Donnerstag, 12. April 2007
von engeln lasst uns singen - oder auch nicht
frau kelef hat ja - wie hier schon des öfteren erwähnt - früher einmal sehr lange in einer fabrick gearbeitet, die sich u.a. mit der vermittlung von kunscht und künschtlern beschäftigte, erwerbsmäßig.

vernünftigerweise war der firmensitz in einem haus, in dem auch veranstaltungen abgehalten wurden, und auch ein tonstudio gab es da, ein sehr bekanntes sogar. und wie das leben so spielt, wurden in diesem tonstudio auch töne aufgenommen, gesungene, gespielte, und mischformen der diesen.

frau kelefs lieblich töchterlein musste mangels passender aufbewahrungsstätten und aus verschiedenen anderen gründen vielfach in diesen für kinder sehr merkwürdigen ort mitgenommen werden. das kind aber war an musik sehr interessiert, und hörte gerne zu wenn gesungen und gespielt wurde. um das kind also während der mütterlichen arbeitszeit adequät zu beschäftigen, ward es immer wieder im haus geparkt: bei proben, bei aufnahmen, bei veranstaltungen (gerne auch in der incognito-loge).

das kind hörte begeistert zu, und besonders gefiel ihm erika pluhar, die damals gerade wieder ein paar lps aufnahm. das kind war entzückt von deren aussehen, von deren art, und von den gesungenen liedern. folgerichtig wurden mehrere schallplatten auch zuhause gerne und oft gespielt, und das kind konnte die texte auswendig, und sang auch immer richtig mit.

als das kindelein dann fast sechs jahre alt war, kam es in die schule, probehalber, weil drei wochen nach dem stichtag geboren. da das kind durch das ständige mitgenommen werden aber über ein überdurchschnittliches allgemeinwissen, entsprechende benehmität etc. verfügte, schien das kein problem.

lieblich schritt also das kleine mägdelein zur schule, und freute sich gar sehr. blauäugig, blondlockig, von lieblichem wesen und stets gerne bereit, ihr wissen und ihre erfahrung auch anderen kundzutun.

das kindelein war - aus gründen - nicht getauft und, wie frau kelef auch, keiner kirche steuerpflichtig (so bezeichnet das heinrich böll. schrieb ich das in die haushaltsliste des finanzamtes kriegte ich jedesmal eine hohe rechnung von der kirchensteuerberechnungs- und einhebungsstelle: an gott glauben heißt blechen, meinten die).

verwirrenderweise gab es für die erste klasse volksschule für den religionsunterricht keine ausweichklasse, und so geriet frau kelefs töchterlein kurzfristig in die gewalt einer ältlichen religionslehrerin. diese nun versuchte die kinder zur mitarbeit zu animieren, und um sie gleichzeitig besser kennenzulernen meinte sie, wer ein lied von den engeln singen könne möge doch bitte so liebreich sein und es zum vortrag bringen.

frau kelefs töchterlein war die erste, die aufzeigte, und bühnensicher stellte sie sich vor die klasse. und sang. ein lied von den engeln, wie sie es kannte und liebte, wie sie es erst im studio und auf schallplatten, dann bei lifekonzerten und im radio gehört hatte, von der von ihr so heiß verehrten erika pluhar: "ach mutter, mach die türen zu, da kommen tausend ratten. die hungrigen sind vorneweg, dahinter sind die satten. was soll aus uns noch werden? ich fühl so große not: vom himmel auf die erden fallen sich die engel tot. ..." (text: wolf biermann).

unmittelbar nach dem vortrag dieses liedes ward frau kelef telefonisch von der schuldirektorin in personam um ein ebenso unmittelbares erscheinen vor ebenderselben sowie vor der religionslehrerin ersucht, in eher, nun, sagen wir einmal harschen worten.

frau kelef machte aus der not eine tugend und schritt zum angriff: "wie kömmt mein kind in einen religionsunterricht? wie deutlich ist: keiner kirche steuerpflichtig? und das lied handelt doch von engeln, oder wie oder was war die frage? das ganze lied kann sie auswendig - find ich toll in dem alter, die anderen können noch nicht einmal alle-meine-entlein! und richtig singen kann sie auch?"

fast hätte diese gesangseinlage dazu geführt, dass das kind ein vorschuljahr hätte einlegen müssen und im folgejahr eine andere schule besuchen. der milde hinweis auf die tatsache, dass die berufsbedingten verbindungen zu tageszeitungen, rundfunk und fernsehen unsererseits definitiv besser waren als seitens der schuldirektorin und der religionslehrerin verhinderte derartiges. aber die direktorin hat uns vier jahre lang immer sehr vorsichtig und von der seite her betrachtet.

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