Mittwoch, 1. Dezember 2010
denn erstens kommt es anders
und zweitens als man denkt. kennt man ja.

nun war also der arm ruhiggestellt, das röntgen hatte einen glatten bruch knapp unterhalb des schultergelenks gezeigt, der grosse gelenkkopf auch ein wenig angeknackst wie ich meinte. so ein stoffverband hat ja eine menge vorteile, ich meine: zwar oberarm straff an den körper, arm in der schlinge (ebenfalls am körper), aber doch nicht so unbeweglich wie in einem gips. tut zwar weitaus mehr weh, aber da sich bei solchen verletzungen ja auch riesige blutergüsse bilden und die verletzten teile anschwellen wie blöd hat es auch vorteile dass nicht alles so starr ist, sonst gibt das nämlich druckstellen und durchblutungsstörungen etc. als draufgabe. nur sollte man sich nicht bewegen (müssen) die ersten paar wochen. dafür ist man dann aber wiederum weitaus schneller wieder hergestellt als wenn man einen gips verpasst bekommen hat. daher also die worte von frau tante kitsch: das muss so.

nachdem also der samstag mühsam überlebt war, und die nacht irgendwie auch herumgegangen, da fiel mir glühendheiss ein: da war noch was geplant für den samstagabend, und auch für den sonntagvormittag.

nämlich: erstens am samstag noch die eingefrorenen 8 kg (in worten: acht kilogramm) preiselbeeren einkochen, damit zweitens im tiefkühler wieder platz sei, und auch die gläser wieder wohlgefüllt und der einsiedezucker aus den schränken sei, und drittens wäre dann platz für die rund 25 kg fleisch und selchgift welche, sie erraten es, am sonntag vormittag geliefert werden sollten.

der einkochhäfen ist ziemlich gut und hoch oben verstaut, über den brauchte ich gar nicht nachzudenken, und über den rest eigentlich auch nicht, denn der arm schmerzte ziemlich. und unter ziemlich verstehe ich: sehr. andere würden vermutlich sagen unerträglich, aber ich bin ja auch mit fünf gebrochenen rippen nach drei tagen wieder im büro gesessen (und ja, ich weiss was ein pneumothorax ist, aber sicherheitshalber war ich damals erst einmal gar nicht beim arzt, hahaha, sooo weh tat das ja auch wieder nicht).

gibt ja aber mittel gegen schmerzen, und als bekennender tramal-junkie weiss ich auch damit umzugehen: immer so viel dass es wirkt und so wenig wie möglich. ich vertrag das zeug nicht sonderlich gut, aber der zweck heiligt die mittel. und mit ein wenig alkohol dazu benötigt man auch weniger chemie, die muskelentspannende wirkung ist sehr positiv und wummsinnig bin ich sowieso nach einnahme derartiger substanzen.

alles paletti, also. wieso wirkte das zeug nicht? falsche flasche? noch ein wenig nachgenuckelt, dann aber war mir schlagartig klar wie das ist mit den nebenwirkungen die da zum beispiel sind: mundtrockenheit, vermehrtes schwitzen, schwindel, konzentrationsschwächen, etc., tolle sache.

die fleischlieferung kam, ich wurde mit einem entsetzten "um gottes willen, wie schaust du denn aus!" begrüsst, und dann gebührend bedauert, glaube ich, weil meine konzentrationsfähigkeit siehe oben.

tante kitsch musste umgehend wieder herbeigerufen werden und nahm doppelt so viel mit wie sie eigentlich gewollt hatte, aber der gedanke an welche tätigkeiten auch immer war mir ziemlich fern, grösster wunsch: ruhig sitzen und nur nicht bewegen.

die benachbarte freundin wurde ebenfalls herbeizitiert und mit unterbringung von fleisch und selchgift beauftragt, ebenso mit dem verkochen desselben und anschliessender fütterung meiner lieben person. geht ja alles, wenn man will.

frau tante führte die kleine wauwau noch rund um die häuser und überliess mich dann, der not gehorchend, meinem schicksal. vor erschöpfung und medizin bin ich, denke ich, dann ein wenig eingeschlafen im ohrensessel, bis dat julchen schmusen kam und mir - sie erraten es - auf den arm latschte. auweh.

das mit dem aufstehen aus dem lieblingssessel gestaltete sich auch schwierig. einerseits ist das fauteuil super, weil es eine elektrische steuerung hat und man also die beine hochlegen und die rücklehne nach hinten kippen kann, und der sessel spuckt einen auch quasi auf die füsse. irgendwie ist man aber doch gewöhnt die arme zu hilfe zu nehmen beim aufstehen und beim niedersetzen, besonders dann wenn man sowieso schon rücken hat (nur keine schiefe bewegung), und die arthrosen in den knien sind auch nicht hilfreich.

bücken ging nur, wenn die rechte hand den linken unterarm festhielt. dann hat man aber keine hand mehr frei.

alles was runter fiel und sich nicht mit der langen wurstzange aufheben liess blieb ergo liegen bis jemand kam der es aufhob. fallweise wurden teile auch unter den kasten getreten. manches liegt dort jetzt noch, wenn sich die katzen nicht erbarmten.

socken anziehen dauerte fünf minuten. wenn dann auch noch die hose dazukam und die jacke, weil so eine kleine wauwau muss ja öfter mal raus, dann war ich so erschöpft dass ich mich erst einmal ausruhen musste bevor ich die kleine wauwau anzog.

pixy allerdings - was bin ich stolz auf sie - hatte innerhalb von zwei tagen ganz genau begriffen wie sie sich hinstellen und dann herumdrehen musste damit ich sie in ihr geschirr stopfen konnte, und dass sie dann ordentlich gehen musste und nicht wild herumhüpfen durfte. die erste runde machte noch die benachbarte freundin mit uns, dann ging das schon alleine - vorsichtig, aber es ging.

computer einschalten? fehlanzeige, weil knopf nur umständlich und mit bücken zu erreichen.

brot abschneiden? machen sie mal mit einer hand.

katzeklo wird hier ja mehrfach täglich betan. ist logischerweise am boden. also hinknien und dann langsam wieder hoch. nach drei tagen hatte das rechte knie eine hübsche schleimbeutelentzündung aufzuweisen, die alle bisher dagewesenen an anderen gelenken definitiv toppte. man gönnt sich ja sonst nix.

lesen war auch so eine sache, buch frei halten mit einer hand ist bäh, und vornübergeneigt am tisch sitzen ging nicht.

kurzfristig empfand ich dankbarkeit für die väterlichen ohrfeigen wegen: man kann sehr wohl kerzengerade sitzend mit einem buch auf dem kopf unfallfrei suppe essen. hat was, in solchen fällen, wenn man das mal gelernt hat. denn die nachbarin kochte suppe, die tante brachte suppe und gulasch, alles ganz vorzüglich und für mehrere tage jeweils. toll auch wenn ein voller topf im kühlschrank steht und keiner rechtzeitig darüber nachdenkt wie man mit einer hand einen schweren kochtopf mit vier liter inhalt aus dem oberen fach des kühlschranks auf den herd bringt.

die wasserschüssel der tiere steht auf dem boden. bücken siehe oben. frisches wasser also hiess: niederknien, wasserschüssel auf ein stockerl stellen, aufstehen, wasserschüssel in die abwasch und einhändig waschen, auffüllen, auf das stockerl stellen, niederknien, wasserschüssel runterstellen, aufstehen. ohne zu verschütten, meine ich.

eine menge zimmerpflanzen hier sind ziemlich hoch oben untergebracht.

gerne nutzte der neue fernseher die gelegenheit, kein bild mehr von sich zu geben. weniger gerne - man versteht das - nahm frau tante kitsch sich auch dieser schweinerei an, und hurtelte mehrfach richtung verkaufsgeschäft, installierte leihgerät, etc.

waschen ging so spärlich, jeden zweiten tag hirschte die liebreiche tante herbei und wickelte mich aus dem verband damit ich in die badewanne konnte. was für ein spass da wieder herauszukommen - die tante verliess das badezimmer und weinte leise bei diesem vermuteten anblick. ich verstand das.

die waschmaschine ist von vorne zu bestücken, also: niederknien und mit kerzengeradem rücken die einzelnen wäschestücke mit einer hand ...

haben sie schon einmal mit einer hand wäsche aufgehängt, besonders auf kleiderbügel? vom zusammenlegen red ich erst gar nicht, oder vom reinräumen in schränke. man kann aber auch alles herumliegen lassen, sieht nicht so toll aus, ist manchmal aber von marginaler bedeutung.

schraubverschüsse können unüberwindliche hindernisse darstellen, auch die von limoflaschen. man kann auch wasser trinken.

ich bin überzeugte gewohnheitsbeidhänderin. manche sachen mache ich ausschliesslich mit links. zum beispiel den telefonhörer halten und wählen. auch die rechenmaschine seit jeher: mit links. die entsprechenden fenster öffnen und schliessen: mit links. ich kann sogar ausgezeichnet einhändig tippen: mit links. viecher bürsten: mit links. und vieles anderes, weil es sich einfach oft ergibt aus situationen heraus über die ich normalerweise gar nicht nachdenk, erst wenn jemand erstaunt schaut.

da war übrigens noch die sache mit dem einkaufen. das wurde an den bereits zitierten lieben siegi delegiert, ebenso wie verschiedene umräum- und herräumaktionen etc., und ich kann ihnen nur sagen: so einen siege sollte jeder haben in so einer situation. kommt auf zuruf, macht was gemacht werden muss, tratscht ein wenig und tröstet ein wenig und ist auch noch ein grosser fan der kleinen wauwau, und umgekehrt. sogar dat julchen spricht mit ihm, und das will was heissen.

im wirtshaus des vertrauens das essen kleingeschnitten bestellen ist auch eine art mutprobe. und vor allem: ich mag es ja gerne hüppsch auf dem teller. wenn mir wer die bratensosse über die beilagen giesst ess ich das schon nicht mehr. und ich wollte eigentlich auch gar nie nicht wissen wie frisch gebratenes spanferkel aussieht wenn es, losgelöst von den angestammten knochen, kleingeschnitten neben einem zweigeteilten knödel liegt. oder wie milchferkelstelze mit wurzelwerk und bouillonkartoffeln in würfelchenform aussieht. oder schnitzel in streifen. es muss aber angemerkt werden, dass die chefin der küche das problem jeweils mit der grösstmöglichen ästhetik löste, chapeau.

ich hasse vorgeschnittenes brot, warum auch immer. kommt gleich nach vorgeschnittenem käse.

obst ist gesund: schon mal einhändig eine kiwi gegessen oder eine mandarine? rosa grapefruit mag ich auch, theoretisch.

man muss es aber positiv sehen: ich wollte sowieso abnehmen. geht doch, auch wenn ich mir das anders vorgestellt hatte.

einhändig zum bankomat und dann das geld einstecken, während die kleine klavklav sich orientierend umsieht? tolle sache.

man wächst an seinen aufgaben, stellte ich fest. und anderen geht es weitaus schlechter, und zwar nicht auf zeit, sondern auf dauer. muss ja auch gesagt werden hier, in der zwischenzeit kann ich ja schon wieder lachen über die problemchen, war alles irgendwie zu lösen, und über den rest denk ich einfach später nach.

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Dienstag, 30. November 2010
was uns nicht umbringt
macht uns nur härter.

ich sass also immer noch oben ohne herum, mit dem netten tüchlein um die schultern, das auch beim besten willen nicht alles zu verdeckende verdecken konnte, aber pulli und jacke konnte ich ja dazu verwenden schamhaft meine blösse zu verhüllen.

der liege war ich verwiesen worden, die wurde für den nächsten besoffenen benötigt, der wollte nämlich ein wenig seinen rausch ausschlafen. versteht man ja irgendwie auch.

ein schmerzmittel versprach man mir für später.

wider erwarten wurde ich dann doch zum röntgen aufgerufen, drehen sie sich hierhin und dahin, danke vielmals, die tür ist dort, nehmen sie platz.

ging dann irgendwie, wenn auch höchst schmerzhaft, weil die entscheidung nicht einfach zu fällen war: halt ich das tüchel oder den pulli oder die jacke oder den arm, letzterer schmerzte immer mehr, also auf einen sessel gekrabbelt und ruhig geatmet.

ein schmerzmittel versprach man mir für später.

einige zeit später wurde ich doch tatsächlich wieder aufgerufen, herr oberarzt lasse bitten, der wollte eigentlich gar nicht mit mir reden, musste er aber, weil die über meinen kopf hinweg diktierten worte "bauerverband für vier wochen, morgen kontrolle, kontrollröntgen in einer woche" schienen mir doch weder patientenfreundlch noch an mich gerichtet, und irgendwie, ich meine, man weiss doch gerne was man hat.

ah so, ja. sie müssen ja eh schmerzen gewohnt sein.

häh?

na, die arthrosen da im schultergelenk, besonders hier!

kenn ich schon seit bald zwanzig jahren. und sonst?

arm gebrochen.

bild sehen!

hä?

ja, will ich. wo genau gebrochen, und was genau.

hier, schauen sie. sie kriegen noch ein schmerzmittel für zum schlafen.

brauch ich nicht, hab ich zuhause. kann ich jetzt was haben?

nein, das hamma nicht. der nächste, bitte.

auf wiedersehen, herr doktor.

die schwester wies mir dann die richtung richtung gipszimmer, durch drei türen durch mit dem tüchel um die schultern zwischen den besoffenen hindurch, wollte ich dann doch so nicht und wickelte mich in die ärmellose jacke, bh und pulli irgendwie mitschleifend.

im gipszimmer: war niemand. davor auch nicht. ein grosser, leerer warteraum. sitzt man ja gerne herum. ziemlich heiss war es auch, fenster: öffnen verboten. luft: zum schneiden dick und muffig. asthmaspray: zuhause, wo sonst.

also warten.

den krankenpfleger, der gerade vorbeikam, höflich um auskunft ersucht, wie denn das mit dem gipszimmer sei, weil, ich wartete ja schon eine halbe stunde und da sei es doch ganz dunkel drinnen und überhaupt keiner da, nun, meinte er, da werde eben keiner da sein.

ob man vielleicht jemanden finden könne, weil mir werde gerade gleich ganz übel und schwummrig, weil asthma und keine luft, oh, er könne mir eine liege bringen da könnte ich mich drauflegen.

das, herr krankenpfleger, ist das schlimmste was sie einem patienten anraten können der ihnen gerade gesagt hat dass er asthma hat und keine luft kriegt.

ah ja?

ja. vielleicht gäbe es in der apotheke einen spray oder sowas, wäre ja auch hilfreich.

sowas hamma net.

und wenn wer einen asthmaanfall hat und zu ersticken droht?

dann müss ma uns halt was einfallen lassen.

super. das büro vom ärztlichen direktor ist ja immer noch dort wo es war, richtig?

wieso?

raten sie einmal ...

oh. ich schau mal nach wo der kollege ist.

nach drei minuten kam der gipszimmerzuständig doch dann tatsächlich aus dem pausenzimmer, kaute noch an seinem späten imbiss, und wies mich an ihm zu folgen.

er wickelte mich kunstvoll und behende in einen gilchrist-verband (warum auch immer der im ukh als bauerveband bezeichnet wird) und wies mich an, diesen vier wochen lang so zu belassen. so ein verband besteht aus reiner kunstfaser, wenig schmeichelweich, dafür an den rändern aber kratzend, und ist mit schaumstoff gepolstert. ich hätte sehr grosses glück, der arzt der mich behandelt habe sei ein ausgesprochener schulterspezialist. und: den verband ja so oben lassen wie er sei.

und waschen?

no, mit dem waschlappen.

äh - und der verband?

der muss ja nur vier wochen ...

ich kriegte dann übrigens doch zwei extra mit.

ein neckisches oranges sackerl mit bh, pulli und den beiden verbänden in der rechten hand, die gleichzeitig den linken arm stützte, raufte ich mich durch ein paar türen durch und sank dann auf dem parkplatz beim portier auf eine wartebank.

eine zigarette später raffte ich mich auf, den portier um einen anruf zu ersuchen, der konnte mir aber kein telefon geben sondern nur für mich wählen, er reichte mir den hörer, ich teilte der tante mit wo sie mich finden könne und ersuchte um baldige abholung meines kadavers.

es dauerte nicht lange und die tante kam mich einzusammeln, die kleine wauwau neben ihr, erstere eher von käsiger gesichtsfarbe, letztere mit fröhlich wippenden ohrspitzen, entzückt ob des nächtlichen ausflugs, noch dazu mit auto. und frauchen war auch wieder da, welche freude!

die paar meter zum auto der tante zogen sich endlos, jeder schritt war schmerzhafter als der vorige, und die kleine wauwau war entzückt ob der vielen fremden und interessanten gerüche. irgendwie ins auto gefallen, und inständig gebetet dass sich keine strassenunebenheiten auf dem weg richtung heimat bemerkbar machen würden.

das gebet, wie denn auch anders, wurde nicht erhört. aber das gefühl, dass einem die schädeldecke davonfliegt ist ja auch interessant.

zu hause dann kein parkplatz, im beisel am eck bescheid gegeben dass ich noch am leben und der arm wie schon ursprünglich angegeben gebrochen war, und dann nach hause und bitte nur mehr niederlegen, und warum überhaupt haben die mir im krankenhaus kein schmerzmittel gegeben, diese leute dort, diese ver...

bett? niederlegen? fehlanzeige. das wollte ich ja frisch überziehen wenn ich vom einkaufen nach hause käme. frau tante, bitte, und dann hätten auch noch die tiere hunger und die einkäufe sollte jemand ... die tante verdrehte wohl ein wenig die augen (es war samstag abend, 22.30, das hatte sie sich mit sicherheit anders vorgestellt), aber sie bezog das bett, atzte die tiere, füllte die wasserschüssel, räumte die einkäufe aus und in die entsprechenden schränke, und verliess mich dann so gegen mitternacht.

obwohl, das mit dem bett überziehen hätte sie sich eigentlich sparen können, denn ich traute mich nicht hinein. und das sollte auch zwei wochen lang so bleiben: ich schlief auf dem elektrischen altweiber-fernsehfauteuil (mit aufstehhilfe) im wohnzimmer, denn der einzige versuch mich ins bett zu legen endete damit, dass ich erstens nicht liegen konnte weil ich die polster nicht richtig arrangieren konnte mit einer hand, und zweitens: ich brauchte über zwei stunden um wieder aus dem bett zu kommen. die flüche, die ich dabei ausstiess, kannte ich bis dahin selber noch nicht.

fortsetzung folgt.

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Montag, 29. November 2010
gott soll abhüten
vor allem, was noch ein glück ist. sagte ja schon die tante jolesch, resp. liess torberg die tante jolesch zitieren.

und was tut gott? so ist es auch. schon versucht, kein vergleich.

am 30.10.2010 um 18.05 im supermarkt hier um die ecke, zum beispiel, als da dort, wo sie rein eigentlich nichts zu suchen haben zwei euro-paletten eng nebeneinander und aneinandergekuschelt standen. und zwar genau dort vor der ersten kasse richtung ausgang, wo die kunden von den restlichen sechs kassen auch vorbei müssen. kann man sich vorstellen wie auf einem rangierbahnhof.

und wenn dann die eine palette richtung ausgang noch so an die zwanzig zentimeter weiter vorsteht als die hintere, die man gerade passiert, und von allen seiten eilige mitkunden herumkurven, und der einkaufswagen mit der gerade bezahlten ware wie üblich ein wenig unwuchtig rennt, und einem dann noch von hinten jemand mit einem wagen an die hacken knallt während jemand anders einen gleichzeitig mit einem einkaufswagerl seitlich rammt, dann verhakt man sich gerne mit dem linken fuss in der vorstehenden palette und den rest können sie sich vorstellen, probieren sie es aber bitte nicht aus.

und obwohl ich es vermeiden konnte mit dem gesicht auf die kante des sich schlingernd bewegenden einkaufswagen zu knallen und mir so das ffleisch von den knochen zu schälen, so brachte ich doch durch das drängeln von hinten meinen linken fuss nicht mehr rechtzeitig unter der palette heraus und perdautz und krach und auweh. immerhin aber mit dem rücken die palette auch nicht getroffen, sonst noch mehr auweh.

insofern: noch ein glück.

sicherheitshalber gleich auf den rücken, nach luft geschnappt, gelenkskontrolle und holla: da war vorher keine bewegliche stelle im linken oberarm.

also liegengeblieben und ein wenig kontrolliert geatmet. irgendwann kam dann doch wer vom personal und kurvte nicht rund um mich herum wie die kunden sondern fragte ob man mir helfen könne, ja bitte einmal die rettung rufen.

wie meinen sie?

anrufen, jetzt, die rettung, der arm ist gebrochen, möglicherweise hat das gelenk auch was abgekriegt. bitte, danke.

sind sie sicher?

ja, sehr.

verschwindet ab durch die mitte.

kunde kommt vorbei, schaut interessiert, rennt an mir vorbei, wieder zurück: warten sie, ich helfe ihnen auf! (grabscht nach meinem linkem arm). macht der nie wieder, sowas, glauben sie mir.

eine dame vom personal brachte - sich vielmals entschuldigend - einen frisch ausgepackten dicken weichen wischmopp, was anderes als kopfunterlage hätte sie in der schnelle und mit dem schreck nicht gefunden, aber bitte, wenn ich da schon so liegen wolle ...

ja, wollte ich. wenn einer nicht weiss wie man hingreift beim helfen, dann danke vielmals, und wenn man sich unter solchen umständen aufsetzt wird einem ja auch leicht schwummrig und schlecht, und das will ja auch keiner. also lieber modell käfer-auf-dem-rücken.

rettung kam dann auch bald, setzten mich auf, und packten den arm in eine hübsche schlinge.

ein jüngling mit lockichtem haar, supermarktlehrling, wurde zum wirt des vertrauens geschickt um einen gast von dort zu holen damit der die einkäufe - immerhin über € 50.-- - holen und bis auf weiteres in verwahrung nehmen möge. der liebe siegi kam mit verstärkung, bleich im gesicht, nahm die einkaufstüten, ich solle mich melden wenn ich was wüsste. weiss ich schon: arm ab, kurz unter dem schultergelenk, sollbruchstelle sowieso.

bist du sicher? ja.

festgestellt, dass ich lediglich schlüssel, bankomatkarte und fünf zigaretten sowie ein taschentuch bei mir trug.

mit der rettung um 18.38 im unfallkrankenhaus angekommen, ist ja alles sehr nahe hier.

dort auf einen zivi getroffen, der irgendwoher ein handy brachte, mit dem ich eigentlich - wie ihm bereits erklärt - die auskunft um die telefonnummer der liebreichen tante kitsch ersuchen wollte. leider konnte man mit dem handy nur innerhalb des krankenhauses telefonieren.

wieso ich denn nach draussen anrufen wolle?

weil ich da herinnen niemanden kenn mit dem ich reden will.

warum?

bringen sie mir doch bitte einfach ein telefon mit dem man innerhalb wiens telefonieren kann.

hamma nicht.

einige diskussionen und - schmerzbedingt - ungeduldige äusserungen später konnte dann doch ein handy gefunden werden mit dem man telefonieren kann.

leider hat die liebe tante aber das handy, dessen telefonnummer man von der auskunft bekommt, nie mit, und zu hause war sie auch nicht, und also musste der notdienst der tanten-gehaltszahlungs-institution ausgeforscht werden und dort die entsprechende abteilung, und dort musste - mit leichter ungeduld, weil schmerzen immer stärker, schmerzstiller: fehlanzeige - von einer unbekannten jungen mitarbeiterin die jagd nach der telefonnummer des tanteschen diensthandys eingefordert werden, während frau oberschwester das diensttelefon wieder zurückhaben wollte und die jägerin meinte, ich sollte in einer halben stunde oder stunde wieder anrufen, vielleicht auch in fünf minuten, sie mache das ja alles freiwillig.

als ob ich die arme aus jux und tollerei hätte quälen wollen, aber sitzen sie einmal mit oben absolut ohne unter einem zu kleinen tuch zwischen ein paar besoffenen halloween-vorfeiernden mit blutigen köpfen und mäulern, während ihnen der arm fast abfällt weil man ihnen die schlinge auch noch weggenommen hat, klammern sie sich dabei gerne an die reste ihrer unterwäsche und die vom körper gezogene oberbekleidung, während zwei kinder mit einem rollstuhl, in dem der besoffene vater sitzt und seine ausgeschlagenen zähne bewundert, rallye spielen, halten sie das telefon dabei mit der falschen, weil rechten hand, und seien sie dann auch noch geduldig.

die telefonnummer ward gefunden und auswendig gelernt, weil es gab nix zum schreiben und überhaupt, und wer hob ab bei der tante: richtig, die mailbox.

also draufgelabert und vergessen zu erwähnen, welches ukh, die tante rief aber zurück und erforschte die adresse. die oberschwester gab mir auch das telefon, und so konnte die arme tante auch gleich mit dem abholen der einkäufe aus dem beisel am eck beauftragt werden, denn dort sass der liebe siegi ja immer noch und passte auf wie ein schiesshund.

die kleine wauwau, im übrigen, war das erste mal länger als eine halbe stunde allein in der wohnung, aber immerhin war sie zu diesem zeitpunkt ja schon zwei wochen in wien. auch dazu sollte, bitteschön, der frau tante kitsch was einfallen, weil: man weiss ja nie.

frau tante kitsch befand sich zu diesem zeitpunkt am anderen ende von wien, und hatte die mütterlichen wohnungsschlüssel natürlich nicht dabei. würde also dauern, aber da noch nicht einmal ein röntgenbild angefertigt worden war, nach über einer stunde, war das mit dem dauern ja relativ.

fortsetzung folgt.

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