Dienstag, 8. Dezember 2009
der julius, der julius,
der war ein arger luftikus.

teil I der geschichte.

einem alten geschlecht entstammend, zur gesellschaft gehörend, die bessere gesellschaft kennend und ergo als nicht standesgemäss erkennend, sich entsprechend subtil, aber doch gerade deshalb immer standesgemäss benehmend,

bonvivant, architekt, schauspieler, spieler, international und -kontinental anerkannter fachmann, frauenliebling und -liebhaber, mein onkel julius, herr von und zu, letzteres nie erwähnend, wär ja nicht elegant gewesen.

er lehrte mich den unterschied zwischen hoch-, wiener- und burgtheaterdeutsch, und wie man unterscheiden kann zwischen guter, besserer und eigentlicher gesellschaft, was ganz einfach ist: wenn man darüber spricht, gehört man schon nicht mehr dazu.

auch die sache mit siebenerlei besteck und achterlei gläsern, neun tellern, kellnern der verschiedenen arten und schulen, piccolos et al. war kein mysterium mehr wenn er es erklärt und demonstriert hat, mit der ihm eigenen leichtigkeit und selbstverständlichkeit, die seinen kreisen vorbehalten waren und bleiben werden. gerne zitierte er ja die sache mit den salzburger nockerln: rezepte nachkochen kann jeder, aber die fünfhundert jahr' monarchie ...

der onkel julius und seine familie hatten mehr als die 500 jahre, und, was soll man sagen, buddenbrooks multipliziert mit thomas mann seinen geschichten wären, die wiener würden sagen, ein lercherlschaas dagegen.

der julius musste natürlich in jungen jahren studienreisen machen, wie es sich gehörte anfang des 20. jhdts., indien, amerika (süd und nord), afrika, australien, neuseeland, russland, asien. das dauerte ein paar jahre, und dann kam der julius wieder zurück und hatte eine menge von der welt gesehen.

der julius musste auch architekt werden, wie sich das für den ältesten sohn einer adeligen stadtbaumeisterfamilie gehörte, und ein haus bauen, in der strasse, die der familie teilweise sowieso schon gehörte.

nun, der julius war ein schöner mann, charmant, gebildet, von familie, reich und unabhängig, und er hatte die welt gesehen, was nun nicht unbedingt dazu führte dass der julius den ideen seiner vorfahren gefolgt wäre: die sache mit dem heiraten, kinderkriegen, imperium vergrössern etc. entsprach nicht so wirklich seiner vorstellung.

die baumeisterei hatte er studiert, ein paar hervorragende häuser gebaut, zwei gassen im land waren nach ihm resp. seiner familie benannt worden, geld war da, der julius folgte seiner inneren berufung und wurde: schauspieler. am wiener burgtheater. auch spielte er in ein paar filmen - natürlich hauptrollen - aber das war nicht so seines, meinte er, da fehlte dann irgendwas, er wollte den kontakt zum publikum nicht missen.

natürlich folgte er auch seiner inneren überzeugung und spielte am liebsten nestroys figuren, einen jux wollt' er sich machen. letztlich, es ging ja um das was er ausdrücken wollte und nicht um das geld, das wäre ja nicht elegant gewesen, und standesgemäss schon gar nicht.

nestroy spielte man damals nicht so oft, der erste wetlkrieg war gerade vorbei, und so suchte sich der julius eine weitere beschäftigung: er sammelte schmetterlinge und käfer. seiner accuratesse und sorgsamkeit gepaart mit weltentum und bildung zufolge war er in der zwischenkriegszeit und auch jahrzehnte danach ein angesehener fachmann, und viele schaukästen mit präparierten kadavern schon längst ausgestorbener käfer, schmetterlinge und deren raupen, verschiedener larven und so weiter in verschiedenen museen erinnern noch heute an ihn.

der julius bereiste in diesen belangen die ganze welt, wieder einmal, oft mit internationalen diplomatenpässen ausgestattet, mehrere fremdsprachen beherrschend und noch viel mehrere radebrechend.

der julius war immer korrekt gekleidet, wie es sich geziemte, unnachahmlich seine massgeschneiderten anzüge, tropenhelme, lederhosen (zum motorradfahren), seine makellosen gamaschen, handgenähten krawatten (gab es jemals andere die man tragen konnte???) mit den jeweils zu hemd und anzug passenden knoten.

der julius liebte die frauen, besonders die mit den langen beinen, und die frauen liebten ihn.

der julius liebte auch die pferde, besonders die mit den schnellen beinen, und die pferde liebten ihn.

der julius liebte aber auch die permanenzen, was ihm zum verhängnis ward, denn mit den permanenzen ist das so eine sache, besonders beim roulette.

was nun nicht so gut war war, dass seine eltern ihm die herrschaft über das vermögen übertrugen, unter der bedingung, dass er auch das vermögen seiner schwester verwalten sollte, wie das eben so kurz nach 1900 üblich war. die schwester, meinte der julius schon immer, war tumb. sie war wohl künstlerisch begabt, zeichnete und malte technisch hervorragend, sie hatte auch unterricht in diesen künsten, aber ohne esprit, ohne seele, ohne: ..., und er machte eine der unnachahmlichen handbewegungen, für die ich ihn so liebte.

es kam, wie es kommen musste. seine eltern hatten schon ein wenig falsch investiert, wie viele andere, und der erste weltkrieg hatte eine menge vermögen verschlungen, was weiter nicht tragisch war, war ja genug da.

den julius kümmerte das ebensoviel wie ihne seine schwester kümmerte, er war wer, man kannte ihn, er hatte was gelernt, und er konnte was. geld? hatte man.

ihm wahrsten sinne des wortes. denn wären die pemanenzen nicht gewesen, dann wäre das alles kein problem gewesen. aber die permanenzen, die hatten es in sich.

und weil der julius ja viel unterwegs war - man könnte auch sagen, dauernd - da kamen manche wechsel erst mit verspätung an, und auch wenn er so interimsmässig ein klitzekleinwenig klamm war pekuniär, so war er einen tag später wieder aber so was von flüssig, und die sache mit "spielschulden sind ehrenschulden und binnen vierundzwanzig stunden zu bezahlen" war kein thema.

auch die kombination von pferdewetten und roulette konnten lange zeit nichts an diesem konzept ändern, sein spitzenwert lag bei: in einer nacht im casino in algier einen rennstall mit 36 pferden beim roulette verloren.

to be continued ...

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Samstag, 28. November 2009
biologie nichtgenügend
der orf schon wieder:

http://vorarlberg.orf.at/stories/406248/

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Marder löste Lichtbogen aus
Wie die Vorarlberger Kraftwerke mitteilen, löste das Nagetier einen Lichtbogen aus. Um 19.37 Uhr gingen in weiterer Folge von der Stadtgrenze bis in Teile der Innenstadt alle Lichter und elektrischen Geräte aus.

...

kein wunder, wenn es da finster wird. dass der marder ein raubtier ist lernen die kinder schon in der volksschule, konnte ich neulich feststellen. dritte klasse, übrigens.



edit: des abends war der beitrag ein wenig unauffindbar, dann jedoch las er sich so:

Marder löste Lichtbogen aus
Wie die Vorarlberger Kraftwerke mitteilen, löste der Marder einen Lichtbogen aus. Um 19.37 Uhr gingen in weiterer Folge von der Stadtgrenze bis in Teile der Innenstadt alle Lichter und elektrischen Geräte aus.

immerhin lernfähig, irgendjemand. oder - was wohl eher anzunehmen ist - ein paar leute haben so kommentiert, dass man onkel ghgel und tante wiki bemühte, und dann korrigierte.

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Donnerstag, 19. November 2009
fortbildungsveranstaltungen
sind eine vorzügliche angelegenheit, besonders im sehr sensiblen bereich der pharmazeutischen industrie. da lädt man ja gerne einmal ein paar ärzte zu einem, sagen wir einmal, round table - gespräch ein, zum beispiel die bezirksärzte in die firma, wegen der kosten und all diesen dingen, und weil auch der ernnerungsfaktor bei "firma X" besser ist als bei "restaurant Y".

und es begab sich dereinst, dass ein hochqualifizierter pharmamanager zu einem derartigen event rief, und die bezirksärzte zu einem der üblichen treffen in die firma lud. es war ungefähr um diese jahreszeit, es war saukalt, der wind windete und der regen regnete. der plan war, von der hauseigenen küche snacks der besseren sorte (lachs, roastbeef, crevetten, käseplatte etc.) bereiten zu lassen und die ärzte ein wenig mit wissen (äusserlich) und speisen und getränken (innerlich) zu berieseln.

natürlich kann es schon einmal vorkommen, dass ein hochqualifizierter manager zwar datum und uhrzeit kommunizieren lässt (macht ja die sekretärin, liste liegt auf), aber nicht explizit auch essen und trinken in auftrag gibt. und so eine sekretärin, man versteht, hat ja auch was anderes zu tun als daran zu denken dass menschen um 19.00 uhr gerne was zwischen die kiemen bekommen wollen, besonders wenn das explizit auf der einladung steht.

und so kam es, dass die nicht eigens beauftragte sekretärin die sache mit dem leiblichen wohl ausser acht liess, und der herr manager einen wichtigen termin (es gab woanders was umsonst) hatte, und somit ein pharmaberater abgestellt wurde um das vorbereitete vorträglein zu halten und die unvermeidlichen power-point-folien zu zeigen.

und da frau kelef ja anno dunnemals immer bis in die puppen in der fabrick war blieb es nicht aus, dass der portier schon im 18.00 uhr anfragte, wie es denn diesmal mit dem begrüssungssekt sei. je moi? frug frau kelef, andere abteilung, gehen sie fort von mir mit solchen dingen.

die ärzte seien aber renitent, meinte der portier, und der herr pharmaberater wisse auch nicht was er tun solle. und in der küche sei seit zwei stunden niemand mehr.

frau kelef also, in ihrer grenzenlos gutmütigen art, hirschte in die eingangshalle der damaligen fabrick, und besah sich die ansammlung von 50 (in worten fünfzig) hungrigen und durstigen ärzten, die seit einer halben stunde herumstanden und des aperitifs harrten. toll.

der pharmaberater sass in einer ecke und fürchtete sich. auch toll.

der portier kündigte an, auf rundgang gehen zu müssen. noch toller - wenigstens konnte niemand mehr herein bei der türe, natürlich auch nicht wieder hinaus. noch toller.

also redete frau kelef eine kurze rede, entschuldigte sich bei den anwesenden für etwas, von dem sie noch nicht einmal genau wusste was es war, trat den pharmaberater richtung portier um diesem einen generalschlüssel abzunehmen und die küchenvorräte zu plündern: immerhin fanden wir ein paar kisten eingekühlten sekt, der zwar mit sicherheit für einen anderen zweck, aber je nun, der zweck und die mittel, sie verstehen. gläser fanden sich auch.

frau kelef dachte kurz nach, und sprintete dann im strömenden regen über die riesenkreuzung in das gegenüberliegende bierlokal des gehobenen standards, und brüllte nach dem geschäftsführer. diesem ward umgehend die problematik erklärt und ein entsprechender auftrag erteilt.

frau kelef sprintete zurück, trat die teilnehmer der veranstaltung in den einen saal der schon bestuhlt war (gott segne den elektriker, der hatte tolle pläne gezeichnet für den notfall, licht an, projektor an, klimaanlage an, heizung an), tische und sessel im nebensaal arrangiert (gott segne die hausarbeiter die die sessel und tische nicht in den vorgesehenen raum zwei stock tiefer geräumt hatten), paar blumen aus fremden zimmern geklaut (geht nix über dekoration).

prüfenden blick geworfen, dem portier einen doppelten schnaps weggesoffen, zurückgesprintet über die kreuzung.

dort hatte der geschäftsführer des lokals in der zwischenzeit vier leute abkommandiert, die brote schmierten. das war eine spezialität des lokals: riesenbrote mit verschiedenen aufstrichen, schön dekoriert, und vor allem: schmeckten alle sehr gut.

und dann die show: mehrere angestellte des lokals mit getränkerodeln sprinteten durch den regen über die kreuzung. eine rodel mit bierkisten, eine mit alkoholfreien getränken, eine mit weinkisten, vier mit brotarrangements und brezeln auf servierplatten, in kartons verpackt, eine mit gläsern und tellern, jeder rodelfahrer kflankiert von einem regenschirmträger, voran frau kelef, als nachhut der geschäftsführer.

wir kamen gerade rechtzeitig zum schluss des vortrages, warfen schwungvoll geliehene tischtücher über die tische, karrten weitere teller und esswerkzeuge aus der firmeneigenen küche, stellten gläser bereit und verteilten brote.

zur allseitigen erheiterung erklärte frau kelef dann den anwesenden in liebreich-blumigen worten wie es denn zu dieser situation gekommen sei, entschuldigte sich noch einmal, wünschte guten appetit und wurde kurzfristig bewusstlos, oder so, bevor sie auf der riesenküchenkaffeemaschine kaffee zu brühen begann - muss man ja auch einmal können. mit milchschaum, cafe latte gab es damals noch nicht, aber espresso kurz und lang, cappuccino, braune und verlängerte solche, erinnern sie mich nicht daran.

waren zum schluss alle satt, lustig und zufrieden. die veranstaltung dauerte eine stunde länger als gewohnt.

ein arzt hat so einen spass gehabt, dass er mir am nächsten tag blumen gebracht hat.

der geschäftsführer des bierlokals lachte sich scheckig ob der abendgestaltung, und lud frau kelef zur beruhigung anschliessend auf ein paar schnäpse und für einen der folgenden tage zum abendessen ein, und frau kelef wird ihm und seiner crew ein - wie man hier lesen kann - ewig gutes andenken bewahren, die waren alle sowas von toll, unglaublich.

der pharmareferent war zwei wochen lang mit einem nervenzusammenbruch im krankenstand und wechselte anschliessend den beruf.

der hochqualifizierte pharmamanager holte sich ein wohlverdientes "du elendiges arschloch, du verkrätztes, verflohtes und verzecktes" als er meinte, er hätte so viel zu tun und da könne man schon mal was vergessen, und frau kelef hätte die leute doch einfach heimschicken sollen - ja klar.

der geschäftsführer der pharmafabrick zitierte frau kelef zu sich und meinte, da wäre er liebend gerne dabeigewesen, überreichte ihr zum dank eine flasche champagner (veuve cliquot) und ging fortan des öfteren in das gegenüberliegende lokal essen.

zwei jahre später traf frau kelef wieder auf dieselbe gruppe ärzte, ebenfalls bei einer derartigen veranstaltung, und was soll ich ihnen sagen: die konnten sich an den regen, das chaos, den ärger, den spass, die witze, die brote, den sekt und den wein und das bier und die brezeln, und die klatschnasse frau kelef hinter der kaffeemaschine erinnern, aber um's verrecken nicht an das, was man ihnen erzählt hatte bei dem wichtigen ärztetreffen.

fiel mir gerade wieder ein beim thema "pharmaveranstaltungen".

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