am leben und der burli wurde wieder gesund, wiewohl er verständlicherweise eine zeitlang ein wenig schwächelte, das gab sich aber bald.
natürlich wurde er jetzt noch mehr betüddelt und verwöhnt und es ward über ihn gesprochen und wenn er einen nieser machte, dann drohte die welt unterzugehen, mindestens.
nun war es aber so, dass ein stockwerk unter uns ein älteres ehepaar wohnte, das viele reisen unternommen hatte und viele gar wunderbare dinge mitgebracht hatte. einige wenige davon bekam ich. dass mein schaukelpferd in den besitz vom burli überging, erschien mir natürlich, denn mädchen, so wurde mir von der frau, die mich geboren hatte, und deren mutter erklärt, die brauchen sowas nicht.
aber dann, als ich alt genug war, bekam ich die spieluhr. so ungefähr eines der wunderbarsten dinge, die ich jemals gesehen hatte. jahrelang hatte ich sie bewundert, sie wurde vorsichtig für mich aufgezogen und spielte mit ihrer kleinen messingwalze und den vielen dünnen zungen eine wunderbare melodie, die ich bis heute nicht wieder gehört habe - und glauben sie mir, ich hätte sie erkannt, würde sie immer noch erkennen, und wenn es nur ein paar takte davon wären.
anfangs durfte ich sie nur anschauen, sie sei schon sehr alt, man müsse sie ganz vorsichtig behandeln. als ich schon in die schule ging, durfte ich sie ein paar mal aufziehen, selber, ganz alleine, was war ich stolz. sie sah ungefähr so aus:
http://katalog.auktionshaus-wendl.com/de/cmd/d/o/119.60.1275/auk/60/p/1/
nur war sie viel schöner, und sicherlich auch viel älter. sie hatte silberne säulen an den seiten, und auch der sockel und das dach waren versilbert, so wie der griff. das ziffernblatt war aus emaille, die vorderseite messing mit ziselierungen, die gläser an den seiten waren geschliffenes glas, wunderbar durchsichtig, und dahinter drehten sich die vielen rädchen und walzen, die uhruhe tickte, und hach, ich liebte dieses ding unglaublich.
als ich acht oder neun jahre alt war schenkte mir das ehepaar die uhr, damit ich eine erinnerung an sie hätte. mein glück war vollkommen.
der burli - buben müssen so - hatte seinerseits wenig verständnis für die schönen dinge des lebens - ein genetischer defekt, nehme ich an, der von der frau die uns geboren hatte direkt an ihn weitergegeben worden war. der burli spielte eben lieber mit werkzeug (also, der burli, wie der schon mit einem hammer und einem schraubenzieher - so ein bub ist doch ganz was anderes - ist der nicht gescheit usw.).
aufgrund seiner kurzfrstig verständlicherweise instabilen konstitution ward der burli bei schlechtem wetter in der wohnung gehalten und wurde - so andere notwendigkeit bestand - vom vater im auto gekarrt. das alte trumm - also ich - latschte eben durch den in wien damals noch häufigeren schnee und kriegte nasse füsse (weil das alte trumm nicht aufpassen konnte, und dann muss man der auch noch alle jahre neue winterschuhe kaufen).
nun, es war ganz kurz vor weihnachten, und deshalb musste ich das jetzt, weil ich ja zeit hab, unbedingt aufschreiben, und draussen war so wintergrauslichkeitswetter, und drei tage hintereinander kam ich mit nassen schuhen und strümpfen nach hause, und der zorn der beiden frauen war gar gross.
der burli in der zwischenzeit musste beschäftigt werden, damit die kekse gebacken und ich weiss nicht was getan werden konnte.
und dann kam ich einmal nach der schule zur tür herein, und der burli, mit dem engelsgleichen lächeln und den dünnen blonden haaren und dem fiesen gesichtsausdruck, der hielt mir einen karton vor die nase und sprach: schau, ich hab pariert (=repariert). das war sein damaliges lieblingsspiel, sachen auseinandernehmen unter dem titel "reparieren".
und was hatten ihm die frau, die uns geboren hatte, und deren mutter gegeben, zum parieren? richtig. meine spieluhr, das objekt grosser begierde seitens des burli, vermutlich, weil ich so heikel auf das ding war. das glas hatte er mit dem schraubenzieher herausgestemmt weil er den verschluss des türchens nicht öffnen konnte, und in dem karton lagen die walze, die federn, die rädchen, ein paar schrauben, verbogen und verbeult, in wirrem durcheinander.
ich erstarrte, ich weinte, ich schrie, was mir ein paar schallende ohrfeigen einbrachte, weil so ein altes trumm nicht so hysterisch sein braucht, der burli hat das halt wollen und als ältere schwester muss man eben teilen können.
ich war versteinert vor schmerz, nicht wegen der watschen, das war nicht so was aussergewöhnlliches, aber meine spieluhr! dieses wunderbare kunstwerk, in dem man versinken konnte, bei dessen klang alles vergessen werden konnte, diese unglaublich schönen blinkenden zahnrädchen, die so perfekt ineinandergriffen und sich drehten, die klitzekleinen schräubchen, die das alles zusammenhielten, ein chaos in einem karton.
ich haute dem burli eine aufs haupt, nahm den karton an mich und liess ihn nicht mehr los bis mein vater nach hause kam, obwohl mich die beiden frauen elendiglich beutelten. der papa musste das reparieren. der hatte nämlich im krieg in der gefangenschaft so nebenbei uhrmacher gelernt, und konnte eigentlich alle uhren reparieren, sogar die grosse kirchturmuhr in rohr, und auch kleine armbanduhren und wohnzimmeruhren und pendeluhren.
der wollte nur spielen, der burli, meinten die erwachsenen, und mein vater nahm mir den karton weg. ich konnte nicht einschlafen, und stand noch ein paarmal auf um ihn zu bitten, er möchte doch, bitte bitte bitte, und weil es doch meine spieluhr war und so weiter.
ich wurde mit nachdruck des wohnzimmers verwiesen, und man ermahnte mich, in wenigen tagen sei weihnachten, und ich sollte doch jetzt endlich ruhe geben, das sei eine friedliche und besinnliche zeit. nie habe ich als kind so sehr auf den heiligen abend gewartet, wie damals. der papa musste doch wissen, wenigstens er, was mir die uhr bedeutet hatte. er hatte ja auch immer zu mir gesagt, ich sollte gut darauf aufpassen, sie sei sehr alt und viel wert, und so etwas gäbe es kaum noch.
der heilige abend kam, und die bescherung, und ich glaubte so unendlich fest daran dass unter dem baum meine spieluhr stehen würde, funkelnder und glänzender als der baum selber, nie wieder würde ich sie aus den augen lassen, ein versteck suchen und sie gut einwickeln damit kein kratzer ihre silbernen säulchen beschädigen könne, ach ja, sonst bräuchte ich keine geschenke, nur die uhr.
wie üblich bekam ich zu weihnachten unterwäsche, wollstrümpfe, ein kartenspiel das niemand mit mir spielen würde, ein gesellschaftsspiel das ebenfalls niemand mit mir spielen würde, und ein buch das ich nicht wollte.
die spieluhrteile hatte die frau, die mich geboren hatte, weggeworfen: stell dich nicht so an, das war ja eh schon eine alte uhr, sowas hat man heute nicht mehr.
irgendwie hat mir das ein für paar jahre die freude an weihnachten ziemlich versaut. eine spieluhr wie die damals habe ich übrigens nie wieder gesehen, obwohl ich jetzt schon ein paar jahrzehnte lang danach suche.
ansonsten waren der advent und der heilige abend im prinzip etwas, das mir gestoheln bleiben konnte, grundsätzlich. ich meine, natürlich gab es einen adventkranz, und einen christbaum, und geschenke. aber die jammerei der frau, die mich geboren hatte, und die jammerei ihrer mutter, die in der gleichen wohnung wohnte, die konnte auch ein kind nerven, glauben sie mir.
das war schon schlimm, als ich das einzige kind war: sitz ruhig, beweg dich nicht, du bist im weg, geh weg, nein das darfst du nicht, was willst du jetzt schon wieder, gegessen wird wenn es an der zeit ist, zu trinken gibt es nichts (auch kein glas leitungswasser), das "gute essen" ist für den vater, kinder essen was übrig bleibt (also nachdem die grossen und stärkeren erwachsenen sich bedient haben), sei nicht schon wieder so lästig, und so weiter und so fort. insbesondere zu zeiten, in denen "man" so viel tun musste wie vor weihnachten, da war das, sagen wir einmal, ziemlich ausgeprägt.
besonders arg wurde es nachdem mein bruder zur welt gekommen war, der ja gott sei dank ein bub war, da war ich fünf jahre alt und bekam de facto das gefühl vermittelt, es sei eine schande ein mädchen zu sein, und überhaupt wäre es besser, ich löste mich in luft auf.
als mein bruder dann seinerseits fünf war, da bekam er ungefähr gleichzeitig scharlach und röteln und masern und eine mittelohrentzündung, und war überhaupt mehr tot als lebendig, erst recht nach einem rückfall anlässlich dessen er eine erhöhte dosis penicillin erhielt, anlässlich derer er einen anaphylaktischen schock bekam, man konnte ihn gerade noch wieder zurückholen.
nun hatte ich im prinzip ja nichts gegen ihn, hätten die frau, die mich geboren hatte und deren mutter den knaben nicht von anfang an auf händen getragen und in den himmel gelobt. das alte trumm, also ich, sollte gefälligst dem burli alles geben, tun lassen, spielen lassen, schreien lassen, usw., und wenn er mich unter dem tisch gegen das schienbein trat, kriegte ich den terror weil "der burli wird schon einen grund gehabt haben, der ist so lieb, der macht das bestimmt nicht nur so." die spanische inquisiton war quasi ein lercherlschas gegen die zwei weiber wenn sie mir was am zeug flicken wollten. andererseits, wenn man damit aufwächst, dann findet man das eine zeitlang ja ganz selbstverständlich, was war ich auch ein mädchen geworden, ich meine, das hätte ich doch schon vorher wissen können.
seelisch noch in den resten des katholischen kindergartens und der katholischen volksschule verhaftet (was hab' ich gebetet, dass ich vielleicht ein bub werden könnt, dann hätten die mich vielleicht doch gern), betete ich anlässlich der ja nun wirklich schweren, und wie ich wohl wusste lebensbedrohenden, krankheit meines kleinen bruders zum lieben gott, sehr inniglich, er möchte doch, wenn einer von uns sterben müssen sollte, bitteschön mich nehmen, da täten sich die erwachsenen nicht so kränken, wenn ich nicht mehr da wär, und ich wär ja auch nur ein mädchen, da sei nicht so schade darum.
irgendwas hat der liebe gott daran aber nicht verstanden, denn ich blieb am leben und der burli wurde wieder gesund, wiewohl er verständlicherweise eine zeitlang ein wenig schwächelte, das gab sich aber bald.
natürlich wurde er jetzt noch mehr betüddelt und verwöhnt und es ward über ihn gesprochen und wenn er einen nieser machte, dann drohte die welt unterzugehen, mindestens.
nun war es aber so, dass ein stockwerk unter uns ein älteres ehepaar wohnte, das viele reisen unternommen hatte und viele gar wunderbare dinge mitgebracht hatte. einige wenige davon bekam ich. dass mein schaukelpferd in den besitz vom burli überging, erschien mir natürlich, denn mädchen, so wurde mir von der frau, die mich geboren hatte, und deren mutter erklärt, die brauchen sowas nicht.
aber dann, als ich alt genug war, bekam ich die spieluhr. so ungefähr eines der wunderbarsten dinge, die ich jemals gesehen hatte. jahrelang hatte ich sie bewundert, sie wurde vorsichtig für mich aufgezogen und spielte mit ihrer kleinen messingwalze und den vielen dünnen zungen eine wunderbare melodie, die ich bis heute nicht wieder gehört habe - und glauben sie mir, ich hätte sie erkannt, würde sie immer noch erkennen, und wenn es nur ein paar takte davon wären.
anfangs durfte ich sie nur anschauen, sie sei schon sehr alt, man müsse sie ganz vorsichtig behandeln. als ich schon in die schule ging, durfte ich sie ein paar mal aufziehen, selber, ganz alleine, was war ich stolz. sie sah ungefähr so aus:
http://katalog.auktionshaus-wendl.com/de/cmd/d/o/119.60.1275/auk/60/p/1/
nur war sie viel schöner, und sicherlich auch viel älter. sie hatte silberne säulen an den seiten, und auch der sockel und das dach waren versilbert, so wie der griff. das ziffernblatt war aus emaille, die vorderseite messing mit ziselierungen, die gläser an den seiten waren geschliffenes glas, wunderbar durchsichtig, und dahinter drehten sich die vielen rädchen und walzen, die uhruhe tickte, und hach, ich liebte dieses ding unglaublich.
als ich acht oder neun jahre alt war schenkte mir das ehepaar die uhr, damit ich eine erinnerung an sie hätte. mein glück war vollkommen.
der burli - buben müssen so - hatte seinerseits wenig verständnis für die schönen dinge des lebens - ein genetischer defekt, nehme ich an, der von der frau die uns geboren hatte direkt an ihn weitergegeben worden war. der burli spielte eben lieber mit werkzeug (also, der burli, wie der schon mit einem hammer und einem schraubenzieher - so ein bub ist doch ganz was anderes - ist der nicht gescheit usw.).
aufgrund seiner kurzfrstig verständlicherweise instabilen konstitution ward der burli bei schlechtem wetter in der wohnung gehalten und wurde - so andere notwendigkeit bestand - vom vater im auto gekarrt. das alte trumm - also ich - latschte eben durch den in wien damals noch häufigeren schnee und kriegte nasse füsse (weil das alte trumm nicht aufpassen konnte, und dann muss man der auch noch alle jahre neue winterschuhe kaufen).
nun, es war ganz kurz vor weihnachten, und deshalb musste ich das jetzt, weil ich ja zeit hab, unbedingt aufschreiben, und draussen war so wintergrauslichkeitswetter, und drei tage hintereinander kam ich mit nassen schuhen und strümpfen nach hause, und der zorn der beiden frauen war gar gross.
der burli in der zwischenzeit musste beschäftigt werden, damit die kekse gebacken und ich weiss nicht was getan werden konnte.
und dann kam ich einmal nach der schule zur tür herein, und der burli, mit dem engelsgleichen lächeln und den dünnen blonden haaren und dem fiesen gesichtsausdruck, der hielt mir einen karton vor die nase und sprach: schau, ich hab pariert (=repariert). das war sein damaliges lieblingsspiel, sachen auseinandernehmen unter dem titel "reparieren".
und was hatten ihm die frau, die uns geboren hatte, und deren mutter gegeben, zum parieren? richtig. meine spieluhr, das objekt grosser begierde seitens des burli, vermutlich, weil ich so heikel auf das ding war. das glas hatte er mit dem schraubenzieher herausgestemmt weil er den verschluss des türchens nicht öffnen konnte, und in dem karton lagen die walze, die federn, die rädchen, ein paar schrauben, verbogen und verbeult, in wirrem durcheinander.
ich erstarrte, ich weinte, ich schrie, was mir ein paar schallende ohrfeigen einbrachte, weil so ein altes trumm nicht so hysterisch sein braucht, der burli hat das halt wollen und als ältere schwester muss man eben teilen können.
ich war versteinert vor schmerz, nicht wegen der watschen, das war nicht so was aussergewöhnlliches, aber meine spieluhr! dieses wunderbare kunstwerk, in dem man versinken konnte, bei dessen klang alles vergessen werden konnte, diese unglaublich schönen blinkenden zahnrädchen, die so perfekt ineinandergriffen und sich drehten, die klitzekleinen schräubchen, die das alles zusammenhielten, ein chaos in einem karton.
ich haute dem burli eine aufs haupt, nahm den karton an mich und liess ihn nicht mehr los bis mein vater nach hause kam, obwohl mich die beiden frauen elendiglich beutelten. der papa musste das reparieren. der hatte nämlich im krieg in der gefangenschaft so nebenbei uhrmacher gelernt, und konnte eigentlich alle uhren reparieren, sogar die grosse kirchturmuhr in rohr, und auch kleine armbanduhren und wohnzimmeruhren und pendeluhren.
der wollte nur spielen, der burli, meinten die erwachsenen, und mein vater nahm mir den karton weg. ich konnte nicht einschlafen, und stand noch ein paarmal auf um ihn zu bitten, er möchte doch, bitte bitte bitte, und weil es doch meine spieluhr war und so weiter.
ich wurde mit nachdruck des wohnzimmers verwiesen, und man ermahnte mich, in wenigen tagen sei weihnachten, und ich sollte doch jetzt endlich ruhe geben, das sei eine friedliche und besinnliche zeit. nie habe ich als kind so sehr auf den heiligen abend gewartet, wie damals. der papa musste doch wissen, wenigstens er, was mir die uhr bedeutet hatte. er hatte ja auch immer zu mir gesagt, ich sollte gut darauf aufpassen, sie sei sehr alt und viel wert, und so etwas gäbe es kaum noch.
der heilige abend kam, und die bescherung, und ich glaubte so unendlich fest daran dass unter dem baum meine spieluhr stehen würde, funkelnder und glänzender als der baum selber, nie wieder würde ich sie aus den augen lassen, ein versteck suchen und sie gut einwickeln damit kein kratzer ihre silbernen säulchen beschädigen könne, ach ja, sonst bräuchte ich keine geschenke, nur die uhr.
wie üblich bekam ich zu weihnachten unterwäsche, wollstrümpfe, ein kartenspiel das niemand mit mir spielen würde, ein gesellschaftsspiel das ebenfalls niemand mit mir spielen würde, und ein buch das ich nicht wollte.
die spieluhrteile hatte die frau, die mich geboren hatte, weggeworfen: stell dich nicht so an, das war ja eh schon eine alte uhr, sowas hat man heute nicht mehr.
irgendwie hat mir das ein für paar jahre die freude an weihnachten ziemlich versaut. eine spieluhr wie die damals habe ich übrigens nie wieder gesehen, obwohl ich jetzt schon ein paar jahrzehnte lang danach suche.
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Sonntag, 23. März 2008
absolution
kelef, 02:54h
oder auch: warum mein vater dem pater l. damals eine aufs maul haute.
meine oma war eine sehr gläubige frau, nicht unbedingt mit katholischem kadavergehorsam, aber gottgläubig. in einem kleinen dorf als lehrerin können da die grenzen schon ein wenig verschwimmen, und die tradition hat ja auch ihren wert, und so ging die oma also vor weihnachten und vor ostern und zu anderen besonderen anlässen schon gerne auch einmal zur beichte. jahrzehntelang war der pfarrer auch ein freund des hauses (sie wissen ja, der lehrer, der pfarrer, der doktor, das waren die eminenzen damals). sie hatten viel miteinander durchgestanden, den ersten weltkrieg, den zweiten, und alles was dazu gehörte.
nun hatte meine oma zwei söhne, der ältere, onkel e., hatte wiederum zwei söhne. der ältere, h., war ein säufer, der jüngere, e., ist ein a..loch. der ältere war klug, begabt, sehr musikalisch (hatte er von seinem vater), spielte hervorragend klavier und wollte auch beruflich in dieser richtung was tun. der jüngere, nun ja. der ältere sollte die firma übernehmen, wollte er aber nicht, onkel wollte ihn zwingen, da begann er zu saufen. jedes jahr fuhr er zumindest ein auto zu schrott, immer wieder gab es verletzte, immer wieder angst und bangen und vorwürfe und streit. h. wollte nur leben, spass haben, die firma (mit damals ~ 100 leuten oder mehr) könne gerne sein bruder haben, klavierspielen wollte er und leute fröhlich machen, und nicht sich in technik verlieren.
vor langer zeit, kurz vor ostern, war wieder einmal ein auto schrott, h. und einer seiner freunde lagen schwer verletzt im krankenhaus, sein bruder e. sprach wieder einmal sehr nett über ihn, die familie war in aufruhr.
zur gleichen zeit war aber auch der pfarrer s. krank, und dann auf kur, und man schickte den pater l. um die pfarre und deren menschen zu versorgen, katholizistisch oder wie das heisst. da gerade ostern bevorstand, ging meine oma (damals schon weit über achtzig) natürlich zur beichte.
was nun aber der pfarrer s. verstanden hätte, verstand der pater l. nicht und fragte auch nicht nach: oma machte sich vorwürfe, weil sie zum herrgott gesagt hatte, vielleicht wär es besser wenn er den h. zu sich holen tät, bevor noch einmal ein noch grösseres unglück geschehen tät und einer tot wär.
der pater l. verweigerte ihr die absolution und auferlegte ihr ein schreiben an den papst, in dem sie um absolution bitten könne, aber viel chance sehe er nicht, dem eigenen enkel den tod zu wünschen sei eine so schwere sünde, und dann noch gott darum zu bitten ...
die oma grämte sich fast die seele aus dem leib, so hatte sie es doch nicht gemeint, aber man konnte doch nicht nur den einzelnen sehen, da waren ja auch noch andere menschen auf der welt ...
irgendwie erfuhr mein vater kurzfristig dass etwas nicht stimmte, und schon ward zu den grosseltern gefahren. schnell hatte er seiner mutter die geschichte entlockt, und, nun ja, in der kurzfassung: vatern hatte in seiner jugend lange zeit geboxt (mittelgewicht), nach einer kurzen unterredung mit dem pater l. wurde oma zur beichte mit anschliessender absolution geschickt, der pater l. hatte beim hochamt am ostersonntag ein schiefes gesicht und eine undeutliche aussprache, und der pfarrer s. kam früher als geplant wieder aus der rehabilitation zurück.
totgefahren hat später mein jüngerer cousin, e., einen vater von vier kindern, ein unfall, mercedes ist eben stärker als fahrrad.
h. fiel dann an einem heiligen abend frühmorgens, als sein bruder ihn abholen wollte, über die stiege und brach sich das genick, oder so ähnlich.
e. erbte daraufhin die firma, ging in ausgleich und übersiedelte die ganze sache aus steuerlichen gründen ins ausland.
sie brauchen nicht zu fragen, was ich dem herrgott manchmal vorschlage. und ob ich bei der beichte war, brauchen sie auch nicht zu fragen. ich bin aus der kirche ausgetreten so schnell ich konnte.
trotzdem oder gerade deshalb: ein schönes osterfest wünsch' ich ihnen allen da draussen.
meine oma war eine sehr gläubige frau, nicht unbedingt mit katholischem kadavergehorsam, aber gottgläubig. in einem kleinen dorf als lehrerin können da die grenzen schon ein wenig verschwimmen, und die tradition hat ja auch ihren wert, und so ging die oma also vor weihnachten und vor ostern und zu anderen besonderen anlässen schon gerne auch einmal zur beichte. jahrzehntelang war der pfarrer auch ein freund des hauses (sie wissen ja, der lehrer, der pfarrer, der doktor, das waren die eminenzen damals). sie hatten viel miteinander durchgestanden, den ersten weltkrieg, den zweiten, und alles was dazu gehörte.
nun hatte meine oma zwei söhne, der ältere, onkel e., hatte wiederum zwei söhne. der ältere, h., war ein säufer, der jüngere, e., ist ein a..loch. der ältere war klug, begabt, sehr musikalisch (hatte er von seinem vater), spielte hervorragend klavier und wollte auch beruflich in dieser richtung was tun. der jüngere, nun ja. der ältere sollte die firma übernehmen, wollte er aber nicht, onkel wollte ihn zwingen, da begann er zu saufen. jedes jahr fuhr er zumindest ein auto zu schrott, immer wieder gab es verletzte, immer wieder angst und bangen und vorwürfe und streit. h. wollte nur leben, spass haben, die firma (mit damals ~ 100 leuten oder mehr) könne gerne sein bruder haben, klavierspielen wollte er und leute fröhlich machen, und nicht sich in technik verlieren.
vor langer zeit, kurz vor ostern, war wieder einmal ein auto schrott, h. und einer seiner freunde lagen schwer verletzt im krankenhaus, sein bruder e. sprach wieder einmal sehr nett über ihn, die familie war in aufruhr.
zur gleichen zeit war aber auch der pfarrer s. krank, und dann auf kur, und man schickte den pater l. um die pfarre und deren menschen zu versorgen, katholizistisch oder wie das heisst. da gerade ostern bevorstand, ging meine oma (damals schon weit über achtzig) natürlich zur beichte.
was nun aber der pfarrer s. verstanden hätte, verstand der pater l. nicht und fragte auch nicht nach: oma machte sich vorwürfe, weil sie zum herrgott gesagt hatte, vielleicht wär es besser wenn er den h. zu sich holen tät, bevor noch einmal ein noch grösseres unglück geschehen tät und einer tot wär.
der pater l. verweigerte ihr die absolution und auferlegte ihr ein schreiben an den papst, in dem sie um absolution bitten könne, aber viel chance sehe er nicht, dem eigenen enkel den tod zu wünschen sei eine so schwere sünde, und dann noch gott darum zu bitten ...
die oma grämte sich fast die seele aus dem leib, so hatte sie es doch nicht gemeint, aber man konnte doch nicht nur den einzelnen sehen, da waren ja auch noch andere menschen auf der welt ...
irgendwie erfuhr mein vater kurzfristig dass etwas nicht stimmte, und schon ward zu den grosseltern gefahren. schnell hatte er seiner mutter die geschichte entlockt, und, nun ja, in der kurzfassung: vatern hatte in seiner jugend lange zeit geboxt (mittelgewicht), nach einer kurzen unterredung mit dem pater l. wurde oma zur beichte mit anschliessender absolution geschickt, der pater l. hatte beim hochamt am ostersonntag ein schiefes gesicht und eine undeutliche aussprache, und der pfarrer s. kam früher als geplant wieder aus der rehabilitation zurück.
totgefahren hat später mein jüngerer cousin, e., einen vater von vier kindern, ein unfall, mercedes ist eben stärker als fahrrad.
h. fiel dann an einem heiligen abend frühmorgens, als sein bruder ihn abholen wollte, über die stiege und brach sich das genick, oder so ähnlich.
e. erbte daraufhin die firma, ging in ausgleich und übersiedelte die ganze sache aus steuerlichen gründen ins ausland.
sie brauchen nicht zu fragen, was ich dem herrgott manchmal vorschlage. und ob ich bei der beichte war, brauchen sie auch nicht zu fragen. ich bin aus der kirche ausgetreten so schnell ich konnte.
trotzdem oder gerade deshalb: ein schönes osterfest wünsch' ich ihnen allen da draussen.
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Sonntag, 1. Juli 2007
kirschenkompott
kelef, 15:16h
mein grossvater väterlicherseits war aus einer sehr, sehr alten vorarlberger familie. kann man einige jahrhunderte zurückverfolgen. und wie alle diese alten familien hatte auch diese ein menge eigenarten zu verzeichnen, gewohnheiten, brauchtümer, etc.
gewohnt wurde in einem alten herrenhaus, mehrstöckig. wenn zu viele kinder da waren musste ein sohn (bei bedarf auch ein zweiter) eben katholischerhalber priester oder mönch werden oder auswandern, oder studieren und dann lehrer oder arzt oder rechtsanwalt werden. die töchter wurden verheiratet oder bekamen bei dem, der den grundbesitz übernahm, lebenslanges wohnrecht. widerspenstige wurden gezähmt oder kamen ins kloster.
geheiratet wurde nur "untereinander": mesalliancen waren nicht geduldet, der grundbesitz durfte in keiner der großen familien verkleinert werden, nur "dazuheiraten" war erlaubt. so sicherte sich der adel ja immer schon seine besitztümer und wahrte seine grenzen.
zum haus gehörten natürlich immer auch äcker und grosse gärten - lustwandelgärten, gemüse/küchengärten, kräutergärten, und obstgärten. in vorarlberg gibt es ja nicht nur berge und täler, sondern auch fetten nahrhaften boden, und viel sonne, und so gedieh da eine menge obst und gemüse. besonders stolz war die familie meines opas auf eine besondere art kirschen, späte, dunkle, saftige kirschen von unvergleichlichem geschmack.
der grundbesitzer war übrigens nicht nur für seine eigene familie verantwortlich, sondern auch für die leute die für ihn arbeiteten, und für deren familien. das betraf das leibliche ebenso wie das geistige und seelische wohl.
so wurde das gelehrt und gelernt und gelebt. und mein opa hat oft davon erzählt, leider war ich viel zu jung damals um mir alles zu merken, und an ein aufschreiben dache ich nicht. aber auch mein vater hat davon erzählt, und wie er erzogen wurde mit all diesen geschichten aus der vergangenheit, und davon hab' ich mir viel gemerkt.
zum beispiel fällt mir das alles auch immer ein, wenn von hauspflege und familienzusammenwohnen die rede ist. opa hat erzählt, dass es im obersten stockwerk immer wohnungen für die "narrische tant'" gegeben hat. damals, als noch viel mehr frauen als heute sich als frauen zweiter klasse fühlten wenn sie nicht heiraten konnten/durften/wollten resp. sich keiner fand der sie nahm, da wurden manche von ihnen mit der zeit wunderlich, und spleenig, und dann kamen sie eben in ein oberes stockwerk und wurden dort betreut. war nicht sonderlich störend, meinte mein opa, weil, wenn so ein haus drei stockwerke hat dann geht das schon mit ein paar generationen. und wenn das notwendige personal da ist natürlich.
ach so, ja, kirschenkompott war das thema. also mein opa, geboren 1887, war aus einer ziemlich kinderreichen generation, und so wurde er lehrer, einer seiner brüder anwalt (die sind heute noch anwälte, keine ahnung die wievilete generation schon), ein paar schwestern kamen unter die haube, und die eine schwester, die hatte sich verliebt. wollte heiraten. unter dem stand. konnte nicht sein, natürlich: einen mitgiftjäger (das soll er auch gewesen sein, und später begann er auch noch zu trinken, aber das ist eine andere geschichte). die schwester meines grossvaters, jedenfalls, war wie alle familienangehörigen (seit generationen) starrköpfig, unnachgiebig, stand fest zu ihrer meinung, und wie mein grossvater war ihr die sache mit dem katholizismus nicht geheuer. einen anderen nehmen - niemlas. kloster - niemals. auswandern - niemals. also zog sich die grosstant' in ein helles erkerzimmer im obersten stockwerk des anwesens zurück. sie bekam noch zwei zimmer dazu, platz war ja genug, und aus diesen räumen kam sie niemals nicht mehr heraus. alles notwendige wurde ihr von den dienstmädchen hinaufgeschleppt, sie empfing in ihren kleinen "salon" wohl noch besuche, aber ansonsten nahm sie nicht mehr am öffentlichen leben teil.
nur einmal im jahr, da öffnete sich die tür, und die frau grosstant' schritt die drei stockwerke herab in die grosse küche. das war zu der zeit, da die kirschen reif waren. da kam die narrische tant' jener generation also, und kochte kirschenkompott ein. niemals kirschenmarmelade, oder kirschengelee, oder kirschensaft. nein, es musste kirschenkompott sein: vorratsraumweise, weil, die bäume waren sehr ertragreich. und die tant' kochte kirschenkompott ein, bis die kirschenernte vorbei war und keine einzige kirsche mehr zu finden war im ganzen garten. dann betrachtete sie die volle vorratskammer, nickte anerkennd und ging wieder die drei stockwerke hoch in ihre kemenaten. und verharrte dort bis zur kirschenzeit des nächsten jahres.
als meine eltern 1951 heirateten, besuchten sie die tant' und kamen zur kirschenzeit, und die tant' kochte - wie seit jahrzehnten - kirschenkompott, so wurde mir berichtet. und weiters wurde berichtet, dass sie das beste kirschenkompott machte, das man je gegessen habe.
warum ich das jetzt aufgeschrieben habe? weil es eine der geschichten ist, die sonst vergessen würde. weil ich oft daran denke, wenn über "generationen in einem haus" die rede ist, und mir vorstelle, was aus dieser grosstante geworden wäre in einer stadtwohnung, ohne kirschenbäume und vorratskammern. weil viele menschen so eine "narrische tant'" haben, und man sich für diese und wegen dieser nicht schämen sollte, irgendwas gutes haben sie alle, und wenn es kirschenkompott ist.
oh, und weil ich gestern kirschen eingekocht habe, das erste mal in meinem leben. zwar kein kompott, sondern kirschenfleisch, aber es hat mich doch nachdenklich gemacht. muss ich mir jetzt sorgen machen um mich, auf meine alten tage? kirschen einkochen, tsss.
gewohnt wurde in einem alten herrenhaus, mehrstöckig. wenn zu viele kinder da waren musste ein sohn (bei bedarf auch ein zweiter) eben katholischerhalber priester oder mönch werden oder auswandern, oder studieren und dann lehrer oder arzt oder rechtsanwalt werden. die töchter wurden verheiratet oder bekamen bei dem, der den grundbesitz übernahm, lebenslanges wohnrecht. widerspenstige wurden gezähmt oder kamen ins kloster.
geheiratet wurde nur "untereinander": mesalliancen waren nicht geduldet, der grundbesitz durfte in keiner der großen familien verkleinert werden, nur "dazuheiraten" war erlaubt. so sicherte sich der adel ja immer schon seine besitztümer und wahrte seine grenzen.
zum haus gehörten natürlich immer auch äcker und grosse gärten - lustwandelgärten, gemüse/küchengärten, kräutergärten, und obstgärten. in vorarlberg gibt es ja nicht nur berge und täler, sondern auch fetten nahrhaften boden, und viel sonne, und so gedieh da eine menge obst und gemüse. besonders stolz war die familie meines opas auf eine besondere art kirschen, späte, dunkle, saftige kirschen von unvergleichlichem geschmack.
der grundbesitzer war übrigens nicht nur für seine eigene familie verantwortlich, sondern auch für die leute die für ihn arbeiteten, und für deren familien. das betraf das leibliche ebenso wie das geistige und seelische wohl.
so wurde das gelehrt und gelernt und gelebt. und mein opa hat oft davon erzählt, leider war ich viel zu jung damals um mir alles zu merken, und an ein aufschreiben dache ich nicht. aber auch mein vater hat davon erzählt, und wie er erzogen wurde mit all diesen geschichten aus der vergangenheit, und davon hab' ich mir viel gemerkt.
zum beispiel fällt mir das alles auch immer ein, wenn von hauspflege und familienzusammenwohnen die rede ist. opa hat erzählt, dass es im obersten stockwerk immer wohnungen für die "narrische tant'" gegeben hat. damals, als noch viel mehr frauen als heute sich als frauen zweiter klasse fühlten wenn sie nicht heiraten konnten/durften/wollten resp. sich keiner fand der sie nahm, da wurden manche von ihnen mit der zeit wunderlich, und spleenig, und dann kamen sie eben in ein oberes stockwerk und wurden dort betreut. war nicht sonderlich störend, meinte mein opa, weil, wenn so ein haus drei stockwerke hat dann geht das schon mit ein paar generationen. und wenn das notwendige personal da ist natürlich.
ach so, ja, kirschenkompott war das thema. also mein opa, geboren 1887, war aus einer ziemlich kinderreichen generation, und so wurde er lehrer, einer seiner brüder anwalt (die sind heute noch anwälte, keine ahnung die wievilete generation schon), ein paar schwestern kamen unter die haube, und die eine schwester, die hatte sich verliebt. wollte heiraten. unter dem stand. konnte nicht sein, natürlich: einen mitgiftjäger (das soll er auch gewesen sein, und später begann er auch noch zu trinken, aber das ist eine andere geschichte). die schwester meines grossvaters, jedenfalls, war wie alle familienangehörigen (seit generationen) starrköpfig, unnachgiebig, stand fest zu ihrer meinung, und wie mein grossvater war ihr die sache mit dem katholizismus nicht geheuer. einen anderen nehmen - niemlas. kloster - niemals. auswandern - niemals. also zog sich die grosstant' in ein helles erkerzimmer im obersten stockwerk des anwesens zurück. sie bekam noch zwei zimmer dazu, platz war ja genug, und aus diesen räumen kam sie niemals nicht mehr heraus. alles notwendige wurde ihr von den dienstmädchen hinaufgeschleppt, sie empfing in ihren kleinen "salon" wohl noch besuche, aber ansonsten nahm sie nicht mehr am öffentlichen leben teil.
nur einmal im jahr, da öffnete sich die tür, und die frau grosstant' schritt die drei stockwerke herab in die grosse küche. das war zu der zeit, da die kirschen reif waren. da kam die narrische tant' jener generation also, und kochte kirschenkompott ein. niemals kirschenmarmelade, oder kirschengelee, oder kirschensaft. nein, es musste kirschenkompott sein: vorratsraumweise, weil, die bäume waren sehr ertragreich. und die tant' kochte kirschenkompott ein, bis die kirschenernte vorbei war und keine einzige kirsche mehr zu finden war im ganzen garten. dann betrachtete sie die volle vorratskammer, nickte anerkennd und ging wieder die drei stockwerke hoch in ihre kemenaten. und verharrte dort bis zur kirschenzeit des nächsten jahres.
als meine eltern 1951 heirateten, besuchten sie die tant' und kamen zur kirschenzeit, und die tant' kochte - wie seit jahrzehnten - kirschenkompott, so wurde mir berichtet. und weiters wurde berichtet, dass sie das beste kirschenkompott machte, das man je gegessen habe.
warum ich das jetzt aufgeschrieben habe? weil es eine der geschichten ist, die sonst vergessen würde. weil ich oft daran denke, wenn über "generationen in einem haus" die rede ist, und mir vorstelle, was aus dieser grosstante geworden wäre in einer stadtwohnung, ohne kirschenbäume und vorratskammern. weil viele menschen so eine "narrische tant'" haben, und man sich für diese und wegen dieser nicht schämen sollte, irgendwas gutes haben sie alle, und wenn es kirschenkompott ist.
oh, und weil ich gestern kirschen eingekocht habe, das erste mal in meinem leben. zwar kein kompott, sondern kirschenfleisch, aber es hat mich doch nachdenklich gemacht. muss ich mir jetzt sorgen machen um mich, auf meine alten tage? kirschen einkochen, tsss.
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Samstag, 28. August 2004
wir erinnern uns
kelef, 15:26h
es war einmal, vor vielen jahren, ein entzückendes kleines mädchen von, sagen wir einmal, etwas über zwei jahren. blauäugig, blondlockig, von bestechendem charme, wie aus dem bilderbuch.
die mutter lebte alleine mit ihm, und hatte gar grosse freude an dem kinde. das mädchen war aufgeweckt, verbraucherfreundlich, an allem interessiert. besonderes interesse hatte dieser zwerg erstaunlicherweise daran, sich vor dem schlafengehen ungestört die abendnachrichten anzusehen.
nun wohnte die freundin der mutter mit ehemann und sohn zwei türen weiter, und rationellerweise kochte man manchmal für die anderen mit, und tauschte dann, sehr praktisch, war ja nur über den gang.
so begab es sich in einem sehr kalten november, dass in dem einen haushalt reisauflauf gekocht wurde (brrr) und im anderen mit fleisch gefüllt weinblätter (hmmm). beide frauen waren wie immer gleichzeitig fertig, und trafen sich im stiegenhaus zwecks austausch - weinblätter für den ehemann, reisauflauf für das kleine mädchen. wie das aber so ist bei draussen minusgraden und kleinen kindern die vor dem schlafengehen gebadet werden, war es in den wohnungen schön warm und die mutter des kleinen mädchens, der sowie immer heiss ist, machte die paar schritte barfuss und in einem, nun ja, eher als strandkleid geeigneten outfit.
das kleine mädchen - für das schlafengehen bereits in ein handbesticktes, schneeweisses flanellhemdchen gehüllt - wollte von dem weibertratsch im stiegenhaus nicht gestört werden, und schloss die wohnungstür. und damit nichts passieren konnte -war ja alleine zu hause jetzt, das kleine engelchen - schloss es auch noch von innen zu und legte die kette vor. und war nicht mehr zu sprechen.
nach einer stunde zureden, bitten, etc. schickte dann ein weiterer nachbar, der bei der feuerwehr arbeitete und telephonisch kontaktiert wurde, und dessen frau kindergärtnerin war, die feuerwehr vorbei. die kam auch, sechs mann hoch, mit brechstangen bewaffnet, plus zwei polizisten
draussen fiel leise der schnee, die mutter des kleinen mädchens stand barfuss auf dem gang, im mini-spaghettiträger-strandkleid, mit nischt darunter. daraus nun schloss die polizei messerscharf, dass diese rabenmutter wohl eben gerade von einer sauftour nach hause gekommen war, und machte erst einmal eine anzeige. die anwesende kindergärtnerin begann zu brüllen. man drohte mit der kinderübernahmsstelle. das essen war schon (fast) kalt. hunger hatte sowieso niemand mehr.
die feuerwehr brach die türe auf (billiger spass im nachhinein, altbautür mit doppelflügeln, zwei schlösser kaputt). man konnte endlich die wohnung wieder betreten.
auf dem wohnzimmersofa vor dem fernseher, in dem gerade die abendnachrichten liefen, sass das entzückende kleine mädchen. die blonden locken umrahmten das süsse gesichtchen, und fielen über die stickerei auf dem blütenweissen flanellnachthemdchen.
das kind warf einen blick auf die in der zwischenzeit nun doch vor kälte blau angelaufene mutter, die nachbarliche kinderärtnerin, die alte nachbarin von gegenüber, die auch mitgekommen war, die freundin der mutter, die immer noch den teller mit reisauflauf hielt (dass der nicht die hand abgefallen war!), deren ehemann und sohn. dann schweifte der blick des reizenden kleinen mädchens gelassen weiter über die zwei polizisten mit den notizblöcken, die sechs feuerwehrleute mit den brechstangen und riesenkneifzangen, und dann sagte es:
"thönes fernthehen, du auch fernthehen?" und wies einladend auf die noch freien plätze vor dem fernsehgerät.
die mutter lebte alleine mit ihm, und hatte gar grosse freude an dem kinde. das mädchen war aufgeweckt, verbraucherfreundlich, an allem interessiert. besonderes interesse hatte dieser zwerg erstaunlicherweise daran, sich vor dem schlafengehen ungestört die abendnachrichten anzusehen.
nun wohnte die freundin der mutter mit ehemann und sohn zwei türen weiter, und rationellerweise kochte man manchmal für die anderen mit, und tauschte dann, sehr praktisch, war ja nur über den gang.
so begab es sich in einem sehr kalten november, dass in dem einen haushalt reisauflauf gekocht wurde (brrr) und im anderen mit fleisch gefüllt weinblätter (hmmm). beide frauen waren wie immer gleichzeitig fertig, und trafen sich im stiegenhaus zwecks austausch - weinblätter für den ehemann, reisauflauf für das kleine mädchen. wie das aber so ist bei draussen minusgraden und kleinen kindern die vor dem schlafengehen gebadet werden, war es in den wohnungen schön warm und die mutter des kleinen mädchens, der sowie immer heiss ist, machte die paar schritte barfuss und in einem, nun ja, eher als strandkleid geeigneten outfit.
das kleine mädchen - für das schlafengehen bereits in ein handbesticktes, schneeweisses flanellhemdchen gehüllt - wollte von dem weibertratsch im stiegenhaus nicht gestört werden, und schloss die wohnungstür. und damit nichts passieren konnte -war ja alleine zu hause jetzt, das kleine engelchen - schloss es auch noch von innen zu und legte die kette vor. und war nicht mehr zu sprechen.
nach einer stunde zureden, bitten, etc. schickte dann ein weiterer nachbar, der bei der feuerwehr arbeitete und telephonisch kontaktiert wurde, und dessen frau kindergärtnerin war, die feuerwehr vorbei. die kam auch, sechs mann hoch, mit brechstangen bewaffnet, plus zwei polizisten
draussen fiel leise der schnee, die mutter des kleinen mädchens stand barfuss auf dem gang, im mini-spaghettiträger-strandkleid, mit nischt darunter. daraus nun schloss die polizei messerscharf, dass diese rabenmutter wohl eben gerade von einer sauftour nach hause gekommen war, und machte erst einmal eine anzeige. die anwesende kindergärtnerin begann zu brüllen. man drohte mit der kinderübernahmsstelle. das essen war schon (fast) kalt. hunger hatte sowieso niemand mehr.
die feuerwehr brach die türe auf (billiger spass im nachhinein, altbautür mit doppelflügeln, zwei schlösser kaputt). man konnte endlich die wohnung wieder betreten.
auf dem wohnzimmersofa vor dem fernseher, in dem gerade die abendnachrichten liefen, sass das entzückende kleine mädchen. die blonden locken umrahmten das süsse gesichtchen, und fielen über die stickerei auf dem blütenweissen flanellnachthemdchen.
das kind warf einen blick auf die in der zwischenzeit nun doch vor kälte blau angelaufene mutter, die nachbarliche kinderärtnerin, die alte nachbarin von gegenüber, die auch mitgekommen war, die freundin der mutter, die immer noch den teller mit reisauflauf hielt (dass der nicht die hand abgefallen war!), deren ehemann und sohn. dann schweifte der blick des reizenden kleinen mädchens gelassen weiter über die zwei polizisten mit den notizblöcken, die sechs feuerwehrleute mit den brechstangen und riesenkneifzangen, und dann sagte es:
"thönes fernthehen, du auch fernthehen?" und wies einladend auf die noch freien plätze vor dem fernsehgerät.
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