Mittwoch, 22. September 2021
au weh.
nun ist es ja so, dass schmerzempfinden von individuum zu individuum verschieden ist, wie man weiss.

frau kelef, zum beispiel, kennt sich selber seit sie auf der welt ist und aus diversen gründen hat sie eine ziemlich hohe schmerztoleranz. dazu kommt, dass sie von praktisch allen zns-wirksamen pharmazeutika im schnitt nur die hälfte der empfohlenen mindestdosis braucht, ansonsten ist das ergebnis eine eher weniger verhandlungsfähige, dafür aber sehr allgemein reduzierte frau kelef. auch das ist, so ungefähr, seit immer schon so.

nach operationen verabreicht man den patienten logischerweise jede menge chemie, das ist gut und richtig so, verstehen sie mich bitte nicht falsch, aber man sollt' halt auch dem patientenklientel zuhören und fallweise glauben schenken.

und so sprach nach dem hoppala auf dem klo frau kelef sehr unfreundliches, dann kriegte sie opioide weil der arzt dagewesen war, das führte zu entsprechender reduziertheit, aber nicht zu der erwünschten schmerzfreiheit.

frau kelef solle doch, bitteschön, nicht so wehleidig sein, meinte eine pflegefachkraft, und überhaupt, meinte eine physiotherapeutin, kräftig auf das operierte bein steigen, das sei durchaus sofort voll belastbar, und dann hopp-hopp-hopp an den krücken raus aus dem zimmer und eine runde im gang marschiert.

frau kelef konnte das nicht so sehen. weil: wenn ihr vor schmerzen die augen halb aus dem gesicht fallen obwohl sie eine tramadol-dosis nach der anderen verabreicht kriegt, und noch anderes zeug dazu gegen die schmerzen, dann, bitteschön, stimmt da was nicht.

und überhaupt: zwei tage lang tut nix weh, und dann auf einmal nach dem hoppala und dem knacks der oberschenkel (also keineswegs die hüfte an sich) und die schulter vorne, weil sich frau kelef ja gerade noch rechtzeitig an dem einen haltegriff erfangen hatte (typischer fall von bänderzerrung, aber was weiss man schon), und im übrigen auch der rechte knöchel, der umgeknickt war und jetzt ein wenig koloratur zeigte im geschwollenen gewebe: nö, alles prima im röntgenbild. nun ja, möglicherweise einen nerv blöd erwischt oder was weiss man schon, die ärzte sollten es ja wissen.

der kaputte kackhausaufsatz wurde übrigens nach intervention seitens eines physiotherapeuten nach mehr als 24 stunden ausgetauscht - frau kelef hatte sturm geläutet, bei der visiste randaliert, hatte alles nix genutzt, da sei das reinigungspersonal, also die verwaltung, zuständig, sicher aber nicht die krankenschwestern oder die ärzte, dem konnte man durchaus folgen, aber das änderte zunächst an der situation nix. brachte aber immerhin die möglichkeit das schuldige ding zu fotografieren.

frau kelef wurde nach einer woche dann von der op-station nach wundverlaufskontrolle auf die nächste station verlegt, geplant drei wochen zur aufpäppelung und beginn der physiotherapie etc.. lustigerweise heisst diese station akutgeriatrie und ist für patienten gedacht, die alleinstehend sind und daher nicht alleinegelassen werden können so kurz nach einer op. sehr vernünftige einrichtung, übrigens.

so lag frau kelef also - immer noch gutgläubig, wenn man im röntgen nix sieht und der schmerz ja immerhin weniger wird sollte doch alles gut werden - einige tage lang so herum. dann fragte sie mehrfach nach, da waren andere patientinnen mit ähnlichen operationen, die hüpften nach einer woche ohne krücken herum, frau kelef verlangte nach einem rollator, das ging dann besser mit der fortbewegung, war aber natürlich nicht im sinn der sache.

der oberschenkel brillierte mit geschwollenem gewebe und absonderlichen blutergüssen, interessanterweise abwechselnd rechts und links vom knie, und aussen genau entlang dem oberschenkelknochen. hm. die koloraturen wurden besser und schlechter und besser und schlechter, aber auch das ist von mensch zu mensch verschieden, und wenn man versichert kriegt das muss so, dann soll das halt so sein.

immerhin ging das mit dem duschen in der zwischenzeit alleine recht gut, stufensteigen wurde geübt, und frau kelef fand heraus wie sie relativ schmerzfrei auf das rechte, also operierte, bein steigen konnte. mit belastung. HA! geht doch, dachte sie.

jedoch war die geringste drehung durchaus sehr schmerzhaft, und das wiederum schien frau kelef sehr absonderlich, denn eigentlich, siehe oben, und überhaupt, drei wochen nach der op immer noch so viel aua? da fahren andere schon wieder selber mit dem auto? auch der bedarf an starken schmerzmitteln war erstaunlich.

wurde also eine neurologin zu rate gezogen, die ohne genaue hinterfragung der situation neuropathische schmerzen befundete und ein medikament verschrieb. frau kelef monierte ein wenig, weil: hatte sie schon vor jahren wegen der wirbelsäule, das ergebnis war nebenwirkungen lt. beipackzettel, und zwar so gut wie alle. das nachfolgemedikament übrigens detto, ironie an der sache: beide präparate hatte frau kelef die letzten jahre ihre tätigkeit in der arzneimittelzulassung persönlich "betreut", braucht man ihr also nix erzählen dazu. es gäbe da übrigens noch ein anderes medikament, aus einer anderen chemischen ecke, das wurde als des rätsels lösung genannt und verschrieben. nun ist es aber nicht unbekannt und auch nicht erstaunlich, dass substanzen mit gleicher indikation auch ähnliche nebenwirkungen machen.

und so geschah es, dass man sich anfangs internistischerseits darüber ausgetauscht hatte, ob man nicht den blutdrucksenker niedriger dosieren solle - weil 100:50 sei doch ein wenig wenig. nach zufütterung des neuen wundermittels - und frau kelef hatte doch gewarnt, aber was weiss die schon, und überhaupt dass im beipackzettel explizit als häufige gegenanzeige bluthochdruck und augenhochdruck genannt sind, das haben patienten und -innen nicht zu wissen, wo kommert ma denn da hin - jedenfalls: als frau kelefs blutdruck 205:95 betrug, da war man wiederum ganz aufgeregt und wollte den blutdrucksenker höher dosieren. weil ...

frau kelef in eigenregie befand allerdings, das lassen wir jetzt einfach, weil unsinnig und sie hat es doch gleich gesagt, sei ja aber durchaus kooperativ, aber wieso kann man patienten und -innen nicht glauben, dass sie fallweise wissen wovon sie reden? schon überhaupt wenn sie, wie nicht unerwähnt, ein vierteljahrhundert damit zugebracht haben beipackzettel zu schreiben???

tja, dann könne man halt nix machen, bei der mangelnden kooperation, meinte die neurologin. frau kelef hingegen winselte weiter nach tramal, und wunderte sich, und eine weitere ärztin brachte ihre hoffnung zum ausdruck, dass frau kelef jetzt nicht womöglich tramalsüchtig werde. ausgerechnet frau kelef, jajaja.

zur belohnung wurde aber der aufenthalt auf der akutgeriatrie um eine woche verlängert, und dann brachte man frau kelef nach hause, wo sie winselnd in ihr bett kroch und darüber nachzudenken begann, wie das denn weitergehen solle. denn das herumhüpfen auf zwei krücken ist wahrlich nicht geeignet, frohe laune zu erzeugen oder sich selber im haushalt versorgen zu können und so weiter und so fort.

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