Donnerstag, 14. Februar 2013
pferdefleisch macht keinen skandal
denn den skandal machen, bitteschön, die leute die eine sache x als sache y verkaufen - nur, dass wir das einmal klargestellt hätten. mit anderen worten: wieder einmal ein riesiger betrug mit lebensmitteln aufgeflogen. sehr hübsch formuliert finde ich zum beispiel ja dies hier: http://www.wdr5.de/sendungen/politikum/s/d/13.02.2013-19.05/b/aufreger-pferdefleisch.html. aber eigentlich wollte ich ja auf was ganz anderes hinaus.

seien wir einmal ehrlich: wir haben gerne möglichst viel um möglichst wenig geld. das ist grundsätzlich vernünftig, wenn wir dabei ein paar kleinigkeiten nicht ausser acht lassen: da wären zum beispiel die produktionsbedingungen, die inhaltsstoffe, und die wege auf denen die ware zu uns kommt, und dann sollten wir auch noch die sache mit dem abfall bedenken.

nehmen wir zum beispiel das rindfleisch. das ist, so sagt man, gesünder als schweinefleisch, und so ein rindvieh ist ja auch nicht so ein ferkel wie ein schwein, und die argentinische qualität, ich sag' ihnen! natürlich sind wir aber umweltbewusst und kaufen das rindfleisch lieber im supermarkt, aus bodenhaltung, und mit überhaupt europäischer herkunft, was weiss man schon von argentinien. liegt das nicht knapp neben thailand, wo die kühe heilig sind? oder war das was anderes, egal, jedenfalls: wir kaufen rindfleisch aus der eu, da weiss man schliesslich was man hat. natürlich soll das möglichst schön aussehen, nicht nach fleisch riechen und auch lange haltbar sein in der superduperhygieneplastikverpackung auf dem styroporteller. wenn man eine familienpackung kauft, dann kriegt man auch noch einen sondertiefpreis, und dann kann man - wenn man zeit hat - auch noch suppe kochen, vorausgesetzt, das suppengrün in der superduperhygieneplastikverpackung auf dem styroporteller ist nicht wieder so grindig und teuer im supermarkt, aber egal, dann kann man das suppenfleisch ja auch wegwerfen, bei dem preis. wenn man es genau berechnet, kostet so ein kilo rindfleisch dann so viel wie ein kilo gutes brot, also was soll's.

biofleisch vom bauern, die sind doch alle betrüger, die bauern, bei den preisen, und dann erzählen die auch noch was von bio und weide und was weiss ich. wenn das fleisch im supermarkt so billig sein kann, dann verdienen die bauern sicher einfach ein vermögen an so einer kuh wenn sie die direkt verkaufen, die hat doch sicherlich ein paar hundert kilo, die kuh, wenn man das mit einem, sagen wir einmal, kilopreis von € 10.-- multipliziert, bei einem gewicht von 700 bis 800 kg, da kommt schon was zusammen, nicht wahr. alles halsabschneider, und gefördert werden die auch noch.

jetzt sehen wir das einmal von der anderen seite. so eine kuh muss einmal alt genug werden damit sie überhaupt geschlachtet werden kann. dann hat die kuh - so sie kein ochse ist, der ist dann ein wenig schwerer - als jungrind mit ca. 10 monaten je nach rasse 400 bis 550 kg, als erwachsenes rind mit 2 - 3 jahren ein wenig mehr. die verwertbaren teile so eines rindviehs sind in etwa 50 bis max. 70% des gewichtes, letzteres nur bei besonderen rassen die dann schon fast nicht mehr alleine stehen können. der rest ist: abfall, wenn es nach den konsumenten geht.

jetzt essen wir menschen aber von so einem rindvieh nur das magere fleisch, keine innereien, das fett wird sowieso gleich weggeworfen, das hirn auch, zunge ist bäh und ochsenmaulsalat zu französisch, leber geht nur in der guten pastete aus dem supermarkt, und mit den knochen und der haut und den hufen und hörnern kann man auch nix anfangen. bleiben also, wenn man gut rechnet, vielleicht 40 bis 50% die die chance haben auf einen teller zu kommen. davon wird gleich einmal der teil, der ein paar flaxen oder sehnen hat, aussortiert, wer kocht heutzutage schon ein wiener gulasch aus wadschunken, das ist ja was für die alten.

der tafelspitz von einem ausgewachsenen rind wiegt so ca. 1,5 bis 2 kg allerhöchstens, rindsschnitzel kriegt man natürlich mehr heraus, rostbraten sind noch einmal 2 - 3 kg, das ganze mal zwei weil so ein rind ja zwei seiten hat, aber der rest ist dann für die katz, oder den hund, oder die wurst, oder was auch immer. soll aber natürlich alles einen kilopreis von unter € 5.-- haben, oder maximal 6.--, geht ja im supermarkt auch, nicht wahr.

dass der bauer, der das vieh ordentlich versorgt, schon während der trächtigkeit der kuh - die immerhin so lange dauert wie bei menschen, nämlich 9 monate - auf das vieh aufpassen muss und nix anderes damit tun kann als es füttern und auf der wiese herumstehen lassen (letztere, die wiese nämlich, muss aber gross genug sein, und der bauer muss mehrere davon haben, denn so eine kuh frisst ja schon einmal 60 bis 80 kg am tag, und säuft dazu rund ebensoviel wasser). bei einer herde kommt da schon was zusammen. für schlechtwetter braucht das vieh einen unterstand, für den winter einen stall. ist das kalb auf der welt, säuft es erst bei der mutter, dann frisst es genau so viel wie sie, und dazwischen steht es so auf der wiese herum und macht muh. manchmal frisst es auch pensionisten oder schwammerlsucher. erst wenn das jungrind gross genug ist kann es geschlachtet werden. schlachten darf aber nur ein fleischhauer, und dann braucht man auch noch einen tierarzt für die fleischbeschau und -freigabe. die arbeiten natürlich auch alle umsonst.

und dann wird gleich einmal die hälfte von so einem ganzen rindvieh: weggeworfen, mehr oder weniger.

denn es ist ja so dass es immer mehr vegetarier und veganer gibt, die ziehen nicht einmal lederschuhe oder -handschuhe an, und auch keine lederjacken oder -hosen, weil, die armen tiere.

dass man innereien essen kann ist den meisten menschen nicht mehr präsent, und das leder, nein, also - das kommt doch von toten tieren? federpolster - huch, die hügüäne, und pelz vom kaninchen gegen rückenschmerzen? lammfelle für kinderwagenfusssäcke sind natürlich was anderes, das ist ja für die kleinen, und für die nur das beste.

interessanterweise haben die meisten von diesen menschen aber ein oder zwei hunderln oder katzerln, gerne auch mehr davon, die natürlich den deibel tun und sich von löwenzahnsalat, gänseblümchen und kresseblüten zu ernähren. oder, wie ihre besitzer, von urgetreide wie quinoa, das die noch nicht einmal richtig aussprechen können, aber die peruaner, die sind ja alle so gesund, keine zivilisationskrankheiten, alles natur pur. dafür haben die peruaner jetzt hunger, weil die europäischen veganer ihnen das quinoa wegkaufen, um die entwicklung zu fördern wegen der devisen auch, und dann schippern die das gute, natürliche korn über die weltmeere, natürlich gibt es auf so einem schiff heutzutage keine ratten oder was auch immer mehr, das ist alles ganz natürlich und sauber, keine pflanzen- oder sonstigen gifte, ungeziefer ist ja samt und sonders nur dort, wo die leute nicht genügend desinfizieren, also quasi - wo noch mal? ach ja, ich verzettele mich. jedenfalls, das gute quinoa wird also nach europa geschippert von der einen seite, und ein wenig soja und algen von der anderen seite, und dann leben wir glücklich und zufrieden, und unsere lieben haustiere, die ernähren wir artgerecht und barfen. hoppla - katzen würden mäuse kaufen? aber das fleisch ist ja von toten tieren, das geht gar nicht, also besser doch hochwertiges dosenfutter mit richtigem fleisch drinnen.

wenn man sich nun so vor augen führt dass so ein hunderl mit, sagen wir einmal, 11 kg lebendgewicht am tag so 20 dkg fleisch frisst, und eine katze 10 dkg, 365 tage im jahr, 15 jahre lang, dann kann ich ihnen verraten dass meine diversen hunde und katzen in den letzten 35 jahren, seit ich nämlich hunde und katzen habe, in summe und nach der oben angeführten formel, ungefähr drei komplette rindviecher, zwei schafe, eine ziege, drei hirsche und unzählige kaninchen, hühner, hasen, enten und gänse aufgefressen haben. schwein gibt es hier ja nicht. frau pixy hat ausserdem in den über zwei jahren ihrer anwesenheit in wien-mitteleuropa sicherlich vier grosse karpfen verputzt, und ein paar forellen.

alleine der berg an knochen, haut, fell, federn, haaren lässt mich schaudern. wenn man das nämlich ebenfalls nach der o.a. formel berechnet, dann macht das in summe so ungefähr: sehr weit über eine tonne. natürlich kann man auch hunde- und katzenfutter in dosen kaufen, da sind dann die tierischen nebenerzeugnisse wie hufe, knochenmehl, innereien etc. auch gleich mit drin, und die kalberln die die ersten tage nicht überlebt haben, und die krusperln von den krepierten henderln aus garantierter bodenhaltung, und das ursprüngliche innere des lammfelles vom kinderwagenfusssack vom kleinen scheisserle.

das bisserl abfall von den dosen, mein gott, und dass die viecher zuerst vom bauern ein paar hundert kilometer weit zum schlachthof geführt werden und dort noch einen tag herumstehen und dann, wir wollen es gar nicht genau wissen wie zu tode kommen, und dann werden die abfälle in ein anderes land geführt und dort aufgemischt und pulverisiert und vermantscht und mit essentiellen nähr- und vitalstoffen und vitaminen und mineralien angereichert, und dann in dosen verpackt und dann wieder durch halb europa gekarrt und dann den medien und im supermarkt werblich angepriesen und dann verwöhnen wir unsere hunderln und katzerln damit, weil, wir sind ja umweltbewusste tierschützer und greifen kein rohes fleisch an, alles für den tier- und umweltschutz, nicht wahr, wir warten einfach auf die sonderangebote, tiernahrung um 25% verbilligt.

wurst muss aus der plastikhaut sein, weil darm, igitt, da war doch einmal sch... drinnen, kann man nicht essen.

die unmengen an energie, die bei der haltung in tierfabriken, beim hin- und hertransportieren, beim verpacken und der herstellung des verpackungsmaterials einerseits, und bei der vernichtung eben dieses verpackungsmaterials andererseits anfallen, das verbuchen wir unter marginalien.

wenn man ein wenig darüber nachdenkt, dann könnte man tatsächlich zu dem schluss kommen, dass der konsument für das ganze rundherum mehr bezahlt als für die ware selbst. und was, bitte, erwartet der konsument denn eigentlich von fleisch und "feiner wurst" die billiger sind als brot? artgerechte tierhaltung, streicheleinheiten und sanfte tötung? glaubt wirklich irgendjemand ernsthaft dass die arbeit in einem grossschlachthof so unterhaltsam ist dass sich die leute dort anstellen und bitte-bitte-lasst-mich-da-um-wenig-geld-arbeiten sagen?


dass wir über alle diese dinge meist nicht einmal ansatzweise nachdenken, und nicht wenigstens so viel anstand haben ein tier, das wir dann selber essen oder an unsere haustiere verfüttern, zuerst ordentlich und gut zu behandeln, und dass wir ihm dann nicht die ehre erweisen alles, was wir von ihm verwenden können, auch tatsächlich zu verwenden, und dass wir nicht bereit sind einen fairen preis für faire ware zu bezahlen, wissen sie was? DAS ist der eigentliche skandal. dieses sich selber in den sack lügen, dieses nicht weiter denken als eine fette sau springt, dieses verd... gutmenschentum.

und dann wird uns schlecht weil wir pferdefleisch im burger haben. ich denke, wir sollten froh sein dass wir nicht wissen was in den guten fertiggerichten noch alles drinnen ist, wie knorpeln, talg, ein bisserl haut und so, und alles das was man unfaschiert und ungefärbt einfach nicht verkaufen kann - weil, mit rechten dingen kann diese preisgestaltung einfach nicht zugehen. dass es dann einmal auffällt wenn ein hersteller allzu grössenwahnsinnig wird beim umdeklarieren war zu erwarten. more to come. die sind jetzt eine weile ein bisserl vorsichtiger, und dann geht das wieder los. die haben nur das glück dass man in solchen fällen etwas bestimmtes suchen muss, da findet sich nur selten etwas zufällig.

wissen sie noch was? ich esse seit ewigen zeiten keinen burger, ich kauf mein fleisch auf dem land vom bauern, und ich hab' lederhandschuhe, schuhe aus leder, jacken aus leder, und handtaschen aus leder. die kann man nämlich, zum unterschied von den plaste- und elasteerzeugnissen, reparieren. einmal ordentliche ware gekauft hat man zehnmal so lange was davon wie von billigem zeug. atmungsaktiv, pflegeleicht, keine allergene und keine kanzerogene, und ich hab' ein besseres gewissen als wenn ich dem hund ein rindsschnitzerl aus dem sonderangebot kauf' und mir selber jedes jahr eine neue kunstfaserjacke, weil die alte leider einen riss hat den man nicht mehr reparieren kann. und das, obwohl ich weiss dass die kinder in indien und pakisten auf die arbeit in der textilindustrie angewiesen sind, und das modell vom letzten frühling heuer eigentlich nicht mehr getragen werden kann, ist ja schon überholt, und man hat jetzt auch andere farben. meine ältesten lederhandschuhe sind über dreissig jahre alt und immer noch tadellos: ich behandle sie anständig.

wir regen uns auf über den betrug durch die einen, und selber betrügen wir uns und die anderen noch viel mehr. aber das ist kein skandal, sondern ein trauerspiel. und über die welt, die wir hinterlassen, sollen sich gefälligst die enkerln kränken, wenn sie das alles überleben.

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