Donnerstag, 13. September 2012
mama, die frau isst aber komisch!
am dienstag war ja - so sagte es der wetterbericht voraus - der letzte richtige sommertag. zur feier des - hoffentlich - letzten heissen tages des jahres lud frau kelef also frau pixy zum essen ein. ein paar ecken weiter ist ein beisl in dem es spareribs gibt, eine riesenportion mit bratkartoffeln und zwiebeln und saucen und salat. um € 9.80 - kann man sich ja ab und zu leisten. und sie schreiben dort "ribs" an und nicht, wie in wien-mitteleuropa mehrorts üblich, "rips".

man kann dort sehr bequem im freien sitzen, mit polstern auf den sesseln, und eine wasserschüssel für die kleine wauwau gibt es auch.



frau pixy, sagt frau kelef zu der kleinen wauwau, wir gehen gassi und dann was essen. super, sagt die kleine wauwau, krieg ich auch was? - naturalmente, ein stück trocken brot, wie immer. - eh klar, ich krieg ja zu hause auch nix.

man begibt sich also auf den weg, macht eine runde, kommt entsprechend, nach ein paar umwegen, am ziel an, und bestellt. wie immer: ein glas wasser für frau kelef, ein krügel bier für den hund und eine portion spareribs mit wenig zwiebeln und weniger bratkartoffeln als üblich, weil: das schafft man zu zweit nicht. ist ja eine kleine wauwau.

am nachbartisch nimmt eine familie platz, mit zwei volksschulkindern. die tische stehen parallel zueinander, die kinder sitzen frau kelef quasi gegenüber, die eltern mit dem rücken zu frau kelef.

das essen kommt,



durch frau pixy geht ein schauder freudiger erwartung. frau kelef sagt: kleine wauwau, wie immer: erst ich, dann du. passt schon, meint sie, ich fang ja nur schon einmal an mich zu freuen, und ich schau dich nur so an damit du nicht vergisst dass ich da unten sitz.



am nachbartisch wird das gleiche serviert, allerdings in doppelter ausführung.

frau kelef - wie gewohnt - nimmt das mitgelieferte scharfe messer, trennt ein rippchen nach dem anderen von einem der riesenstücke, schneidet das fleisch herunter, isst es, legt den knochen mit ein wenig fleisch daran (man ist ja kein unmensch) auf den ebenfalls mitgelieferten extra-teller, und widmet sich dem nächsten rippchen. dazwischen ein wenig bratkartoffeln, ein wenig salat, fleisch und erdäpfel werden in eine der saucen getunkt bevor sie in den mund gestopft werden. von derlei kulinarischen feinheiten kriegt man durst, also: serviette, mund abwischen, trinken, weitersäbeln.

die erwachsenen am nebentisch haben die spareribs auf den beiden bretteln auch irgendwie zerlegt, und jedem kind ein trumm in die hand gedrückt. ohne teller. die kinder nagen an ihren teilen herum, sprechen mit vollem mund, was frau kelef zur kenntnis nimmt weil die mutter der beiden fröhlich brüllt: heast, schluck owe befuast redst, dia foit jo da gonze schlick aus da pappn!

plötzlich merkt frau kelef, dass die kindelein sie fixieren, mit offenen mäulern, dann ein lautes: mama, die frau isst aber komisch! die mutter dreht sich um, schaut frau kelef an, frau kelef tut als hätt' sie nix gehört.

die mutter schaut lange, dreht sich zu den kindern um, und fragt: wos mahnts? eines der kinder: na, die isst des mit'n besteck! und die wischt si immer den mund ab bevor s trinkt!

die mutter dreht sich wieder um, frau kelef tut noch immer als hätt' sie nix gehört, die mutter schaut, der vater dreht sich um, schaut auch, die kinder schauen. frau kelef schneidet höchst unbeteiligt ein wenig fleisch von einer der rippen, taucht es in die sauce, isst es, schneidet das vorletzte fleisch von der rippe, legt diese unter zuhilfenahme von gabel und messer auf den o.a. teller. die viere schauen noch immer.

frau kelef braucht jetzt dringend einen schluck aus dem krügerl, und ja, es geht nicht anders, es mag eine manie sein, ergebnis einer frühkindlichen traumatisierung, vielleicht eine aus was auch immer resultierende zwangsstörung, jedenfalls: frau kelef wischt sich vor dem trinken den mund mit der serviette ab.

die erwachsenen staunen mit offenen mündern, vergessen dabei ganz dass jetzt auch ihnen das essen aus der pappn fällt, und sagen unisono: jo, des is wiaklich komisch, warum mocht de des? de hot vielleicht wos, oiso, ma waass jo net.

frau pixy derweilen unter dem tisch freute sich auf das, was da kommen würde, und dachte sich nix weiter dabei. im übrigen wischt sie sich nach dem abknabbern von knochen vor dem trinken auch das maul ab - da sie aber die linke hand nicht gebrauchen kann zum abstützen, nimmt sie statt des teppichs, den ihre vorgänger/innen dazu auserkoren hatten: frau kelefs hosenbeine. aber da sagt keiner was.

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Familie Mundl am Nachbartisch! Und wie immer treffend dargestellt - Dank recht schoen.
(Offensichtlich verkehren auch Piefkes in der Kneipe? Die Maggie Flasche ist ja nicht wirklich austriaphil.)

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immer gerne. ja, familie mundl trifft es recht gut. und als die serie ausgestrahlt wurde, da dachten viele das sei erfunden - aber das war damals schon die realität. heutzutage wird es, scheint mir, immer schlimmer.

das maggi ist übrigens auch in vielen österreichischen lokalen sehr wichtig. ich hab schon leut gesehen die haben einen esslöffel voll in einen teller echter rindsuppe gegossen: "sonst schmeckt das ja nach nichts.". und einen kenn ich, der geht nie essen ohne im rucksack - für alle fälle - eine tube 80% thomy- mayonnaise mit sich zu führen. für: wenn er sich ein schnitzel bestellt. weil: sonst schmeckt das ja nach nix. und eine andere mayonnaise kann man nicht essen, weder marke noch weniger fett. er verbraucht im schnitt eine tube am tag und nimmt medikamente gegen bluthochdruck, erhöhten cholesterinspiegel, etc., und hat schon ein paar kleine schlagerln hinter sich. wird wohl nicht dabei bleiben.

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Guten Morgen liebe Frau Kelef und verehrte Dame Pixie,
das ist aber ein ganz schönes Trumm von einem Ripperl! Ich mag lieber gleich viel Ripperln und knusprige Braterdäpfel. Von Grundbirn könnte ich mich in jeder Variante glatt ernähren; besonders "Schälferler" - wie der Tiroler zu Pellkartoffeln zu sagen pflegt - machen mich glücklich.
Lange wurde ich in Tirol als Ausserirdische betrachtet, wenn ich die Rerste eines so üppigen Mahls einpacken ließ, früher hab ich immer gesagt, es ist für die Hunde, inzwischen darf man die Restln auch für sich selbst noch verwenden ;);).

Maggi ist für mich immer noch die gute Erinnerung an damit doch besser schmeckende sehr magere Nachkriegssuppen, hat übrigens auch die damals häufige Erbstwurstsuppe deutlich verbessert.
In diesem Sinne eine balödige Wetterbesserung, auf daß die Dame Pixie noch schöne Herbsttage genießen kann!

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Maggi wurde auch bei Schweizer Freunden gern genommen. Dort phonetisch "Maddschi" gesprochen, ein Teil des Landes spricht ja bekanntlich italienisch.

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*hihihihihi*
Können Sie mich bitte vom Boden aufheben, gerade bin ich vom Stuhl gefallen vor Lachen. In der Erzählung zumindest ist es kreuzkomisch.

Seltsame Sitten pflegen Sie da aber : mit Besteck essen, kleine Portionen in den Mund, so dass das Essen nicht wieder herausfällt, vielleicht schlucken Sie auch, bevor sie trinken ?
Das muss ich meinem Kind mal erzählen.
Dem Hund würde ich empfehlen, den Mund vor dem Bier trinken abzuwischen, den kleinste Mengen Fett an den Lippen können dazu führen, dass das Bier im Glase absteht. Sofort.
Und wer mag schon schaumloses Bier?

Aber die Portion da oben: alle Achtung!


Mein seltsamstes Erlebnis in der Richtung liegt Jahre zurück, damals saßen wir jungverliebt auf der Terrasse eines Lokals als einzige Gäste. Zunächst. Ein weiterer Gast kam hinzu, setzte sich gruß- und sonstwie anstandslos zu uns an den Tisch, bestellte in amerikanisch-deutsch Schnitzel, als es geliefert wurde, verlangte er empört nach Ketchup, der wurde dann auf dem ganzen Schnitzel verteilt und wie dann das Fleisch in Bröckchen geschnitten und verzehrt wurde, wollen Sie nicht wissen.

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Bei
Ihrer Beschreibung fehlt mir allerdings noch ein kleines, erhellendes Detail: waren etwa, wenn ich mir die Essgewohnheiten der Familie so bildlich vorstelle, auch die Ellbogen der beteiligten Personen fest mit der Tischplatte verwachsen? Das müsste zum stimmigen Gesamtbild noch hinzugefügt werden.

Und was Maggi betrifft: jeder hat so seine Plaisierchen. In hiesigen Gefilden gilt ja alles als geschmacklos, was nicht einen Schärfegrad von 50.000 Scoville erreicht. Braucht man aber auch, um all das abzutöten, was sich aufgrund der Witterung und fehlender Kühlketten so an zusätzlichen Nährstoffen auf dem Fleisch ansammelt.

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ich freu mich ja immer so wenn ich euch erheitern kann.

spareribs wie o.a. sind übrigens optisch viel mehr als dann letztlich zu essen bleibt, und zugegebenermassen bin ich eine fleischfresserin und esse nur einmal am tag richtig. die dazugehörige unmenge von bratkartoffeln verbirgt sich auf dem bild übrigens unter den ripperln, und das ist schon die abgespeckte version, salat ist auch mehr dabei, aber ich hab damals vergessen gleich bei lieferung zu fotografieren. die fotos sind älter als die geschichte.

iris hat schon recht, früher war maggi der geschmack in der suppe, wenn man sonst nicht viel hatte. bei manchen leuten ist das zur manie geworden. aber heutzutage leben wir ja gott sei dank in anderen zeiten, dachte ich. und ich gestehe, seit jahrzehnten weder maggi noch suppenwürfel oder ähnliches auch nur im hause zu haben. würzen kann man definitiv auch anders.

erdäpfel in jeder form, immer und gerne, wenn das ausgangsmaterial gut ist kann man da fast nix verpatzen. es sei denn, man macht pommes frites und weiss nicht wie das richtig funktioniert ...

selbstverständlich waren die ellbogen aller vierer auf dem tisch angeschraubt, wie sollte man sonst essen? kriegt man ja das futter nicht einmal in gesichtsnähe, es sei denn man bückt sich, aber es gehört sich ja nicht den teller abzulecken oder vom tischtuch zu essen, ein bisserl manieren müssen schon sein.

und tatsächlich schlucke ich runter bevor ich trinke, aus einer anzahl von gründen. frau pixy macht das auch, ebenso die katzen. im übrigen wischen sich auch vögel und reptilien nach dem fressen den schnabel/das maul ab, wussten sie das? wer einmal gesehen hat wie sorgsam sich eine schlange oder eine eidechse in sand oder erde das maul putzen, der sieht eine serviette in ganz neuem licht. vögel putzen ihre schnäbel dauernd an ästen, sitzstangen, oder oft auch zuerst in der erde, damit etwaige reste neutralisiert werden. auch insekten machen das nach dem fressen. nur der homo sapiens, der hat vergessen warum und wie.

ketchup grossflächig über das schnitzel verstreichen und dann reklamieren dass es nicht richtig knusprig ist: hach ja. die amis schneiden ja grundsätzlich das fleisch in mundliche stücke, legen dann das messer hin und essen mit der gabel in der rechten hand das kleingefitzelte. ich mag das nicht einmal auf einem teller sehen, das desaster.

reste einpacken: mach ich sehr selten, ich bestell lieber etwas weniger, wenn ich von vornherein schon weiss dass es mir zuviel werden könnte. die hilfsarbeiterin hab ich ja zudem immer mit. sie kann das schon sehr gut: knöchelchen abnagen, aufbeissen, mark rausnagen, dann kommando "tauschen": macht sie sehr bereitwillig, und nimmt dazwischen auch salat und erdäpfel. wenn nix mehr da ist, zeig ich ihr die leeren hände und sage "aus ist's". die töle versteht das, wischt sich den rüssel an meinen hosenbeinen ab und trinkt eine ordentliche portion wasser.

herr pathologe: scharf gibt es nur hier zu hause, oder beim asiaten, mag ich gerne, kommt aber - wie immer - auf die qualität des "scharf" an. am liebsten das, was meine freundin, die mit einem tunesier verheiratet ist, freundlicherweise für mich mitimportiert. das schmeckt nach was und verbrennt einem nicht nur die mundschleimhäute und den rachen.

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wenn nun die wauwau mit messer und gabel äße, und frau kelef säße unterm tisch, das wäre dann wahrlich bemerkenswert.

so ist aber alles ganz normal, auch die runde am nebentisch :-)

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herr caru: es ist schlimm, aber es ist so.

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wemenen sagen sie das.

ich stelle in letzter zeit fest, ich fühle mich in vielerlei gesellschaften wohl. beim symposion mit kunstmalern, die viererlei sprachen durcheinander reden. in zeitschriftenredaktionen. an einem gesitteten gasthaustisch mit lauter universitätsprofessoren verschiedenen faches. am brunnenmarkt in einer diskussion zwischen serbischen und türkischen standlern. in einer stadtparkwiese mit einem haufen hippies.
wenn jedoch die proleten einmarschieren (siehe auch weiter oben, kindsmutter mit fingernägeln), scheint mir flucht angesagt. schleunige.

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