Dienstag, 18. August 2015
wirtschaftsflüchtlinge, und so.
hört man ja jetzt wieder eine menge von denen, die kommen alle nur nach - hier beliebiges europäisches land einsetzen - um sich sozialschmarotzerisch bis ans ende ihrer tage durchfüttern zu lassen. gleichzeitig kriegen die alle, wenn man den üblichen verdächtigen glauben schenkt, noch ein kostenloses smartphone plus gebühren, jede menge taschengeld, kostenlose unterkünfte, ärztliche behandlungen, und markenklamotten im überfluss. alle, ohne ausnahme.

schaut man sich photos an aus den verschiedenen flüchtlingslagern in - hier beliebiges europäisches land einsetzen - kriegt man allerdings einen anderen eindruck, aber das ist vermutlich alles nur photoshop, wenn man den üblichen verdächtigten glauben schenkt.

flüchtlinge per se sind menschen, die von irgendwo fortgelaufen sind: im weitesten sinne also z.b. auch misshandelte kinder, die lieber auf der strasse leben als bei ihren eltern, frauen die sich in frauenhäuser retten, männer die im ausland vor dem exekutor untertauchen weil ihnen die ehemals liebende ex-frau sogar die nasenhaare pfänden lässt (ist ja alles nur wegen der kinder ...). wenn soldaten im krieg flüchten weil sie niemanden umbringen wollen oder die situation absolut aussichtlos ist, dann begehen sie fahnenflucht und werden als deserteure standrechtlich erschossen, das ist ein bisserl was anderes, aber: sie alle sind auf der flucht, aus guten gründen.

flüchtlinge sind auch die menschen, denen man die existenz unter dem hintern weg egalisiert hat: ob durch wirtschaftliche machenschaften, durch bomben, durch landgewinnungsmassnahmen, wie auch immer. und wenn man nix hat kann man auch die familie nicht füttern. da fällt einem das weggehen leicht, einfach weil es woanders nur noch besser sein kann. zumindest in manchen dingen. und wo nix ist kann man auch nix zurücklassen, da braucht man sich auch nicht mehr umdrehen beim weggehen oder über ein zurückkommen in absehbarer zeit nachdenken.

die sollen ihr land wieder aufbauen, anstatt davonzulaufen, hört man von den üblichen verdächtigen, das haben "wir" schliesslich auch gemacht nach dem krieg.

"wir" haben nach dem krieg in die windeln geschissen, meine herrschaften, wenn wir überhaupt schon auf der welt waren, damals, als der wiederaufbau anstand. "wir" haben also gar nichts gemacht, wir sind lediglich die nutzniesser dessen, was andere gemacht haben, so fängt es in meinen augen schon einmal an. und die, die damals wiederaufgebaut haben, die haben das nicht alleine gemacht, sondern ganz schön viel hilfe bekommen. wenn man den zeitungsberichten - teils ebenfalls von den üblichen verdächtigen - glauben schenken darf, dann sind viele dinge noch immer nicht aufgearbeitet von "damals". oder wie verstehe ich zum beispiel die gerichtsverhandlungen, in denen fast schon mumifizierte greise wegen verbrechen verurteilt werden, die vor weit mehr als einem halben jahrhundert stattgefunden haben - also zu einer zeit, zu der viele von uns noch gar nicht auf der welt waren? wie verstehe ich die sache mit den restitutionen von eigentümern der verschiedensten arten und grössenordnungen? und wie viele menschen haben sich damals - so lange ist das andererseits ja wiederum auch noch nicht her, sonst wäre es doch nicht immer noch thema allüberall - hals über kopf gerettet, teils ohne irgendwas mitnehmen zu können, hauptsache überleben? und das traf sowohl andersgesinnte, als auch andersfarbige, als auch andersgläubige, als auch überhaupt menschen und deren verwandte, sofern sie dem damaligen regime nicht genehm waren.

nun konzidiert man heutzutage - um keine schlechte nachred' zu haben - den "echten" kriegsflüchtlingen ja schon, dass sie einen grund zum davonlaufen gehabt haben, immerhin, aber wieso sind die jungen, gesunden männer gelaufen und nicht die alten und kranken? wisst ihr was, leute, wenn einer von mir erwartet dass ich davonlauf', dann muss ich dazu leider sagen, ich lass' wen anderen laufen auf meinem platz, weil: ich kann nicht mehr. dabei bin ich noch gar nicht sooo alt, nur halt, mit dem laufen ist es schon lang vorbei. und es ist mir ziemlich egal, womit man mir droht, weil: ich kann nicht davonlaufen. und da red' ich noch gar nicht einmal von all den widrigkeiten, die unterwegs warten, sondern einfach nur davon, grössere wegstrecken zu fuss zurückzulegen. ähnliches trifft wohl auch für kleine kinder zu: was ich nicht mehr kann, können die noch nicht. welchen teil davon man nicht verstehen kann, verstehe ich wiederum nicht. natürlich weiss ich, dass es 80jährige gibt die im holzschlag arbeiten, tennis spielen oder wildwasserfahrten machen, aber seien wir uns ehrlich: die meisten von deren geburtenjahrgängen sind six feet under, oder zumindest knapp davor. auch wenn man mir noch so viel von der überalterung der gesellschaft erzählt - wer den blick weniger auf das eigene smartphone und mehr auf die passanten wirft, der kann ganz leicht und ohne jedwege röntgenuntersuchung feststellen, dass die meisten älteren mitglieder der gesellschaft auch aus unseren landen eher tot auf der strasse umfallen als ein paar tausend kilometer auf ungewisse weise mit ungewissem ausgang zurücklegen werden/wollen/können. so schlecht kann es hier gar nicht sein. rollatoren sind nicht geländegängig, und mit dem krückstock kommt man nicht weit.

bleiben also die wirtschaftsflüchtlinge. nun bin ich ja alt genug um mich an die verschiedenen erzählungen der verschiedenen vorfahren und deren freunde live erinnern zu können. die haben damals auch von damals erzählt, und von dem, was ihre vorfahren erzählt und erlebt und durchgemacht haben. in der monarchie, vor den weltkriegen, dazwischen und danach. und wenn ich es mir so genau überlege, dann waren da nur ganz, ganz wenige privilegierte dabei, die nicht irgendwie ein paar wirtschaftsflüchtlinge in der familie hatten. ob das nun die böhmischen köchinnen waren, oder die ammen der besseren familien, oder die mädchen die gesellschaftsdamen oder kinderfrau werden mussten, oder auch dienstmädchen in der stadt oder magd auf dem land, burschen die sich als pferdeknechte verdingten, zum militär gingen, als hausbursch arbeiteten, und so weiter und so fort: waren die nicht alle auch irgendwie wirtschaftsflüchtlinge? sind nicht auch die, die wegen eines guten jobs aus dem süden eines landes in den norden übersiedeln, ebenso wirtschaftsflüchtlinge? könnten letztere nicht mit weniger auskommen, und dafür im norden niemandem den job wegnehmen? denn der aus dem norden, der dann diesen job nicht bekommt, der muss ja auch von was leben?

die gastarbeiter haben ganz viele länder gerufen, damals, für den aufbau und danach, was haben die rufer gedacht, welche leute da kommen werden? die geistige elite? die bankiers und die fabrikanten? die grossgrundbesitzer mit ländern und feldern und wäldern? die eigentümer von mietshäusern? um sich mit dem asphaltieren der strassen und dem putzen von klos ein körberlgeld zu verdienen? natürlich kamen fast nur die, die zu hause keine oder nur noch schlechtere arbeit hatten. oder von einem bauernhof stammten, der gerade einmal vier personen ernährte, aber keine sechs oder sieben. oh, die eltern hätten ja keine sechs kinder kriegen müssen, aber, herrschaften, damals sind in vielen ländern noch zwei von vier kindern gestorben, das ist heute auch noch so, und hat man keine kinder hat man im alter nix zu essen, weil man das feld nicht mehr selber bestellen kann, und so weiter und so fort. das mit der grundsicherung ist übrigens noch nicht einmal "bei uns" schon lange so, und leben kann man von der auch nicht wirklich. und schauen wir mal wie lange es dauert bis man die kinder (wieder) zur kasse bitten muss für die kosten, die die alten verursachen.

wie viele gehen ins ausland auf ein paar jahre, um auf irgendeiner baustelle eines internationalen unternehmens mit - zugegeben durchaus sehr harter arbeit - ganz viel geld zu verdienen? wäre es nicht menschlicher, anständiger, christlicher, den menschen dort unterricht zu geben und sie dann die arbeit selber machen zu lassen? natürlich gibt es immer ein paar spezialisten, ohne die man nicht auskommt, aber, ehrlich gesagt, wer schon einmal auf so einer baustelle gearbeitet hat der weiss, dass die wenigsten der leute unersetzliche spezialisten sind. viele verträge mit sub-sub-subunternehmern werden ausschliesslich zu geldwäschezwecken und aus verschleierungstaktiken heraus geschlossen: einen betonmischer bedienen oder ziegel schichten kann wirklich bald jemand.

sind nicht auch die menschen, die aus mehr oder weniger entlegenen dörfern "in die stadt" gehen, wirtschaftsflüchtlinge? weil: dort wo sie aufgewachsen sind gibt es keine arbeit, und wenn es eine gibt, dann nicht soviel dass man davon leben kann.

wer, der sich eine haushaltshilfe leisten kann, hat denn eine inländische? wieso sind die meisten bediensteten z.b in der gastronomie oder im hotelgewerbe ebenfalls keine inländer? kommen die alle nur, weil sie einsehen dass "wir"was besseres sind und daher eine anzahl niedriger arbeiten nicht verrichten wollen, schon gar nicht gegen geld? sind diese leute nicht also auch alle wirtschaftsflüchtlinge, also zum beispiel auch viele unserer nachbarn?

ich würde schon gerne die gelegenheit haben diejenigen, die am allerlautesten schreien, einmal genau unter die lupe zu nehmen - und ihre vorfahren mit, natürlich. da gäbe es wohl eine menge zu entdecken das diesen personen weniger gefiele als ihr eigenes lautes schreien und dagegensein.

und dann wird sortiert, und jede person, deren vorfahren nicht schon seit mindestens sechs generationen z.b. reine österreicher sind, die gehen auf der stelle wieder zurück nach dahin, wo sie hergekommen sind, diese migranten, wirtschaftsflüchtlinge, sozialschmarotzer und nebochanten. haben sich alle nur bereichert hier, kostenlose schulausbildung genossen, billige wohnungen, medizinische versorgung, und jetzt kriegen die auch noch eine pension. nur das smartphone müssen sie selber zahlen, so eine ungerechtigkeit aber auch.

dieses mit zweierlei mass messen, diese unglaubliche besser-seierei, diese unfassbare niedertracht im heruntermachen der "anderen", das macht mich alles ziemlich böse, gerade.

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Freitag, 31. Juli 2015
die frau silvia,
gebürtige ungarin, ist jetzt bös auf frau kelef, und keift nur mehr in ihre richtung, übrigens. weil:

als sie feststellte, dass das österreichische fernsehen lauter blödsinn verkündet, als eben dieses verkündete ungarn wolle 85 km zaun an der ungarisch/serbischen grenze errichten, wo doch diese beiden länder gar nicht aneinander grenzten, da sagte frau kelef unbotmässigerweise zum herrn m., der so ein wischphon sein eigen nennt, er möge doch wischen, sie persönlich sei ja der meinung die grenze zwischen den beiden ländern sei ca. doppelt so lang. je nun.

als frau kelef dem restaurantbetreiber (gebürtiger kroate) vorsichtig mitteilte, dass sein verständnis von wiener schmäh nicht immer dem geschmack des gesamten publikums entspräche und er deswegen möglicherweise auf ein paar gäste verzichten müsse (man hatte sich bei frau kelef beschwert darüber), meinte die frau silvia, frau kelef würde sich da nicht auskennen. je nun.

als frau kelef meinte, zu vorarlberger kässpätzle gehörten keine oliven: frau silvia meinte, frau kelef, deren grossvater immerhin ein gebürtiger vorarlberger in ca. 20. generation war, könne das nicht beurteilen. je nun.

als frau kelef meinte, boris rubaschkin sei kein russe, und auch kein bass, meinte frau silvia, wenn ihr freund mit dem französischen vornamen, der den boris ja immerhin persönlich kennengelernt habe, anno dunnemals, das aber sage, dann stimme das auch. frau kelef hat den boris auch persönlich kennengelernt, sogar in wirklich und in echt. der war immer stolz darauf bulgare zu sein. und seine stimmlage war immer schon bariton. je nun.

frau kelef freut sich, dass ein anderer hund (rüde, 2,5 so gross) kommentarlos an frau pixy vorbei in den schanigarten geht, kein hund schaut den anderen an, alles ruhig. alle sitzen, dann schaut der rüde auf die wasserschüssel, frau kelef fragt, ja, der wird losgelassen, schlabbert, die zwei beschnofeln sich kurz, alles gut. dann will frau pixy den obulus (karamelkeks), nach rückfrage darf der grosse auch was haben, der kommt, setzt sich hin, gibt pfote, alles patschierlich, abwechselnd ein brösel rechts, eines links. frau kelef und der andere hundebesitzer freuen sich, gut sozialisierte hunde haben da kein problem mit so einer situation. die zwei waren sich schlichtweg wurscht, kekse waren gut, ansonsten: chillen in der lauen luft. frau silvia stellt fest, die beiden hunde seien sich ja sooo symphatisch, sicherlich, weil sie ähnliche fellfarben haben. anderer hundebesitzer und frau kelef widersprechen kurz und murmeln was von sozialisierung und erziehung, frau silvia stellt fest, sie habe zwar keine ahnung von hunden und auch nie einen hund gehabt, aber sie sei der meinung, das sei ausschliesslich eine frage von sympathie, und sonst nix. je nun.

heute so: laku notsch (lautschrift, kwasi): heisst gute nacht (auf kroatisch). frau kelef, die bekanntlich slawische sprachen immer gerne durcheinander bringt, fragt, ob das nun in serbisch ebenso heisse. die frage ergab sich daraus, dass frau silvia festgestellt hatte, sie könne sich radebrechend mit der japanischen musikerin unterhalten, weil sie shogun drei- oder viermal gesehen habe, und daher wisse dass sayonara "gute nacht" heisse, auf japanisch. leider hat sie das verwechselt und laku notsch gesagt, was wiederum die japanerin nicht verstand. die frau silvia meinte übrigens, hauptsache, ausländisch, weil ausländisch können die doch alle. frau kelef wiederum sprach englisch mit der japanerin, was zumindest ein wenig erfolg zeigte. frau pixy übte sich in nonverbaler kommunikation, was am besten klappte. was nicht klappte, war, frau kelef anzublaffen: laku notsch sei jugoslawisch für gute nacht. dass es die sprache jugoslawisch noch nie gegeben hat - je nun.

aufstehen und gehen musste frau kelef dann in dem moment, in dem ebendiese frau silvia - gott sei dank in eine andere richtung, aber unüberhörbar - erzählte, sie hätte sich in der schwangerschaft ausschliesslich von karotten ernährt. deshalb sei ihre tochter auch recht gelb geworden kurz nach der geburt. und zwar: wegen der karotten, nicht wegen dem rhesusfaktor, der normalerweise die kinder gelb macht. je nun.

wie der vater meiner tochter zu sagen pflegt: sparen wir uns das streiten, sind wir lieber gleich bös. mission accomplished.

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Freitag, 26. Juni 2015
kann ja nur besser werden
nach langem, mühevollem ringen um die besitzverhältnisse im haus hier, nach langem zagen und bangen, nach noch viel längerem leben in schutt und asche und baustelle und fragt-mich-nicht-was-noch, da zeichnet sich ein licht ab am horizont. ein kleines noch, aber wir sind voller hoffnung, vertrauen und vorfreude.

weil: schlimmer geht nimmer. jetzt aber stehen die zeichen auf "volle kraft voraus". und frau kelef ist ja abergläubisch, und hat es sich verdient. und die paar anderen, die noch da sind, haben es sich auch verdient.

die baustelle wird eine wesentlich grössere werden (ja, das ist tatsächlich möglich!!!), aber dann, wenn gott will und die sonne scheint, wird in einem jahr ein neues leben beginnen. hoffentlich lebt frau kelef dann noch.

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